
Mit Yoshi’s Woolly World hat Good Feel ein hervorragendes Gespür dafür bewiesen, was ein gutes Yoshi Jump & Run ausmacht und so war es nur natürlich, dass Nintendo dem Studio auch auf der Nintendo Switch den Auftrag für ein neues Yoshi Hüpfspiel erteilt hat. Yoshi’s Crafted World baut auf dem verspielten Konzept des Vorgängers auf, statt auf ein Wollthema setzt es aber auf einen Bastel-Look. Viele Gegner, aber vor allem die Spielumgebung wirkt wie von Hand gebastelt aus den unterschiedlichsten Materialien.
Die Yoshis haben offenbar eine Menge Quellen des Glücks. Neben dem Happybaum aus Yoshis Story verfügen sie auch über einen Glücksstein namens Traumsonne, der Träume wahr werden lassen kann. Das weckt natürlich auch bei Baby Bowser Begehrlichkeiten. Doch als er und Kamek versuchen, den Stein an sich zu reißen, zerbricht der Stein und wird in alle Welt verstreut. Die Yoshis müssen nun das Chaos, das Baby Bowser angerichtet hat, beheben, um wieder glücklich gemeinsam im Yoshi Dorf leben zu können.

Spielerisch hingegen ist Yoshi’s Crafted World sehr nah an Woolly World. Das bedeutet, dass man sich nachwievor durch zweidimensionale teilweise verwinkelte Level bewegt, die voller wertvoller Sammelgegenstände sind. Yoshi steht hierbei sein gewohntes Bewegungsrepertoire zur Verfügung. So kann er laufen, springen, in der Luft flattern, viele Gegner mit seiner Zunge verschlucken und Eier auf Gegner und Objekte werfen.
Eine wesentliche Neuerung ist allerdings, dass Crafted World in einer dreidimensionale Welt eingebettet ist. Das bedeutet, dass Yoshi gelegentlich auch mal – auf eng begrenzten Pfaden – in Richtung der Kamera vor oder zurück laufen kann, aber vor allem auch, dass man mehrere Ebenen nach Sammelgegenständen im Blick behalten muss, denn oftmals befinden sich wichtige Interaktionspunkte auch im Vorder- oder Hintergrund und können dann nur mit einem gezielten Eiwurf getroffen werden. Im normalen Spielablauf gibt das dem Spiel einen etwas plastischeren Eindruck, es ist aber auch der Anlass für den aus meiner Sicht größten Kritikpunkt am Spiel, den Kunstgewerken.

Kunstgewerke sind besondere Strukturen, die überall in den Levels versteckt sind und die Yoshi bei wiederholtem Besuch des Levels mit Eiern abwerfen soll. Das Problem hierbei ist, dass man in jedem Durchgang nur eines der Kunstgewerke eines Levels mitnehmen kann, was auf Dauer schon etwas ermüdend sein kann, da es je Level mehrere Kunstgewerke gibt und das Durchspielen des Levels bis zum Kunstgewerk komplett unverändert ist. Möchte man Yoshi’s Crafted World vollständig abschließen, muss man sich also darauf einstellen, die Level mehrfach anzugehen, selbst dann, wenn man die bekannten Sammelaufgaben – Blumen, rote Münzen, Lebensenergie – bereits im ersten Durchlauf gemeistert hat.
Davon ab ist das Leveldesign wieder sehr abwechslungsreich und ist von der besonderen Präsentation an einigen Stellen auf interessante Weise inspiriert. Thematisch setzt Crafted World auf eine Mischung aus bekannten und frischeren Ideen, in einer Welt haben die Entwickler aber möglicherweise etwas zu tief in die Gruselkiste gegriffen. Geister, die mit einem großen Hackbeil hackend durch die Gegend laufen und dabei durchaus ein wenig gruselig aussehen, könnten für jüngere Spieler, die durch die sonst eher harmlose Optik des Spiels angesprochen werden, vielleicht etwas verstörend wirken. Da wurde in früheren Spielen der Reihe ein etwas verspielterer Look in Geisterlevels gewählt.

In eine gegenteilige Richtung entwickelt sich in Crafted World hingegen der Schwierigkeitsgrad. Das liegt ein Stück weit auch an der Struktur, denn Good Feel hat die lineare Struktur vergangener Yoshi-Spiele ein wenig aufgebrochen und mehrere Welten parallel gesetzt, so dass der Spieler bis recht kurz vor dem Ende des Spiels eine Wahlmöglichkeit aus verschiedenen Welten hat. Das führt aber auch dazu, dass der Schwierigkeitsgrad erst nach der Konvergenz der parallelen Linien ernsthaft anzieht und Kenner der Serie vermutlich über weite Strecken ein Stück weit unterfordert sein werden. Das soll nicht bedeuten, dass das Spiel bis dahin überhaupt keine Herausforderungen bietet, aber im Serienvergleich ist Crafted World schon recht zahm. Die geheimen Zusatzlevel, die hinter den Sammelaufgaben versteckt sind, stellen aber nach wie vor ein echtes Highlight dar, nicht nur auf Grund ihrer ungewöhnlicheren Designansätze, sondern auch dank ihrer knackigeren Plattform-Herausforderungen.
Optisch ist Yoshi’s Crafted World sehr ansehnlich und nutzt die Möglichkeiten, die das Thema bietet, sehr gut aus. Erstmals setzt Yoshi’s Crafted World nicht auf eine intern entwickelte Spiele-Engine, sondern auf die Unreal Engine, die allerdings auf der Nintendo Switch einige Schwierigkeiten mit sich gebracht hat. Im Fall von Yoshi’s Crafted World hat sich das auf die Performance zum Glück nicht ausgewirkt: das Spiel läuft wie gewohnt mit stabilen 60 Bildern in der Sekunde. Allerdings wird diese flüssige Performance und die detaillierte Optik durch eine niedrige Auflösung erkauft. Sowohl im Handheld-Modus als auch am Fernseher ist Yoshi’s Crafted World deutlich unter der nativen Auflösung und hat dadurch eine etwas weiche Optik, die neben Yoshi’s Woolly World auf der Wii U wenig beeindruckend ist.

Yoshi’s Crafted World ist ein gut designtes Yoshi Jump & Run, das in seinen Nebenaufgaben ein wenig exzessiv ist und dadurch ein wenig von seinem Potenzial verspielt. Nun könnte man auf jeden Fall einwenden, dass man die Kunstgewerke einfach ignorieren könnte, aber die Yoshi-Jump & Run-Reihe – und da macht Crafted World keine Ausnahme – hat Sammel-Leidenschaft in ihrer DNS. Das Leveldesign ist voll auf Komplettierung ausgelegt und auch die Spielbelohnungen bewerben eine solchen Spielstil immerzu. Im Ergebnis kann Crafted World nicht ganz mit Woolly World mithalten, bleibt aber ein gutes Spiel.

Getestet auf Nintendo Switch.