Worldless (Review)

Artwork zu Worldless

Es tobt ein Krieg in den Weiten des Universums. Zwei Seiten eines Konfliktes, in unbarmherzigen Zweikämpfen gefangen, bis ein einzelner Kämpfer obsiegen kann. Wenn aus Endlosigkeit Sinnlosigkeit wird, wissen die Individuen gar nicht mehr, welchen Zweck sie abseits des ewigen Streites eigentlich erfüllen sollen im Leben. Diese schwermütige Thematik bildet die Basis des dieser Tage erscheinenden Worldless. Bereits bei seiner Ankündigung habe ich – wie so oft irgendwie – ein Auge darauf geworfen. Der minimalistische und zuweilen abstrakte Artstyle sprach mich sehr an. Ich bin da ein sehr einfacher Mann. Wenn dann auch noch das Gameplay den Anschein macht, mir Spaß zu bereiten, umso besser. Bekommen habe ich allerdings mehr als das, sondern zugleich auch einen Funken Faszination.

Der ewige Krieg von Worldless

Diese Faszination zieht sich aus der wilden Mischung, die mir Worldless über die vergangenen knapp 5 Spielstunden präsentiert hat. Oberflächlich ist der Titel ein künstlerisch angehauchtes Metroidvania, in dessen Fokus die strategischen Kämpfe, Erkundung sowie vereinzelte Platforming-Sequenzen stehen. Wir steuern eine namenlose Figur der “blauen Seite” dieses endlosen Zwists, welche einem Krieger der „orangen Seite” im Zweikampf unterliegt. 

Visuell ist Worldless beeindruckend minimalistisch. Alle Figuren und Kreaturen bestehen aus geometrischen Elementen, die zu diesen “lebendigen” Wesen zusammengesetzt sind. Jede Fraktion hat ihre eigene visuelle Farbgebung, basierend auf den Kontrasten der Komplementäre Orange/Blau und Schwarz/Weiß. Mir persönlich gefiel der Stil, da er auch das eher nüchterne Storytelling unterstreicht. Viel Text gibt es in Worldless nicht, viel Erzählung geschieht durch einzelne Momente und das Gameplay sowie das Leveldesign.

Screenshot zu Worldless

Nun könnte der Verdacht aufkommen, wie so häufig bei Indie-Spielen mit artistischer Ader, dass abseits dessen wenig Substanz geboten wird. Doch Worldless entkräftet diesen Verdacht bereits nach wenigen Spielsequenzen, was an vorderster Front am außergewöhnlichen Kampfsystem liegt.

Strategisch auf dem Weg zum wahren Ziel

Worldless bietet ein rundenbasiertes Kampfsystem, in dem wir mit unserer Figur stets einem einzelnen Gegner gegenüberstehen. Sobald wir an der Reihe sind, läuft ein knapper Timer, in dem wir unsere Angriffe, ob physisch oder magisch, anwenden können. Danach wechseln wir in die Defensive und müssen das in der Regel feste Angriffsmuster des Gegners gekonnt abwehren. Für die offensiven und defensiven Optionen schalten sich nach und nach neue Fähigkeiten frei, um die teilweise anspruchsvollen Gefechte erfolgreich zu bewältigen.

Doch was heißt hier eigentlich “erfolgreich”? Im ewigen Zwist der beiden Kriegsparteien gab es bisher nur Sieg oder Niederlage. Der Verlierer wird vom Sieger einverleibt und existiert fortan nicht mehr. Unser eigener Kampf zu Beginn von Worldless geht allerdings komplett anders aus. Sieger und Verlierer fusionieren zu einem Körper, mit gemeinsamen Fähigkeiten, welche die Stärken und Schwächen des jeweils anderen ausgleichen. Dadurch ergibt sich beim Platforming später ein Wechselspiel zwischen den Körpern ähnlich wie in Guacamelee oder Outland, während die Kämpfe ungemein an Komplexität dazugewinnen. Stärker werden wir in Wordless nämlich nur, wenn wir, statt auf Sieg zu spielen, den Gegner einverleiben, um dessen Kräfte zu nutzen.

Ein kämpferisches Worldless-Puzzle

So entspinnen sich über den Verlauf des Spiels zahlreiche Momente ganz besonderer Natur. Wir mögen bei einem Sieg gegen einen Gegner in dem jeweiligen Gebiet vorankommen können, doch fehlt uns dann dessen Stärke. Nur wenn wir den idealen Pfad herausfinden, um uns vor den Angriffen des Gegners zu schützen und gleichzeitig die Leiste für diese Fusion aufzubauen, können wir den zusätzlichen Fähigkeitenpunkt gewinnen. 

Dies ist leichter gesagt als getan. Gewinnen ist relativ simpel, denn dann können wir je nach Gegner  den Lebensbalken schnell dezimieren. Wollen wir aber die Verschmelzung und somit den Fähigkeitenpunkt, müssen wir strategisch (und unter dem Zeitdruck des Timers) Defensive und Offensive auf individuelle Weise ausführen. An den Resistenzen vorbei Schaden zu machen, den Gegner nicht komplett zu erledigen und dabei gleichzeitig keinen Schaden kassieren – Kämpfe mutieren auf diese Weise zu einem komplexen Puzzle. 

Aufgrund des schnellen Pacings der Kämpfe wirkte nach Sieg und Niederlage der erneute Versuch für ein “erfolgreiches” Bestehen auf mich nicht wie Trial and Error. Ich kann allerdings jeden verstehen, der dieser Wiederholung des perfekten Pfades wegen nichts abgewinnen kann.

Ein Metroidvania mit Schwächen

Gleichzeitig ist dieses spezielle Kampfsystem auch eng mit der Erkundung  der Level verbunden. Wie ihr auf der beispielhaften Map von mir nach knapp einem Drittel des Spiels seht, besteht diese aus einzelnen Punkten. Jeder Punkt steht für ein Gebiet des jeweiligen Areals, welche durch den zentralen Hub sowie einzelne Querverbindungen miteinander verbunden sind.

Screenshot zu Worldless

Gebiete lassen sich entweder nur durch spezielle Fähigkeiten, die wir nach und nach entdecken können, öffnen oder durch kleinere Platforming-Segmente. In jedem einzelnen Gebiet lässt sich ein Fähigkeitspunkt finden. Entweder findet sich hier ein einzelner Kampf, der uns den Weg versperrt, oder ein spezieller “Rätselkampf” mit nur einem einzelnen Versuch. Manchmal liegt auch einfach nur der Leichnam eines gefallenen Kriegers beider Parteien an unzugänglichen Stellen verborgen. Hin und wieder bringt uns dabei das Leveldesign Fähigkeiten bei, die so nicht über den Fähigkeitsbaum gelehrt werden. So ein organisches Lernen mag ich!

Zusätzlich gibt es noch andere Sammelgegenstände, die unseren Lebensbalken erweitern können. Diese sind ebenfalls das Ergebnis von Erkundung, dem Einsatz unterschiedlicher Fähigkeiten oder Platforming. Diese sind allerdings in der Regel nebenbei gefunden, denn die Karte hat abseits der groben Richtungen sowie der Information, welchen Fähigkeitspunkt es gab oder geben wird, sehr spärliche Details. Verpasste Erweiterungen erneut zu finden, wird auf diese Weise eine zähe Angelegenheit. Dies wird auch nicht besser dadurch, dass Worldless Leveldesign zuweilen recht lange Leerwege hat und das Backtracking nicht gänzlich Teil des “regulären” Spielablaufs ist.

Eine Überraschung zum Jahresabschluss

Im Gegenteil, die Führung durch das Spiel ist in der Regel recht schwach. Wir orientieren uns im Grunde auf der Map (welche wir für das jeweilige Areal direkt an unserem Kopf aufklappen können!) an dem Zielmarker und versuchen daraufhin, unseren Weg dorthin zu finden. Kein subtiles Lenken, wie es vor allem Metroid Dread oder Hollow Knight sehr gut hinbekommen haben. So fühlt sich die Spielzeit abseits der Kämpfe und der eigentlichen Spielhandlung trotz Kürze ein wenig gestreckt an.

Worldless ist allerdings ein sehr spezielles Spiel geworden. Was auf der Oberfläche wie ein Kunstprojekt im Stil des Minimalismus wirkt, ist unter der Haube ein faszinierend strategisches Spiel. Das Kampfsystem bietet mit seinen zahlreichen Fähigkeiten viele Möglichkeiten und hat mit dem Fusionieren ein starkes Puzzle-Element. Gemeinsam mit der flotten Inszenierung der rundenbasierten Gefechte und der Platforming-Herausforderungen bietet sich ein sehr rundes Gesamtbild. Wenn die Noname Studios auf diesem Spielprinzip aufbaut und dabei die Längen und Schwächen im Leveldesign behebt und den künstlerischen Aspekt ein wenig “nützlicher” gestaltet (Kartenkommunikation), könnte deren nächstes Projekt eventuell sogar die nächste Sprosse der Village-Ampel erklimmen. Potenzial ist da!

Zwischen den Welten auf Xbox Series X gewandelt. Ein herzlicher Dank geht an die Noname Studios für die Bereitstellung eines Mustercodes.