Until Then (Review)

Vor ein paar Monaten ist die Welt untergegangen. Allerdings ist selbst das kein Grund, nicht mehr zur Schule zu gehen, schließlich geht das Leben weiter. Zumindest gilt das für Mark im narrativen Abenteuer Until Then, das in dieser Woche für Nintendo Switch erscheint.

Im Nachgang einer weltumspannenden Katastrophe behandelt Until Then einige schwierige Themen. Dafür bietet der Titel auch eine Liste an einzeln aufdeckbaren Inhaltswarnungen, die bei Bedarf genauer beschrieben werden können.

Hausaufgaben vergessen?

Mark besucht die High School im fiktiven Liamson auf den Philippinen. Dort sind die Auswirkungen der Katastrophe vergleichsweise gering, auch wenn weiterhin Erdbeben für Zerstörungen sorgen. Tatsächlich gibt es auf den Philippinen häufig Erdbeben, Taifune, Tsunamis und Vulkanausbrüche. Liamson ist von den Naturkatastrophen bisher kaum betroffen, daher geht dort der Schulalltag mit allen Höhen und Tiefen weiter.

Trotz der eher düsteren Grundstimmung macht der Schulalltag Spaß. Marks Freundschaften sind überzeugend dargestellt und immer wieder lockern Minispiele zwischen langsamem Sidescrolling und vielen Gesprächen und Texten auf. Häufige Wortwitze erschweren zwar die deutsche Übersetzung, doch bis auf einzelne holprige Stellen sind die deutschen Texte sehr gut gelungen. Auffällig ist das besonders in Chatnachrichten und E-Mails, in denen immer wieder kleine Tippfehler stecken, wie sie dort eben häufig passieren würden. Ein weiteres kleines Detail, das die Chats lebhafter gestaltet, sind die Momente, in denen Mark Sätze beginnt, dann aber wieder löscht und doch etwas anderes schreibt. Oder auch manchmal gar nichts mehr.

Mark liegt auf dem Sofa und schreibt Nachrichten auf seinem Smartphone.

Das Pacing in Until Then ist eher gemächlich und bietet viel Raum, Mark und seine Freund:innen kennenzulernen. Allerdings gilt das für die gesamte Geschichte, weshalb storyintensive Momente im späteren Verlauf ein wenig zu langgezogen sind.

Die stärksten Momente des Spiels liegen in den vielen Dialogen mit variierender Kamera und expressiven Pixelgesichtern, die auch ohne eine Vertonung Emotionen und Charakter versprühen. Auch wenn die Gesichter gerade in Nahaufnahmen ein wenig detailarm wirken. Am schwächsten sind die Gehpassagen, da Marks Geschwindigkeit sehr gemächlich ist (auch wenn ich die verschiedenen Laufanimationen sehr mag) und nur einzelne Objekte und Personen in der Umgebung interagierbar sind. 

Generell ist Until Then eine lineare Geschichte, immer wieder kann ich jedoch auch Entscheidungen treffen. Etwa bei den Folien für eine vergessene Präsentation, bei (like-baren) Social-Media-Posts, in Chatnachrichten und Gesprächen. Entscheidungen wirken sich meist nur unmittelbar aus, sorgen manchmal aber auch etwas später noch für andere Dialogzeilen.

Vergangenheit und Zukunft

Durch das langsame Pacing sind die Charaktere in Until Then überzeugend ausgestaltet. Die Schüler:innen haben trotz Weltkatastrophen auch ihre persönlichen Probleme, die zeitweise nur angedeutet werden, aber auf nachvollziehbare und natürliche Art. Schließlich redet man auch mit seinen besten Freund:innen nicht über alles (geschweige denn mit dem Mitschüler, der gern alles auf den letzten Drücker erledigt). Bei dem großen Cast an wichtigen Charakteren spielen einige über lange Strecken nur kleine Rollen, doch niemand wird vergessen. So besteht Marks enge Clique eigentlich aus ihm selbst, Cath und Ridel, der allerdings bereits sehr erfolgreich fotografiert und filmt. So bleibt ihm weniger Zeit für Treffen. Aber auch für Mark bedeutet ein stärkerer Fokus auf sein Klavierspiel eine Verschiebung des Umfelds.

Die Katastrophe als einschneidendes Erlebnis betrifft viele Charaktere zwar mehr indirekt als direkt, wird aber immer spürbarer. Aber auch wenn Mark und Co. auch ohne die Katastrophe mit Gegenwart und persönlicher Zukunft hadern, ist sie doch ein integraler Teil der Handlung. Ein wenig habe ich mich dabei auch an A Space for the Unbound erinnert gefühlt.

Der Handlungsort auf den Philippinen zeigt sich in vielen kleinen Alltagdetails und speziellen festlichen Traditionen. Verschiedene Gerichte werden erwähnt, bei denen aus dem Spiel heraus nicht immer klar wird, um was genau es sich handelt. Aber es reicht schließlich auch aus, beispielsweise zu wissen, dass es sich um eine Abkühlung an heißen Tagen handelt.

Das Mysterium, um das sich große Teile der Handlung drehen, mag zwar nicht besonders tiefgründig oder überraschend sein, doch als Coming-of-Age-Geschichte funktioniert Until Then gut. Zwar liegt der Fokus besonders auf Marks Entwicklung, doch auch die anderen Charaktere wachsen am Geschehen.

Cath: "In deinem Kopf schlummert ein Genie!"
Ein tiefer Schlummer …
Fischbällchen und Luftballons

Über das gesamte Spiel hinweg sind einige Minispiele verstreut. Sie sind passend in die Handlung eingebaut und ähneln sich spielerisch oft. In der Regel geht es darum, Knöpfe im richtigen Moment zu drücken, teils auch kompetitiv. Die Bewertung ist jedoch für den Spielverlauf unwichtig und nur unmittelbare Dialoge nehmen Bezug darauf.

Erstaunlich schwierig ist dabei das Rhythmusminispiel. Noten tauchen auf vier verschiedenen Linien auf, die auch mit vier verschiedenen Tasten verknüpft sind. Verschiedene Noten tauchen dabei schnell hintereinander auf. Das Reaktionsfenster ist dafür jedoch großzügig und auch hier gilt, dass das Ergebnis letztlich wenig beeinflusst.

Besonders überrascht hat mich beim Rhythmusminispiel auch, wie spät es zum ersten Mal auftritt. Mark spielt häufig Klavier, zumeist bleibt mir währenddessen aber nichts zu tun, als zuzuhören. Allerdings spielt er oft auch nur kurze Passagen, weil er mit seinen Fähigkeiten und seiner Erinnerung an ein besonderes Musikstück zu kämpfen hat.

Rhythmusminispiel.

Déjà-vu-Erlebnisse und falsche Erinnerungen spielen eine große Rolle in Until Then. Das Gefühl, etwas schon einmal erlebt zu haben oder jemanden zu kennen, obwohl das eigentlich nicht möglich ist. Sich sicher zu sein, etwas erlebt zu haben, das andere jedoch anders in Erinnerung haben. Die Thematik ist auch gut in die Handlung integriert, auch wenn ich an einzelnen Stellen das Gefühl hatte, dass ich Ereignisse verpasst habe, an die sich erinnert wurde.

Technische Probleme

Allerdings hatte ich ein wenig häufiger das Gefühl, etwas schon einmal erlebt zu haben, da ich mit einigen technischen Problemen zu kämpfen hatte. An zwei verschiedenen Stellen ist das Spiel immer wieder abgestürzt, sodass ich nicht fortfahren konnte. Daher habe ich an der ersten Stelle gegen Ende des ersten Kapitels von Switch 2 auf Switch gewechselt. An späterer Stelle hat nach einigen erfolglosen Versuchen, mit verschiedenen Einstellungen einen Absturz zu verhindern, ein kurzzeitiger Sprachwechsel von Deutsch zu Englisch geholfen. Auf Konsole sind leider die Möglichkeiten, verschiedene Lösungen auszuprobieren, ein wenig eingeschränkt. Doch es folgt noch ein Day-One-Patch, der dieses Problem neben kleineren Performanceproblemen vielleicht löst.

Until Then profitiert sehr vom Handheldmodus auf Nintendo Switch, da der Touchscreen unterstützt wird. Das Scrollen durch Social-Media-Posts fühlt sich so wesentlich natürlicher an, während die Joy-Con-Steuerung etwas umständlich wirkt. Einzig die Erkennung für ein Tippen auf das Zurück-Icon ist teilweise ungenau.

Louise: "So stark, dass du dir sicher warst, dass es passiert ist ..." Screenshot mit chromatischer Aberration.
Fazit

Das narrative Abenteuer Until Then fängt den jugendlichen Alltag überzeugend ein. Schräge Minispiele, Wortwitze und Neckereien sorgen dafür, dass die ernsten Momente noch mehr Impact haben. Die Stärken liegen vor allem in den fein ausgearbeiteten Charakteren, deren Interaktionen und den expressiven Animationen. Allerdings neigt das Pacing an einzelnen wichtigen Stellen dazu, etwas zu gemächlich zu sein, worunter manche wichtigen Storymomente etwas leiden. Doch daneben stört mich nur die geringe Gehgeschwindigkeit. Auch mit den ernsten Thematiken hatte ich Freude daran, Mark auf seiner Reise zu begleiten.

Herzlichen Dank an Maximum Entertainment für die Bereitstellung des Testmusters. Getestet auf Nintendo Switch.