
In der Regel verkauft sich zumeist das, was massentauglich ist. Daher liebe ich Indie-Titel, die es mir hin und wieder ermöglichen ganz neue Spielerfahrungen zu erleben. Auch wenn die Masse hier schier endlos ist, wagen doch immer wieder kleine Entwicklerstudios frischen Ideen eine Chance einzuräumen. Erst kürzlich habe ich Unpacking genießen und viel Freude beim stilvollen Einrichten der eigenen vier Wände haben dürfen. Eventuell verwundert es euch daher nicht, dass ich bei einem Titel wie Exo One sofort zugreife. Ich glaube allerdings, dass es manchmal mehr braucht, um eine wertvolle Spielerfahrung zu bieten als nur eine frische Idee. Hin und wieder darf es auch ein wenig massentauglicher werden.
Unterwegs durch Raum und Zeit mit Exo One
Die Wahrheit ist irgendwo da draußen. Tief verborgen in den dunkelsten Winkeln unendlicher Galaxien warten ungewöhnliche, mysteriöse Welten darauf von Reisenden erkundet zu werden. Als Pilot:in eines auf Gravitation basierenden Fluggerätes erforschen wir in Exo One mehrere Planeten unbekannter Sternensysteme. Auf jedem Gestirn ist es unsere Aufgabe einen sicheren Weg zum nächsten Transport-Laser zu finden. Nur dort ist es uns möglich unsere Reise durch die Galaxie fortzusetzen.

Die Reise über diese unglaublich wunderschönen und zeitweilig grotesken Landschaften gestaltet sich für uns aber alles andere als leicht. Das kugelförmige Fluggerät nutzt die Schwerkraft aus um Energie zu speichern und für seinen Flug zu nutzen. Mit einem Druck auf RT aktivieren wir diese Speicherung, fallen aber auch dementsprechend ab. Unsere Kugel beginnt alsbald zu leuchten und wenn wir rechtzeitig den Gleitmodus aktivieren, nutzen wir die gesammelte Energie sowie das Bewegungsmomentum, um einen enormen Schub durch die Lüfte zu erhalten. Diesen Modus aktivieren wir mit LT, weswegen wir für eine flüssige Fortbewegung einen individuellen Rhythmus zwischen den Schultertasten finden müssen.
Gleichzeitig müssen wir die Oberfläche des Planeten selber ausnutzen, um noch mehr Momentum und Energie zu gewinnen. Gleiten wir beispielsweise durch Winde oder Wolken, überträgt sich deren Kraft kurzzeitig auf unser Raumschiff. Als Kugel nutzen wir Talsohlen und Krater in der Landschaft für eine Art Pendelschwung aus, um schneller zu werden und schnell an Höhe zu gewinnen. Und hin und wieder finden wir Portale, die uns einen zusätzlichen Energieschub gewährleisten. All dies ist aber nur möglich, wenn wir die Steuerung über die Schultertasten beherrschen lernen. Ansonsten kann es vorkommen, dass unsere Kugel verwirrt von einem Hang zum nächsten rollt und uns die Übersicht komplett verloren geht.
Wunderschöne Landschaften, wenig Spiel
Als ich aber einmal den Dreh aus dieser Steuerung raus hatte, machte mir die Fortbewegung sehr viel Spaß. Sobald ein spektakulärer Sturzflug mit anschließendem Adrenalinrausch durch Gewitterwolken so gelungen ist wie wir es uns vorstellen, zeigt Exo One sein schönstes Gesicht. Ein Antlitz, dass uns anlächelt und dazu verführt, dieses Lächeln von Herzen zu erwidern. Und ich wünschte mir nichts sehnlicher, als dieses Gefühl über die gesamte Spielzeit zu verspüren.
Leider ist das Gesicht von Exo One in den meisten Fällen eher träge und versprüht keinerlei Energie. In den schlechtesten Momenten erinnerte mich das Spiel an Linger in Shadows, einem kurzen Spiel-Kunstprojekt, welches 2008 für PlayStation 3 erschien. Allerdings ohne fliegenden Hund, der mir vom seltsamen Trip des Spiels damals ins Gedächtnis eingebrannt wurde. Aber genau wie das Spiel damals mäandert Exo One in den knapp zwei Stunden nach Eingewöhnung an die Steuerung anspruchslos vor sich hin. Die Planeten sind zu groß, um deren geringes, spielerisches Potenzial, was durchaus vorhanden ist, in einem guten Pacing zur Geltung kommen zu lassen.

Ein Planet besteht nur aus Wasser, Timing mit den Wellenbergen ist also wichtig. Auf einem anderen sammeln wir weit entfernte Überreste des zerstörten Lasers ein. Ein dritter Planet setzt unserem Fluggerät so zu, dass wir nur noch Rollen und nicht Gleiten können. Abwechslung ist in der Theorie also gegeben und selbst Verbesserungen für einen größeren Energiespeicher und längere Flüge lassen sich finden. Aber praktisch überzeugt das spielerische Konzept viel zu selten. Zu rar sind Momente gesät, in denen Exo One die Idee seines motivierenden Steuerungskonzeptes in spielerisches Kapital umwandeln kann. Level- bzw. Aufgabendesign bieten in der kurzen, aber zugleich langwierigen Spielzeit viel zu wenig Spaß oder Anspruch. Es entsteht so über die meiste Zeit Langeweile und dieses Wort will niemand von uns in einer Review in einem solchen Kontext lesen.
Eine Katastrophe auf dem Jupiter?
Der Sci-Fi-Titel hat allerdings noch ein wenig mehr zu bieten als schwungvolle Flugmanöver in stellenweise ödem Leveldesign. Neben seiner wirklich beeindruckenden Grafik (die auf Series X sicherlich ähnlich gut rüberkommen wird), versucht Exo One die Geschichte einer Raummission auf den Jupiter zu erzählen. Hin und wieder streut das Spiel daher Dialoge aus Medien oder offiziellen Kommunikationskanälen ein, die uns parallel zu unserer Reise über das Schicksal der beteiligten Astronaut:innen berichten.
Diese Story wirkt allerdings sehr verworren und zerfahren. Ein Zusammenspiel aus der gezeigten und gespielten Reise mit dem futuristischen Raumschiff gelingt den Dialogzeilen nicht, da diese thematisch stark herumspringen. Einige Szenen deuten auf die Mission auf dem Jupiter hin, wieder andere auf die Entstehung unseres Raumschiffes und wieder andere sprechen uns direkt an. Es fällt auf diese Weise sehr schwer, einen stimmigen Gesamteindruck zu erhalten und den Dialog als nichts weiter zu betrachten als Rauschen zur Überbrückung von Momenten mit wenig Interaktion. Organischer wirken hingegen die Texteinblendungen unseres Schiffes, wenn die Bord-KI die aktuelle Mission sowie den Zustand unseres Fluggerätes analysiert oder Warnungen ausspricht. Insgesamt blieb aber das dünne Storytelling nur sehr schwer im Gedächtnis.

Einen weitaus größeren Eindruck hinterließ Szenenübergänge mit farbigen Bilderfluten, die zumeist beim Wechsel der Welten eingeblendet wurden. Diese Cutscenes erinnerten mich stark an 2001: Odyssee im Weltraum oder Interstellar: viele Lichteffekte und groteske Farbspielereien, um die Welt der Quantenpartikel und kosmischen Ereignisse visuell einigermaßen näher zu kommen. Dies ist nicht wirklich neu und käme in einem anderen Gesamtkontext (egal ob spielerisch oder narrativ) besser zur Geltung, aber wirkt dennoch beeindruckend künstlerisch. Hätte man diesen künstlerischen Aspekt auch in Narrative und Gameplay widergespiegelt, wäre Exo One sehr wahrscheinlich das weitaus interessantere Spiel geworden.
Exo One mit Schwung in die Bedeutungslosigkeit
Es hätte so schön mit uns werden können. Exo One versprüht ab und an Funken, die mein Herz entflammen lassen. Doch diese Flammen löscht das Spiel bereits beim nächsten Atemzug. Die Steuerung des ungewöhnlichen Flugobjektes ist schwierig, aber macht nach kurzer Zeit sehr viel Spaß. Doch die Planeten bieten zu wenig Ideen, um aus dieser guten Basis dauerhaft spielerisches Kapital zu schlagen. Die rar gesäten, guten Ideen des Spiels verschwinden innerhalb eines Ozeans voll von anspruchslosen, zähen und gefühlt zu langen Momenten. Die verworrene Story rauscht aufgrund seiner losen Zusammenhänge nahezu spurlos an uns vorbei.
Daher können neben der launigen Steuerung die gute Grafik des Spiels sowie die Ästhetik der Weltraumsequenzen nicht über die zähen und schwachen Aspekte des Spiels hinwegtäuschen. Daher kann ich das Spiel nur denjenigen ans Herz legen, die neue Ideen und Konzepte auch dann wertschätzen, wenn sie ihr Potenzial nicht gänzlich entfalten können. Exo One ist kein schlechtes, aber leider auch kein gutes Spiel. Gefangen in einem Spagat aus Massentauglichkeit und dem Finden seiner eigenen Nische. Ein Spiel, dass es schwer haben wird, einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen.

Getestet auf PC. Ein herzlicher Dank geht an Future Friends! Video Games für die Bereitstellung des Mustercodes!