Cozy Grove (Review)

Entwickler Spry Fox hat mit der Lebenssimulation Cozy Grove eine kleine Oase der Entspannung geschaffen, die über Monate hinweg mit einer halben Stunde Zeitinvestition pro Tag die Geschichten von Geisterbären ergründen soll. Inzwischen habe ich zwei Wochen auf der Insel verbracht.

Ich bin Geistfinder und mein erster Job ist es, den Geistern auf der Insel Cozy Grove zu helfen. Bald stellt sich heraus, dass die Angelegenheit eigentlich eine Nummer zu groß für mich ist, aber mein Boot für die Rückfahrt ist weg und die Geistfinder-Zentrale kann mir gerade nicht helfen. Aber ich nehme meine Aufgabe ernst, also helfe ich den Geistern, die mir auf der Insel begegnen.

Vieles erinnert dabei unweigerlich an Animal Crossing. Von mir selbst einmal abgesehen, bewohnen ausschließlich Tiere die Insel. Im Falle der Geister sind das Bären, der Händler ist ein riesiger Fuchs. Daneben gibt es zerbrechliche Werkzeuge, Anleitungen, die Tageszeit im Spiel entspricht der tatsächlichen Zeit, die Insel kann dekoriert werden und es ist empfehlenswert, täglich kürzere Sessions zu spielen. Während in Animal Crossing der Tag aus Gesprächen mit den Tieren, Rübenhandel und dem Fang von Fischen und Insekten besteht, sind es in Cozy Grove vorwiegend Fetch Quests der Bären. Danach (oder zwischendrin) bleibt noch das Sammeln von allerlei Dingen auf der Insel. Darunter sind Fische, Muscheln, Pilze und allerlei andere Kleinigkeiten.

Das alles kann ich benutzen, um bei einer Bärin Gerichte zubereiten zu lassen (die leider echte Zeit brauchen, bevor sie fertig sind), sie zu recyclen oder zu verbrennen. Verkaufen geht auch, bringt allerdings nicht besonders viel Geld. Einträglicher ist es, neue Sammelgegenstände einem der Bären für ein Sammelalbum zu geben und die Belohnung einzukassieren. Ebenso bringt alles, was man so tun kann, Fortschritte für Geistfinder-Abzeichen, die auch wieder Geld bringen.

Leider wird es dadurch etwas schwierig, tatsächlich Geld zu verdienen. Das wäre halb so wild, wenn nicht der essenzielle Lagerplatz daran hängen würde. Der ist die ersten Tage extrem beschränkt, weshalb ich mehr verkaufen musste, als ich loswerden wollte. Also habe ich mich auf Gegenstände beschränkt, die ich erst später einem Bären geben kann, und alles, bei dem ich wusste, dass es wichtig werden könnte. Später habe ich dann Tage gebraucht, bis ich einem Bären helfen konnte, weil ich dafür einen speziellen Pilz gebraucht hätte, den ich noch nicht aufbewahrt hatte. Seit kurzem habe ich keine Platzknappheit und stecke fast alles ins Lager.

Einige Bären sind zuerst misstrauisch auf mich, weil ich von außerhalb komme und irgendjemand entschieden hat, dass ich ihnen helfen soll. Ihr Vertrauen kann ich dadurch gewinnen, dass ich Gegenstände finde, die sie auf der Insel verloren haben oder die ihnen gestohlen wurden. Für letzteres sind die Geistwichte verantwortlich, die sich in kleinen Grüppchen auf der Insel tummeln oder allein herumstehen. Aber alle rennen weg, wenn ich mich ihnen nähere. Die meisten lösen sich auf, während ich andere einholen kann, um von ihnen gestohlene Gegenstände zurückzuerlangen.

Einige Quests sind dabei zeitlich unbegrenzt, was aber auch bedeutet, dass es mehrere Tage dauern kann, bis ich sie erledigen kann. Das Spiel stellt jedoch sicher, auch mitzuteilen, dass nicht alles immer sofort erledigt werden kann. Dass Ressourcen sich mit der Zeit erneuern oder durch Hilfe für die Bären. Und dass der tägliche Fortschritt beschränkt ist. Anfangs fand ich es schwer, mich darauf einzulassen. Schließlich bin ich es gerade vom neusten Animal Crossing gewohnt, dass ich nach dem erledigten Tagewerk noch mit meinen Nachbar:innen quatschen kann. Cozy Grove bietet jedoch nur sehr wenige Dialogzeilen, die alle Bären benutzen, wenn ich alles für sie erledigt habe.

Daneben gibt es zeitlich begrenzte Quests. Das läuft darauf hinaus, dass ich sie entweder an diesem Tag erledige oder gar nicht, weil ich in der Regel zur gleichen Zeit spiele, das Zeitlimit aber deutlich unter 24 Stunden liegt. Meistens brauche ich dafür Gegenstände, die ich einfach und rechtzeitig beschaffen kann. Jedenfalls, wenn es sich um Aufgaben handelt, bei denen ich normale Ressourcen benötige. Einmal hätte ich Kakaobohnen gebraucht, die ich zu dem Zeitpunkt aber noch gar nicht bekommen konnte. Besonders bitter war es, da ich am nächsten Tag sechs Stück davon kaufen, aber nicht mehr abgeben konnte. Aber erledige ich die Aufgaben rechtzeitig, bekomme ich dafür vorwiegend Geld und Möbelstücke, die ich auf der Insel verteilen kann.

Möbelstücke verfügen über unterschiedliche Attribute. Damit können sie Blumen, Bäume und Vögel beeinflussen, die unterschiedliche Vorlieben und Abneigungen haben. Dafür werden die geschenkten oder selbst hergestellten Möbelstücke in deren Nähe platziert, was die Freiheit der Platzierung etwas einschränkt. Dadurch geben die Pflanzen und Vögel mehr Ertrag, wobei die Vögel zusätzlich gefüttert werden müssen. Später ist das schwierig, weil sie bestimmtes Futter haben wollen, das ich teilweise erst kochen lassen müsste. Das setzt natürlich die passenden Zutaten voraus.

Zudem kann ich die meisten Früchte nur ernten, wenn die zugehörigen Pflanzen farbig sind. Denn der große Teil der Insel ist farblos. Das kann ich dadurch ändern, dass ich den Bären helfe, denn sobald ihr Auftrag erledigt ist, färbt sich das Stück Insel um sie herum bunt ein. Die Insel ist ohnehin schon hübsch durch ihren handgezeichneten Stil, aber in Farbe wirkt das noch ein bisschen fröhlicher. Auch wenn bleibt, dass die Geschichten der Bären teilweise bedrückend sind, was der Humor des Spiels nicht immer auffangen kann. Die andere Möglichkeit, für Farbe zu sorgen, ist das Platzieren von Lampen, die in der Nähe von farbigen Arealen platziert werden müssen, um diesen ein Stück zu vergrößern.

Der Humor ist manchmal schon makaber.

Andere Quests sind mit Suchen verbunden. Meistens vermisst ein Bär mehrere Gegenstände, die auf der Insel herumliegen. Entweder sind sie offen sichtbar, auch wenn ich sie in farblosen Gegenden trotzdem oft übersehe, oder sie sind vergraben oder in Grashaufen. Oder einer der Wichte trägt sie bei sich. Dabei muss ich nicht planlos über die Insel irren und „A“ drücken, um irgendwo hoffentlich etwas zu fínden und aufzusammeln. Denn im Aufgabenbuch steht immer für einen Gegenstand pro Suchitem-Typ ein Tipp. Manchmal weiß ich dann sofort, wo ich suchen muss, ansonsten weiß ich zumindest, auf was ich achten muss.

Wofür ich eigentlich die Quests erledige, sind die Freundschaft zu den Bären und das Geisterholz, das ich von ihnen bekommen kann. Dieses kann ich an das Lagerfeuer Flammi verfüttern, das dadurch stärker wird. Je stärker es ist, desto mehr Geisterholz verlangt es für die nächste Stufe. Aber dafür schaltet Flammi weitere Geister frei, um die Insel stärker zu bevölkern und zu vergrößern. Es ist schön, die Insel wachsen zu sehen, immer mehr Bären kennenzulernen und mehr über alle Bären zu erfahren.

Technisch hat Cozy Grove allerdings mit ein paar Problemen zu kämpfen. In den ersten Tagen hatte ich vereinzelt englische Textzeilen im deutsch eingestellten Spiel, aber das kann auch durch einen Patch behoben worden sein. Was allerdings noch immer vorhanden ist, sind diverse Ruckler. Besonders, wenn sich ein Teil der Insel einfärbt, gibt es zum Teil massive Framerate-Einbrüche. Zudem hat das Spiel zwar nur zu Beginn Ladezeiten, die liegen derzeit auf der Xbox One bei rund 1:40 Minuten. Doch die Entwickler arbeiten weiterhin an Patches, also bessert sich das weiter. Besonders die Framerate ist mit dem neusten Patch deutlich stabiler geworden.

Insgesamt ist Cozy Grove ein Spiel, das Geduld voraussetzt. Der tägliche Fortschritt ist begrenzt. Während ich in den ersten Tagen das Gefühl hatte, viel über die Bären zu erfahren und ständig einen neuen kennenzulernen, habe ich danach tagelang gefühlt nichts erreicht. Denn auch wenn sich über jedem Bären Herzen befinden, die die Freundschaft anzeigen, fühlt sich das doch wesentlich weniger wie Fortschritt an als das Auftauchen eines neuen Bären.

Andererseits sorgt die Begrenzung auch dafür, dass die immer gleich aufgebauten Quests weniger frustrierend sind. Immerhin bin ich nach einer halben Stunde auch wieder fertig damit. Außerdem gibt es auch tatsächlich jeden Tag ungefähr eine halbe Stunde lang etwas für mich zu tun.

Zudem ist das Gameplay der Quests simpel und mit der entschleunigten Atmosphäre und der entspannenden Musik eignet sich das Spiel dazu, ein wenig herunterzukommen. Nach der Ladezeit laufe ich meine Runden über die Insel und nehme alle meine Aufträge an. Ich sammle auf dem Weg schon die ersten Gegenstände ein. Irgendwann ist vielleicht noch ein Auftrag offen, aber wenn er sich nicht mehr erledigen lässt, dann bin ich auch fertig für den Tag. Wenn ein Auftrag nicht zeitlich begrenzt ist, habe ich schließlich Zeit. Dann ist es schade, dass die Umgebung um den betroffenen Bären farblos bleibt und er geisterhaft aussieht. Aber dann mache ich das eben erst einige Tage später.

Cozy Grove braucht viel Geduld. Außerdem ist das Spiel für viele garantiert zu monoton. Ich selbst finde die halbe Stunde am Stück gerade richtig. Selten spiele ich länger. Während ich in Animal Crossing (phasenweise) viel Zeit in die Gestaltung meiner Insel stecke, habe ich das Bedürfnis in Cozy Grove kaum. Wenn ein Baum rustikale Deko mag, stelle ich einen passenden Tisch irgendwo in die Nähe. Selbstplatzierte Bäume kommen in das Umfeld von Bären. Ich lasse wenig Möbel selbst herstellen.

Die Dialoge helfen viel dabei, dass ich weitermache. Der Humor, die Eigenheiten der Bären. Ich kann nicht sagen, wie sich das im Verlauf noch entwickeln wird. Ob es nur bei einzelnen Eindrücken bleibt oder ich klare Bilder von den Lebensgeschichten der Bären bekomme. Derzeit überwiegt die Neugier auf weitere Geisterbären gegenüber einer drohenden Eintönigkeit. Wer mit Suchaufgaben nichts anfangen kann, Hände weg. Wer sich ein zweites Animal Crossing erhofft, sollte ein wenig vorsichtig sein. Aber wer einfach eine halbe Stunde nach einem anstrengenden Tag mit einem Spiel abschalten will, kann bedenkenlos zugreifen.

Vielen Dank an The Quantum Astrophysicists Guild für die Bereitstellung des Testmusters. Getestet auf Xbox One.