Soul Hackers 2 (Review)

Zur Feier des 25. Jubiläums von „Shin Megami Tensei: Devil Summoner – Soul Hackers“ präsentiert Atlus das Cyberpunk-JRPG Soul Hackers 2. Für Fans des Franchise bedeutet dies ein Treffen mit altbekannten Dämonen-Gesichtern, welche in einer dystopischen Umgebung der Schlüssel zum Weltuntergang sein werden. Ob der neueste Titel mit den hauseigenen Gegenspielern „Persona 5“ und dem zuletzt veröffentlichten „Shin Megami Tensei V“ mithalten kann, erfahrt ihr hier!

Die Aion – eine neue Lebensform

Was wäre, wenn es eine hyperintelligente Lebensform geben würde, welche sich von ganz allein aus den unzähligen Netzwerken entwickelt hat? In Soul Hackers 2 treffen wir auf solch eine neue Lebensform: die Aion. Die Existenz dieser empfindenden Ansammlung von Technologie ist zu gleichen Teilen elektronisch und spirituell. Sie betrachtet die menschliche Gesellschaft als wichtige Informationsquelle, mischt sich jedoch nicht ein – bis heute.

Eine Aion wird geboren

Aufgrund einer besorgniserregenden Vision müssen die Aion ihre neutrale Betrachter-Rolle aufgeben und sich aktiv ins Geschehen einmischen. Hierfür werden Ringo und Figue entsandt – zwei selbstständige künstliche Intelligenzen, welche für ihre Mission in menschenähnliche, weibliche Körper gesteckt wurden. Sie finden sich in einer Welt wieder, in der zwei Fraktionen an Dämonenbeschwörern seit jeher im Konflikt miteinander stehen: die Yatagarasu und der Phantombund.

Tiefgreifende „Seelenhacks“

Inmitten dieses Konflikts sind zwei Schlüsselfiguren von bedeutender Rolle: der Wissenschaftler Ichiro Onda und der Yatagarasu-Dämonenbeschwörer Arrow. Wenn beide sterben, wird laut Vision die Apokalypse eintreten. Deshalb teilen sich Ringo und Figue auf, um die beiden Zielpersonen möglichst schnell aufspüren zu können. Allerdings kommen sie zu spät bei ihren Schützlingen an.

Sowohl der Wissenschaftler, als auch der Yatagarasu-Dämonenbeschwörer sind bereits eliminiert worden. Soll es das gewesen sein? Ist die Mission der Superintelligenz gescheitert? Das kann Ringo nicht auf sich sitzen lassen. Sie greift zu einem drastischen Mittel: dem sogenannten Seelenhack. Dabei dringt die Aion tief in das Seelenkonstrukt des Verstorbenen ein und holt ihn ins Leben zurück – sofern das Gegenüber zustimmt.

Ringo holt Arrow zurück ins Leben

So kommt Arrow wieder zurück in die Welt der Lebenden und die Apokalypse scheint vorerst abgewendet worden zu sein. Doch das soll nicht der einzige Seelenhack gewesen zu sein: nur kurze Zeit später holt Ringo auch noch die Phantombund-Agentin Milady sowie den freiberuflichen Dämonenbeschwörer Saizo zurück. Beide wurden von dem Antagonisten namens „Eiserne Maske“ kaltblütig ermordet. Letzterer ist scheinbar auch der Schlüssel zur prophezeiten Apokalypse.

Sollte es die Eiserne Maske nämlich schaffen, in den Besitz der fünf sogenannten „Bündnisse“ zu gelangen, so könnte er das „Ewige Wesen“ auf die Erde heraufbeschwören und die Welt nach seinen Wünschen gestalten. Unsere ungewöhnliche, fünfköpfige Heldentruppe sollte also alles daran setzen, seine Pläne zu durchkreuzen – und sie werden dabei womöglich auf ein paar Gemeinsamkeiten stoßen.

Die KI, die immer menschlicher wird

Hoffentlich konntet ihr den Grundpfeilern der Geschichte folgen 😉. Im Hinblick auf die Story müsst ihr keinerlei Bedenken haben – es handelt sich um eine eigenständige Geschichte, welche keine Vorkenntnisse benötigt. An sich wird das Geschehene verständlich und mit dem Atlus-bekannten Maß an Humor erzählt. Dabei folgen wir sehr vielen Dialogsequenzen, welche für manch einen vielleicht sogar ein wenig zu viel Text sein könnten.

Die Dialoge zeigen wirklich viel Tiefgang.

Untermauert wird das Ganze dann noch durch Multiple-Choice-Dialogoptionen und schön inszenierten Zwischensequenzen. Was für mich persönlich besonders schön zu verfolgen war, war die Entwicklung der beiden Aion-Agenten Figue und Ringo. Man kann hautnah miterleben, wie die KI’s durch die ganzen Situationen und Interaktionen im Laufe des Spiels immer menschlicher werden und ganz humane Eigenheiten annehmen. Das war auch eines meiner persönlichen Highlights.

Dungeons so weit das Auge reicht

Doch genug zur Story. Kommen wir nun zum Gameplay 😉. Genretypisch geht es hier hauptsächlich in Labyrinth-artigen Dungeons zur Sache. Unsere Truppe wird aus den drei geretteten Dämonenbeschwörern und Ringo gebildet. Dabei steuern wir die Aion durch verschiedene – und leider auch recht monoton dargestellte – Gänge. In diesen Gängen warten abstrakt dargestellte Wesen auf uns, welche uns durch Berührung in einen Kampf verwickeln.

Durch den Seelenhack haben die Dämonenbeschwörer leider die Fähigkeit verloren, Dämonen zu beschwören und an ihrer Seite kämpfen zu lassen. Stattdessen sind alle Gruppenmitglieder mit sogenannten „COMP“-Waffen ausgestattet, welche es ihnen ermöglichen, einen Dämon selbst auf diese Waffe auszurüsten und dadurch dessen Statuswerte, Stärken, Schwächen und Skills anzunehmen. Das ist quasi das Aion-Upgrade für Dämonenbeschwörer 😁.

Auszug aus einem Dungeon

Die Kämpfe an sich laufen rundenbasiert ab – sprich, es wird zwischen den Angriffen der Truppe und der gegnerischen Einheit gewechselt. Im Kampfmenü stehen uns ein Standardangriff, eine Verteidigungshaltung, dämonische Skills unter Verwendung von Magiepunkten, Items und die Flucht zur Wahl. Später wird das noch mit ein paar besonderen Fähigkeiten getoppt.

Auf Wunsch können wir auch um Hilfe bitten, um unsere Einheit mit einem sehr effektiven Angriff auf die erkannte Schwäche des Gegners zielen zu lassen. Allerdings muss man hierfür bereits die Schwäche des Gegners herausgefunden haben. Das ist auch eine der elementaren Kampfstrategien. Anders als in Shin Megami Tensei V erhöht das Einsetzen von sehr effektiven Attacken nämlich nicht eure Gesamtzahl an Zügen.

Es wird Zeit für ein Tänzchen!

Habt ihr solch einen Angriff auf eure Gegner losgeschmettert, erhöht ihr euren Kombo-Zähler. Ist euer Zug dann beendet, so legt Ringo einen kleinen Dämonentanz aufs Parkett. Dabei beschwört sie die ausgerüsteten Dämonen und ruft zu einem mächtigen Angriff auf, welchen jeden eurer Gegner trifft. Je höher die Kombo-Zahl, umso kraftvoller wirkt sich dieser zusätzliche Schaden auf eure Gegner aus.

Tanzt Dämonen, tanzt!

Dabei müsst ihr keine Sorge haben – diese Fähigkeit obliegt einzig und allein unserer Aion Ringo. Die Gegner haben keinen Vorteil, wenn sie unsere Schwachstellen treffen – außer, dass sie vielleicht etwas schwieriger zu bezwingen sind 😉. Vor allem in Bosskämpfen wird euch der Dämonentanz sicherlich ein willkommenes Gimmick sein.

Spult vorwärts mit dem Auto-Kampf

Daneben habt ihr auch die Möglichkeit den Auto-Kampf zu aktivieren. Dieser bietet sich vor allem für Random-Low-Level-Kämpfe an. Dabei greift unser Trupp die Gegner einfach mit Standard-Angriffen ohne MP-Verbrauch an, bis der Kampf beendet ist oder wir den Auto-Modus wieder deaktivieren. So oder so ist das Kampfsystem sehr gelungen und die einzelnen Kampfsequenzen sind wirklich schön dargestellt.

Sind wir siegreich gewesen, können unsere ausgerüsteten Dämonen im Level aufsteigen und dadurch neue Skills erlernen. Allerdings nur bis zu einem maximalen Grad. Ist dieser erreicht, erhalten wir ein kleines Geschenk von unserem Dämon, welches beispielsweise unsere Fähigkeiten verbessert. Ab diesem Moment wäre es ratsam, sich einem anderen Weggefährten zu widmen und diesen zu leveln.

Kampfmenü

Wie bereits erwähnt, sind die Dungeons an sich leider sehr trist gestaltet. Man läuft von einem Eck zum nächsten und dazwischen passiert nicht wirklich viel. Wir treffen lediglich auf Random-Gegner, Boss-Gegner und zwischendurch auf unsere eigenen Dämonen. Ringo schickt diese beim Betreten des Dungeons nämlich los, um die Umgebung zu erkunden. Wenn wir dann auf einen unserer Dämonen stoßen, bekommen wir teilweise Items zugesteckt, werden geheilt – oder unser Weggefährte stellt uns einem anderen Dämon vor, der sich uns anschließen möchte.

Dies ist auch die einzige Möglichkeit, neue Dämonen für das Team zu rekrutieren. Anders als beispielsweise in Shin Megami Tensei V müssen wir den Dämon nicht während oder nach einem Kampf davon überzeugen, uns beizutreten. Wir können diesen nur dann rekrutieren, wenn uns diese Option von einem unserer Dämonen vorgeschlagen wird. Geben wir dem Rekruten dann das, was er sich von uns wünscht (beispielsweise einen bestimmten Gegenstand), so ist er dann auch Teil unseres Teams.

Seelenmatrix – der Ort der Verbindungen

Zwar wurden teilweise auch kleine Rätsel in die Dungeons eingebaut – jedoch beschränken sich diese vielmehr auf kleine Interaktionen, in denen man beispielsweise eine Schlüsselkarte für eine Tür bergen soll. Neben den bereits erwähnten Dungeons gibt es auch noch die sogenannte Seelenmatrix. Dieses unterirdische Labyrinth stellt die mentalen Verbindungen zwischen Ringos Verstand und denen der Dämonenbeschwörer dar.

Um in der Hauptgeschichte voranzukommen, ist es teilweise unabdingbar, auch die einzelnen Seelenmatrix-Bereiche zu erkunden. Dafür erfahren wir im Gegenzug auch mehr über die Vergangenheit der einzelnen Protagonisten. Um hier in die tieferen Ebenen eintreten zu können, spielt das Beziehungssystem eine große Rolle. Wenn wir also in den Multiple-Choice-Dialogen beispielsweise häufig den Standpunkt von Arrow vertreten, so dürfen wir auch tiefer in dessen Seelenmatrix vordringen.

Optionale Sidequests

An sich eine tolle Idee – ich hätte mir nur vor allem in der Seelenmatrix ein abwechslungsreicheres Dungeon-System gewünscht. Neben unseren Hauptmissionen haben wir auch die Möglichkeit optionale Sidequests anzunehmen. Hierfür suchen wir den Club Cretaceous auf und können hier die verschiedensten Aufträge annehmen. Im Grunde gestaltet sich jede Anfrage gleich: wir suchen zunächst unseren Kunden auf und holen uns weitere Infos für unsere Mission.

Anschließend besiegen wir beispielsweise eine gewisse Anzahl von speziellen Dämonen oder sammeln ein gewisses Item ein und kehren zu unserem Klienten zurück – und schon gibt es eine wertvolle Belohnung, welche uns oftmals beim Aufrüsten unseres COMP nützlich sein wird. Daneben gibt es noch ein paar Shopping-Läden für Kleidung, Accessoires und COMP-Upgrades – eine Bar, in der wir uns mit unseren Mitstreitern einen Drink gönnen können und den Cirque du Goumaden, in welchem wir unsere Dämonen fusionieren können.

Auch eine Aion muss ab und an shoppen gehen!

Nun noch kurz zur Performance. Soul Hackers 2 ist das erste Game aus dem Hause Atlus, welches eine native PlayStation 5-Version besitzt. Man kann direkt zu Beginn des Spiels auswählen, ob man den Performance- oder den Qualitätsmodus präferiert. Ich habe mich für den Grafik-Modus entschieden und war von dem gebotenen Bild total begeistert. Besonders hervorzuheben wären hier die absolut stylischen Outfits der Hauptfiguren und die knallige Gestaltung der Schauplätze. Doch insgesamt haben mich visuell vor allem die Kämpfe und die Darstellung der Dämonen mitgerissen.

Steuerung, Ladezeiten, Soundtrack

Eine Kleinigkeit hätte ich allerdings im Hinblick auf die Steuerung zu bemängeln. Vor allem in den Dungeons hat es sich teilweise sehr unnatürlich angefühlt Ringo zu steuern. Die Bewegungen waren hier oftmals recht abgehackt und man hat einfach keinen „flüssigen“ Lauf hinbekommen. In der Community wurden teilweise zu lange Ladezeiten bemängelt. Hier kann man Abhilfe schaffen, indem man die Tipps in den Optionen deaktiviert – das sorgt für einen kleinen Geschwindigkeits-Boost 😉. Es gibt eine englische und japanische Sprachausgabe – dabei kann das Spiel komplett mit deutschen Texten gespielt werden.

Abschließend möchte ich hier noch den wirklich starken Soundtrack erwähnen, der mir durchaus im Gedächtnis geblieben ist. Jede Szene wurde perfekt unterstrichen – egal, ob wir gerade Gute-Laune-Musik im Shoppingviertel serviert bekommen haben, oder uns packende Melodien bei spannenden Kämpfen um die Ohren gedonnert wurden. Der Soundtrack hat echt Spaß gemacht! Auch noch erwähnenswert: für einen Story-Durchlauf braucht es rund 30-40 Spielstunden, wenn man sich nicht um alle optionalen Aufgaben kümmert.

v.l. Milady, Arrow, Ringo, Figue und Saizo

Fazit

Soul Hackers 2 ist mal wieder ein gelungenes JRPG aus dem Hause Atlus, welches vor allem durch seine Charakterdarstellung und die dazugehörige Hintergrundgeschichte punkten kann. Ich meine… eine künstliche Intelligenz, welche auf sympathische Art und Weise immer menschlicher wird? Sowas ist zwar bereits in vielen Filmen thematisiert worden, aber ich werde dem Ganzen einfach nicht müde 😄. Vor allem liebe ich einfach den Atlus-typischen Humor und die Art- und Weise, wie die Charaktere präsentiert werden.

Die Detailverliebtheit, die man bei den Protagonisten findet, sucht man allerdings vergebens in den Dungeons. Das ist wirklich schade. Dennoch mochte ich den Titel sehr – auch wenn er für mich nicht an den hauseigenen Konkurrenten „Persona 5“ herankommt. Für mich reiht sich das Game direkt hinter Shin Megami Tensei V ein. Abschließend muss ich hier noch erwähnen, dass wirklich sehr viel Geschichte in den Dialogen erzählt wird. Für wen das kein Problem ist, der kann hier getrost zuschlagen 😊.

Vielen Dank an Atlus für die Bereitstellung des Testmusters. Getestet auf PlayStation 5.