Shin Megami Tensei III Nocturne HD Remaster (Review)

Atlus startete im vergangenen Jahr eine Fan-Umfrage, um herauszufinden, welche Ports früherer Titel für die Spielergemeinde interessant wären. Da ist es nun auch nicht verwunderlich, dass Shin Megami Tensei III Nocturne ein HD-Remaster für Nintendo Switch und Playstation 4 erhalten hat. Bei der Erstveröffentlichung vor rund 18 Jahren kam ich noch nicht in den Genuss des Games. Deshalb war dies für mich die optimale Gelegenheit, einen unvoreingenommenen Blick auf das postapokalyptische Setting zu werfen.

Bereit für die Apokalypse?

Dabei beginnt das Spiel recht simpel. Zusammen mit zwei Mitschülern macht sich unser junger Protagonist auf den Weg, seine Lehrerin in einem Krankenhaus in Tokio zu besuchen. Unterwegs schnappt man kuriose Gerüchte einer vermeintlichen Sekte von Dämonenanbetern auf, welche vorhersagen, dass das „Chaos“ die Welt verschlingen wird. Wer hätte dabei erahnen können, dass sich diese Gerüchte schon bald als wahr herausstellen sollten? Das Krankenhaus scheint wie leergefegt zu sein. Als die Gruppe dem nachgehen möchte, geschieht auch schon das Unglück. Die Welt und deren Bevölkerung wird regelrecht ausradiert, um sich neu zu erschaffen. An ihrer statt erheben sich massig Dämonen, die nun über die Gebiete herrschen. Im Zuge der Ereignisse wurde unser Charakter in einen Halb-Dämonen verwandelt, um einen entscheidenden Einfluss auf die Neugestaltung der Welt nehmen zu können. So machen wir uns auf die Suche nach dem Sinn unseres neuen Lebens und durchstreifen dabei die trostlose und zerstörte Erdoberfläche. Es wird an uns liegen, welche Welt sich aus diesem düsteren Szenario erheben wird.

Der Anfang vom Ende… und der Anfang von etwas Neuem

Dämonische Fähigkeiten
Seit der Umwandlung in einen Halb-Dämonen fließt sogenanntes Magatama durch unsere Adern. Dieses stellt die Essenz der dämonischen Kraft dar und hat einen maßgeblichen Einfluss darauf, in welche Richtung sich unser Charakter entwickeln wird. So gibt es verschiedene Arten von Magatama und wir können über das Befehlsmenü auswählen, von welcher Essenz wir Gebrauch machen möchten. Dabei erhöht das jeweils ausgewählte Magatama unsere Skill-Punkte und legt fest, wo unsere Stärken und Schwächen liegen. Natürlich nimmt unsere Wahl auch einen entscheidenden Einfluss auf die später zu erlernenden Fähigkeiten.

Beim Erkunden der Spielwelt treffen wir urplötzlich auf etliche Random-Dämonen, welche sich in rundenbasierten Kämpfen gegen uns stellen. Neben körperlichen Angriffen kann unser Charakter auch von magischen Fähigkeiten Gebrauch machen, um seine Gegner platt zu machen. Dabei greift auch hier das aus der Persona-Reihe bekannte Stärken- und Schwächen-System, welches einen entscheidenden Einfluss auf Sieg oder Niederlage nehmen kann. Anders als beispielsweise bei Persona 5 müssen wir uns allerdings merken, welcher Gegner welche Schwächen besitzt – denn dies wird uns nicht beim Auswählen der Attacke angezeigt. Es gibt allerdings auch den Skill „Analyse“ – setzt man diesen zu Beginn des Kampfes ein, kann man einen entscheidenden Vorteil bei der weiteren Strategieplanung erhalten. Doch Vorsicht: bei besonders starken Gegnern dürfte die Analyse wenig Erfolg bringen.

Die neu gewonnene dämonische Macht lässt sich auf den ersten Blick erkennen

Auf der Suche nach Verbündeten
Glücklicherweise haben wir auf unserer Reise die Möglichkeit, Dämonen-Verbündete für unser Team zu rekrutieren. Doch dieses Prozedere ist meist ganz schön kräftezehrend. Die wenigsten Dämonen schließen sich uns im laufenden Kampf an, nachdem sie eine Kostprobe unserer Kraft erhalten haben. Bei allen anderen kann man während des Gefechts das Gespräch suchen. Handelt es sich um hochrangige Dämonen, haben sie in der Regel kein Interesse sich unserem Team anzuschließen. Alle anderen Dämonen wollen regelrecht von uns umworben werden. Hierfür erwarten sie Geld- oder Item-Geschenke, um sich eine etwaige Partnerschaft durch den Kopf gehen zu lassen. Natürlich gibt es auch etliche Schelme, die uns regelrecht auf den Arm nehmen und sich dann mit der erbeuteten Ware verkrümeln.

Hat man dann im laufenden Spiel ein paar Dämonen eingesammelt, so kann man seine Party nach Belieben gestalten. Dabei kann sich unser Hauptcharakter für drei Mitstreiter entscheiden, die ihn im Gefecht unterstützen. Wir haben auch die Möglichkeit, unsere Verbündeten im aktiven Geschehen zurück auf die Bank zu schicken und hierfür einen anderen Gefährten zu rufen. Dabei ist das Rufen eines anderen Gefährten und die Nutzung von Gegenständen (z.B. in Form von Heil-Items) ausschließlich dem Hauptprotagonisten vorenthalten. Aber dieser sollte auch etwas mehr Köpfchen als die meisten seiner dämonischen Mitspieler besitzen.

Des Dämons Zufriedenheit liegt uns am Herzen!

Nach dem erfolgreichen Beenden eines Kampfes erhalten wir Erfahrungspunkte, welche auch unseren Mitstreitern zugutekommen und sie ebenfalls im Level aufsteigen lassen – neue Fähigkeiten inklusive. Durch Level Ups geraten unsere Gruppenmitglieder nicht selten in Redelaune und bitten um unser offenes Ohr. Zeigen wir uns freundlich, werden wir oftmals mit einem Geschenk belohnt. Weiterhin möchten die Dämonen von Zeit zu Zeit ihre Fähigkeiten selbst umwandeln – welcher Skill ersetzt werden soll und was wir im Gegenzug erhalten, ist allerdings unbekannt. Der Spieler kann selbst entscheiden, wie viel Freiraum er seinen Verbündeten einräumen möchte. Ebenso können sich manche Dämonen scheinbar selbstständig weiterentwickeln – also in einen anderen Dämon verwandeln. Auch hierfür benötigen sie unsere Zustimmung.

Nur die Starken überleben
Shin Megami Tensei III Nocturne hat selbst im normalen Modus einen recht fordernden Schwierigkeitsgrad und so sollten wir unsere Party gut aufstellen, um für die kommenden Gefahren gewappnet zu sein. Dabei können wir die Kraft unserer Dämonen nicht nur durch Level Ups steigern. Wir haben ebenso die Möglichkeit, zwei Dämonen miteinander zu fusionieren und einen neuen, stärkeren Dämon zu erschaffen. Lediglich das Level des Dämons aus dem Fusions-Ergebnis darf hierbei nicht über dem Level unseres Protagonisten sein. Dabei können wir ebenfalls auswählen, welche Skills das neue Wesen erhalten soll. Bevor wir unsere Dämonen opfern, sollten wir allerdings von der Registrier-Möglichkeit Gebrauch machen. Dadurch können wir den geopferten Dämon ohne neue Balz-Tänze erneut in unser Team rufen oder gegebenenfalls direkt für eine andere Fusion verwenden.

Die Dämonen treiben überall ihr Unwesen

Die vielzähligen Kämpfe machen so ziemlich das Hauptgerüst des Spiels aus. Natürlich müssen wir uns von Ort zu Ort begeben, um unsere Story voranzutreiben. Doch auch auf der größeren Weltkarte können uns die Dämonen überfallen und wir verstricken uns somit immer und immer wieder in weitere Gefechte. Wem das zu viel des Guten ist, der hat die Möglichkeit, mit entsprechenden Items zumindest schwache Monster von sich fernzuhalten – oder aber den Auto-Kampf-Modus einzuschalten. Während des Auto-Kampfs kann man die Gruppe beim Attackieren des Gegners beobachten und in brenzligen Situationen dennoch selbst einschreiten.

Wohin als Nächstes?
Mir ist relativ schnell aufgefallen, dass ich von den neuen Titeln doch ziemlich verwöhnt bin. In diesem Spiel bekommen wir keinen Zielpunkt mit Wegweiser vor die Nase gesetzt, sondern müssen stattdessen die Map ablaufen und uns an den Gesprächspassagen orientieren, um unseren Zielort zu erreichen. Dabei steht einem auf der Weltkarte eine kleine blaue Spielfigur zur Verfügung, welche weite Strecken zurücklegen kann. Die möglichen Zutrittspunkte werden durch rotes Aufleuchten dargestellt. Innerhalb der Zielorte steuern wir unseren Charakter wie gewohnt und haben auch eine per Knopfdruck aufrufbare Karte zur Verfügung, welche durch unsere Erkundungen immer weiter aufgedeckt wird. Ich hätte mir persönlich ja gewünscht, dass man eine kleine Mini-Map im Interface integriert. Aber da es sich hierbei ja um ein Remaster handelt, möchte ich mal nicht motzen.

Die Ansicht auf der Weltkarte – das rötliche Aufleuchten signalisiert die Zugangspunkte

Begrenzte Speichermöglichkeiten
Beim Erkunden der Gebiete und Dungeons ist es in jedem Fall lohnenswert, jeden Winkel der Karte aufzudecken. Dabei hat mich die düstere und zugleich spannende Atmosphäre des Spiels so in seinen Bann gezogen, dass ich jede Interaktion mitbekommen wollte. Nicht selten bekommt man dabei einige Atlus-typischen, irrwitzigen Textpassagen serviert, welche einem ein Schmunzeln aufs Gesicht zaubern. In jedem Fall sollte man bei seinen Erkundungen die Augen nach den sogenannten Terminal-Räumen offen halten. Denn in diesen Räumen wird die einzig adäquate Speichermöglichkeit geboten. Zudem können die Haupt-Terminals im späteren Spiel als Schnellreisepunkt genutzt werden. Zwar gibt es auch eine manuelle Speichermöglichkeit – hierbei wird allerdings nur ein Speicherstand zum Beenden des Spiels generiert. Beim Fortfahren wird dieser generierte Speicherstand wieder gelöscht.

Das Speichern wird hierbei zur Lebensaufgabe. Zumal man bei einem erfolglosen Kampf direkt den Game-Over-Bildschirm aufflackern sieht und man das Spiel lediglich vom letzten Speicherpunkt aus fortsetzen kann. Eine Kombination aus forderndem Schwierigkeitsgrad und abrupten Game-Over’s kann für viele Spieler abschreckend sein. Genau für solche Fälle hat Atlus im Remaster den neuen Schwierigkeitsgrad „Gnädig“ hinzugefügt. Dieser kann kostenlos im eShop heruntergeladen werden. Das Schöne daran ist, dass man den Schwierigkeitsgrad im laufenden Spiel jederzeit ändern kann. Wer die Random-Kämpfe lieber schnell hinter sich bringen möchte – aber bei Boss-Gegnern die JRPG-übliche Intensität erleben will – sollte hier Bestens bedient sein

Einblick in einen der vielen Random-Kämpfe

Insgesamt macht das Spiel auf der Nintendo Switch-Konsole eine richtig gute Figur. Ich konnte den Titel durchweg ruckelfrei genießen und auch grafisch ist Shin Megami Tensei III kaum anzusehen, dass es sich lediglich um ein Remaster handelt. Passend zur Apokalypse bekommen wir auch musikalisch einen sehr stimmigen Soundtrack geliefert. Präsentiert wird ein dämonischer Mix, welcher durch rockige Gitarrenklänge, Synthesizern und höllischen Gesangseinlagen kombiniert wird. Für mich persönlich haben die Klänge wie die Faust aufs Auge gepasst und jeden noch so anstrengenden Boss-Kampf perfekt untermauert. Natürlich war auch das musikalische Setting außerhalb der Kämpfe stimmig. Ihr habt die Wahl zwischen der englischen und japanischen Sprachausgabe – wobei ihr bei der englischen Sprachausgabe sicher die ein- oder andere Stimme aus anderen Atlus-Titeln wiedererkennen werdet. Besonders gut gefallen haben mir die deutschen Untertitel – welche allesamt eine gute Übersetzung geliefert haben.

Zusätzlicher Content
Zuletzt möchte ich noch kurz auf die Inhalte der Digital Deluxe Edition eingehen. In dieser könnt ihr den bereits erwähnten Soundtrack im Menü anpassen und etwas Abwechslung ins Spiel bringen. Hierfür werdet ihr mit verschiedenen Songs aus den Shin Megami Tensei I bis IV-Teilen versorgt. Daneben winkt die Edition noch mit zwei zusätzlichen Dungeons, welche wir über die Schnellreise-Terminals erreichen können. Für die Bewältigung der Dungeons erhalten wir einerseits Items, welche uns im Level aufsteigen lassen – und andererseits bekommen wir Gegenstände, welche wir für besonders viel Geld verkaufen können. Abrundend beinhaltet das sogenannte Maniax-Pack die Option, einen unserer Widersacher (Raidou Kuzunoha) mit dem aus Devil May Cry bekannten Dante zu ersetzen. Diese Option muss man allerdings direkt zu Beginn eines neuen Spiels auswählen. Ich hatte mich bei meinem Spieldurchlauf für die Maniax-Variante mit Dante als Antagonisten entschieden und fand, dass dieser sehr gut ins Gesamtbild gepasst hat. Die Zusatzinhalte sind im Übrigen auch Einzeln im eShop erhältlich.

Hoppla – den kennen wir doch!

Fazit

Was mich vor allem überzeugt hat, war die düstere und spannende Atmosphäre, welche durch das Spiel übermittelt wird. Die Gebiete, die man durchstreift… die Charaktere mit denen man spricht… die Musik innerhalb der Kämpfe… – all das führt zu einem äußerst stimmigen Gesamtpaket. Mich hatte der Titel bereits ab der ersten Minute in seinen Bann gezogen und ich kann durchaus behaupten, dass ich bisher noch nichts Vergleichbares gespielt habe. Natürlich gibt es ein paar Ähnlichkeiten/Parallelen zur Persona-Reihe – nichtsdestotrotz handelt es sich hierbei um ein komplett eigenständiges Spiel. Besonders hervorzuheben ist für mich die Möglichkeit, auf das Spielende einen entscheidenden Einfluss zu nehmen. Unser Halb-Dämon ist der Schlüssel zur Neugestaltung der Welt. Welche Form sie annehmen wird, liegt allein in unseren Händen. Auch wenn die massigen Random-Kämpfe doch zum Teil recht mühsam waren, so wurde man wiederum durch packende Boss-Kämpfe entlohnt. Dabei ist die Möglichkeit der ständigen Anpassung des Schwierigkeitsgrads äußerst lobenswert. Dies dürfte vor allem Neulingen den Einstieg deutlich vereinfachen. Ich bereue lediglich, dass ich Shin Megami Tensei III Nocturne nicht bereits damals auf der Playstation 2 für mich entdeckt habe. Danke Atlus, dass du uns diesen Klassiker nun im aufpolierten Gewand zur Verfügung gestellt hast!

Vielen Dank an Atlus für die Bereitstellung des Testmusters. Getestet auf Nintendo Switch.