Humankind (Review)

Eine Sache gleich vorweg: Wer hier einen Vergleich von Humankind mit Civilization oder anderen Vertretern aus dem 4X-Strategie-Genre erwartet, sucht diesen hier vergeblich. Das liegt schlicht und einfach daran, dass ich mit diesen Spielen noch überhaupt keine Erfahrung habe. Stattdessen lest ihr hier also die Eindrücke eines totalen Anfängers, wenn es um Globalstrategiespiele geht.

In Humankind geht es darum, die Menschheit von der Jungsteinzeit bis in die Gegenwart zu führen. Als Spieler nimmt man dabei quasi die Stelle eines zeitlosen Anführers ein, denn vor der ersten Partie kann man sich einen Avatar erstellen. Abhängig vom eigenen Spielstil schaltet man für diesen nach und nach Strategien frei, die man ihm zuweisen kann. Spielt man eher defensiv, so kann man dies auch seinem Avatar zu teil werden lassen. Das ist dann interessant, wenn man diesen mit seinen Freunden teilt, bei denen er dann als KI-gesteuerter Mit- oder Gegenspieler auftreten kann.

Das Spiel selbst läuft rundenbasiert ab und beginnt mit einem Nomadenstamm, den man zum Jagen und Sammeln über die Karte schickt. Besonders am Anfang liegt das Erkunden und Abstecken von Gebieten sehr im Vordergrund. Denn auch die vom Computer gesteuerten Mitspieler sind nicht untätig und agieren nach jedem unserer Züge fleißig. So gilt es zu anfangs allerlei Kuriositäten zu entdecken, Hirsche und Mammuts zu jagen und einen Ort zu finden, an dem man einen ersten Außenposten erbauen kann.

Hat man dadurch genügend Ruhm erworben, so kann man in die nächste Epoche aufsteigen, eine Kultur auswählen und seine erste Stadt gründen. Jede der verfügbaren Kulturen hat ihre Vor- und Nachteile. So sind die Babylonier beispielsweise auf die Forschung spezialisiert, während die Ägypter einen Bonus auf ihre Bauten erhalten. Zu viel Zeit sollte man sich mit den Aufstiegen durch die sechs Epochen nicht lassen, denn hat ein Spieler eine Kultur der jeweiligen Ära für sich gewählt, so steht sie für die anderen nicht mehr zur Verfügung. Doch wer sich zu sehr beeilt, verpasst womöglich die Gelegenheit, ein paar fast erfüllte Bedingungen für Ruhm abzuschließen. Es macht also immer Sinn, sich gut zu überlegen, wie man vorgehen möchte.

Jede Kultur verfügt über einige spezialisierte Einheiten und Gebäude, auf die andere Kulturen keinen Zugriff haben. Der Großteil der Optionen ist jedoch völkerübergreifend identisch. Um die besten Einheiten nutzen zu können, ist es jedoch essenziell, die notwendigen Ressourcen in den eigenen Gebieten zu haben. Wer keine Pferde in seinen Landen hat, der wird auch keine berittenen Einheiten bauen können. Es sei denn man schafft es, diese zu importieren.

Was ich auf jeden Fall hervorheben möchte, ist die Komplexität, die Humankind an den Tag legt. Es gibt haufenweise Menüs und Werte, die beachtet werden möchten. Von Entscheidungen über Erlasse, die Forschungsreihenfolge in Technikbäumen bis hin zur Einstellungen zur Religion kratzt man nur an der Oberfläche des User-Interfaces. Ich glaube, dass diese Spieltiefe Genrefans gefallen wird, doch als Einsteiger habe ich mich fast zwei Wochen lang überfordert gefühlt. Zwar kann man verschiedene Tutorial-Levels – von „zeige mir eine Erklärung für jedes neue Element“, über „zeige mir wichtige Funktionen“ bis hin zu „ich brauche keine Erklärung“ – einstellen, doch für mich war es einfach alles zu viel.

Die sieben verfügbaren Schwierigkeitsgrade sollten für jeden das richtige Niveau bieten. Ich habe mich hauptsächlich am dritten namens Metropole versucht, der seiner Beschreibung nach zwar kein Kinderspiel mehr, aber noch immer recht einfach sein soll. Einen liebevollen Seitenhieb konnte sich Entwickler Amplitude Studios übrigens nicht verkneifen: der vorletzte Schwierigkeitsgrad heißt „Zivilisation“ (Civilization) und der höchste ist natürlich „Menschheit“ (Humankind).

Nach zwei Wochen mit dem Spiel und unzähligen Partien, in denen ich immer irgendwann von meinen Nachbarn überrannt worden bin, hat das Spiel etwas interessantes geschafft. Für mich war es ein erster Schritt in eine neue Welt und hat mich nach anfänglichem Zögern überrascht. Von Partie zu Partie habe ich etwas mehr verstanden und kam ein bisschen weiter. Noch habe ich zwar keine einzige Runde gewonnen, doch das ist hoffentlich nur eine Frage der Zeit.

Übrigens: Humankind kommt inklusive einem Mapmaker, mit dem man eigene Karten erstellen kann. Außerdem arbeitet man bereits mit einem Partner zusammen, um auch Mod-Support zu ermöglichen.

Wer als Genre-Neuling vor einer sehr steilen Lernkurve nicht zurückschreckt und auch verkraftet, diverse Partien zu verlieren, darf beruhigt zugreifen. Genre-Fans werden Humankind vermutlich ohnehin schon auf dem Zettel haben.

Vielen Dank an Koch Media für die Bereitstellung des Testmusters.