Guardians of the Galaxy (Review)

Artwork auf Guardians of the Galaxy

Guardians of the Galaxy sowie sein Nachfolger Vol.2 gehören für mich zu den besten Filmen, die das Marvel Cinematic Universe bislang hervorgebracht hat. Regisseur und Autor James Gunn mischt in seinen Filmen den besten Cocktail aus Humor, Action und Emotionalität, die in dem Universum ansonsten unerreicht ist. Es war daher nur eine Frage der Zeit, bis Marvel die Truppe von galaktischen Außenseitern auf die Videospiel-Landschaft loslässt.

Dennoch hatte es Marvel Guardians of the Galaxy nicht wirklich leicht bei mir. Square Enix setzte erst vor kurzer Zeit mit Marvel Avengers ein Spiel dieser Marke in den Sand. Wirklich lösen konnten sich die Guardians nicht vom “vermeintlichen” Vorgänger und das Marketing tat sein übriges. Wenn Sätze in den Kopf schießen wie “Ich weiß gar nicht, was mich dort für ein Spiel erwartet”, dann ging im Vorfeld irgendwas schief. Erst die Reviews machten mich wirklich aufmerksam und nach zahlreichen Stunden mit dem furiosen Quintett kann ich selbst nur eines sagen: Die Guardians of the Galaxy rockten meinen persönlichen Jahresausklang!

Besinnliche Vorweihnachtszeit mit Guardians of the Galaxy

Wäre der Black Friday sowie die doch sehr positiven Reviews nicht gewesen, das Spiel stünde wohl noch immer nicht meiner Sammlung. Zu skeptisch war ich im Vorfeld über den Action-Titel, der innerhalb weniger Monate nach seiner Ankündigung bereits in den Händlerregalen stehen sollte. Wie oft ist das heutzutage überhaupt noch der Fall? Fester Termin zu Beginn, keine Verschiebung. Zudem nichtssagende Trailer sowie ein ungewolltes Erbe – die schwachen Verkaufs- und Steam-Userzahlen kommen nicht von ungefähr.

Screenshot aus Guardians of the Galaxy. Team sitzt im Raumschiff rund um einen Tisch.
Selten hat mich ein Spiel so für die Dialoge seiner Figuren faszinieren können

Verdammt, lag ich falsch! Guardians of the Galaxy ist alleine von seinem Konzept her all das, was ich mir seit Jahren von großen Blockbustern wünsche. Kein Service-Modell, ein narrativer Singleplayer ohne viel Schnickschnack und Schabernack, dafür viel Spaß und kreative Ideen. Größter Faktor hierfür ist das namensgebende Team, zusammengewürfelt aus allen Winkeln des Universums. Da hätten wir einerseits Rocket, intelligenter Ingenieur des Teams in Waschbären-Gestalt, sowie dessen besten Freund Groot, den letzten, lebenden Flora-Colossus. Andererseits den brachialen Drax, mit wenig Sinn für Sarkasmus und Ironie, und Gamora, Killermaschine und Tochter des Galaxie-Schreckens Thanos. Und mittendrin als Anführer des Teams Peter Quill aka Star-Lord. Ein Erdling, entführt in den 80er Jahren, mit einem Faible für Pop- und Rockmusik dieser Epoche.

In seiner Haut versuchen wir die gerade erst zusammengeschlossene Truppe beisammen zu halten. Doch dies ist leichter gesagt, als getan. Jedes Teammitglied hat seine eigenen Erfahrungen mit dem Gesetz sowie dem Bösen, was den Zivilisationen der Völker innewohnt, machen dürfen. Alle tragen ihre eigenen Dämonen mit sich, die dafür sorgen, dass das Vertrauen innerhalb des Teams nur schwer Bestand hat.

Hinein ins Unbekannte

Wir begleiten fortan die Guardians of the Galaxy bei ihrem ersten großen, gemeinsamen Abenteuer. Das Geld ist arg knapp für das frisch gegründete Team, daher geht es auf gefährliche Monsterjagd. Wir schleichen uns heimlich in ein Hochsicherheitsgebiet, um eine gewaltige Bestie aufzuspüren, einzufangen und weiterzuverkaufen. Leider ist die Suche nicht von Erfolg gekrönt und zu allem Überfluss geraten wir in die Fänge des Nova Corps. Diese verdonnern uns zu einer saftigen Geldstrafe…ha, wenn die wüssten, dass wir aus Versehen ein abgrundtief böses Wesen freigelassen hätten! Okay, haben wir auch nicht wirklich realisiert, aber wen interessieren solche Kleinigkeiten, wenn man plötzlich bis über beide Ohren in Schulden steckt.

Film- und Comicfans der Guardians of the Galaxy können beruhigt sein, denn auch Square Enix hat es hinbekommen, eine gute Mischung aus Humor und Emotionen in seine Geschichte zu packen. Der Plot ist simpel, aber effektiv. Er verbindet das Team gekonnt mit der ominösen, großen Bedrohung für das Universum, ohne zu konstruiert zu wirken. Allein die vielen Dialoge innerhalb des Teams schaffen es den Plot zu tragen. Die omnipräsenten Gespräche der fünfköpfigen Truppe versprühen Charme und Witz ohne auf Kosten der Charaktere zu gehen. Ihre Frequenz ist immens hoch, aber die meiste Zeit von ungemein hoher Qualität. Erst gegen Schluss bauen diese durch Wiederholungen innerhalb der Kämpfe ein wenig ab.

Doch nicht nur die Guardians hauchen dem Spiel Leben ein. Das gesamte Figuren- und Weltendesign ist kreativ und ungemein vielschichtig. Egal wie düster oder heiter die Welt auch aussehen mag, die Figuren der gesamten Geschichte fühlen sich nie wie Fremdkörper an. Humorvolle Dialoge, spannungsgeladene Konflikte und von Gefühlen geleitete, intime Gespräche: Ich kann sehr gut nachvollziehen, warum das Spiel bei The Game Awards den Preis für beste Narrative gewonnen hat. Alleine die Dialoge suchen ihresgleichen in diesem Jahr, da Guardians selten schablonenhafte Abziehfiguren, sondern mehrschichtige Figuren präsentiert.

Chaos und Stil

Als Third Person-Shooter besteht das Fundament des Gameplays aus den zahlreichen Kämpfen gegen Soldat:innen oder Monster. Und als Star-Lord ist es unsere Aufgabe das Team taktisch zu führen, selber gehörig auszuteilen und notfalls die Moral wieder zu entfachen. 

Welcher Guardian soll diesen Gegner aufs Korn nehmen? Wir bestimmen!

Sobald sich Feinde nähern, ziehen wir unsere Laserpistolen und wehren uns gegen alles, was sich uns in den Weg stellt. In üblicher Third Person-Shooter-Manier decken wir Feinde mit normalen sowie später elementaren Schüssen ein, um die Oberhand zu gewinnen.  Dank unserer Jetstiefel weichen wir geschwind vor herannahenden Angriffen aus. Es gibt kein Abwarten und Zögern, stattdessen belohnt uns das Spiel dafür, wenn wir so aktiv wie möglich in den kleinen Arenen unterwegs sind. Unterschiedliche Aktionen bieten uns Erfahrungspunkte, die uns Upgrades für stärkere Angriffe gewährleisten. Das Kampfsystem von Guardians ist schnell und abwechslungsreich. Leider manchmal etwas zu schnell für die Kamera, worunter die Übersicht und das Anvisieren der Gegner leidet.

Ein Gruß aus den Achtziger Jahren

Obwohl wir nur Star-Lord steuern dürfen, müssen wir auf die anderen Teammitglieder nicht verzichten. Rocket, Groot, Drax und Gamora kämpfen ihrerseits mit und greifen die Feinde aktiv selber an. Zusätzlich können wir Spezialangriffe für jeden freischalten, die zu ihren individuellen Kampfstilen passen. Groot kann beispielsweise Wurzeln wachsen lassen, die Feinde an Ort und Stelle bändigen. Und Drax betäubt Gegner mit seiner brachialen Art. Zusätzlich bieten die Arenen hier und da Aktionspunkte, an denen wir eine gesonderte Fähigkeit aktivieren können. So aktiviert Rocket beispielsweise eine explosive Ladung am Boden, während Gamora hängende Gegenstände abschneiden und auf Feinde stürzen lassen kann.

Während der Kämpfe lädt sich zudem ein Talent auf, mit dem wir das Team zusammenrufen können. Es folgt anschließend eine kurze Dialogsequenz, deren Verlauf wir erkennen müssen, um am Ende die richtigen Worte zu finden. Ist die Moral zu niedrig, helfen aufmunternde Worte. Ist das Team zu aufgeputscht, müssen wir den Fokus wieder auf die Feinde richten. Diese Sequenzen sind recht lang und erfordern auch nicht allzu viel Aufmerksamkeit, bringen aber im Endeffekt einen Energieboost für das gesamte Team. 

Stärkere Angriffe und häufigere Spezialkräfte sind die Folge. In diesem Zeitrahmen spielt Star-Lord von seinem Walkman einen seiner Lieblingssongs ab, der aus dem reichhaltigen Soundtrack lizenzierter Titel stammt. Manche Tracks passen dabei mehr, manche weniger zum actionreichen Geschehen.

Sand im Kampfgetriebe

Leider ist das Kampfsystem nicht gänzlich frei von Schwächen. Die Kamera und das damit einhergehende Zielen ist oftmals ein wenig sperrig. Das Zusammenrufen des Teams nimmt ein wenig den Flow aus den Kämpfen. Doch darüber hinaus gestaltet sich das Gegnerdesign recht monoton. Selten gibt es ausgefallene Ideen wie den Wackelpudding zu Beginn des Spiels. Und auch von Welt zu Welt gibt es klare Abgrenzungen in der Art der Gegner, die vorkommen können. 

Innerhalb dieser gibt es aber zu wenig Varianz, zu wenig taktische Freiheit, um herausstechen zu können. Ganz besonders ärgerlich ist eine Aktion, in der unser Gegner unseren Nahkampfschlag blockt und zurückwirft. Und gefühlt hat jeder etwas stärkere Gegner genau denselben Konter drauf. Ernüchternd, wenn wir alle zehn Minuten in derselben Schleife aus Animationen gefangen sind. Erwähnenswert sind hingegen die Bosskämpfe, die inszenatorisch richtig stark sind. Spielerisch bleiben sie allerdings weniger im Gedächtnis.

Teambuilding-Maßnahme und Gegner warten, bis wir fertig sind – jawoll!

Zu selten versucht das Spiel mit alternativen Problemstellungen und Lösungen die Kämpfe aufzulockern. Es variiert hin und wieder mit den elementaren Schwächen der Gegner. Dies erhöht aber in der Regel die Betäubung, statt wirklich großen Einfluss auf die Kämpfe zu nehmen. Und so tritt auf, was oftmals in dieser Form von Spiel auftritt: Erst gegen Ende, wenn die meisten Fähigkeiten freigeschaltet sind, fängt das Kampfsystem an seinen eigenen Flow zu entwickeln. Dies ist auch wichtig, denn am Ende gibt es Gegnerwelle um Gegnerwelle zu bewältigen – nichts, was allen Spieler:innen gefallen dürfte.

Eine Galaxie würdig von den Guardians beschützt zu werden

Die Figuren, welche die Spielwelt bevölkern, versprühen nicht nur viel Charme, sondern auch die Level selbst. Ich fühlte mich bei Guardians zurückversetzt in eine “gute alte Zeit”, als Spiele sich noch nicht mit immer größeren Welten zu übertrumpfen versuchten. Stattdessen ist Guardians of the Galaxy ein strikt lineares Spiel, welches dennoch durch kleinere Geheimnisse zum Erkunden einlädt. Überall findet sich ein kleiner Gang oder eine Nische, hinter der sich Ressourcen zum Freischalten von Fähigkeiten verbergen. Oder wir finden Kostüme, um das Aussehen unseres Teams zu verändern, oder Erinnerungsstücke. Dies sind Items, die im Raumschiff zwischen den Leveln optionale Dialoge auslösen können.

Das Leveldesign des Spiels wagt hier keine großen Experimente. Hin und wieder müssen wir ein kleines, aber simples Umgebungsrätsel lösen, indem wir die Fähigkeiten eines Teammitglieds einsetzen. Diese werden allerdings überschaubar eingesetzt, wodurch der Löwenanteil sich in mehr oder weniger schlauchigen Levelsegmenten abspielt. Ich frage mich allerdings, warum Studios in den letzten Jahren so einen Narren an Rutschsequenzen gefressen haben. Auch Guardians of the Galaxy hat wieder eine Reihe davon und bilden so einen spielerisch nicht so guten Ersatz für ansonsten nicht vorhandene Geschicklichkeits-Sequenzen. (Merkt man, dass ich kein Fan dieser Passagen bin?)

Auch die Film-Guardians haben es in das Spiel geschafft

Gerne mehr von den Guardians of the Galaxy

Wenn man Guardians of the Galaxy von Square Enix einlegt, reist man wortwörtlich zurück in die Zukunft. Uns begrüßen im Titelbildschirm nicht nur die (mehr oder weniger) melodischen Klänge aus den 80er Jahren Metal, Rock und Pop. Darüber hinaus ist auch das Spieldesign eine Reise zurück in eine Welt, in der lineare Games einfach nur Geschichten erzählen und Spaß machen wollen. 

Guardians ist abseits der gut geschriebenen Dialoge und stimmigen Charaktere ein Action-Adventure alter Schule. Das Kampfsystem macht Spaß und wird trotz kleinerer Mängel nie langweilig. Im Gegenteil, je mehr Fähigkeiten wir freischalten, desto variabler wird es. Wir besuchen eindrucksvolle, lebendige Planeten, deren Level zwar manchmal sehr schlauchig sind, aber dennoch immer wieder kleinere Geheimnisse offenbaren. 

Es ist beileibe kein perfektes Spiel, das jedem von euch gefallen dürfte. Aber wenn ihr schnellen, actiongeladenen Kämpfen sowie einer guten Geschichte mit Herz am Rande des Universums nicht abgeneigt seid, erlebt ihr mit Guardians of the Galaxy ein gelungenes Abenteuer und einen starken Vertreter für die Riege der besten Spiele des Jahres.

Gespielt auf PlayStation 5.