Tales of Kenzera: ZAU (Review)

Titelartwork zu Tales of Kenzera: ZAU

Ich war eigentlich nie ein großer Fan von Metroidvanias. Das lag aber weniger daran, dass ich das Genre nicht mögen würde. Vielmehr hatte es nie die “Gelegenheit” gegeben, so richtig in das Genre einzutauchen. Doch dank Indies wie Guacamelee, Dead Cells oder Hollow Knight – alle auf ihre Weise enorm unterschiedlich – entflammte in den letzten Jahren Lust auf 2D-Action. Tales of Kenzera: ZAU ist in diesem Jahr bereits mein drittes, Nummer 4 und 5 sind bereits angefangen. Ich befürchte allerdings nach den knapp zehn Stunden Trauerbewältigung in afrikanischer Folklore, dass sich Tales of Kenzera hinten einreihen muss.

Trauerbewältigung mit Tales of Kenzera

Tales of Kenzera: ZAU ist eine ganz bedeutsame Geschichte für den Gründer der Surgent Studios, Abubakar Salim (bekannt als Bayek aus Assassin’s Creed Origins). Mit dem 2,5D-Metroidvania verarbeitete er auf künstlerische Weise seine eigene Trauer durch den Tod seines Vaters. Denn wie er hat auch Zuberi, der Junge im Spiel, seinen Vater verloren. Weil Zuberi diesen Schmerz und die Leere in ihm nicht verkraftet, schenkt ihm seine Mutter ein Buch seines Vaters. Dieser Roman, der letzte vor seinem Tod, handelt von der mystischen Welt Kenzera und soll Zuberi bei seiner Trauer begleiten.

Im Roman – oder vielmehr dem eigentlichen Spiel – schlüpfen wir in die Rolle des Schamanen Zau. Auch er hat seinen Vater verloren, der ihn in alle Künste des Schamanen-Daseins eingeweiht hat. Doch Zau erträgt den Verlust nicht und fordert deswegen Kalunga, den Gott des Todes heraus. Er bietet sich an, diesem die drei großen Geister von Kenzera zu bringen, die sich einst Kalunga widersetzt haben. Kalunga lässt sich darauf ein und verspricht Zaus Baba die Freiheit, wenn es seinem Sohn gelingen sollte.

Screenshot aus Tales of Kenzera
Laufen werdet ihr einiges In Tales of Kenzera

Tales of Kenzera reißt sich bei der gesamten Narrative kein Bein aus. Wer bereits ähnliche Spiele gespielt oder Geschichten erlebt hat, wird viele Elemente wiedererkennen. Allen voran die Dialoge zwischen Zau und Kalunga wirken an einigen Stellen sehr forciert, um einer imaginären Genrecheckliste zu entsprechen. Dies ist sehr schade, aber funktioniert wenigstens.

Kritischer wurde es hingegen, wenn Tales of Kenzera: ZAU seinen eigenen Spin im letzten Drittel setzt. Das ist eine ganz gute Idee…auf dem Papier. Lediglich an der Umsetzung hapert es, weil das narrative Tempo und die Art, wie einzelne Fäden aufgelöst werden, nicht gänzlich stimmig zum vorherigen Teil der Geschichte werden. Auch der größte Plottwist entspinnt sich daraus und ich habe dabei die groteske Beobachtung gemacht, dass er die “Fehler” und Schwächen erklärbar macht. Sowas ist mir auch noch nicht vorgekommen.

Bei der Macht der Sonne und des Mondes

Weitaus weniger grotesk ist die Welt von Kenzera. Musikalisch und optisch gibt es zahlreiche Anlehnungen an afrikanische Kultur und Mythologie und die damit transportierte Stimmung hat mir sehr gefallen. Ich finde es immer noch schade, dass die für mich fremden Kulturen weitestgehend abseits des Gaming-Mainstreams stattfinden. Umso besser ist es doch, wenn gerade ein großer Publisher wie Electronic Arts sein Label und seinen Namen mit nutzt, um diesen Indie größer zu bewerben.Denn wenn Tales of Kenzera: ZAU auf sich alleine gestellt wäre, bezweifle ich, dass das Metroidvania große Wellen schlagen würde. 

Als Schamane tragen wir zwei Masken: eine Maske der Sonne mit größerem Fokus auf Nahkampf. Und eine Maske des Mondes mit Fernkampfoptionen. Beide Masken haben ihre eigenen Fähigkeitsbäume und bieten im Grunde ähnliche Optionen an. Wir wechseln zwischen den Masken hin und her, um kleinere Mechanismen zu aktivieren oder wenn im Kampf ein Gegner Resistenz zu einer Maskenfähigkeit besitzt. Ansonsten bin ich weitestgehend bei der Fähigkeit geblieben, die mir spielerisch am meisten zugesagt hat. 

Leider gibt mir das Spiel zu selten die Möglichkeit, die beiden Dimensionen meines Kampf- oder Platforming-Systems sinnvoll miteinander zu verknüpfen. Dies liegt aber weniger daran, dass sich die Elemente nicht befriedigend genug spielen würden. Vielmehr erscheint mir das Leveldesign von Tales of Kenzera weitestgehend zu oberflächlich.

Tales of Kenzera dringt nicht tief genug vor

Tales of Kenzera: ZAU ist zwar mechanisch ein Metroidvania, aber spielt sich weitestgehend linear. Lange Abschnitte von zäher Lauferei mit vereinzelten Wandsprüngen wechseln sich ab mit immer gleich aufgebauten Arena-Arealen sowie vereinzelten Platforming-Sequenzen. Das Spiel sagt uns, wo wir lang gehen sollen und abgesehen von kleineren Nebenpfaden gibt es sehr wenig abseits zu entdecken. Es gibt zwar Ruhebäume, Kristalle für Skillpunkte oder Weisheiten und andere Belohnungen wie Amulette für passive Fähigkeiten, die es zu sammeln gilt. Doch diese sind zumeist sehr offensichtlich. Einzig die Schamanen-Herausforderungen waren hier richtig toll, weil sie eine längere, manchmal biestige Platforming-Sequenz boten. 

Doch die Herausforderungen waren zu selten, um mich wirklich bei der Stange zu halten. Dem Hauptpfad des Spiels folgend ist das Platforming meist lediglich ein kurzes Trainieren neuer Fähigkeiten (die oftmals nur sehr kurz wirklich relevant werden). Die normalen Pfade hingegen haben nur wenige Gegner, weswegen sich Kämpfe normalerweise auf kleine Arenen beschränken. Diese sind alle in der Regel ähnlich aufgebaut mit zwei Ebenen, einer Mittelplattform oder Variationen dessen. 

Und auch die Kämpfe sind nach einer Weile sehr monoton, weil das Gegnerdesign ebenfalls wenig Varianz bietet. Dadurch wurden meine letzten Stunden in Tales of Kenzera mit jedem Schritt langweiliger, was ich sehr schade fand. Wie gesagt: Das Spiel ist prinzipiell nicht schlecht in seinen Elementen. Doch Tales of Kenzera schafft es nicht, die Oberflächlichkeit abzustreifen und seine wenigen Systeme auf die Probe zu stellen. Die wenigen Bosskämpfe reißen da ein wenig raus, dürften aber gerade Genre-Liebhaber an vielen Stellen sehr bekannt vorkommen.

Hin und wieder ein frustrierendes Erlebnis

Bekanntheit ist auch so ein Faktor. Tales of Kenzera: ZAU bedient sich an vielen Ablegern seines Genres, was auch prinzipiell nicht verkehrt ist. Vor allem die beiden Ori-Ableger mit ihren Flucht-Platforming-Sequenzen scheint Surgent Studios so gut gefallen zu haben, dass sie solche Abschnitte immer wieder einbauen mussten. Leider gelingt dies nur mäßig, weil die Hitboxen der Umgebungshindernisse sehr…wie sage ich es am besten?…großzügig sind. Dadurch werden einige hektische Szenerien sehr frustrierend und bei Kämpfen reicht ein Treffer der Gegner oftmals aus, um uns beispielsweise Stacheln und somit in die ewigen Jagdgründe zu schicken. Und dass die Kamera an schnellen Abschnitten nicht mit unseren Bewegungen hinterherkommt (vor allem nach unten aus der Kamera raus), hat mich das ein oder andere Mal sehr genervt.

Doch bei all den negativen Worten will ich dennoch betonen, dass Tales of Kenzera: ZAU ein solides Debüt für die Surgent Studios darstellt. Auch wenn viele Elemente in Gameplay und Narrative bekannt sind, werden sie doch weitestgehend kompetent umgesetzt. Kleinere Probleme wie die Hitboxen der Umgebung und der Kamera sorgen zwar für Frust, aber sind meiner Ansicht nach verzeihlich. Unverzeihlicher finde ich persönlich die fehlende Tiefe. Tales of Kenzera bleibt bei all seinen Aspekten nur auf der Oberfläche und schafft es nie, tiefer vorzudringen und abseits der afrikanischen Kultur im Worldbuilding dem Spiel seine eigene Identität zu verleihen. 

Auf Xbox Series X den Geistern Afrikas den Weg gewiesen. Ein herzlicher Dank geht an Electronic Arts und die Surgent Studios für die Bereitstellung eines Mustercodes.