Synthetic Lover (Review)

Die Visual Novel Synthetic Lover hat mich schon in den ersten Spielminuten überrascht. Ich habe mich mit wenig Vorwissen auf die SciFi-Romanze eingelassen und wusste deshalb nicht einmal, dass mich Voice Acting erwartet. Auch hatte ich mit einem stärkeren Fokus auf die “Erwachseneninhalte” gerechnet, die sich zu Spielbeginn aber sogar ausschalten können.

Die Zukunft ist künstlich

Protagonist der Visual Novel ist Ian, ein Biot im Dollhouse, einem Etablissement zur Erwachsenenunterhaltung. Biots sind eine Art künstlich erschaffener Menschen ohne die menschliche Psyche, aber körperlich voll funktionsfähig. Sie benötigen Schlaf und Nährstoffe und haben auch ein gewisses Maß an Empfindungen, aber anstelle richtiger Mahlzeiten reicht ihnen eine Paste und bei Problemen gehen sie zum Techniker. Sie haben keine eigenen Wünsche und Bedürfnisse und dienen Menschen, die sich einen Biot leisten können in verschiedenen Lebensbereichen oder bei der Arbeit.

Ian hat also keinerlei Probleme mit seinem Dasein. Bis es zu einem Vorfall mit einem Gerät kommt, das jemand gestohlen hat und das sich in seiner Nähe aktiviert. In den nächsten Tagen wird Ian immer unzufriedener mit seinen Aufgaben und dem Verhalten der Klienten. Seine Bewertungen verschlechtern sich, er ist ständig müde und das alles trägt auch nicht zu seiner guten Laune bei.

Er sucht Hilfe bei seiner Technikerin Riko, in der Hoffnung, dass sie ihn reparieren kann. Riko vermutet, dass nur das Gerät seine Veränderungen rückgängig machen kann, also muss Ian den Dieb auftreiben. Also bricht Ian auf und lernt die große, weite Welt kennen. Oder zumindest die Stadt, in der er lebt.

Das Voice Acting ist sehr gut, auch wenn die Stimmen in einzelnen Textabschnitten fehlen. Auch die englischen Texte sind sehr kompetent.

Zwei Hauptpfade

Dank eines kleinen Hinweises findet er den Dieb schon bald. Dabei handelt es sich um Bastian, einen Bartender. Leider hat Bastian das Gerät für einen Auftrag gestohlen und trägt es schon nicht mehr bei sich. Doch sobald ihm klar wird, dass er etwas wirklich Wichtiges gestohlen hat, ist er bereit dazu, Ian zu helfen, das Gerät zu finden.

Sie könnten gleich aufbrechen, wäre da nicht Terrance, Mitglied bei der Forschungseinheit der GL. Diese Organisation hat ihre Hände bei den Biots im Spiel und stellt gleichzeitig die Ordnungshüter der Stadt. Nicht unbedingt jemand, den man als Biot sehen möchte. Kein Wunder also, dass ich mich beim ersten Durchspielen dazu entschieden habe, ihm nicht zu vertrauen.

Bastian und Terrance sind die beiden potenziellen Love Interests in Synthetic Lover. Die beiden grenzen sich charakterlich deutlich voneinander ab, wenn man einmal davon absieht, dass sie zur Geheimniskrämerei neigen. Und dass sie eine leichte T-Shirt-Allergie haben.

Bastian ist Bartender mit Leib und Seele, aber immer knapp bei Kasse. Er ist in dubiose Geschäfte verwickelt und treibt sich mit zwielichtigen Gestalten herum. Für ihn sind Biots widerliche Roboter und es hilft nicht gerade, dass seine erste Begegnung mit Ian im Dollhouse war und dieser dort wie mit einem Klienten mit ihm umgegangen ist. Außerdem flucht Bastian viel. Sehr viel.

Terrance dagegen spricht mit weicher Stimme, gibt sich verständnisvoll und bietet sofort seine Hilfe an. Sehr verdächtig. Allerdings ist er ein potenzieller Partner für Ian, also ist er prinzipiell natürlich doch auf seiner Seite. Terrance ist sehr reserviert und eher steif.

Enden

Synthetic Lover bietet insgesamt 7 Enden. Jede Route bietet ein romantisches Ende, ein freundschaftliches Ende und ein schlechtes Ende. Das siebte Ende hat mich ein wenig an Dream Daddy: A Dad Dating Simulator erinnert. Sehr lustig.

Mein erstes Ende war das Freundschaftsende mit Bastian. Bei Terrance habe ich auf Anhieb die richtigen Antworten für die romantische Route gefunden. Im Nachhinein sind die richtigen Optionen häufig gar nicht so schwierig zu finden, aber dass mein erster Versuch nicht im Desaster geendet ist, zähle ich für mich schon als Erfolg. Außerdem mag ich das Ende.

Ian

Da der Vorfall mit dem Gerät gleich zu Beginn der Handlung geschieht, ist nicht viel davon zu bemerken, dass Ian nicht ganz menschlich ist. Insgesamt ist nicht viel davon zu sehen, wie Biots auftreten, was ein wenig schade ist.

Trotzdem ist Ian ein unterhaltsamer Protagonist. Er leidet zwar auch sehr unter den Dingen, die ihn unzufrieden machen, und vielen der Veränderungen, weil er vorher nie mit starken Emotionen umgehen musste. Aber er ist auch ziemlich begeisterungsfähig und weiß genau, was für Kleidung er tragen möchte. Letztlich trägt er in jeder Route bis auf einzelne Ausnahmen dieselben Outfits, doch wie er zu den Outfits kommt, ist amüsant und zeigt gleichzeitig wieder die Unterschiede zwischen den Love Interests auf.

Bastian

Bastians Route ist sehr abenteuerlich. Die beiden fliehen vor der GL, es gibt actionreiche Verfolgungsjagden, Schlägereien und Schießereien. Die beiden haben eine spürbare Chemie. Zwar ecken sie manchmal an, aber meist bieten sie unterhaltsame Schlagabtausche. Ob nun mit oder ohne Romantik, die beiden lernen nach und nach, einander zu vertrauen und sich aufeinander zu verlassen.

Der Anfang ist etwas langsam (was mich nicht stört), doch bald nimmt die Story an Fahrt auf und es wird für die beiden immer gefährlicher. Neben Ian und Bastian spielt hier hauptsächlich Riko eine Rolle, aber es gibt auch einige Nebencharaktere. Bis auf ein paar namenlose Schläger und die GL haben sie auch alle Sprites. Vertont sind alle Charaktere, die sprechen, im Übrigen auch. Allerdings streikt Bastians Stimme an einzelnen Stellen.

Terrance

Mit Terrance wurde ich lange nicht warm. Vermutlich, weil er sich so extrem reserviert zeigt und zu Beginn seiner Route oft auch einfach nicht da ist. Seine Route ist etwas ruhiger. Nicht zuletzt, weil einer der Nebencharaktere einfach keine Stimme hat, was vermutlich ein Bug ist. Auch Terrance selbst ist häufiger nicht vertont, als es bei Bastian der Fall ist. Mit Terrance gibt es weniger Action, auch wenn sie einmal überstürzt aufbrechen.

Terrance versucht erst einmal, mehr über Ians Zustand in Erfahrung zu bringen, um ihm schließlich helfen zu können. Doch später geht es auch mehr um Biots im Allgemeinen. Wie mit ihnen umgegangen wird, was für einen Stand sie in der Gesellschaft haben, was bei Problemen mit ihnen geschieht. Dabei schafft Synthetic Lover eine gute Waage zwischen SciFi und Romanze. Die Probleme mit Biots werden zwar nicht bis ins kleinste Detail ergründet, aber doch deutlich mehr, als ich es bei einer romantischen Visual Novel erwartet hätte.

Die Erwachsenenszenen in den romantischen Pfaden fügen sich fast nahtlos ein. Sie zeigen zwar eine Entwicklung in der Intimität der Beziehung, aber zwingend notwendig sind sie nicht, also können sie auch problemlos deaktiviert werden.

Fazit

Synthetic Lover ist eine unterhaltsame romantische Visual Novel im SciFi-Setting. Das Voice Acting ist sehr gut und die beiden Love Interests klar voneinander abgegrenzt. Teilweise sind die Pfade so stark unterschiedlich, dass sie sich fast schon wie zwei Spiele anfühlen, aber es gibt auch ein paar Überlappungen. Hin und wieder fehlen ein paar Voice Lines, aber darüber hinaus gibt es keine Bugs oder Probleme.

Da ich mich an zwei Abenden hintereinander dabei erwischt habe, wie ich ein paar Minuten länger wachgeblieben bin, um noch ein wenig zu spielen und zu erfahren, was die Charaktere noch machen, kann ich nur eine grüne Ampel vergeben.

Herzlichen Dank an eastasiasoft für die Bereitstellung des Testmusters. Gespielt auf Nintendo Switch.