Super Mario World (Review)

Gegen Ende der NES-Ära hat Super Mario Bros. 3 sowohl was die spielerische Freiheit, als auch die Designqualität anbelangt neue Maßstäbe gesetzt. Kein Wundert, dass unzählige Spieler gespannt waren, was Nintendos Team für den Sprung in die neue Konsolengeneration in Petto hatte. Direkt zum Launchtag des Super Nintendos stand auch Super Mario World in den Ladenregalen – in Japan mit dem fraglos passenden Untertitel Super Mario Bros. 4. Mit neuen Freunden, neuer Technik und einem neuen Controller bieten sich für Mario hier ganz neue Möglichkeiten.

Die Neuerungen aus Super Mario Bros. 3 wurden in Super Mario World natürlich nicht etwa verworfen, sondern konsequent weiter ausgebaut. Hat Super Mario Bros. 3 die Level bereits durch eine Spielwelt miteinander verknüpft und so narrativ dem Spiel eine neue Ebene hinzugefügt, geht Super Mario World noch einen ganzen Schritt weiter und bietet eine zusammenhängende Oberweltenkarte. Die Welten des Spiels sind nicht länger strikt getrennt auf eigenen Karten, sondern die ganze Dinosaurierinsel, auf der Super Mario World spielt, wurde als kohärente Lokalität gestaltet. Das hat zur Folge, dass die Weltengrenzen, die konzeptuell durchaus noch existieren, aufgeweicht werden und der Übergang zwischen den Welten fließend ist.

Ein deutlich gesteigertes Augenmerk wurde zudem auf alternative Levelausgänge gelegt, die in der neuen Oberwelt deutlich erkennbar werden. Schon seit Super Mario Bros. gibt es geheime Levelausgänge, die bisher aber nur dazu dienten, große Teile des Spiels zu überspringen. Hier hingegen gibt es zahlreiche Geheimlevel, die über versteckte Alternativausgänge erreicht werden können. Somit ist es auch wenig erstaunlich, dass Super Mario World erstmals erlaubt, Level mehrfach zu betreten. Auf diese Weise gewinnen die Geheimausgänge eine Menge an Gewicht. Durch eine farbliche Codierung der Leveleingänge kann man erkennen, ob ein Level noch einen unentdeckten Geheimgang bietet und ein besonderer Leckerbissen ist die neue Sternwelt. Diese bietet besonders anspruchsvolle Level, die über Geheimgänge erreichbar sind und zudem besonders geübten Spielern grundsätzlich erlauben, deutlich schneller an das Spielende zu gelangen. Die Sternwelt verbindet verschiedene Punkte in der Spielwelt über ihre Sternenteleporter und erlaubt somit in einem weiter fortgeschrittenen Spielzustand auch eine schnelle Traversierung der Karte.

Allen Neuerungen hinsichtlich der Weltenkarte zu Trotz, der Kern des Spiels liegt natürlich auf den eigentlichen Sidescroller-Levels. Hier hat sich das Entwicklerteam klar an Super Mario Bros. 3 orientiert. Mario kann wiederum die Level in alle Richtungen erkunden und sich mit einer Auswahl an Items Vorteile verschaffen. Allerdings wurde die Itemauswahl deutlich reduziert. Neben Superpilz und Feuerblume gibt es ein neues Item, das Mario fliegen lässt, das über eine Feder verliehene Cape, sowie einen P-Ballon, mit dem Mario kurzzeitig nach oben schweben kann. Die wichtigste Neuerung in dieser Hinsicht ist allerdings Yoshi, Marios neues Reittier. Yoshi schützt Mario nicht nur vor einem weiteren Treffer, sondern kann besonders kraftvoll aufstampfen und Gegner mit seiner langen Zunge essen. Schildkrötenpanzer sind zwar unverdaulich, selbst für den gefräßigen Dinosaurier, doch verleihen diese Yoshi eine von drei Spezialkräften – Feuerspucken, Fliegen oder Stampfen.

Die Spielmechanik wurde im Vergleich zum Vorgänger noch einmal deutlich verfeinert und so ist das Spielgefühlt exzellent. Mario reagiert blitzschnell und zuverlässig auf alle Eingaben, hat eine sehr angenehme Sprungkurve mit einem ideal austarierten Gewicht, um genaue Sprünge zu erlauben, aber gleichzeitig nicht mit einem allzu langsamen Fall zu trivialisieren. Die Beschleunigungskurve ist transparent und Mario hat ein angenehmes Maß an Momentum, das eine Reihe von Tricks zulässt, ohne Gefahr zu laufen, dem Spieler das Gefühl zu geben, die Kontrolle zu verlieren. Nie zuvor hat es so viel Spaß gemacht, Mario zu steuern und nur sehr selten danach hat ein Spiel diese perfekte Balance aus Kontrolle und Spielfluss geschaffen. Der einzige Wermutstropfen erwächst hier aus der Flugmechanik mit dem Cape, die zwar an sich technisch durchaus anspruchsvoll ist, sobald man sie einmal begriffen hat, sehr viele Level vollständig aushebeln kann. In dieser Hinsicht ist es für den maximalen Spielspaß empfehlenswert, das Cape nicht überzustrapazieren.

Die Level sind deutlich umfangreicher als die teilweise doch etwas beengten Level des direkten Vorgängers und führen erstmals zaghaft ein Element ein, das in späteren Mario-Spielen eine zentrale Rolle einnehmen sollte: Spezielle sammelbare Münzen, die am oberen Bildschirmrand mitgezählt werden. Dieser sogenannten Drachenmünzen gibt es im Regelfall fünf je Level und wenn man fünf Drachenmünzen sammelt, wird man mit einem Leben belohnt. In der Super Nintendo-Version haben die Münzen gar keine weitere Bewandtnis, im Game Boy Advance-Port Super Mario Advance 2 hingegen wird zumindest für jedes Level gespeichert, ob man die Münzleiste einmal erfolgreich gefüllt hat.

Sehr gelungen ist auch die Variabilität der Levelkonzepte. Neben Levels, die sich vor allem darauf konzentrieren, den Spieler mit kniffligen Plattformpassagen zu konfrontieren, gibt es auch Level mit einem gewissen Rätselcharakter, solche mit einem besonderen Gimmick, das beispielsweise ein besonders schnelles Durchkommen erlaubt, oder aber Level, die einen besonderen Wert auf Erkundung legen. Die Geisterhäuser und Endgegnerlevel stechen hierbei als mechanische Gegensätze besonders hervor. Diese verschiedenen Designkonzepte wechseln sich – mit variierender Zusammensetzung der einzelnen Elemente – im Spielverlauf immer wieder ab und sorgen dafür, dass sich über die gesamte Spielzeit nie eine Routine einstellt. Super Mario World schafft mit Bravour den Spagat, sich immer wieder neu zu erfinden, dabei aber den Kernmechaniken absolut treu zu bleiben. Die zahlreichen Wege durch das Spiel und die Level, Gelegenheiten für tollkühne Akrobatik und die bereits angesprochene feine Spielmechanik sorgen zudem dafür, dass Super Mario World eines jener Spiele ist, die man ohne Ermüdungserscheinungen immer wieder durchspielen kann.

Auch in Sachen Präsentation weiß Super Mario World zu überzeugen. Technisch ist es im Vergleich zu Super Mario Bros. 3 tatsächlich gar kein gewaltiger Sprung, schon an seinem Erscheinungstag konnte es technisch nicht besonders hervorstechen. Die tolle Farbgestaltung, das sympathische Sprite-Design und die abwechslungsreichen Hintergrundgrafiken schaffen aber zusammen mit der enorm eingängigen musikalischen Untermalung für einen bleibenden, intensiven Spieleindruck. Bei der Wahl der Version ist zu berücksichtigen, dass die Farben in der Game Boy Advance-Fassung ein wenig blasser sind, dafür aber die nach Super Mario World etablierten Soundeffekte von Mario und Yoshi hinzugefügt wurden.

Super Mario World ist einer der ganz großen Klassiker und bis heute eines der besten Spiele überhaupt. Egal ob Spielmechanik, Leveldesign, Struktur oder Präsentation, es fällt schwer, irgendetwas an Super Mario World zu optimieren. Das gilt sogar unter Berücksichtigung von mehr als dreißig Jahren technischen Fortschrittes und neuer Einflüsse im Genre. Wer Jump & Runs irgendetwas abgewinnen kann, der sollte Super Mario World in jedem Fall gespielt haben. Welche Version ist hierbei weitgehend egal. Die spielerischen Ergänzungen in der GBA-Version sind marginal; technisch hat die SNES-Version leicht die Nase vorn.

Getestet auf SNES, GBA, Wii U und Nintendo Switch.