Insurgency: Sandstorm (Review)

Nachdem Insurgency: Sandstorm bereits seit 2018 für den PC erhältlich ist, gibt es den taktischen Online-FPS nun auch auf Konsole. Bieten soll das Spiel eine realistische Militär-Simulation, in der Teamwork besonders wichtig ist. Doch welchen Stellenwert hat die Absprache im Team tatsächlich?

Die Spielmodi und der eigene Charakter

Zuerst legt mir Insurgency: Sandstorm das Tutorial nahe, gefolgt vom Koop-Modus. In diesem kämpfe ich gegen KI anstelle von menschlichen Gegnern, um erst einmal etwas zu üben. Leider bereitet die KI mich kaum auf das vor, was mich im PvP-Modus erwartet. Die Modi selbst funktionieren auf gleiche Weise.

Verschiedene Kampfmodi erwarten mich. Wahlweise kämpfen Teams um einen Posten nach dem anderen, manchmal werden auch Munitionslager gesprengt, oder Ziele können gleichzeitig eingenommen werden. Im letzteren Fall siegt das Team, das alle drei Ziele gleichzeitig unter seiner Flagge hat oder durch wiederholtes Einnehmen genügend Punkte erzielt. Da kaum jemand eingenommene Ziele verteidigt, sind es meistens die Punkte, die über Sieg oder Niederlage entscheiden.

Die Teams bestehen dabei aus unterschiedlichen Klassen, die verschiedene Waffen nutzen können. Neben normalen Frontsoldat:innen gibt es Sprengtechniker:innen mit Explosivmitteln oder Kommandant:innen. Diese können Luftunterstützung anfordern. Allerdings nur, wenn sich zudem ein:e Beobachter:in in der Nähe befindet.

Kämpfe finden auf verschiedenen Maps statt, die sich teilweise sehr ähnlich anfühlen. Neben Settings mit mehr oder weniger dicht stehenden Gebäuden und trockenen Hügeln gibt es sogar Schnee. Oft sind dabei Wände und Hügel, über die ich nicht klettern kann, im Weg. Gerade Häuser können zudem sehr verwinkelt sein. So verirre ich mich häufig und lande in Sackgassen. Besonders in mehrstöckigen Gebäuden finde ich das Zurechtfinden schwierig.

Je nach Modus werden getötete Spieler:innen einzeln oder in Wellen wiederbelebt, wobei die Anzahl der Wellen vom Erfolg des eigenen Teams abhängt. Mit etwas Pech dauert es Minuten, bis ich wieder im Spiel bin und nicht bloß zuschauen kann.

In der Charaktererstellung ist mir die deutlich größere Auswahl an männlichen Gesichtern als an weiblichen aufgefallen. Kleiden kann ich mich unabhängig vom Geschlecht in eine große Auswahl an Kleidungsstücken in verschiedensten Farben. Diese kosten Geld, das ich in Matches bekomme, und sind rein kosmetisch. Allerdings dauert es lange, bis ein neues Gesicht oder eine neue Farbe geladen ist, so dass ich nicht gerne Zeit damit verbracht habe, meinen Charakter zu gestalten.

Realismus pur?

Gegner werden nicht markiert, also muss ich mich aufmerksam umschauen und auf ihre Schritte oder Aussprüche achten. Außerdem muss ich per Knopfdruck nachschauen, wie viel Munition in meinem Magazin verbleibt – oder ich werde von einem Klicken überrascht und schlimmstenfalls kostet mich das Nachladen das Leben, weil mein Gegenüber noch schießen kann. Zudem gehen die verbleibenden Kugeln in einem ausgewechselten Magazin verloren und neue Munition finde ich nur in vereinzelten Munitionslagern. Der Rückstoß beeinflusst meine Zielgenauigkeit beträchtlich, so dass ich mich je nach Situation für Schusssalven oder Einzelschüsse entscheiden muss.

Außerdem hat alles, was ich mit mir herumtrage, ein Gewicht. Mit schwerer Ausrüstung kann ich zwar mehr Munition mit mir tragen, doch verringert sich dadurch die Beweglichkeit meines Soldaten. Kann ich dadurch nicht mehr schnell genug auf herankommende Gegner reagieren, wird das schnell gefährlich.

Doch insbesondere soll jeder Treffer potenziell tödlich sein. Schließlich stecken es menschliche Körper selten einfach weg, werden sie von mehreren Kugeln durchbohrt. Allerdings hatte ich selten das Gefühl, dass einzelne Treffer ausreichen, um Gegner zu töten. Dann wiederum gibt es kein Trefferfeedback, also habe ich vielleicht nur seltener getroffen als gedacht. Immerhin bin ich selbst meistens durch einzelne Treffer gestorben.

Natürlich hätte ich manche Tode vermeiden können, wenn ich weniger vorgeprescht wäre. Ganz planlos nach vorne zu rennen, ist nicht zu empfehlen. Nicht im Koop-Modus gegen die KI, aber im PvP-Modus noch weniger. Darüber hinaus ist es strategisches Denken allerdings kaum notwendig. Insbesondere, da sich Gegner im PvP ohnehin völlig unterschiedlich verhalten, so dass es wichtiger ist, schnell zu reagieren.

Dennoch bin ich meistens angespannt. Schließlich will ich nicht nach einer Unvorsichtigkeit von jemandem getroffen werden. Was natürlich trotzdem passiert. Ich hoffe, die eine Person, die mich innerhalb einer Runde fünfmal getötet hat, weil ich immer wieder an ihr vorbeigegangen bin, hat sich amüsiert.

Da ist irgendetwas schiefgegangen.
Magische Momente im Multiplayer-Modus

Ein besonderes Feature, das in Insurgency: Sandstorm für ein realistisches Spielgefühl sorgen soll, ist der Proximity Chat. Je näher mir andere Personen sind, die über Voice Chat oder mit vorgegebenen Texten sprechen, desto lauter sind sie zu hören. Dadurch können sie auch ihre eigene Position verraten.

Einmal konnte ich zwei Mitglieder des gegnerischen Teams belauschen. Sie haben sich darüber unterhalten, dass jemand im Gebäude sei, und aufgeteilt den Eindringling gesucht. Das war ein magischer Moment, der gezeigt hat, was das Spiel könnte. Also war ich auch nicht böse, als sie mich entdeckt und getötet haben.

Daneben ist Kommunikation selten vorhanden. Natürlich nehme ich mich nicht aus, schließlich habe ich selbst ohne Mikrofon gespielt. Doch nicht einmal die vorgegebenen Sätze wurden benutzt. So wird der PvP-Modus nicht durch bessere Zusammenarbeit des Gegnerteams schwieriger als der Kampf gegen die KI. Stattdessen liegt es vorwiegend an einzelnen guten Spieler:innen. Insgesamt fühlen sich die Matches oft mehr wie eine einsame Erfahrung an als wie ein Spiel Gruppe gegen Gruppe.

Ich habe auch schon auf Schritte gelauscht und fast ein Teammitglied angegriffen. Diese sind trotz allen Realismus’ gekennzeichnet, obgleich ihre Markierung sich oft nur ungefähr in ihrer Nähe befindet. Deshalb kann es dazu kommen, dass Teammitglieder sich versehentlich angreifen. Auch die Soundkulisse durch knallende Schüsse und plötzliche Stille tragen zu Anspannung und einem ständigen Bedrohungsgefühl bei.

Besonders im Gedächtnis geblieben ist mir auch ein Koop-Match bei Nacht. Ich hatte kein Nachtsichtgerät parat und auch nicht daran gedacht, es auszuwählen und am Munitionslager auszurüsten. In völliger Finsternis huschte ich durch die Straßen, bis Taschenlampenlicht einen Feind verriet. Mit hektischen Schüssen konnte ich den allerersten Kill der Runde verbuchen. Später hat mein Team ein Ziel eingenommen. Noch immer konnte ich nichts sehen, nur Schüsse und Schritte hören. Mit gezückter Waffe saß ich in meinem Versteck neben einer Wand, habe mich immer wieder umgedreht und versucht, zu erkennen, was um mich herum vorgeht. Manchmal leuchteten Taschenlampen auf, aber irgendwann wurde es still und dunkel um mich herum. Ich hatte als einziges aus meinem Team überlebt und spürte den Druck, der auf mir lastete.

Natürlich wurde ich getötet.

Kleine Technikprobleme und Fazit

Damit ich nicht erneut durch die Dunkelheit irren musste, habe ich mir zu Beginn der nächsten Runde die Zeit genommen, eine der vielen Nachtsichtbrillen auszuwählen. Allerdings habe ich am Munitionslager einige Versuche gebraucht, bis ich die Brille tatsächlich ausgerüstet hatte und aufsetzen konnte.

Daneben hängen manchmal gegnerische Waffen nach deren Besiegen in Türen fest. Texturen laden oft langsam, verschönern das Spiel allerdings auch nicht unbedingt. Starke Framerate-Einbrüche erschweren im falschen Moment das Reagieren auf Gegner, auch wenn ich meistens Glück hatte, dass sie in ruhigen Momenten aufgetreten sind.

Insgesamt ist mein Erlebnis mit Insurgency: Sandstorm eine Mischung aus einem gefühlten Solo-Spiel und einzelnen, überraschenden Momenten. Gemeinsame Kommunikation und Absprachen im Team sind nicht so entscheidend, wie sie es sein sollten. Auch bereitet der Koop-Modus nur schlecht auf den PvP-Modus vor, was das Spiel wenig einsteigerfreundlich macht.

Die Atmosphäre, die Insurgency: Sandstorm mit seinen verwinkelten Städten und den Momenten Schusswechseln mit folgender Stille schafft, ist sehr eindrücklich. Entspannend ist das Spiel nicht, stattdessen bin ich oft angespannt. Dennoch ist das Teamwork kaum vorhanden, weshalb ich das Spiel nicht uneingeschränkt empfehlen kann.

Vielen Dank an Focus Entertainment für die Bereitstellung des Testmusters. Getestet auf Xbox One.