
Anfang der 2000er Jahre veröffentlichte Nintendo eine neue IP namens Pikmin auf dem GameCube. Dort stürzte Captain Olimar auf einem Planeten ab, der an unsere Erde erinnert. Menschen waren dort nicht anzutreffen, aber menschliche Bauwerke und Gegenstände. Allerdings war fast alles aus der Sicht Olimars gigantisch. Gefährliche Wesen und Hindernisse standen der Reparatur des Raumschiffs im Weg. Aber die hilfreichen Pikmin ließen sich nur zu gern von Olimar anleiten. Mittlerweile haben die ersten drei Hauptteile eine Umsetzung auf Nintendo Switch erhalten. Nun ist mit Pikmin 4 der neuste Teil der Reihe erschienen. Ich bin gern wieder auf den Planeten zurück gekehrt.
Schlimmer als das Bermudadreieck?
In Pikmin 4 ist die Geschichte um Captain Olimar etwas anders abgelaufen. Er hat es nicht von dem Planeten geschafft, konnte aber einen Notruf absetzen. Und so macht sich das Rescue Corps auf, ihn zu retten. Und erleidet ebenfalls Schiffbruch.
Aber ein junger Rekrut könnte die Hoffnung sein. Diesen können wir mit ein paar Optionen optisch anpassen und benennen. Unser Rekrut folgt also auf den Planeten. Dort trifft er den hundeähnlichen Oatchi, beziehungsweise auf Deutsch Otschin, der zum Rescue Corps gehört. Gemeinsam finden die beiden andere Mitglieder. Außerdem stellt sich heraus, dass das Notsignal wohl auch das Interesse anderer geweckt hat, und es einige weitere Schiffbrüchige zum Retten gibt.

Nach und nach erkundet man verschiedene Gebiete. Große Überraschungen sollte man in der Geschichte nicht erwarten, sie ist mehr ein Rahmen für den Spielablauf.
Erkundung
Die Spielwelt ist in einzelne Gebiete unterteilt, die man durch Hauptziele und das Sammeln von Schätzen freischaltet. Diese scheinen nämlich eine Energiequelle zu enthalten, die für das Schiff des Rescue Corps und sein Radar nutzbar ist. Zum Tagesbeginn wählt man einen Ort aus. Während der Erkundung vergeht Zeit, am Abend geht es zurück zum Kommandoposten des Rescue Corps.
Die einzelnen Gebiete sind relativ kompakt, und bieten neben Gegnern auch verschiedene Hindernisse. Zusammen mit dem „Hund“ und verschiedenen Pikmin kann man sich um diese kümmern. Durch verschiedene mitgeführte Arten schaltet man einfach durch, und wirft dann einzeln. Im Spielverlauf kann man aber auch alle einer Art gleichzeitig losschicken.
Unser Protagonist kann Schätze und anderes nicht selbst einsammeln, darum kümmern sich ebenfalls Oatchi und die Pikmin auf Anweisung. Verschiedene Schätze und Objekte haben unterschiedliches Gewicht, das der nötigen Anzahl an Pikmin entspricht. Außerdem gibt es verschiedene Stellen, die man als Basis nutzen kann. Somit kann man Transportwege zusätzlich zur Entfernung von Hindernissen abkürzen. Dort ist dann das kleine Schiff des Protagonisten und die Zwiebel der Pikmin, quasi ihr Nest.

Wer effizienter spielen möchte, kann seine Pikmin an verschiedenen Stellen arbeiten lassen. Man kann Oatchi auch selbst steuern und zum Anführen von Pikmin nutzen. Allerdings hat Oatchi zum Beispiel durch seine Sprungfertigkeit und die Nutzung als Reittier eigene Stärken, weshalb ich ihn nur ungern getrennt losschicken wollte.
Rote, grüne, gelbe, blaue…
Ein Pikminspiel wäre kein Pikminspiel ohne die namensgebenden hilfreichen Wesen. In Pikmin 4 gibt es mehr Arten als je zuvor. Jede Art hat ihre Eigenheiten, die man berücksichtigen sollte. Rote Pikmin zum Beispiel sind etwas angriffsstärker, außerdem immun gegen Feuer. Gelbe lassen sich an höhere Orte werfen und haben kein Problem mit Elektrizität. Ice Pikmin können Gegner und auch manche Wasserflächen einfrieren. Eine Besonderheit stellen die grünen Glow Pikmin dar, die man in der Nacht antreffen kann. Dazu weiter unten mehr.
Man kann auf der Oberwelt nur drei Arten von Pikmin gleichzeitig benutzen. Außerdem hat man ein Pikminlimit, das man nach und nach durch spezielle Sammelobjekte auf bis zu 100 erhöhen kann. Im Gegensatz zu den Vorgängern fängt man also mit weniger Pikmin an, hat aber einen weiteren Faktor für das Gefühl von Fortschritt.

Abgesehen von wilden Pikmin in Höhlen bekommt man weitere, indem man bestimmte Pellets von Pflanzen oder besiegte Gegner in die Basis tragen lässt. Es ist nicht schwer, mehr als genug Zuwachs zu bekommen. Anfangs sind allerdings nur rote Pikmin möglich, weitere schaltet man durch das Sammeln entsprechender Zwiebeln frei.
Man erhält nicht zwingend alle Arten von Zwiebeln im Lauf der Geschichte, zwei davon sind auch hinter speziellen Herausforderungen versteckt. Es kann also sein, dass man stattdessen zeitweise Höhlen benutzt, um dort bei Bedarf bestimmte Pikmin zu erhalten.
Für den Fall der Fälle kann die Pikminzwiebel bei völliger Auslöschung ihrer Pikminart eine einzelne Pikminsaat auswerfen. Das sollte im Regelfall aber nicht eintreten.

Lebhaft bis zuletzt?
Pikmin haben ihre putzigen Seiten. Beim Pflücken begrüßen sie den Protagonisten mit einer Art „Hello“, beim Transport erklingt oft ein Äquivalent von „Hau Ruck“. Bei Bewegung durch die Gebiete können Pikmingruppen sogar anfangen, gemeinsam zu singen. Auf Nektar stürzen sie sich begeistert. Zumindest, wenn sie noch nicht aufgeblüht sind, wodurch sie übrigens schneller werden.
Aber es kann auch passieren, dass sie panisch umher rennen, oder in Gefahr sind zu ertrinken. Wenn sie von Gegnern gepackt werden, erklingen ängstliche Schreie, und auch ihr Ableben erzeugt in der Regel letzte Laute. Das lässt sich nicht so einfach komplett verhindern.
Höhlenerkundung
Der zweite Teil der Reihe hatte als Neuerung unter anderem „Höhlen“ eingeführt. Diese haben es auch in Pikmin 4 geschafft. In Höhlen ist der Spielablauf etwas anders. Höhlen bestehen aus mehreren Ebenen, die deutlich kleiner als Gebiete über der Erde sind. Erreichte Ebenen können beim erneuten Erkunden direkt angewählt werden. Die Zwiebel der Pikmin wird im Gegensatz zum kleinen Schiff des Protagonisten nicht mit in die Höhle genommen. Stattdessen wählt man beim Betreten aus, welche Pikmin man mitnehmen möchte. Dafür erhält man eine Vorauswahl an empfohlenen Arten. Allerdings kann man in den Höhlen auch wilde Pikmin finden, oder besondere Blumen, die Pikmin quasi in andere Arten verwandeln können. Bezüglich der Pikmin sind die Regeln in Höhlen etwas anders. Durch wilde Pikmin kann man mehr als drei Arten gleichzeitig haben. Außerdem kann man das aktuelle Limit überschreiten, wenn man noch nicht das Maximum von 100 erreicht hat.

Auch wenn die Bezeichnung als Höhlen etwas begrenzend wirkt, so halten sich diese nicht unbedingt an Erwartungen. Neben tatsächlich grob höhlenartigen Räumen gibt es auch Ebenen mit scheinbar menschengemachten Materialien, manche Ebene scheint auch direkt in einem menschengemachten Gebäude zu stehen.
Die Schwierigkeit der Höhlen ist in der Regel nicht besonders hoch. Wenn die Pikminverluste gerade bei starken Gegnern dennoch schmerzhaft werden, kann man dank praktischer Rewind-Funktion zum Beginn der aktuellen Ebene zurückspringen. Darauf wird man im Fall großer Verluste auch hingewiesen durch Äußerungen im Sinne von „Wenn wir doch nur die Zeit zurückdrehen könnten“. Können wir! Die Rewind-Funktion ist auch auf der Oberfläche verfügbar und bietet dort eine bestimmte vorige Zeit an. Etwas übertrieben fand ich, dass das schon bei nur einem einzigen Pikmin Verlust durch den Anbruch der Nacht extra angeboten wird.
Die Zeit wird in Höhlen übrigens nicht angezeigt, man muss aber nicht raten. Stattdessen kann man nicht zu lange brauchen. Allerdings kann man abends dennoch nicht mehr Höhlen betreten.

Nächtliche Expeditionen?
Zugegeben, als erstmals die Rede davon war, in Pikmin 4 auch nachts unterwegs sein zu können, habe ich etwas anderes erwartet. In vorigen Teilen galt die Nacht als zu gefährlich, weshalb man dann nicht aktiv sein konnte. Dementsprechend verliert man beim Anbruch der Nacht auch Pikmin, die weder beim Spieler noch bei der Zwiebel sind.
Ich ging von nur nachts zugänglichen Wegen und auffindbaren Objekten, sowie gefährlichen Gegnern aus. Quasi eine gefährlichere Version der Gebiete bei Tag.
Stattdessen handelt es sich um Verteidigungsmissionen, bei denen bestimmte Objekte zu schützen sind. Dabei nutzt man nicht die normalen Pikmin, sondern geisterhafte Glow Pikmin. Ein paar erhält man bei Ankunft vor Ort. Mehr davon erhält man, indem man Glow Pellets einsammeln lässt. Diese erinnern an die japanische Süßigkeit Kompeito. Beim Abschluss der Expedition erhält man abhängig der gesammelten Menge zudem Samen als Items, mit denen man nachts und in Höhlen Glow Pikmin erhalten kann. In späteren nächtlichen Expeditionen habe ich diese oft genutzt, um schnell mehr Pikmin zu haben.

Nach und nach greifen vorhandene Gegner an. Allerdings kann man diese oft auch proaktiv vorher angreifen. Bei einer Art ist das auch sehr zu empfehlen. Meist ist es auch nicht schwer, alle Gegner auszulöschen, bevor es Morgen wird und man eh erfolgreich wäre. Aufgrund der eher niedrigen bis mäßigen Schwierigkeit können auch Spieler beruhigt sein, die keine Verteidigungsmissionen mögen. Aber ein bisschen bleibt das Gefühl, dass die Gefährlichkeit der Nacht spielerisch weiterhin nicht so recht greifbar ist.
Einem jungen Hund neue Tricks beibringen
Oatchi mag Anfangs schon praktisch sein, zum Beginn der Geschichte lernt er auch schnell Fertigkeiten wie Springen, oder als Reittier benutzt zu werden. Aber man kann ihm im Kommandoposten noch mehr beibringen. Den nötigen „Pup Drive“ als Kosten für die Fertigkeiten erhält er durch das Retten von Personen. Ein echter Rettungshund eben.
So kann man ihm zum Beispiel beibringen, mehr transportieren zu können. Ganz aufgebessert trägt er so stark wie ganze 100 Pikmin. Man kann ihm auch beibringen, verstreute Pikmin zu sammeln, oder an einen auf der Karte gewählten Punkt zu gehen. Letzteres kann dann auch unser Protagonist. Das erleichtert Multitasking.

Spezielle Herausforderungen
In früheren Reihenvertretern gab es im Hauptmenü optionale Herausforderungen. In Pikmin 4 jedoch sind auch in den Storymodus Herausforderungen eingebunden. Zum einen gibt es Dandori Battles. Das japanische Wort Dandori steht hier grob für effizientes Vorgehen. In diesen Battles tritt man mit vorgegebenen Pikmin gegen ein KI-gesteuertes Team an. Man sammelt Punkte, indem man Schätze und sterbliche Überreste allerlei Gegner, wie man sie auch außerhalb findet, zu seiner Basis tragen lässt. Manche können Bonuspunkte geben, was eingeblendet wird. Außerdem gibt es auch Kugeln, die ein zufälliges Item zur Benutzung geben. Durch Items, Hund und Pikmin kann man sich auch gegenseitig behindern.
Abhängig vom Punkteunterschied erhält man eine Bewertung, aber gerade später müsste ich meine persönlichen Dandori Skills als Spieler polieren, um eine Chance auf gute Bewertungen zu haben.

Daneben gibt es auch Time Trials. Dort sammelt man mit vorgegebenen Bedingungen im Zeitlimit ohne Gegenspieler, um genug Punkte zu erhalten. Auch hier war für mich der erfolgreiche Abschluss an sich fast nie problematisch, aber hohe Bewertungen teils fern.
Zugegebenermaßen habe ich ähnliche Herausforderungen in den früheren Teilen im Titelmenü ignoriert. Und hier motivieren sie mich nicht über den bloßen Abschluss hinaus. Ich strebe in Spielen allgemein nicht so nach Bestleistung. Egal, ob es tatsächlich um Highscores geht oder wie hier um vorgegebene Leistungen für verschiedene Bewertung.
Fazit
Insgesamt war Pikmin 4 für mich wie erwartet unterhaltsam. Nach etwas über dreißig Stunden hatte ich alle Gebiete komplett abgeschlossen. Die verschiedenen Pikmin gemäß ihren Eigenheiten halbwegs geschickt einzusetzen, um Hindernisse zu bewältigen und Gegner mit wenig Verlusten zu besiegen, bleibt weiterhin reizvoll. Die Gebiete sind im Aufbau und Gestaltung ansprechend, auch wenn man im Bezug auf Realismus manchmal vielleicht ein Auge zudrücken sollte. Gerade in Höhlen.

Der Rettungshund Oatchi ist ein sehr hilfreicher Gefährte, vielleicht sogar etwas zu hilfreich. Wasser zum Beispiel ist weniger einschränkend, wenn man seine Pikmin einfach auf Oatchi reitend darüber bringen kann. Auch seine Transport- und Kampffertigkeiten sind nicht ohne.
Die Schwierigkeit ist abseits von Medaillenjagd in Herausforderungen eher niedrig. Auch die Missionen bei Nacht waren leichter, als man bei der viel beschworenen Gefährlichkeit der Nacht hätte erwarten können. Wer allgemeine Herausforderung sucht, wird vermutlich nicht so ganz glücklich. Davon abgesehen kann ich Pikmin 4 aber empfehlen.

Vielen Dank an Nintendo für die Bereitstellung des Testmusters. Getestet auf Nintendo Switch.