Leila (Review)

Dass ich einmal einen Slice of Life-Titel in die Hand nehme, ist verhältnismäßig selten. Meistens ist es der große Umfang und das endlose Geschwafel was mich abschreckt. Leila wird jedoch als kleinerer Titel beworben, der besonders durch die optische Präsentation überzeugen soll. Es soll ein Spiel sein, bei dem man nicht nur Leilas persönlichen Beweggründe für die Entscheidungen in ihrem Leben verstehen. Zusätzlich soll man auch sich selbst immer wieder in Leilas Geschichte erkennen können. 

Das Spiel setzt in der Zukunft an. Leila führt uns durch besonders wichtige Momente ihres Lebens, indem sie mithilfe eines speziellen Gerätes Einblick in ihre eigene Psyche und Gedanken erhält. Auch wenn man eigentlich bei der menschlichen Psyche von einem sehr weiten Spektrum spricht, so ist Leilas Psyche offenbar ein sehr geradliniger und gut erkennbarer Pfad durch einen Wald. Alles, was ihr auf irgendeine Weise unangenehm ist, ist gut verdrängt und nur dann einsehbar, wenn sie auch bereit dazu ist. 

Dann öffnet sich hin und wieder eine kleine Abzweigung der man folgen kann, um bestimmte Ereignisse in Leilas Leben genauer unter die Lupe zu nehmen. Es wird schnell klar, dass es sich hierbei um verschiedene Traumata und Angstzustände handelt. Das sollte einem auch schon klar sein, bevor man das Spiel gekauft hat. Glücklicherweise gibt das Spiel genügend Hinweise und Warnungen, wenn sensible Inhalte besprochen oder auf eher verstörende Weise dargestellt werden.  

Das Spiel soll wahrscheinlich zum Nachdenken anregen und anderen Menschen in ähnlichen Situationen das Gefühl vermitteln gesehen zu werden. Die Gestaltung ist interessant und der Artstyle wirklich ansprechend. Allerdings habe ich zwei große Probleme, die sich mir nach einiger Zeit im Spiel gezeigt haben. Vorrangig habe ich schon sehr früh das Gefühl gehabt, dass hier mit einer sehr oberflächlichen Abhandlung von Symptomen und Folgen von Depressionen und Angststörungen und ohne jegliche Tiefe Geld gemacht werden soll. Es wirkt, als hätte es bei den ersten Überlegungen zu diesem Spiel eine Liste mit verschiedenen Problemen und Herausforderungen im Verlaufe des Lebens einer mental instabilen Person gegeben. Und die galt es offenbar möglichst schnell abzuhaken.

Das zweite große Problem, das ich mit diesem Spiel habe, ist die Tatsache, dass Leila ganz offenbar seit eh und je unter psychischen Problemen zu leiden scheint und das als etwas völlig Normales dargestellt wird.

Zwar wird auch erwähnt, dass sie sich therapeutische Hilfe sucht, aber diese wird eher als etwas Negatives dargestellt. Verdrängung als bestes Mittel zum Zweck zu bewerben, empfinde ich als mehr als grenzwertig. Stattdessen wird Leilas schlechter psychischer Zustand schon fast als poetisch dargestellt.  

Wenn man einmal die Thematik des Spieles außer Acht lässt, bietet es eine Handvoll Minirätsel, die weder technisch noch intellektuell einen Mehrwert bieten noch etwas zur Storyrelevanz beitragen. Ganz offensichtlich liegt der Fokus auf einem gewissen „Vibe“ und nicht auf dem Gameplay.

Um es kurz zu sagen: Leila ist einer der schlechtesten Titel, die ich in den letzten Jahren testen durfte. Es vermarktet unterschwellig psychische Erkrankungen als Trend, den man melken statt in Angriff nehmen sollte. Bestenfalls könnte man noch von “gut gemeint, aber schlecht umgesetzt” sprechen. Ich kann nur hoffen, dass sich andere Betroffene trotz der hübschen Aufmachung gegen einen Erwerb dieses Spiels entscheiden. Jedoch erschließt sich mir nicht, welche Zielgruppe dann noch übrig bliebe. 

Vielen Dank an NAISU für die Bereitstellung des Mustercodes. Getestet auf Nintendo Switch.