Battlefield Waltz (Review)

Ursprünglich 2014 in Japan auf PS Vita erschienen, hat sich die Otome Visual Novel Battlefield Waltz nun den Weg auf Nintendo Switch und in den Westen erkämpft. Das gab mir nun die Gelegenheit, die Geschichte der Protagonistin Lan und ihres verfluchten Schwerts zu erleben.

Was ist eigentlich Krieg?

Jahrelang übt Lan in ihrem abgelegenen Dorf gemeinsam mit ihrem Vater den Schwertkampf. Während eines Angriffs gelangt sie zwar in den Besitz eines sagenumwobenen Schwertes, die Zerstörung des Dorfes lässt sich jedoch nicht verhindern. Nach dem Verlust ihrer Heimat und ihres Vaters gelangt sie wegen des Schwertes in die Militärschule Nirvana.

Da sie bisher fernab von allem gelebt hat, lernen Lan und ich gemeinsam den kulturellen Schmelztiegel Frontier, das Reich Milveria und alles darum herum kennen. Schul- und Kriegsthematik sowie die Bedeutsamkeit dreier Reiche erinnern ein wenig an Fire Emblem: Three Houses. Wenn auch Kämpfe eine deutlich kleinere Rolle spielen.

Das erste Schlachtfeld als Schülerin besucht Lan während der gemeinsamen Route. In den Charakterpfaden spielen Waffenkonflikte und Kriege eine unterschiedlich große Rolle, immer abgestimmt auf den jeweiligen Partner.

Ich bin jedes Mal ein wenig über die Begrifflichkeiten gestolpert, wenn ein war ausgebrochen ist, dann aber relativiert wird, dass es wahrscheinlich nur ein kleines Scharmützel innerhalb des kriegerischen Daigroth sei. Aber daran habe ich mich bald gewöhnt und insgesamt ist die englische Übersetzung bis auf vereinzelte Wortfehler sehr sauber.

Aber auch wenn weite Teile der Geschichte nicht auf dem Schlachtfeld, sondern in der Schule stattfinden, hat Battlefield Waltz ein erstaunlich tiefgehendes Worldbuilding. Gerade bei den verschiedenen Nationen wäre ein Glossar vermutlich hilfreich gewesen, allerdings sind die wichtigsten gut unterscheidbar. Daneben beruhen auch viele Regionen auf Gegenstücken in unserer Welt, wobei übernommene Landesgerichte, Kleidungsstile und weitere kulturelle Besonderheiten das Verständnis erleichtern. 

Gleichzeitig tauchen auch die Charakterrouten nach und nach tiefer in die Welt ein. Die drei zuerst freigeschalteten Routen führen gut ein und deuten Geheimnisse aus den anderen Routen an. Zwei weitere Routen werden nach bestimmten anderen freigeschaltet, während für die letzte alle anderen Routen mit guten Enden abgeschlossen werden müssen. Die Reihenfolge im Menü empfehle ich dabei als Spielreihenfolge.

CG mit grinsendem Wilhelm als geisterhafte Figur vor dem Schwert, dahinter die überraschte Lan. Wilhelm: "Anyway, I'm heading back in. I've been asleep for ages, y'know. I'm a bit unstable, so I can't stay up long. See you soon!"
Wie alles glitzert!
Jungen und Mädchen

Battlefield Waltz spielt in einer pseudomittelalterlichen Welt mit progressivem Einschlag. Mädchen dürfen kämpfen und die Militärschule besuchen. Zeitgleich lernen mit überwätligender Mehrheit Jungen, während die meisten Lehrkräfte Männer sind. Hin und wieder wird beispielsweise darauf Bezug genommen, Mädchen würden glitzernde Dinge einfach mögen (Mädchen und Elstern werden eben schnell verwechselt). Lan sei des Schwertes als Mädchen nicht würdig, Frauen zu verweichlicht für echten Krieg.

Aber nur, weil Frauen und Mädchen nicht verboten sind, heißt das eben noch lange nicht, dass sie wirklich willkommen sind oder sich von allen willkommen fühlen.

Hier spielt auch Lans neue Freundin Yuriana mit herein, mit der sie das Zimmer in der Schule teilt. Auch wenn sie nicht das einzige Mädchen an der Schule ist, ist die Beziehung zu den anderen nicht besonders eng. Ihre Kampffähigkeiten gehören zu den besten in Nirvana und sie stammt aus einem Land, in dem alle gern kämpfen. Entsprechend profititiert sie davon, ein Vorbild in Form einer besonders guten Kriegerin zu haben, auch wenn sie diese nicht innerhalb der Schule findet.

Die Narrative selbst und einige Charaktere brechen aber auch jederzeit mit den Vorurteilen anderer auf. Manche Charaktere lernen sogar dazu.

Xiaolei: "Here, try this! It's absolutely delicious! It's known as Baumkuchen."
Alle mögen Baumkuchen.
Lan

Im Vergleich mit ihren Mitschülern und Yuriana mag Lan tatsächlich nicht besonders stark sein. Allerdings ist sie auch wegen des verfluchten Schwertes in der Militärschule und nicht aufgrund ihrer Fähigkeiten. Immer wieder fragt sie sich, ob sie dort wirklich hinpasst, aber sie übt auch mit fester Entschlossenheit und kann ihre Fähigkeiten unter Beweis stellen. Dabei wäre das durchaus eine mögliche Ausrede gewesen, um sie ständig gerettet werden zu lassen.

Gleichzeitig ist ihr Verlust zu Beginn kein bloßer Auslöser, sie aus ihrem gewohnten Alltag zu reißen. Ihre Trauer ist nicht sofort vergessen, ohne dass die Geschichte zu deprimierend wird. 

Ich begleite sie gern dabei, die Stadt Frontier zu erkunden, neue Gerichte zu entdecken und unerwartete Talente zu finden. Manchmal sogar, nachdem ich schon mehrere Pfade gespielt habe.

Ihr Name ist zwar frei wählbar, aber ihr Standardname bietet den Bonus, dass andere Charaktere ihren Namen in der Synchronisation aussprechen können.

Neue Freundschaften

Neben den Love Interests bietet Battlefield Waltz einen großen Cast an Nebenfiguren. Im Gegensatz zu Lan selbst sind sie alle vertont und haben fast alle Sprites. Einzige Ausnahmen sind beispielsweise tratschende Schüler, während Gegner im Kampf sich verschiedene Bilder teilen. 

Während der Common Route wähle ich mehrfach auf einer Karte verschiedene Charaktere aus, um die Beziehung zu den potenziellen Partnern zu stärken oder Nebencharaktere besser kennenzulernen. Manche Dialoge sind dabei linear, während andere mehrere Antwortmöglichkeiten bieten. Oftmals lerne ich dabei nicht nur die Charaktere, sondern auch die Welt besser kennen. Besonders die Gespräche mit weiteren Schülern haben mir dabei Spaß gemacht.

Yuriana habe ich bereits erwähnt, aber auch die anderen Charaktere sind mir ans Herz gewachsen. Selbst der größte Schulmobber. Auch wenn ich der Königin lange nicht so blind vertraut habe wie Lan.

Je nach Pfad spielen unterschiedliche Nebencharaktere eine größere Rolle und vereinzelt kommen auch weitere hinzu. Während allgemein in Routen Geheimnisse und Twists angedeutet werden, gilt das teilweise auch in Bezug auf Nebencharaktere. Nachdem Yuriana mehrfach ihren Freund erwähnt hat, habe ich mich darüber gefreut, als ich ihn selbst kennenlernen konnte. Aber auch die unterschiedlichen Rollen, die Mitschüler Asaka je nach Pfad einnimmt, sind sehr gut umgesetzt, weil immer wieder unterschiedliche Aspekte seines Charakters im Mittelpunkt stehen.

Mephisto, lächelnd. "Do you wish to be killed?"
Ja, den mag ich auch.
Zeit für Romantik

Der wahrscheinlich wichtigste Aspekt der Visual Novel sind jedoch die sechs möglichen Beziehungen. Oft ist bei ihnen ein wichtiger Aspekt, dass mehr hinter dem ersten Eindruck steckt. So wirkt Abel etwa erst einmal abweisend, aber natürlich ist er nicht nur ein Eisklotz, der besonders gut mit dem Schwert umgehen kann. Lustin ist ein Frauenheld, aber nicht nur. Die Geschichte von Nike, der die meiste Zeit mit Heilmitteln verbringt, baut sogar besonders stark auf seinen Geheimnissen auf. Dabei ist nicht jeder Twist überraschend, aber gerade durch die vielen Andeutungen überall sind die Wendungen zufriedenstellend umgesetzt.

Mal liegt der Fokus stärker auf Kämpfen, mal weniger. Das verfluchte Schwert hält sich in den meisten Pfaden eher am Rand auf, was ein wenig schade ist. Am Ende lohnt sich aber das Warten darauf, Wilhelm eine größere Rolle zu bieten, selbst wenn mir einzelne Aspekte seines Pfades weniger zusagen. Als Charakter und im Zusammenspiel mit Lan finde ich ihn einfach fesselnd und sehr erheiternd.

Bisweilen ist das Pacing etwas holprig, aber das fällt kaum auf, weil ich das Zusammenspiel Lans mit allen Partnern gern gelesen habe. Einzelne Momente sind hektischer als notwendig, was das eine oder andere Ende abschwächt.

Thematisch am stärksten ist Pashs Pfad, bei dem Lan und Pash gemeinsam wachsen. Die Bandbreite an Emotionen ist hier besonders groß und hier spielen sich auch die meisten bedrückenden Momente ab, obgleich Lans Verluste in keinem Pfad völlig vergessen werden. Auch wenn durchaus auffällt, dass das, was sie nicht verloren hat, manchmal völlig untergeht. 

Viele der Synchronsprecher sind zudem bekannt, nicht nur die der Love Interests. Darunter sind sogar Stimmen, die ich in 9 R.I.P. bereits gehört habe. Auch wenn ich weiterhin nur einzelne Worte verstehe, stecken sehr viele Emotionen in der Synchronisation. Mein Highlight ist ein Schrei von Pash zu Beginn seines Pfades, aber auch darüber hinaus sind gerade auch Unterschiede in der Lautstärke sehr eindrücklich.

CG mit Lustin, der Lan einen Strauß Anemonen schenkt. Lustin: "No man could ever resist those eyes."
Zugegeben, das ist vielleicht nicht der allerbeste erste Eindruck.
Entscheidungen über Entscheidungen

Ob ich die richtige Antwort gewählt habe, um eine Beziehung zu verstärken, erkenne ich an einer aufblühenden Blume. Allerdings reicht das allein nicht aus, um eines der guten Enden zu erreichen.

Häufig wird Lan nach ihrer Meinung gefragt (und bisweilen übergangen), während sie in anderen Momenten auch schweigen oder lügen kann. Anfangs fiel es mir schwer, nachzuvollziehen, welche Entscheidungen das Ende beeinflussen, aber nach und nach habe ich ein Gefühl dafür entwickelt. Zumindest, um das gute Ende zu finden, denn in einem Fall habe ich die einzelnen Flaggen zwar gesetzt, aber nicht innerhalb eines Durchgangs. So konnte ich aber die Chronik mit Flowchart nutzen, um das Ende zu aktivieren und zu spielen. Das Vorspulen bereits gelesener Texte fühlt sich bisweilen leider etwas langsam an.

Manchmal müssen sich allerdings auch die anderen Charaktere entscheiden, ob sie etwas sagen oder nicht. Das wähle natürlich nicht ich aus, sondern spielt sich in den Dialogen ab. In mehreren Momenten drucksen die Charaktere dabei über mehrere Textboxen hinweg herum, ehe sie etwas erzählen, das sie lieber nicht sagen würden. Das Zögern ist dabei sehr gut umgesetzt und ich habe mich über solche Momente sehr amüsiert.

Yuriana: "You learn that with strategic theory." Antwortmöglichkeiten: "Sounds fun!", "Sounds difficult."
Kann ich lieber das Schlösserknacken lernen?
Shoppingzeit

Gute wie schlechte Enden belohnen mit magischen Steinen, die ich im Shop eintauschen kann. Zum einen gegen weitere CGs und Skizzen, zum anderen für kurze Szenen zu den Charakteren.

Besonders die Brillenbilder haben mir dabei gut gefallen, aber auch die kurzen Szenen, die verschiedene Charaktervorlieben zeigen sollen, sind sehr amüsant umgesetzt.

Gemeinsam mit den kaufbaren Belohnungen bietet Battlefield Waltz über 200 CGs (teilweise in Variationen). Einige davon tauchen bereits in der gemeinsamen Route auf und es sind auch mehrere Bilder mit Nebencharakteren dabei. Häufig steht aber auch Lan allein im Vordergrund. So bietet das Spiel immer wieder schöne Überraschungen.

Fazit

Die Otome Visual Novel Battlefield Waltz tanzt eher am Rande des Schlachtfelds, beherrscht dort jedoch weitgehend die Tanzschritte. Die Routen sind abwechslungsreich und machen alle Spaß, selbst wenn das Pacing nicht immer funktioniert. Trotz einiger sich wiederholender Rahmenereignisse fühlen sich die Pfade nie repetitiv an. Auch die vielen Nebencharaktere habe ich sehr liebgewonnen. Daneben liegt die Stärke auch in den verwobenen Andeutungen und Erkenntnissen, die Charaktere und Welt immer weiter ausbauen.

Herzlichen Dank an Idea Factory International für die Bereitstellung des Testmusters. Getestet auf Nintendo Switch.