Entwicklung von Homo- und Bisexualität in Videospielen

Einigen von euch sind sicherlich bereits die vielen mit Regenbogen-Flaggen hinterlegten Profilbilder auf den sozialen Netzwerken aufgefallen. Der Juni gilt als Pride Month. Er soll an den Stonewall-Aufstand von 1969 erinnern und sich für die Rechte von Homo-, Bi- & Transsexuellen stark machen. Zwar sollte man meinen, dass im Jahr 2020 eine Gleichberechtigung von Menschen selbstverständlich wäre – jedoch ist das leider eben noch nicht einheitlich der Fall. In vielen Ländern wurde zwar bereits die Ehe für Alle eingeführt, doch es gibt noch immer Diskriminierungen und in manchen Ländern sogar die Todesstrafe für queere Menschen. Doch wie sieht es mit diesem Thema eigentlich in der Videospieleindustrie aus? Anlässlich des Pride Months haben wir die vergangenen Jahre kurz Revue passieren lassen und können feststellen, dass sich hier doch einiges getan hat – und zwar in die richtige Richtung.

Ich erinnere mich noch sehr gut an die damals losgetretenen Diskussionen im Jahr 2014, als Tomodachi Life für den Nintendo 3DS erschienen ist. Hierbei handelt es sich um eine Lebenssimulation, in welchem die erstellten Mii auch Beziehungen miteinander eingehen können. Allerdings hatte Nintendo hier eines nicht eingebaut: gleichgeschlechtliche Beziehungen. Aufgrund eines Bugs einer frühen Version von Tomodachi Life war es kurzfristig möglich, dass zwei männliche Charaktere eine Beziehung miteinander führen konnten. Dieser Bug wurde allerdings kurzerhand durch einen nachgeschobenen Patch behoben. Die Spielergemeinde war damit nicht einverstanden und startete sogar eine Petition, in der gefordert wurde, das Nintendo gleichgeschlechtliche Beziehungen in dem Spiel ermöglichen solle. Nintendo reagierte mit zwei Statements, nachdem die erste Mitteilung für Unzufriedenheit sorgte. Sie entschuldigten sich für das Fehlen von gleichgeschlechtlichen Beziehungen und gelobten Besserung für den nächsten Teil des Spiels. Es war scheinbar nicht mehr möglich, das Game-Design diesbezüglich anzupassen. Dennoch wurde die Community angehört und Nintendo hat verstanden, dass es hier künftig eine Änderung geben muss.

Diese hat man kurze Zeit später bereits in einem kleinen Maß im 3DS-Spiel Fire Emblem: Fates erfahren. Das im Jahr 2015 erschienene Strategie-Rollenspiel ließ erstmalig eine gleichgeschlechtliche Beziehung zu. So gab es jeweils bei den Frauen und bei den Männern einen festgelegten Charakter, der eine Beziehung mit beiden Geschlechtern eingehen konnte. Also je nachdem, ob man sich selbst einen männlichen oder weiblichen Protagonisten erstellt hatte, konnte man hier ein gleichgeschlechtliches Beziehungs-Event starten. Auch wenn es nur einen potenziellen Partner gab, war dies doch der erste Schritt in die richtige Richtung und sicherlich auch Nintendos Reaktion auf die Tomodachi Life-Kritik.

Männlicher S-Support in Fire Emblem: Three Houses

Seit Fire Emblem: Fates sind einige Jahre vergangen und Nintendo hat mit dem neuesten Teil Fire Emblem: Three Houses aus dem Jahr 2019 erneut einen weiteren Schritt auf die Community zugetan. Denn hier gibt es mehrere NPCs, welche dem Anschein nach bisexuell veranlagt sind und man demnach auch eine gleichgeschlechtliche Partnerschaft führen kann. Leider hat Nintendo hier im Grundspiel ein ungleiches Verhältnis geschaffen. Es gibt fünf weibliche Charaktere, welche eine Beziehung mit der weiblichen Byleth eingehen können – allerdings nur einen männlichen Charakter, der mit dem männlichen Byleth eine Beziehung eingehen kann. Dies wurde im Anschluss durch DLCs etwas angepasst und es wurden zwei weitere männliche Charaktere eingebaut, mit denen man eine gleichgeschlechtliche Beziehung führen kann. Schade, dass dies nur durch den Kauf des DLC möglich ist.

Neben Fire Emblem gibt es auch weitere Spiele, in welchen man im Verlauf nach der virtuellen Liebe suchen und Beziehungen eingehen kann. Hierzu zählt beispielsweise auch Story of Seasons, ein Farming-Simulationsspiel von den Entwicklern von Marvelous. Leider suchte man bislang in dieser Spielreihe vergebens nach der Möglichkeit, gleichgeschlechtliche Beziehungen führen zu können. Viele Spieler bemängelten diese fehlende Option und es kam auch nicht selten vor, dass sich einige einen zweiten Spielstand erstellten, um eben auch die Events des anderen Geschlechts sehen zu können. Kommt man nämlich in Story of Seasons einem Bachelor oder eine Bachelorette näher (so heißen die potenziellen Heiratskandidaten/-innen des Spiels), so löst man Events aus, in welchen man sein Gegenüber besser kennenlernen kann. Diese werden durch kleine Videosequenzen untermauert und sind sehr schön anzusehen. Kein Wunder also, dass hier bei vielen das Bedürfnis geweckt wird, alle Charaktere näher kennenzulernen. Erfreulicherweise hat Marvelous auf diesen Wunsch der Spielergemeinschaft reagiert und ermöglicht im bald erscheinenden Story of Seasons: Friends of Mineral Town erstmalig die gleichgeschlechtliche Ehe. Es handelt sich hierbei um eine Neuauflage des im Jahr 2003 erschienenen Game Boy Advance-Originalspiels und soll am 10. Juli 2020 auf der Nintendo Switch bei uns veröffentlicht werden.

Hochzeit in Story of Seasons: Friends of Mineral Town

Auch in der Videospielindustrie herrscht im Hinblick auf die Thematik also noch Verbesserungspotenzial. Doch wenn wir uns die jüngsten Entwicklungen anschauen, so hat es hier in den vergangenen Jahren wirklich viel Veränderung gegeben. Indie-Entwickler wie Pathea haben bei ihrem My Time at Portia, welches für die Nintendo Switch, PlayStation 4, Xbox One und PC erschienen ist, überhaupt keinen Unterschied zwischen männlichen und weiblichen Charakteren gemacht und die „Liebe für Alle“ ermöglicht. Hier konnte man im Spielverlauf jeden Bachelor und jede Bachelorette kennenlernen und auch daten. Es war sogar möglich, mehrere Romanzen gleichzeitig zu starten und das hat wiederrum viel Witz- und Humor in das Spiel gebracht. Wurde man nämlich beim „fremdflirten“ erwischt, so musste man sich erstmal mit einem Geschenk entschuldigen und die Beziehung erneut nach diesem Herzensbruch aufbauen. Diese Selbstverständlichkeit wünsche ich mir künftig für alle Spielgenres, die Dating zulassen. Weshalb soll man denn auch differenzieren? Wenn Beziehungen eingegangen werden können, möchte ich mir als Spieler aussuchen, mit wem ich das tue.

Dass die Thematik immer selbstverständlicher werden soll, zeigt auch Sonys am 19.Juni 2020 erscheinendes The Last of Us 2. Bereits zu Beginn des im Jahr 2018 veröffentlichten Gameplay-Trailer wurde gezeigt, wie die Hauptprotagonistin Ellie eine andere Frau küsst. Somit wurde direkt klar und offen dargestellt, dass der Hauptcharakter lesbisch ist und das wiederum sorgte natürlich zunächst für hitzige Diskussionen in den sozialen Netzwerken. Ein Grund mehr, weshalb es meiner Meinung nach mehr LGBTQ-Charaktere in Videospielen geben sollte. Ebenso wie es in einigen namenhaften Serien bereits selbstverständlich ist, das gleichgeschlechtliche Paare vorkommen – so sollte man auch künftig in Videospielen nicht darüber diskutieren müssen.

Natürlich wurden in dem Artikel nicht alle Spiele genannt, in welchen gleichgeschlechtliche Liebesbeziehungen möglich sind. Wir hoffen dennoch, einen groben Überblick gegeben zu haben und sehen in jedem Fall die Veränderungen in den vergangenen Jahren als etwas Positives an.