Villain’s Legacy (Review)

Was haben sich die Entwickler sich nur gedacht, als sie dieses Spiel entworfen haben? Was habe ich mir nur dabei gedacht, als ich das Testmuster angenommen habe? Beide Antworten haben vermutlich eher weniger mit Denken zu tun, denn „Sex sells“.

Zumindest können wir nicht behaupten, dass das Spiel uns nicht gewarnt hätte.

Die Geschichte

Als ich hörte, dass es hier um ein ein Spiel geht, in dem man einen Superbösewicht spielt, der Rache an (vor allem weiblichen) Superheldinnen nimmt, war ich noch ganz begeistert. Immerhin ist das Superhelden-Genre genau mein Ding. Was ich nicht erwartet habe, war dann allerdings in die Rolle des unsympathischsten Protagonisten schlüpfen zu müssen, den ich in meiner ganzen Karriere als Spieler je erlebt habe.

Michael ist ein durchschnittlicher Typ mit wenigen positiven Eigenschaften. In einer Welt, in der scheinbar jede:r ein Supermodel ist, wirkt er mit seinem detailreichen und unförmigen Gesicht aber geradezu grotesk. Und das nicht nur, weil er als Normalo in einer Welt voller Superheld:innen lebt.

Darf ich vorstellen: Unser Protagonist – was für ein Charmebolzen

Die Geschichte beginnt mit einer Rückblende. Michael und seine Frau Betty waren bei den Nachbarn zu Besuch. Einem – natürlich, wie könnte es auch anders sein – sehr attraktiven Pärchen, bestehend aus dem Superhelden Black Commando und seiner Frau. Nach kurzer Zeit entschied man sich Karten zu spielen und die Wahl fiel auf Strip-Poker. Im Zuge der viel zu detaillierten Partie wird dann enthüllt, dass der ganze Abend ein von langer Hand geplanter Racheakt war. Denn das Nachbarspärchen hatte Michael scheinbar wiederholt dabei erwischt, wie er sie beim Sex beobachtet hat. Dies konnte Betty nicht auf sich sitzen lassen und revanchierte sich daher prompt mit einem Seitensprung vor Michaels Augen.

Immerhin besser als ein Autogramm?

Mitleid entwickelt man dabei aber für keine der Parteien. Denn Aussagen wie „My wife gets dumber and dumber every day. She’s one of the biggest fans of these clowns.“ oder „I’m not a pervert. She’s the one who’s basically walking around naked.“ lassen schon früh erahnen, was für eine Art von Mensch unser Protagonist ist.

Um es kurz zu fassen: Kurz nachdem Betty sich von Michael getrennt hat, bekommt der durch einen Unfall selbst Superkräfte in Form eines unglaublich hohen Intellekts und beschließt fortan als der Superbösewicht „The Mind“ Rache an der Gesellschaft, den Superhelden und seiner Frau zu üben. Dabei wird die komplette Palette an sadistischen Abscheulichkeiten ausgepackt, die man sich nicht einmal vorstellen möchte. Von Demütigung über Erpressung und Bloßstellung bis hin zu Vergewaltigung werden alle Themen bedient. Und natürlich sind die Ziele immer Frauen und/oder Superhelden, denn die sind ja nach Auffassung des Protagonisten die Wurzel allen Übels.

Aus großer Macht folgt… große Boshaftigkeit?

Die Präsentation

Das Spiel besteht zum Großteil aus Einzelbildern mit Dialog am unteren Bildschirmrand und zeigt dabei dreidimensionale Modelle, die einen eher an Pop-Up Werbung auf zwielichtigen Internetseiten erinnern. Wenn es dann mal so richtig zur Sache geht, bekommt man unter Umständen sogar eine kurze animierte Videosequenz zu sehen. Untermalt wird das ganze von sehr durchschnittlicher Musik, die aber wenigstens immer zur jeweiligen Situation passt und nicht wirklich stört.

Von diesem geheimen Versteck aus wählen wir Missionen, recherchieren online oder craften unsere Ausrüstung.

Das Gameplay

Wenn man sich nicht gerade durch die PowerPoint-artige Präsentation des Spieles klickt, um den Dialog voranzutreiben, dann sieht der Gameplay-Loop wie folgt aus:

  • Mission auswählen
  • Dialog durchklicken
  • zurück ins Versteck
  • Materialien kaufen
  • Gadget herstellen
  • und wieder von vorn

Man wählt in seinem Versteck aus, ob man am PC Informationen recherchiert, neue Gadgets bastelt oder zur Karte will, um eine Mission zu wählen. Die verschiedenen Missionen sind dabei meist die Racheakte an bestimmten Heldinnen, für die man entsprechende Voraussetzungen erfüllen muss, bevor man sie spielen kann. So braucht man zum Beispiel ein Gerät, um die molekulare Struktur einer Heldin zu beeinflussen, die durch Wände gehen kann. Spielerisch stellt sich das ganze jedoch so dar, dass man durch stumpfes Klicken Banken und Geldautomaten leert und anschließend die Materialien aus drei Kategorien durch einfache Klicks im Internet bestellt, um anschließend das Gerät durch einen Klick auf CRAFT herzustellen.

Okay, der Staubsauger war lustig. Das gebe ich zu.

Das Spiel ist 100% linear, bietet keinerlei Möglichkeiten zu scheitern oder Herausforderung. Rätseln muss man höchstens, welche Bedingung man erfüllen muss, bevor ein nächster Schritt freigeschaltet wird. Im Zweifel klickt man aber alle verfügbaren Punkte auf der Map einmal durch, bis man zu dem gelangt, der nun an der Reihe ist. Indikatoren gibt es dafür nämlich nicht.

Helden denen es nur um ihre Bewertung geht? Wo habe ich das schon Mal gehört?

Die Wertung

Ich kann durchaus mit einem Spiel leben, das kein besonderes Gameplay vorweist, solange eine interessante Geschichte erzählt wird. Aber diese chauvinistische, ekelhafte Rachefantasie war einfach nicht auszuhalten. Es hat schon seinen Grund, weshalb das Spiel im deutschen Steam-Store nicht auffindbar ist. Hier gibt es wirklich nichts, aber auch gar nichts, was eine Empfehlung wert wäre. Lasst lieber die Finger davon.

Vielen Dank an Mad scientist lab für die Bereitstellung des Testmusters. Getestet wurde die Steam-Version