Penny’s Big Breakaway (Review)

Evening Star ist aus der Sonic-Fan-Community hervorgegangen und ist heute vor allem für die authentische Rekonstruktion der Sonic-Spielphysik in einer eigenen Spieleengine bekannt, mit der nicht nur die Neuauflagen der Mega Drive-Klassiker, sondern vor allem Sonic Mania umgesetzt werden konnte. Mit Penny’s Big Breakaway wagt sich Evening Star nicht nur erstmals in die dritte Dimension, sondern arbeitet obendrein unabhängig von der Sonic-Marke.

In Penny’s Big Breakaway schlüpft man in die Rolle der Jojo-Künstlerin Penny, der bei einer Vorführung bei einem König ein Malheur passiert: Ihr freches Jojo hat den König bis auf die Unterwäsche entkleidet und dieser ist darauf alles andere als gut zu sprechen. In der Konsequenz wird Penny zu einer gesuchten Verbrecherin und sie muss vor den Schergen des Königs fliehen, um ihre Freiheit zu bewahren. Die niedliche Geschichte wird in handgezeichneten Comicbildern erzählt, hält sich aber über den Spielverlauf hinweg angenehm kurz.

Im Mittelpunkt steht bei Penny’s Big Breakaway ganz klar das Platforming-Gameplay. Wenngleich die Spielphysik an der Arbeit an der Sonic-Reihe orientiert ist, ist Penny’s Big Breakaway ein sehr eigenständiges Spiel, denn das Jojo, das Penny so viel Ärger bereitet hat, gibt Penny gleichsam ein sehr facettenreiches Moveset. Penny kann auf dem Jojo reiten, um insbesondere bei abschüssigen Flächen mächtig an Geschwindigkeit zu gewinnen und zudem auf gefährlichen Untergründen keinen Schaden zu nehmen. Weiterhin kann sie mit dem Jojo in der Luft schwingen, als hinge sie an einer Stange, Gegner vermöbeln oder sich schnell im Kreis drehen, um Schrauben zu drehen. Wer das volle Potenzial von Pennys Jojo auskosten möchte, der wird eine ganze Weile im Spiel damit zubringen, sich die verschiedenen Möglichkeiten zu erarbeiten. Auf Grund der Kombinierbarkeit der Jojo-Techniken kann ein geübter Penny-Spieler einige imposante Kombos aufs Parkett legen.

Diese Kombos dienen allerdings nicht nur dem Spaß am flüssigen Durchlauf durchs Spiel, sondern ergeben überdies Punkte, die am Ende eines jeden Levels mit einer anspruchsvollen Zielpunktzahl verglichen werden. Allerdings muss man auch sagen, dass dieses System sich relativ leicht ausnutzen lässt. Zwar dämpft das Spiel die Puntzahlen, die man durch das wiederholte Ausführen des selben Tricks erzielen kann, doch durch eine sehr einfache und quasi unbeschränkt ausführbare Kombi – Doppelsprung, Jojo-Schlag, Jojo-Ritt – kann man sich am Ende eines Levels einfach jede beliebige Punktzahl ermogeln. Das macht sicherlich weniger Spaß, als durch einen flüssigen Kombo im Leveldurchlauf die Punkte zu erzielen, dämpft aber in meinen Augen schon etwas die Motivation, sich tief genug mit Leveldesign und Kombofähigkeiten auseinanderzusetzen, um die Punktzahlen auf natürlichem Wege zu erreichen.

Weitere Möglichkeiten, Penny’s Big Breakaway über das reine Erreichen des Levelziels in den strikt linearen Levels hinaus zu spielen, sind die drei Sammelgegenstände, die man in jedem Level finden kann, sowie die drei Extraaufgaben, die man in den Levels erledigen kann. Während die Sammelgegenstände gelegentlich hinter interessanten Plattform-Passagen verborgen sind, sind die meisten Missionen meines Erachtens nicht sonderlich unterhaltsam, da sie den flüssigen Spieldurchlauf unterbrechen – und gerade der flüssige Spielablauf ist die wesentliche Stärke von Penny. Entsprechend ist die letzte Spielvariante eines jeden Levels, ein Time Attack, schon deutlich besser auf die Spielmechanik abgestimmt. Leider gibt es hier aber keine Zielzeiten, sondern ausschließlich einen lokalen und einen Online-Vergleich der Bestleistungen.

Die Spielphysik von Penny’s Big Breakaway erinnert an die klassischen Sonic-Spiele und so kann man in dem Spiel eine ziemlich hohe Spielgeschwindigkeit erreichen, wenn man abschüssige Stellen geschickt nutzt. Allerdings ist die Standard-Laufgeschwindigkeit von Penny deutlich niedriger als die von Sonic, so dass bei einem einfachen Durchgang die potenziell hohe Spielgeschwindigkeit sich gar nicht auf die Spielweise des Spielers auswirkt.

Hinsichtlich des Leveldesigns haben die Entwickler sich bemüht, eine Balance zwischen Performance-Ansprüchen und Sammelaufgaben zu finden, allerdings funktioniert das Spiel meines Erachtens schlichtweg bedeutend besser, wenn man so schnell wie möglich durch die Level saust. Wer Wert auf Vollständigkeit legt, wird aber zumindest die drei Medaillen je Level sammeln müssen, die die Entwickler versteckt haben, denn mit diesen kann man sich (sehr kurze) Challenge-Level kaufen, die komplett auf die Jojo-Fähigkeiten ausgelegt sind.

Technisch ist Penny’s Big Breakaway solide, aber nicht annähernd so poliert wie Sonic Mania. Während optisch ein klarer, farbenfroher Stil mit konstant 60 Bildern in der Sekunde auf Xbox Series X (die Switch-Version unterstützt nur eine Framerate von 30 Bildern in der Sekunde) nicht viel Anlass zum Meckern gibt, ist die Spielphysik gelegentlich anfällig für fehlerhaftes Verhalten. Insbesondere wenn es um Angriffe auf die teilweise gar nicht so einfachen Endgegner geht, erweist sich das kontextsensitive Verhalten des Jojos gelegentlich als intransparent, auch Fehler in der Kollisionsabfrage können hin und wieder vorkommen. Diese Fehler sind zwar ärgerlich, wenn sie auftreten, trüben aber den Spielspaß nicht nahhaltig. Musikalisch orientiert sich Penny’s Big Breakaway an Zirkusmusik und neigt dazu, die Musikstücke etwas überzustrapazieren.

Penny’s Big Breakaway ist ein sehr unterhaltsames 3D Jump & Run mit einer tollen Spielmechanik, das aber in Sachen Leveldesign ein wenig unklar wirkt, da die vielen Sammelaufgaben nur schwerlich mit den Stärken der Spielmechanik in Einklang zu bringen sind. Ich hätte es außerdem begrüßt, wenn der schnelle Durchlauf durch die Level – meines Erachtens mit Abstand die unterhaltsamste Spielweise – stärker in der Wahl der Spielziele integriert worden wäre, denn das Kombosystem funktioniert in meinen Augen besser als Ermöglicher eines guten Spielflusses denn als Hauptattraktion.

Vielen Dank an Private Division für die Bereitstellung des Testmusters. Getestet auf Xbox Series X.