Counterspy (Review)

Artwork zu Counterspy

Als ich 2014 für das damalige Gaming Universe auf die Gamescom gegangenen und die heißesten Spieletrends des Jahres erleben durfte (Marketing-Sprech-Ende), stand ich längere Zeit am Stand von Sony, um deren großen PS4-Hit Bloodborne ein erstes Mal ausprobieren zu dürfen. Ich erinnere mich daran, dass rechts neben dem Eingang mehrere Anspielstationen von Counterspy standen. Der Indietitel des mittlerweile geschlossenen Studios Dynamighty weckte Nullkommanull mein Interesse, doch irgendwie hat sich die Platzierung des Spiels auf der Messe damals bei mir verankert. Sieben Jahre später habe ich Bloodborne zwar angetestet, aber noch nicht gespielt. Ganz im Gegenteil nun das Spiel, was eigentlich nicht von Interesse war, aber sich dennoch auf meine PlayStation 5 geschlichen hat.

Ein Counterspy als Gleichgewicht der Atommächte

In Counterspy ist im Grunde der Name Programm. Wir schlüpfen in die Rolle eines Spions der Sondereinheit C.O.U.N.T.E.R. Diese Organisation überwacht das Gleichgewicht der nuklearen Kräfte, vorrangig der Imperialisten und der Sozialisten. Wir wissen: Wenn nur eine Seite die Atomraketen abfeuert, erwidert die andere Seite sofort das Feuer. Und den daraus resultierenden Atomkrieg gilt es zu verhindern.

Nun haben die beiden Supermächte aber einen neuen Plan ausgeheckt. Zügig schreiten die Vorbereitungen voran, einen nuklearen Schlag auf den Mond auszuüben. Da dieser dann allerdings aus seiner Bahn geworfen wird und die Menschheit vernichten würde, schreiten wir als Spione zur Tat. Unser Ziel ist es Informationen aus den Basis beider Mächte zu stehlen und etwaige Raketenstarts zu verhindern.

Screenshot aus Counterspy
Offiziere ergeben sich, wenn sie der letzte Gegner in einem Bereich sind, und senken das DEFCON-Level

Counterspy ist ein 2D-Stealth-Actionspiel, in dem wir unseren Agenten durch zweidimensionale Level bewegen, Wachen ausschalten und Geheimdokumente ergattern. Jedes Level ist dabei zufällig generiert, das bedeutet sowohl der Aufbau, als auch die darin versteckten Sammelgegenstände variieren von Durchgang zu Durchgang. Wir schleichen von links nach rechts durch die Level. Und sobald wir auf Wachen stoßen, müssen wir blitzschnell entscheiden, ob wir diese umgehen oder ausschalten wollen.

Ein heimlicher Griff von hinten oder ein Hereinstürmen mit geladener Schrotflinte bringen meist ein ähnliches Ergebnis mit unterschiedlichem Risikofaktor. Denn stets müssen wir darauf achten, dass das DEFCON-Level niedrig bleibt. Erreicht es sein Maximum, werden die Raketen der Basis gezündet und wir müssen sofort zum Ende des Levels eilen.

Ein Wettlauf mit der Zeit

Sobald wir in eine Basis eindringen, sehen wir in der rechten oberen Ecke bereits die Größe des jeweiligen Areals sowie unseren gegenwärtigen Standort. Als Spion schlüpfen wir anhand dieses Schemas durch Schächte und infiltrieren verschlossene Kammern. Treffen wir auf eine Gruppe von Gegnern und Heimlichkeit ist keine einfache Option mehr, können wir uns an bestimmten Stellen des Levels (markiert durch gelb-schwarze Streifen) verstecken. Counterspy wechselt dann je nach Position in eine feste Kameraperspektive, in der wir das gesamte Areal überblicken können. In diesen Momenten spielt sich der Titel beinahe wie ein Cover-Shooter. Diese Wechsel wirken sehr dynamisch und bieten zu Beginn einiges an Abwechslung ins Gameplay.

Ein kompletter Durchgang dauert ungefähr drei Stunden und ist von den zufälligen Missionen bestimmt, die uns vorgesetzt werden. Als Spion müssen wir insgesamt 25 geheime Dokumente finden, bevor wir die finale Mission starten können. Nach jeder Runde haben wir die Wahl zwischen einer Mission im Westen und einer im Osten, zufällig ist dabei die Anzahl der sammelbaren Gegenstände. 

Das DEFCON-Level bleibt dabei jederzeit bestehen und kann nur durch Offiziere in den Level sowie Fähigkeiten heruntergesetzt werden. Bedeutet – je höher DEFCON ist, desto schwieriger wird die Mission. Zudem werden Level auch schwieriger, wenn wir fünf geheime Dokumente gesammelt haben. So sind in den späteren Leveln auch hochrangige Soldaten mit gefährlichem Equipment unterwegs, die uns den Weg versperren. Leider wird Stealth als Option später nicht nur schwieriger, sondern stellenweise unmöglich gemacht.

Die Kampagne gibt uns die Wahl, ob wir Imperialisten oder Sozialisten infiltrieren wollen

So spielte sich Counterspy später weitaus action-orientierter, als es der Beginn des Spiels vermuten ließ. Da sich aufgrund der zufälligen Natur des Leveldesigns später Elemente und Sequenzen immer wieder wiederholen, nutzt sich das Spiel auf Dauer ab. Innerhalb der drei Stunden regulärer Spielzeit hat Counterspy allerdings sein ganzes Potenzial abgerufen.

Style over substance?

Neben den geheimen Dokumenten zum Raketenprogramm der Supermächte finden sich auch zahlreiche Geldtresore sowie Waffenpläne und Formeln für Fähigkeiten in den Basen. Diese können wir zwischen den Missionen nutzen, um unsere eigene Ausrüstung zu optimieren und schlagkräftiger zu werden. Waffen erweitern unser Repertoire in Auseinandersetzungen, egal ob Schrotflinte oder Pistole mit Schlafmunition. Und Formeln geben uns in jedem Durchgang Fähigkeiten, wie beispielsweise weniger Schaden zu kassieren oder ein initiales Absenken des DEFCON-Level zum Start der Mission. Geld finden wir einerseits dafür in den Leveln versteckt oder verdienen wir in der Endabrechnung einer Mission.

In der Theorie erhalten wir hier auch Punkte für verschiedene Aktionen innerhalb der Mission, die unseren Highscore für den kompletten Durchgang anhäufen. Dieser ist allerdings jetzt aufgrund fehlender Onlineserver und somit fehlender Leaderboards relativ sinnlos geworden. Auch die Platintrophäe ließe sich aufgrund einer Onlinetrophäe gegenwärtig leider nicht mehr ergattern.

Als Spion das Schicksal der Welt in den eigenen Händen halten - diese Gelegenheit konnte sich unser Autor knightingale einfach nicht entgehen lassen!
Kameraschwenks in eine neue Perspektive fühlen sich dynamisch an und bieten einen groben Überblick über das Level

Counterspy orientiert sich stilistisch an Agenten- und Spionagethrillern der 60er bis 80er Jahre. Das Intro, die Musik sowie Dialoge versuchen diesen Stil zu emulieren, um bestmöglich in die Epoche des Kalten Krieges zu passen. Selbst der allgemeine Filter oberhalb des Spiels ist grobkörnig und verleiht dem Spiel optisch den Anschein alter TV-Ausstrahlungen. Dies kann allerdings leider nicht darüber hinwegtrösten, dass wir zum gegenwärtigen Zeitpunkt zu spät zu Counterspy dazustoßen. Nach einem Durchgang sind in der Regel nicht alle Waffen und Formeln freigeschaltet. Das bedeutet, dass wir weitere Durchgänge für diese Items aufwenden müssen, um uns alle Optionen freizuhalten. Höhere Schwierigkeitsgrade verbleiben dann als einzige, spielerische Motivation, Counterspy fortzusetzen, da die Highscores leider keinen Nutzen mehr haben.

Du warst zu lange unter meinem Radar, Counterspy!

Doch dieses “zu spät kommen” ist eindeutig ein persönlicher Fehler und für fehlende Leaderboards und Onlinekomponente kann das Spiel sieben Jahre nach Release nichts für. Von diesem Makel abgesehen ist Counterspy ein sehr spaßiges, zu Beginn leicht zu erlernendes Stealthspiel mit einer simplen Steuerung. Die zufälligen Level bieten viel zu entdecken, werden aber auf Dauer ein klein wenig monoton. 

Gerade im späteren Verlauf wandert das Spiel von seiner Schleichkomponente weg und ist – obwohl weiterhin sehr spaßig – beinahe schon ein reinrassiger Actiontitel. Zu oberflächlich sind dafür die Optionen, Gegner wie in anderen Titeln des Genres (z.B. Mark of the Ninja) in Fallen zu locken oder auf andere kreative Weise auszuschalten. In seiner kurzen Zeit konnte diese Abwechslung dennoch sehr gut unterhalten und ich wünschte, ich hätte damals das Spiel auf der gamescom eines Blickes mehr gewürdigt. Dann hätte es wahrscheinlich nicht so lange gedauert, Counterspy eine Chance einzuräumen. Diese hat das Spiel nämlich zu nutzen gewusst!

Gespielt wurde die PlayStation 4-Version auf PlayStation 5.