Turbo Golf Racing (Beta-Preview)

Artwork zu Turbo Golf Racing

Autoball war für eine lange Zeit ein ungemein populärer Sport. Bereits in den 1930er Jahren gab es erste Rennfahrer, die gegeneinander auf einem Feld angetreten sind, um einen Ball ins Tor des gegnerischen Fahrers zu bugsieren. Später wurde dieser eher zu Showzwecken vorgeführte Sportart vor allem in Brasilien gefrönt. Bis dann die einsetzende Ölkrise sie verbot. Viele Jahre später haben dann Sendungen wie Top Gear oder Schlag den Raab das abstrakt motorisierte Duell wieder bekannter gemacht, doch erst 2008 erschien ein Videospiel mit unaussprechlich langem Namen zum Autoball. Psyonix hat daraus gelernt und 2015 mit Rocket League einen Hit erschaffen. Sicher wegen des zugänglicheren Namens.

Doch genug der Trivia-Überreste aus meiner Vorab-Recherche. Ich finde es faszinierend, wie ein solcher Erfolg, den Psyonix mit Rocket League hingelegt hat, kaum Nachahmer gefunden hat. Es fühlt sich so an, als würde jede Idee auf dem Videospielmarkt auch nur ansatzweise aufgegriffen und mehr oder weniger kompetent erneut rausgehauen. Und doch dauert es einige Jahre, bis mit Turbo Golf Racing ein Spiel erscheint, das klar in dessen Tradition steht. Ob das Spiel auch nur ansatzweise genauso viel Esprit versprüht, wie es sein spiritueller Vorgänger, durfte ich in der letzten Woche in der Beta austesten.

Turbo Golf Racing folgt den “Reifenspuren” seines Vorbilds

Aufmerksame Leser werden festgestellt haben, dass ich mich sehr viel über Autoball ausgelassen habe. Dabei hat das Spiel doch eigentlich Golf im Namen, woher kommt das? Die Antwort ist simpel, Turbo Golf Racing wirkt auf den ersten Blick sehr stark so, als hätte Psyonix seine Finger im Spiel gehabt. Das Vorbild ist unverkennbar und wird gar nicht erst durch Artstyle oder Kameraperspektive kaschiert, wie es beispielsweise Foodtruck Arena tat. Und so hat Hugecalf Studios auch jede Menge Elemente aus dem Vorbild in ihr neues Multiplayer-Sportspiel übernommen.

Bis zu acht Spieler können auf unterschiedlichen Golfkursen gegeneinander antreten, den eigenen, überdimensionierten Ball in das Zielloch zu befördern. Ein Ass wird uns allerdings nicht gelingen, wahrscheinlich nicht einmal ein Birdie oder wie all die anderen Fachbegriffe für bestimmte Schlagformen aus dem Golfsport heißen mögen. Stattdessen schießen wir unseren persönlichen Golfball über das Grün und rasen so schnell es geht hinterher. Diese Kollisions-Schläge funktionieren ungemein präzise und mit einiger Übung gelang es mir schnell die Kurse schnellstmöglich zu absolvieren. Doch dies ist erst der Anfang vom Golfspaß.

Screenshot aus Turbo Golf Racing
Rennen, mal ganz anders!

Auch wenn Turbo Golf Racing sehr stark wie Rocket League ausschaut, entwickelt sich doch in den ersten Spielstunden ein ganz eigenes Fahrgefühl. Unser Fahrzeug ist in der Lage zu Boosten, Sprünge zu machen oder das Schild an der Front anzupassen. Auf diese Weise lassen sich die eigenen Winkel vor dem “Schlag” intuitiv anpassen und der Ball in die gewünschte Richtung katapultieren. Eine unscheinbare, aber dennoch deutliche Projektion der Flugbahn wird uns früh genug angezeigt, um unsere Fahrtrichtung noch einmal zu verändern. Und sollten wir unser Fahrzeug kurz nicht mehr unter Kontrolle haben, können wir mit Drifts oder einem Gleitflug schnell für neue Fahrsituationen sorgen.

Seine ganz eigene Identität

Es ist erstaunlich, wie gut die Kombination aus Racing und Golf funktioniert. Vieles hängt mit dieser angesprochenen, sehr flexiblen Form der Ballkontrolle ab. Aber auch die einzelnen Rennkurse bieten einige Überraschungen. Während mich letztes Jahr Destruction Allstars sehr ernüchtert hat durch seine sehr schmale Auswahl an öden Arenen, bin ich extrem begeistert von der Vielfalt von Turbo Golf Racing. Thematisch aufgegliedert bietet das Spiel in seinem Einzelspielermodus drei Kurse in drei Welten. Jeder Kurs ist unterschiedlich lang und bietet unterschiedliche Mechaniken, um schneller ans Ziel zu kommen. So nimmt unser Auto auf Boostflächen enorm an Fahrt auf oder der Ball wird bei einem Schlag durch einen fliegenden Ring in hohem Bogen in eine bestimmte Richtung geschossen.

Gif aus Turbo Golf Racing
Chaos und Speed

Doch damit nicht genug, auch “typische” Golfhindernisse gibt es auf den Strecken zu bewältigen. Hohes Gras verringert unsere Geschwindigkeit, der Bunker hingegen, eine Fläche aus Sand, bremst unser Auto sowie den Ball enorm ab. Boosts helfen hier dann nur bedingt weiter. Zudem finden sich auch Bäume und Felsen auf dem Kurs, die wir für die Flugbahn des Balls beachten müssen. Doch Vorsicht, ein falscher Schlag und schon landet die Kugel weit abseits der Strecke oder sogar in einem Abgrund. Dann hilft nur eine Neuausrichtung auf der Strecke, sonst gehen wertvolle Meter und Sekunden verloren.

Jeder Kurs verfügt über seinen eigenen Charakteristika, die diesen einzigartig und erkennbar macht. Mein persönliches Highlight war der enge Canyon. Hier nahm mein Auto sehr viel Geschwindigkeit auf und es gab genug scharfe Kurven, um ordentlich Racing-Feeling zu erzeugen. In diesen Momenten gefiel mir Turbo Golf Racing am besten, auch wenn eine gute Ballkontrolle nur mit Übung erreicht werden kann. Und selbst dann könnte das Spiel zu anspruchsvoll für einige Spieler werden, je später der Einstieg stattfindet.

Wer braucht schon einen Caddie?

Turbo Golf Racing hält sich (in der Beta) nicht lange damit auf, das komplexe Gameplay zu erklären. Der Einzelspielermodus bietet uns zwar eine nette Spielwiese für den Anfang, aber schöpft nicht ganz das Potenzial aus. Wir dürfen auf jeder Strecke drei Bestzeiten schlagen, um so die Begebenheiten dieser kennenzulernen und unsere persönliche Ideallinie auszutüfteln. Als Belohnung erhalten wir Sterne, die uns optische Anpassungen sowie die ein oder andere Fähigkeit freischalten. Allerdings hilft dieser Modus nur bedingt dabei, sich auf das Kernstück des Spiels vorzubereiten.

Auf diesen weist das Spiel von der allerersten Sekunde an. Startet Turbo Golf Racing, starten wir direkt in der Lobbyanfrage, um wilde Duelle auf dem Golfkurs gegen bis zu sieben weitere Golffahrer zu bestreiten. Hier gibt es allerdings keine große Auswahl, starten wir eine Lobby oder suchen eine fremde, gibt es lediglich ein kurzes Turnier zu absolvieren. In diesem Turnier treten wir auf drei Kursen nacheinander an und wer am schnellsten ist, bekommt die meisten Punkte. Klassisch. Die Endreihenfolge sowie vereinzelte, besondere Manöver innerhalb des Turniers bestimmen letztendlich, wie viele Erfahrungspunkte sowie Ingame-Währung wir erhalten.

Gif aus Turbo Golf Racing
Kosmetische Anpassungen dürfen in diesem Mehrspielertitel natürlich nicht fehlen

Diese Ressourcen sind der einzige Anreiz (neben dem spielerischen Fahrgefühl der Rennen selbstverständlich), um eine neue Runde zu starten. Erfahrungspunkte ließen mein Level in der Beta-Season steigen und mit jedem Anstieg gab es eine neue Belohnung. Oder ich kaufe diese im periodisch wechselnden Sortiment des Shops, um diverse Objekte zu ergattern. Spielerisch helfen hier nur die Cores, welche Bonusfähigkeiten wie eine größere Sprungkraft des Balls oder einen längeren Boost zu aktivieren.

Die Duelle machen aber viel Spaß, auch wenn sich die gegenseitige Interaktion auf sammelbare Raketen beschränkt, die auf der Strecke verteilt sind. Ansonsten versuchen alle Spieler allein das Optimum aus dem eigenen Rennen herauszuholen. Dies ist sehr schade, eine zusätzliche Einstellung um für noch mehr Chaos auf dem Golfkurs zu sorgen würde Abwechslung hineinbringen. Vielleicht sollten nicht die Bälle der Gegner berührbar sein, aber die Fahrzeuge – warum nicht? 

Die Schattenseiten des grenzenlosen Golfspaßes

Denn ich kann mir leider vorstellen, dass die wenigen Spielmodi auf Dauer eintönig verbreiten werden. Ein Turnier mit drei Strecken läuft innerhalb von maximal zehn Minuten ab. Die Länge eines einzelnen Rennens ist abhängig vom jeweiligen Kurs, mehr als zwei Minuten werden es aber aufgrund eines individuellen Timers, der Spieler aus den Punkterängen rauswirft, nie. Dadurch behält Turbo Golf Racing ein schnelles Pacing bei, das allerdings auch dementsprechend schnell zu einer gewissen Monotonie führen kann. Mehr Abwechslung in den Modi wären daher meiner Ansicht nach auf Dauer wichtig, um über mehrere Seasons hinweg die Spielerschaft bei Laune zu halten.

Denn ansonsten passiert etwas, was wir bereits bei etlichen Mehrspieler-fokussierten Spielen beobachten durften. Und auch während meiner Duelle mit anderen Beta-Teilnehmer ist mir schnell bewusst geworden, dass sich hier früher oder später ein sehr hohes Skill-Gefälle ergeben wird. Jene Spieler, die sich von der einsetzenden Monotonie nicht abschrecken lassen, werden ihre individuellen Fähigkeiten enorm steigern können. Wilde Combos aus Sprung, Boost und Gleitflug gab es bereits und ich habe miterleben dürfen, wie meine beste “Anfängerfahrweise” kein Land gegen diese Fahrer sieht. Dies könnte bereits zum Release Einige abschrecken, vor allem wenn die Lobbies von Spielern der Beta bevölkert werden.

Vollgas für Turbo Golf Racing!

Ich bin sehr angetan von den wenigen Tagen in der Beta von Turbo Golf Racing. Mir machte die Mischung aus Rennspiel und Golf eine Zeit lang sehr viel Spaß. Gerade wenn man das Spiel besser beherrscht und sich nahezu flüssige Rennen aus Schlagmanöver und flotter Hatz zum Loch ergeben, kann der Loop des Spiels richtig zuschlagen. Dafür ist es allerdings auch notwendig, positives Feedback zu erhalten und das befürchtete Gefälle in der Spielerschaft könnte früher einsetzen, als bei manch anderen Titeln. Zudem fehlt es abseits der kosmetischen Belohnungen an Anreize, um langanhaltend zu motivieren. Dafür ist die Anzahl der spielerischen Herausforderungen sowohl im Einzel- als auch im Mehrspielermodus (noch) zu gering. Doch die Grundbasis stimmt und ich bin gespannt, ob der Titel einen langen Atem besitzen wird wie sein spielerisches Vorbild. Das Potenzial ist da.

Angespielt auf Steam Deck. Ein herzlicher Dank geht an Hugecalf Studios für die Einladung zur Beta-Phase von Turbo Golf Racing.