Kao the Kangaroo (Review)

Bevor CD Project Red mit der Witcher-Reihe zu internationalem Ruhm gelangt ist, waren polnische Entwicklerstudios eine Rarität. So konnte Tate mit seinem Dreamcast-Jump & Run Kao the Kangaroo einen Achtungserfolg feiern, in Polen gar einen echten Hit landen. Offensichtlich in die Fußstapfen seines australischen Nachbarn Crash Bandicoot stapfend, hüpft und rennt Kao durch 30 sehr eng gestaltete Jump & Run-Level.

Wenn man Kao the Kangaroo erstmals startet, wird man unweigerlich schnell über das wohl größte Problem in dem Spiel stolpern: Die Steuerung, respektive insbesondere ihr Zusammenspiel mit der Kamera. Auf den ersten Blick ist die Steuerung simpel, hat Kao doch ein ziemliches Standardrepertoire an Bewegungen: Neben Springen und Rennen kann Kao noch drei verschiedene Angriffe ausführen, einen einfachen Schlag, einen Schwanzschlag (Croc lässt grüßen) und, wenn man fleißíg Boxhandschuhe sammelt, einen Distanzschlag. Die Kamera kann wohlgemerkt nicht unmittelbar gesteuert werden.

Allerdings haben die Entwickler eine Kameraeinstellung gewählt, die ein wenig an Super Monkey Ball erinnert, das heißt, dass die Kamera sich stets mit Kao mitdreht. Bei einem 3D Jump & Run ist das allerdings, vorsichtig ausgedrückt, eine zweifelhafte Idee. Wenn man den Stick leicht nach links bewegt fängt sofort die Kamera an zu schwenken und in der Konsequenz ist es äußerst schwierig, eine vorsichtige Drehung durchzuführen, da durch den Kameraschwenk die leichte Drehung in Windeseile zu einer Vierteldrehung wird. Besonders wenn man über kleine Plattformen springen möchte, die über einem endlosen Abgrund angebracht sind – was bei Kao the Kangaroo schon früh einen Großteil des Spiels ausmacht, ist dieses Zusammenspiel aus Kamera und Steuerung schnell fatal.

Das Leveldesign ist, in Anbetracht der Steuerungs- und Kameraschwierigkeiten, äußerst anspruchsvoll geraten. Bereits im dritten Level habe ich dank eines kniffligen Abschnitts in dem man einen Gleiter steuert, das erste Mal den Game Over Bildschirm zu sehen bekommen. Die Level sind mit einem Umfang von etwa drei bis fünf Minuten zwar nicht allzu lang, aber mit vielen haarigen Stellen sehr fehleranfällig. Wenngleich die Level etwas monotoner sind als man es beispielsweise von Crash Bandicoot gewöhnt ist, haben die Entwickler sich aber einige gute Fallen und Plattformsequenzen einfallen lassen, so dass das Spiel trotz der angesprochenen Schwierigkeiten Spaß macht.

Allerdings muss man neben einer hohen Toleranzschwelle für Kameraprobleme auch eine hohe Frusttoleranz mitbringen, denn die Entwickler haben in Sachen Schwierigkeitsgrad eine besondere Nickeligkeit in Petto. Zunächst hat man den Eindruck, dass das Spiel in Sachen Leben recht spendabel ist. In jedem Level gibt es ca. 100 Münzen zu sammeln und oft auch das eine oder andere Extraleben zu finden. Jeweils 50 Münzen ergeben ein Extraleben. Allerdings, sobald man einmal den Eindruck hat, dass man einige Extraleben gebrauchen könnte und sich in ein altes Level zurückbegibt, wird man sein blaues Wunder erleben, denn alle Münzen und Leben, die man einmal gesammelt hat, bleiben gesammelt. Das heißt, dass Kao the Kangaroo tatsächlich nur endlich viele Leben beinhaltet.

Dass obendrein mehrere Bugs beim Münzenzähler existieren – sammelt man eine Zehnermünze, wenn man weniger als zehn Münzen von der nächsten 50er Schwelle entfernt ist, erhält man kein Extraleben und gelegentlich wird der gesamte Münzzähler ohne erkennbaren Grund auf 0 zurückgesetzt – verstärkt dieses Problem. Schade ist das vor allem, weil Kao the Kangaroo mit einem interessanten Checkpointsystem daher kommt, das nun aber in der Konsequenz nahezu unbrauchbar erscheint: Man sammelt in jedem Level Checkpoints ein, die man dann aber selbst setzen muss, um sie zu aktivieren. Der Clou: Man kann den Checkpoint an (nahezu) jedem Punkt im Level setzen und so selbst entscheiden, wo ein Rücksetzpunkt sein soll.

Kao the Kangaroo hat einige gute Ideen im Leveldesign und auch in Sachen Rücksetzpunkte, aber verspielt einen großen Teil seiner Qualitäten mit massiven Steuerungs- und Kameraproblemen, sowie einem völlig abstrusen Lebenssystem. Ich habe zwar Spaß mit Kao the Kangaroo gehabt, aber wenn man quasi keine Leben hat, sind die Probleme mit Kamera und Steuerung schon echte Motivationskiller.

Getestet auf Dreamcast.