Story of Seasons: A Wonderful Life (Review)

Eine Farmsimulation, in der die Charaktere altern? Gab es schon einmal und gibt es jetzt wieder! Für einen Moment (oder ein ganzes Leben) kehrt Story of Seasons erst einmal zurück zu den Remakes – mit Story of Seasons: A Wonderful Life. Natürlich konnte ich mir die Gelegenheit nicht entgehen lassen, ein wundervolles Leben zu genießen. Aber jetzt, da ich darauf zurückblicke, wie schön ist es wirklich gewesen?

Farmalltag

A Wonderful Life ist, als Remake wenig überraschend, in vielen Belangen eine sehr klassische Farmsimulation. Es gibt einen Hof mit Geflügel und großen Tieren, ein paar Felder (mit unterschiedlicher Bodenqualität), eine anfangs kleine Hütte.

Die ersten Entscheidungen sind die schwierigsten. Wie soll mein Charakter aussehen? Will ich überhaupt einen Hof betreiben (wie soll ich den denn nennen???) oder bekomme ich nach meiner Ankunft noch kalte Füße? Welchen Hund (der natürlich immer männlich ist) will ich haben?

Immerhin fiel mir die Frage nach den Pronomen leicht. Ich musste einfach wissen, wie die nichtbinäre Wahl aussieht. Meistens fällt das in A Wonderful Life nicht auf. Schon gar nicht so früh wie in Harvestella. In der Regel wird anstelle gegenderter Begriffe mein Name benutzt. So sagt Gustafa beispielsweise „Rook“ anstelle von „meine Beste“ oder „mein Bester“. Auch das Kind spricht Rook mit dem Namen an.

Besonders an Story of Seasons: A Wonderful Life ist, dass Felder auch innerhalb eines Tages immer trockener werden. Letztlich ändert das nicht viel daran, dass man am besten einmal am Tag gießen sollte. Aber auch der Zustand der angebauten Feldfrüchte und Bäume kann sich mehrmals am Tag ändern. Manchmal habe ich Bäume nach ein paar Ingame-Stunden erneut geschüttelt. Da ich mich meistens morgens in der Frühe um die Felder gekümmert habe, saß ich selten abends da und wartete darauf, dass am Ende einer Saison ein Gemüse doch noch erntereif wird. Irgendwann habe ich auch aufgepasst, in der zweiten Monatshälfte möglichst nur noch Samen einzupflanzen, die auch in der nächsten Jahreszeit noch wachsen. 

Sehr hilfreich ist auch die Sense, mit der ich mehrere reife Feldfrüchte auf einmal ernten kann, ohne noch wachsendes Gemüse zu zerstören. Jedenfalls, wenn ich beim Händler Van, der das Vergessene Tal zweimal im Monat besucht, ein besseres Werkzeug erwerbe. Er ist nur einer der vielen serienbekannten Charakter im Spiel.

Zwar kann ich in der Versandbox nur Hofprodukte verkaufen und bekomme  das Geld irgendwann am folgenden Tag, doch will ich nicht auf Van warten, kann ich meinen eigenen Stand aufstellen und ausgewählte Gegenstände auslegen. Aber mein Inventar ist auch groß genug, dass ich mein Zeug ein paar Tage länger in der Tasche herumtragen kann. Außerdem haben die Werkzeuge ihr eigenes Inventar.

Keine Sorge, das gehört so.
Tiere und Zucht

Natürlich dürfen auch die Tiere nicht fehlen. Die Kühe sind nicht ganz so rund wie gewohnt, sondern haben einen realistischeren Stil. Aber die Hühner und Küken sehen aus wie immer. Zu ihnen gesellen sich Schafe und später auch Ziegen und Enten. Ich habe gelesen, früher habe die Ziege nur ein Jahr lang Milch gegeben und hätte anschließend einen Platz im Stall besetzt. Jetzt kann ich sie das ganze Leben lang melken. Würde sie mich nerven, könnte ich sie wie die anderen Tiere auch verkaufen.

Anfangs habe ich Platz für 8 große Farmtiere, aber ich kann Stall und Geflügelstall mit ausreichend Geld vergrößern lassen. Ressourcen wie Holz und Stein muss ich nicht sammeln. Zudem gibt es einen Samenbereiter und einen Fertigerschuppen zum Kauf. Letzteren benötige ich, um aus Milch Käse und Butter herzustellen. Wolle verarbeite ich nicht weiter.

Es gibt vier verschiedene Kuhrassen in A Wonderful Life. Zwei Sorten Milch eignen sich für unterschiedliche Produkte besser, steigern also bei der Herstellung die Stufe (B, A, S und S☆) um eins. Je mehr mich ein Tier mag, desto bessere Produkte gibt es mir.

Um sie dazu zu bringen, mich mehr zu mögen, rede ich mit ihnen, kuschle oder bürste sie. Bürste ich sie einige Tage lang nicht, werden sie sogar sichtbar dreckig. Nach ein paar Spieljahren habe ich die Tiere immer unregelmäßiger gebürstet. Vor allem deshalb, weil sie morgens manchmal sehr lange schlafen. Außerdem kann ich mit einem Schaf, das gerade mäht, nicht interagieren. Da hatte ich irgendwann keine Lust mehr, zu warten.

Interessant ist auch das Züchten. Ich kann männliche und weibliche Tiere kaufen und darauf warten, dass ein Weibchen trächtig wird, oder eine Befruchtung. In meinem vergrößerten Stall war lange Zeit fast durchgängig eines der Schafe trächtig. Bis der Stall voll war.

Kühe mit Kalb geben ein paar Tage lang besondere Milch, die für das Jungtier bestimmt ist. Danach geben sie etwas mehr Milch als sonst.

Jetzt kann man ja gar nicht sehen, wie eines der Schafe heißt!
Noch mehr Besonderheiten

Aber namensgebend für A Wonderful Life ist eine andere Spielmechanik. Ich spiele das gesamte Erwachsenenleben meines Charakters. Die Charaktere altern, auch die anderen Bewohner:innen des Vergessenen Tals. Ein Charakter stirbt sogar und hat mir damit ein paar schlechte Träume beschert, aber das kreide ich dem Spiel nicht an. 

Um das Spiel nicht elendiglich in die Länge zu ziehen, sind Jahreszeiten in A Wonderful Life kürzer als sonst. Nach zehn Tagen ist eine vorbei, insgesamt dauert ein Jahr also nur vierzig Tage. Das ist auch deshalb nötig, weil es später einfach nicht mehr genug Abwechslung gibt.

Zudem kann ich auch die ganze Nacht aufbleiben. Irgendwann in meinem letzten Jahr habe ich das aus Neugier ausprobiert. Aber es gibt nicht so viel zu tun, dass ich auch noch die Nächte durchmachen müsste.

Jedes Jahr bildet ein Kapitel in der Geschichte ab, die bei Weitem nicht so tiefgründig wird wie in Wylde Flowers. Aber das war auch nicht zu erwarten. Dennoch ist die Geschichte etwas stärker ausgebaut als in anderen Story of Seasons-Titeln wie Pioneers of Olive Town oder Friends of Mineral Town.

Auch die Ausgrabungsstätte darf nicht fehlen. Doch es geht nicht tief hinab, stattdessen buddle ich nur an derselben Stelle so oft, bis ich etwas finde. Das hat auch zwei Besuche gedauert, bis ich das verstanden habe. 

Im ersten Kapitel werde ich am stärksten geleitet. Ich habe den Auftrag, mich auf dem Hof einzuleben, Freundschaften zu schließen und, wenn möglich, die große Liebe zu finden.

Kapitel für Kapitel

Meine große Liebe war schon immer Nami, aber sie ist selten an mir oder sonst jemandem interessiert. Doch unter der wortkargen, ruppigen Schale verbirgt sich eine liebevolle Frau, die sich um das Pärchen sorgt, in dessen Gasthaus sie unterkommt. Während die meisten Heiratskandidat:innen auf Blumen stehen, lässt sich Nami nicht mit ein bisschen ausgerupftem Grünzeug beeindrucken. Doch im Sommer fand ich heraus, was ihr Herz erweicht, und von da an wusste ich, ich würde sie oder keine andere heiraten.

Hilfreich ist dabei auch, dass ich, anders als in anderen Titeln üblich, nicht nur ein Geschenk pro Tag an eine Person verteilen kann. Solange es sich um unterschiedliche Typen von Gegenständen handelt. 

Beispielsweise kann ich eine Feldfrucht und eine Blume an dieselbe Person verschenken.

Hätte ich am Ende des Jahres kein Herzblatt, müsste ich mir eines aus einer Liste auswählen. Die Hochzeit muss sein, ansonsten könnte die Geschichte nicht fortgesetzt werden. 

Im zweiten Jahr, das in Wirklichkeit ein paar Jahre nach dem ersten stattfindet, habe ich einen Sohn. Red ist ein aufgewecktes Kind, das gern in den Arm genommen wird. Ich überschütte ihn mit allen Geschenken, die Van mir verkauft. Ich könnte auch versuchen, seine Interessen in eine bestimmte Richtung zu lenken, aber das ist nicht das einzige Jahr, in dem ich das versäume.  Aber am wichtigsten ist mir ohnehin, mein Bestes zu geben, dass er glücklich leben kann.

Zwischen dem ersten und dem zweiten Jahr finden die meisten Veränderungen statt.

Im Vergessenen Tal bleibt die Zeit (nicht) stehen

Ansonsten ticken die Uhren im Vergessenen Tal etwas anders. Viele Charaktere altern kaum merklich oder erst im letzten Jahr ganz plötzlich. Es gibt ein paar Neuankömmlinge und Umzüge, aber nicht viele. Meistens tut sich kaum etwas. Wenn zwischen den Kapiteln Jahre vergehen, vergrößert sich zwar das Haus, aber trächtige Tiere bleiben trächtig und Pflanzen bleiben auf den Feldern. Viele Leute sagen sogar jahrelang dieselben paar Sätze. 

Dadurch wird A Wonderful Life mit der Zeit ermüdend. Natürlich ist es nicht ungewöhnlich, wenn die Charaktere in einer Farmsimulation ständig dieselben Sätze sagen. Oder wenn die meisten von ihnen die meiste Zeit über dieselben Dinge machen. Aber schließlich höre ich ja normalerweise auf, wenn ich verheiratet bin, nachdem ich den ganzen anderen Kram vorher erledigt habe. 

Hier fängt das Spiel dann aber erst richtig an. Doch dann verpasst es die Chance, mich voll abzuholen. Zwischen Farmalltag und Kindererziehung gibt es einfach nicht ausreichend zu tun. Nicht genügend Gespräche oder Szenen, auch wenn es durchaus wieder Events gibt, die nicht an Partnerschaften gebunden sind. 

Auch die amüsanten kleinen Minispiele helfen dabei nicht viel. Ebenso wenig wie die Quests am Anschlagbrett zweimal im Monat. Dabei muss ich einer bestimmten Person innerhalb des Monats etwas vom Hof oder vom Händler besorgen. Später wurde mir das oft zu aufwändig.

Manche werden immer älter

In jedem Kapitel altert mein Sohn ein bisschen. Er wird zunehmend selbstständiger, seine Interessen bilden sich heraus. Irgendwann wird es schwierig, ihn noch in eine bestimmte Richtung zu lenken. Außerdem nimmt er manche Geschenke nach einer Weile nicht mehr an. Herauszufinden, worüber er sich freut, war aber tatsächlich interessant.

Da ich das Original nie gespielt habe, wollte ich auch immer wissen, was noch passiert und wie sich das Kind entwickelt. Auch wenn letztlich meistens recht wenig passiert. Es hätte mich sehr gefreut, wenn auch die anderen Jungesell:innen geheiratet und Kinder bekommen hätten.

Zudem sind die Ziele in den späteren Kapiteln nicht mehr so klar wie im ersten. Ein wenig fühlte ich mich zwischendurch verloren, aber es war auch spannend, selbst herauszufinden, was ich im zweiten Kapitel neu tun kann.

Fusion

Eine längst vergessene Mechanik (liegt wohl am Tal) taucht auch im Remake wieder auf. Ich kann Feldfrüchte fusionieren. Wahlweise Feldfrüchte untereinander, Baumfrüchte untereinander oder eine Frucht mit einer Blume. Bedauerlicherweise ist das Kreuzen ziemlich aufwändig, was nicht besonders zum Ausprobieren motiviert. Außerdem reicht es nicht, zu wissen, wie einige der Ergebnisse heißen, um daraus zu schließen, was ich dafür einsetzen muss. Viel zu oft kommt einfach ein normales Päckchen Samen heraus.

Konzeptionell finde ich das Kreuzen sehr interessant. Reich machen könnte mich das auch, aber dafür reichen meine normalen Feldfrüchte, das Obst und die Tiere auch aus. Spielerisch ist es allerdings wenig überzeugend umgesetzt und lange Zeit wusste ich gar nicht, wie ich es überhaupt tun konnte, obwohl ich recht schnell verstanden habe, dass es geht und wo ich kreuzen könnte.

Gerade doppelte Kreuzungen wären sehr spannend, doch bis dahin ist der Weg ein sehr weiter.

Was soll da schon schiefgehen?
Fazit

Story of Seasons: A Wonderful Life ist eine Farmsimulation mit spannender Prämisse. Der Mix aus klassischer Spielefarm und jährlicher Progression hätte sehr viele Möglichkeiten, sich immer wieder frisch anzufühlen. Insgesamt hängt das Spiel jedoch zu sehr an den üblichen Konventionen, um mich wirklich zu packen. Das Vergessene Tal und seine Bewohner:innen verändern sich zu wenig. Der Alltag verkommt allzu leicht zur Routine, ohne viele Gelegenheiten, dem Trott zu entfliehen. Außerdem wollte ich meistens nach dem ersten Monat schon sehen, was im nächsten Kapitel passiert, weshalb die Jahre für mich trotz der Kürze noch etwas zu lang sind.

Es ist schön, das eigene Kind ausnahmsweise einmal aufwachsen zu sehen. Zu sehen, wie es seinen eigenen Weg findet. Auch die Tiere sind niedlich. Die Events in jeder Jahreszeit wiederholen sich zwar jedes Jahr und sind wenig interaktiv, aber eines davon ist mit einem lustigen Witz verbunden und bei einem anderen darf ich mir etwas wünschen. Außerdem beschwert sich niemand über eine zu schlechte Zutat im Eintopf und wähle ich einen falschen Gegenstand aus, ist das Event nicht für ein Jahr verbrannt.

Doch für Genrefans sind die vielen Besonderheiten auf jeden Fall einen Blick wert. A Wonderful Life zieht sich zwar ein wenig, spielt sich aber ansonsten sehr angenehm mit dem eigenen Inventar für Werkzeuge, coolen besonderen Werkzeugen im späteren Verlauf und der praktischen Sense. Feldfrüchte, die mehrere Jahreszeiten überdauern, haben meine Jahresplanung immer beeinflusst. Zudem ist es als Remake natürlich in vielen Belangen eine eher klassische Farmsimulation. Umso faszinierender sind Features wie das Züchten. Doch das allein reicht eben nicht immer aus, um dauerhaft zu motivieren.

Herzlichen Dank an Marvelous Europe für die Bereitstellung des Testmusters. Gealtert auf PS5.