
Indie Jump & Runs kombinieren in aller Regel Spielideen mehrerer Klassiker zu einer neuen Spielerfahrung. Sehr selten sind hingegen solche, die sich ganz auf ein einzelnes Vorbild einschießen. Insofern ist Kaze and the Wild Masks durchaus ein ungewöhnlicher Titel, denn spielerisch könnte das Spiel glatt als Donkey Kong Country 4 durchgehen. Doch kann Kaze der populären Vorlage von Rare gerecht werden?
In Kaze and the Wild Masks schlüpft man in die Rolle des Hasen Kaze, die ihren Freund Hogo retten möchte und dafür über vier Inseln mit jeweils neun Levels rennt und hüpft. Die Geschichte des Spiels wird mit handgezeichneten Comicbildern am Anfang des Spiels und nach Abschluss jeder Welt erzählt, ist aber natürlich für die Spielerfahrung nebensächlich und enthält auch keinerlei Wendungen.

Das Spielprinzip von Kaze and the Wild Masks wird Kennern des zweiten oder dritten Donkey Kong Country nicht überraschen, denn Kaze spielt sich fast exakt wie Dixie Kong. Das Spiel nutzt zwei Aktionsknöpfe, den Sprungknopf und den Angriffsknopf. Drückt man den Angriffsknopf auf dem Boden, so wirbelt Kaze vorwärts und der Spieler hat die Möglichkeit, auch in der Luft noch abzuspringen, solange der Wirbelangriff andauert. Im Vergleich zur normalen Laufgeschwindigkeit bewegt sich Kaze im Wirbelangriff etwas schneller vorwärts und dieser Tempobonus kann durch einen Sprung noch verlängert werden. Befindet man sich bereits in der Luft, kann man mit dem Angriffsknopf Kazes Ohren wie einen Propeller nutzen, um langsam abzusinken und so genauer zu landen und seinen Sprung etwas zu verlängern.
In einigen Levels kann Kaze sich zudem an vorgegebenen Punkten eine spezielle Maske aufsetzen, die ihr ein abweichendes Moveset geben. So kann sie sich in einen Adler verwandeln, der fliegen und Kugeln schießen kann – wie Squawks in der DKC-Serie – als Hai kann sie schwimmen und mit einem starken Stoß nach vorn jagen um Unterwassergegner zu besiegen – wie Enguarde in der DKC-Serie – die Verwandlung in eine Echse macht aus Kaze einen Autorunner und als Tiger kann Kaze vorwärts dashen und an Wänden haften.

Das Leveldesign ist sehr gut gelungen und hält die Intensität im Spiel durchweg hoch, ohne aber richtiggehend schwierig zu werden. Wer den richtigen Abspann zu sehen bekommen möchte, muss allerdings in den Levels die Augen offenhalten. Es gibt nämlich zwei Nebenaufgaben je Level, die man erledigen muss, wenn man den richtigen Abspann freischalten möchte. In jedem Standardlevel gibt es zwei versteckte Bonusräume, deren Abschluss jeweils mit einem halben grünen Edelstein belohnt wird. Sammelt man alle grünen Edelsteine in einer Welt, schaltet man ein etwas schwierigeres Extralevel frei. Sowohl im Extralevel, als auch in den normalen Levels – nicht aber in den Endgegnerlevels – sind etwas mehr als 100 kleine Edelsteine verteilt. Schließt man ein Level mit mindestens 100 dieser Edelsteine ab, erhält man eine große Version der Edelsteine als Belohnung. Für das gute Ende benötigt man alle dieser Edelsteine. Schließlich gibt es noch drei optionale Zusatzaufgaben: In jedem Level kann man die vier Buchstaben K, A, Z und E sammeln, ein Zeitlimit schlagen und eine Krone verdienen, indem man das Level ohne Gegentreffer abschließt. Wenn man wirklich alle Zusatzaufgaben erledigt, dauert das Spiel bis zu 20 Stunden; ein reiner Durchlauf bis zum schlechten Ende ist hingegen in unter zwei Stunden möglich.
Beim Leveldesign hat sich das Team oftmals stark an Ideen aus Donkey Kong Country orientiert, schafft es aber durch ein gutes Pacing der Elemente und gelegentliche neue Ideen, zu verhindern, dass das Spiel sich allzu sehr wie eine Wiederholung bekannter Muster anfühlt. Sehr gelungen sind auch die Endgegner, die die Plattformmechaniken des Spiels auf abwechslungsreiche Weise testen. Einzig die Verstecke der Bonusräume sind gelegentlich ein wenig zu subtil. In vielen Fällen muss man schon sehr genau auf wenige Pixel am Bildschirmrand achten, um den Zugang zu einem Bonusraum zu finden. Anders als die späteren Donkey Kong Country-Spiele versucht Kaze in aller Regel nicht, die Wege zu den Bonusräumen mit Sammelgegenständen zu markieren. Ein Wort noch zum Time Attack. Die Zielzeiten sind äußerst kulant, allerdings ist es etwas unglücklich, dass im Time Attack die Sammelgegenstände entfernt werden, die stellenweise wichtige Informationen über den weiteren Levelverlauf geben.

Insgesamt ist Kaze and the Wild Masks ein sehr unterhaltsames 2D Jump & Run und für Fans der DKC-Spiele von Rare ein Pflichtkauf. Der größte Kritikpunkt an Kaze ist sicherlich ein Mangel an Selbständigkeit, allerdings gilt natürlich wie immer: Besser gut geklaut als schlecht selbstgemacht. Und Kaze ist auf jeden Fall eine sehr gelungene Interpretation der Donkey Kong Country-Formel.

Getestet auf Xbox One X.