Stellar Blade (Review)

Artwork und Logo zu Stellar Blade

Stellar Blade ist für mich persönlich ein ungemein faszinierendes Spiel, bei dem ich meine Ansichten immer wieder neu justiert habe. Damals, als es noch als Project EVE bekannt war, sah es atemberaubend toll aus und weckte mein Interesse. Dieses erlosch nahezu komplett, bis einige Jahre später Sony das Spiel als exklusiven Titel für PlayStation 5 neu enthüllt hatte. So richtig neu entflammte das Interesse aber erst durch das Demo-Gameplay kurz vor Release. Richtig schockverliebt war ich damals in meinen Most Wanted. Und dann wurde Stellar Blade veröffentlicht…und mein Interesse erlosch trotz zahlreicher positiver Meldungen, darunter auch der tolle Stempel in Andreas’ Review. Leben passierte, Perspektiven wechselten und Prioritäten – ihr versteht schon. Dank des kürzlichen PC-Release war es nun (endlich?) soweit und ich konnte meine lange gereiften Erwartungen einer harten Probe unterziehen. 

Was Stellar Blade über das Jahr hat dominieren lassen,…

Eine dieser Erwartungen wurde direkt zu Beginn gebrochen. Über das Jahr verteilt habe ich zahlreiche Anekdoten und Essays über die Sexualisierung in Stellar Blade vernommen, manche mehr oder weniger nah an der letztlichen Wahrheit dran. Dieser über allen Dingen schwebende Themenkomplex ist am Ende gar nicht mal so ausufernd, wie ich angenommen habe. Versteht mich nicht falsch, Shift Up weiß die Reize seiner Protagonistin schon sehr gezielt einzusetzen. 

Kameraperspektiven in Cutscenes und linearen Levelabschnitten, welche den ein oder anderen Pantyshot erzeugen. Massenweise Suits, welche Eve mal mit mehr, mal weniger Haut, aber dafür umso aufreizender ausstatten. Sowie eine leichte Wackelphysik in absolut jeder Cutscene. Der Male Gaze wird deutlich gefüttert, die Zielgruppe somit klar definiert. Ich kann jeden verstehen, der hier eine Grenze zieht und Stellar Blade keine Chance geben kann.

Ich persönlich bin in dem Punkt zwiegespalten. Als Cis-Hetero-Mann würde ich lügen, wenn ich was anderes behaupte, als dass mir manches Element gefällt (also vor allem Dinge, die ich als attraktiv und nicht als kindisch ansehe). Gleichzeitig hat aber Stellar Blade in meinen Augen diesen “Fanservice” nirgendwo gerechtfertigt. Nehmen wir Bayonetta als Beispiel. Ihre Sexualität ist ein integraler Bestandteil des Charakters. Sie weiß um ihre Reize und nutzt diese auch als Waffe. 

Eve in Stellar Blade, oder vielmehr ihre gesamte Einheit, existieren einfach. Das wirkt auf mich persönlich so falsch, weswegen mich jede Kameraeinstellung oder der nächste Quadratzentimeter Haut im nächsten Kostüm komplett irritiert hat. Man kann Stellar Blade allerdings zugutehalten, dass die Optik einigermaßen “realistisch” daherkommt. Zumindest ist das Spiel nicht so übertrieben sexualisiert und überzeichnet wie bspw. die Titel der Onechanbara-Reihe.

…was gefühlt komplett unterging,…

Allerdings ist es wahrscheinlich auch sehr vermessen zu erwarten, dass Stellar Blade die eingesetzte Sexualität narrativ einzusetzen weiß. Während das Worldbuilding mit dem schwelenden Konflikt zwischen Menschen und Naytibas, der apokalyptischen Eindrücke und einer melancholischen Stimmung (weitestgehend Verdienst des fantastischen Soundtracks) überzeugen konnte, waren mir Plot und Charaktere weitestgehend ein Gräuel. 

Eve ist als letzte Überlebende ihrer Einheit noch ganz putzig, wenn sie die Dinge der Welt aus neuen Blickwinkeln betrachtet. Aber nahezu alle anderen Charaktere versprühen wenig Individualität und Esprit. Wenn nicht die teilweise hanebüchenen, wenn auch vorhersehbaren Twists gegen Ende wären, würde wohl kaum eine Figur im Gedächtnis bleiben.

Positiv stachen für mich einzelne Momente hervor, wenn dann allerdings zugleich die nächste Cutscene wieder nur langweilige Dialoge in monotoner Vertonung mit steifen oder unpassenden Animationen abspielt, bleibt das Gesamtbild der Narrative einfach nicht stimmig.

…was zum absolut Besten auf dem Action-Markt zählt…

Doch zur Wahrheit rund um Stellar Blade gehört auch, dass das Gameplay, allen voran die Kämpfe, grandios ist. Eve bewegt sich grazil über das Schlachtfeld und attackiert mit ihrem Schwert die zahlreichen fiesen Naytibas, die sich ihr in den Weg stellen. Dabei merkt man deutlich, dass sich Stellar Blade von Geschwindigkeit und Style an Titeln wie Devil May Cry oder Bayonetta orientiert. Auch Combos sowie eine ganze Reihe von freischaltbaren Fähigkeiten, welche Beta- oder Burstenergie verbrauchen, erweitern unser Repertoire. Storymäßig schaltete sich auch eine Handfeuerwaffe frei, die uns nicht nur mehr Varianz verlieh, sondern zugleich auch den besten Dungeon schenkte.

Je mehr Naytibas wir bekämpfen oder Missionen erledigen, desto mehr SP können wir ausgeben, um neue Talente freizuschalten. Angriffe, welche den Schild der Gegner zersetzen oder diese straucheln lassen. Oder Angriffe, welche einfach nur schnell und präzise Schläge abliefern. Stellar Blade hat ein weites Repertoire an Möglichkeiten, was in meinen Augen die Kämpfe gerade in der ersten Hälfte fast schon zu einfach machte.

Schwierigkeit ist sowieso so ein Thema bei Stellar Blade. Über weite Strecken kam mir das Spiel schon herausfordernd, aber immer schnell zu meistern vor. Noch so eine gebrochene Erwartung, denn wie oft habe ich Vergleiche mit Soulslikes gehört. Heutzutage ist irgendwie alles anspruchsvollere Spiel ein Soulslike, denn designtechnisch hat Stellar Blade nur wenig davon übernommen. 

…was mich zuweilen überrascht hat…

Am ehesten ließe sich anführen, dass das Kampfsystem seine Stärken vor allem im Eins-gegen-Eins besitzt, während größere Gegnermassen schnell auf die Nerven gehen. Dieser Fokus ist Stellar Blade an vielen Stellen anzumerken und Bosskämpfe profitieren enorm davon. Spielerisch setzen sie die Glanzlichter in einem spielerisch starken Actionspiel und sehen zudem, wenn man den Designs der Naytiba was abgewinnen kann, spektakulär aus.

Selbst auf dem Steam Deck, wo ich zumeist gespielt habe, bleibt die Framerate stabil. Auf meinem weitaus potenteren Tower-PC sah Stellar Blade selbstverständlich viel besser aus, ich entschied mich vor allem aus Komfortgründen für den PC-Handheld. Zwar gab es matschige Texturen und das Kantenflimmern in Eves Haaren war stark, aber die Performance überzeugte. Was beispielsweise bei meinem Schreib-Laptop nicht der Fall war. So war das Steam Deck meine Plattform der Wahl, obwohl die optische Qualität litt. Dem Gameplay hat es nicht geschadet.

…und was Stellar Blade dann trotzdem wieder ein Bein stellt

Wenn allerdings die meisten Level eher düster und trist, grau und trist oder trist und trist aussehen, konnte auch ein High-End-PC der Erfahrung des Spiels wenig hinzufügen. Lediglich in den offenen Gebieten, die sich zweimal öffnen und welche Spielplätze für die zahlreichen Nebenmissionen von Stellar Blade darstellen, wird der visuelle Anblick des Spiels aus seiner Monotonie gerissen. Und manche Aussicht ist sogar richtig eindrucksvoll. Dennoch schade, dass die optischen Highlights auf Eve fokussiert waren. 

Dafür schaden diese offenen Areale in meinen Augen dem Pacing des Spiels. Die weiten Flächen haben nur wenig spielerische Abwechslung und entwickeln sich mit zunehmender Spielzeit zu Checklisten. Erkundung wird nur selten belohnt, weil dann in den jeweiligen Bereichen eigentlich ein Teil einer Mission laufen sollte. Wenn wir die zu dem Zeitpunkt noch nicht haben: Pech gehabt! Dass im letzten Drittel die Schwierigkeit durch vor allem durch schwammige Gegner erzielt wird, macht es nicht besser.

So hat Stellar Blade für mich vor allem zwei Gesichter. Das actionreiche Gameplay mit Wechsel aus Blocken und Ausweichen sowie zahlreichen Fähigkeiten machte mir enorm viel Spaß, was sich in einigen wirklich tollen Bossgefechten widerspiegelte. Und dann kam ich wieder von einer Storymission zurück, durfte mich in der halboffenen Welt bewegen oder sah ausdruckslose Cutscenes und folgte einer weitestgehend langweiligen und am Ende konfusen Story. Aber wer weiß, wenn das nächste Jahr ins Land zieht und die Zeit meine Eindrücke reift, vielleicht bleibt dann Stellar Blade weiterhin dieses faszinierende Spiel voller neuer Perspektiven, mit all seinen hohen Höhen und manch grauer Untiefe.

Mich auf Steam Deck, Tower-PC und Laptop apokalyptischen Welten gestellt. Ein herzlicher Dank geht an Shift Up und Sony Computer Interactive Entertainment für die Bereitstellung eines Mustercodes.