
Im Jahre 2054 gerät die Erde in einen intergalaktischen Krieg und wird zerstört. Verschiedene überlebende Gruppen haben die Flucht gewagt, darunter auch mit dem Raumschiff Weißer Wal. Leider erleidet das Raumschiff eine Bruchlandung auf dem fremden Planeten Mira. Hier spielt das RPG Xenoblade Chronicles X: Definitive Edition. Die ursprüngliche Version erschien 2015 auf Wii U, während die Definitive Edition auf Nintendo Switch neben dem damaligen DLC weitere neue Charaktere, eine neue Storyline, Grafikupgrades und QoL-Features bringt.

Myriaden von Monstern auf Mira
Mira hat eine reiche Natur voller unterschiedlicher Wesen, die mal friedlich, mal aggressiv sind. Es ist eine große Welt mit einigen riesigen Wesen, was nicht nur sichtbar, sondern auch spürbar ist. Anfangs sind es Kamerafahrten und Aussichtspunkte, die die Größe zeigen, später im Skell wird die Größe noch viel deutlicher. Die Unterschiede zwischen Fußwegen und Fahrten oder Flügen in den Mechs sind massiv. Besonders amüsant wird es dann, menschengroße Xenoforme per Skell zu bekämpfen, wenn sie winzig wirken im Vergleich.
Neben großen Ebenen und Hügeln, die zum Hüpfen einladen, bietet Mira auch gigantische Bäume und verworrene Höhlensysteme. Sammelbare Materialien zeigen sich als kleine blaue Diamanten, während zerstörte Skells und Truhen Schätze oder Geld bringen und damit zur Erkundung einladen. Ich war gern auf Mira unterwegs, auch wenn das eine oder andere aufmerksame Wesen zwanzig Level über mir für so manche eilige Flucht gesorgt hat. Aber ich bin auch besonders anfällig dafür, irgendwelche Kleinigkeiten im Vorbeirennen aufzusammeln und dafür Umwege inkauf zu nehmen. Und wenn ich schon dabei bin, bekämpfe ich auch alles, was sich mir in den Weg stellt. Aber das lohnt sich auch, denn immerhin kann ich so viele Quests schneller abschließen, weil ich schon in der Tasche habe, was ich dafür benötige.
Xenoblade Chronicles X hat zudem eine sehr dreidimensionale Welt. Wie auch in Visions of Mana, springe ich hier sorglos Klippen hinab und erkunde dort weiter. Weil ich damals in Xenoblade Chronicles 3D irgendwo tief hinab ins Wasser gefallen bin und lange nach einem Ausweg gesucht habe, bin ich sogar einmal nach einem Sprung ins Meer die steile Küstenlinie entlanggeschwommen. Es dauerte einige Minuten, bis ich einen Strand fand. In der anderen Richtung wäre ich schneller an Land gelangt, aber ich wollte gleichzeitig auch neue Gebiete erkunden. Zudem hätte ich jederzeit per Schnellreise zurückkehren können.

Auf in den Kampf
Auch wenn ich einen großen Teil meiner Zeit damit verbringe, die richtige Stelle zu finden, um Datensonden zu platzieren, erkunde ich nicht nur. Natürlich spielen auch die Kämpfe in Xenoblade Chronicles X eine große Rolle. Dabei besteht meine Gruppe aus bis zu vier Personen, von denen ich eine direkt steuere. Alle greifen automatisch an und wechseln dabei zwischen Nahkampf- und Fernkampfwaffen, wobei der Nahkampf dennoch nicht direkt den Gegner berühren muss. Trefferrate und bestimmte Angriffseffekte hängen von der Position in Relation zum Gegner ab, sodass beispielsweise Angriffe von hinten häufiger treffen als von vorne. Zudem kann ich verschiedene Körperteile oder gegnerische Waffen gezielt angreifen.
Daneben verfügen die Charaktere auch über Techniken mit Cooldown. Maximal acht habe ich gleichzeitig im Kampf verfügbar. Diese sind deutlich stärker als die normalen Angriffe und verfügen über zusätzliche Effekte. Setze ich einen Techniktyp ein, nachdem ein Teammitglied verlangt, heilt das zusätzlich die LP der beiden. Neu ist eine Schnellladefunktion, für die ich bei der Erkundung Chips erhalte, um sie häufiger nutzen zu können. Hierbei lädt sich eine Leiste zu Kampfbeginn auf und graduell beim Einsatz von Autoangriffen. Dabei ist die Leiste bei guter Erkundung so lang und füllt, dass ich nie Probleme damit hatte, dass mir die schnelle Aufladung ausgegangen wäre. Gleichzeitig finde ich es aber auch nicht schade, wenn ich nicht darauf warten muss, dass ich einen Angriff wieder einsetzen kann.
Theoretisch gehören auch die Gegner unterschiedlichen Typen wie Fischen oder Mechanoiden an, worauf ich bei der Auswahl meiner Waffen und zugehörigen Waffeneffekten achten könnte. Allerdings habe ich in den 95 Stunden, die ich für Haupthandlung und die meisten Harmoniemissionen gebraucht habe, nur einmal das Bedürfnis gehabt, mein Team auf einen Gegner anzupassen. Denn meist funktionieren die Levelempfehlung in Verbindung mit unspezifischer Ausrüstung sehr gut. Innerhalb von Missionen habe ich zudem die Möglichkeit, nach mehrmaligem Scheitern Bosse zu vereinfachen, wobei sie ein paar Level sinken.

Springen und Fliegen
Meinen Spaß an der Erkundung habe ich bereits angedeutet. Auf der Karte kann ich anzeigen lassen, in welchem Bereich ich Datensonden aufstellen kann, ohne die direkte Position markieren und stur ansteuern zu können. Stattdessen zeigt mir ein roter Lichtstrahl die Stelle an, wenn ich nah genug bin. Für eine Harmoniemission sollte ich 3000 Credite auf einmal mit Sonden verdienen, was ich absolut nicht verstanden habe. Also habe ich nur eifrig erkundet und Sonden platziert. In bester “Warte, bis die Zeit zweimal”-Manier (erinnert ihr euch an die Brailleschrift in Pokémon Omega Rubin?) habe ich mein Ziel irgendwann plötzlich erreicht, während ich noch gerätselt habe, was ich tun soll. Sinnvoll wäre gewesen, darauf zu warten, bis ich andere Sondentypen aufstellen kann, aber es hat auch so funktioniert.
Dabei habe ich sehr große Teile des ersten Gebiets von Mira erschlossen und bin aus weiteren Gebieten schnell vor starken Gegnern geflüchtet. Springend habe ich unebene Felswände erklommen, ohne sicher zu wissen, ob ich überhaupt oben ankommen kann oder ob nicht ein Umweg sinnvoller wäre. Aber ich bin stur und der fast schwerelos wirkende Sprung beim Rennen macht sehr viel Spaß.
Der Skell vereinfacht die Durchquerung der Welt mit seiner größeren Reichweite und höheren Geschwindigkeit, was ich durch meine ungelenke Kletterei noch deutlicher spüre. Einzelne Gebiete erreiche ich sogar erst, wenn ich mit dem Skell nach dutzenden Spielstunden fliegen kann. Der Flug verbraucht zwar wie Angriffe Treibstoff, allerdings war ich häufig genug in NLA, um dort aufzutanken.
Einzig in einer Höhle mit hohen Steinabsätzen über Lava hat mich das Platforming ein wenig frustriert, bis ich mit eine Rüstungserweiterung gegen den Terrainschaden angefertigt habe.

Technische Probleme
Bei meiner ersten Spielstunde hatte ich ein wahres Comedyhighlight. Nach meinem ersten Flugversuch wurde mir gesagt, ich solle sicher zurückkehren, also habe ich das versucht.
Dann ist das Spiel abgestürzt.
Dank vieler Autosaves war das kein großes Problem, und es sollte auch der einzige Spielabsturz bleiben. Daneben hat Xenoblade Chronicles X: Definitive Edition lediglich mit vereinzelten Rucklern, besonders im BLADE-Hauptquartier, und spät auftauchenden NPCs zu kämpfen.
Harmonie
Während die Hauptstory bis zum Abspann ein wenig dünn ist für die Spieldauer, sind die Nebenmissionen und Harmoniemissionen deutlich ausgebaut. Allerdings liegt der Fokus auch einfach nicht so sehr auf der Hauptstory, die dennoch den einen oder anderen Twist zu bieten hat. Die Twists selbst sind sehr durchwachsen. Die einen waren schlicht nicht überraschend, andere wurden gut angedeutet. Aber einer hat mich dadurch irritiert, dass ich dachte, die Charaktere würden genau diese Enthüllung alle schon lange kennen. Dennoch ist es keine enttäuschende Story und der zusätzliche Storycontent bietet eine sehr gute Erweiterung.
Normale Sammelquests oder Aufgaben, bestimmte Gegner zu besiegen, nehme ich per Terminal an, bis zu 20 auf einmal. Während diese in der Regel nur mit einer kurzen Aufgabenbeschreibung einhergehen, bieten NPCs in der gesamten Stadt NLA verschiedene Nebenmissionen an. Diese sind oft mit kleinen Geschichten verbunden und bauen teilweise aufeinander auf. So drehen sich beispielsweise mehrere Questreihen um ein Wasserwerk ein Stück außerhalb der Stadt. Außerdem haben meine Entscheidungen oftmals (potenziell tödliche) Konsequenzen.

Harmoniemissionen dagegen sind mit aktuellen und künftigen Teammitgliedern und einzelnen wichtigen Nebencharakteren verbunden. Harmoniemissionen sind voll vertone und bieten tiefere Einblicke in die anderen Charaktere. Auch wenn einzelne der Missionen merkwürdig anmuten, sind die meisten unterhaltsam und bauen die Charaktere gut aus.
Die neuen Harmoniemissionen und zugehörigen Charaktere fügen sich gut in Xenoblade Chronicles X ein. Bei genauerer Betrachtung könnte zwar auffallen, dass sie eher für sich stehen und kaum in die Haupthandlung integriert sind. Allerdings gilt dasselbe für die Charaktere, die ursprünglich als DLC hinzugefügt wurden.
Harmonie- und Hauptmissionen kann ich nur jeweils eine auf einmal annehmen und die nächste erst nach Abschluss. Da ich allerdings während einer solchen Mission bis auf einzelne Ausnahmen frei durch Mira reisen kann, kann ich notfalls auf Nebenquests oder Erkundung ausweichen, sollte eine Herausforderung zu groß sein.

Ein runderes Spielerlebnis
Zu den QoL-Features der Xenoblade Chronicles X: Definitive Edition gehört die Option, die Zeit im Menü umzustellen. Aktiv benutzt habe ich die Option lediglich einmal, weil ich sie vergessen habe und es viele Orte gibt, an denen ich die Zeit umstellen kann. Besonders in Verbindung mit NPCs, die nur zu bestimmten Tageszeiten ansprechbar sind, ist die Option jedoch angenehm. Auch einige Tyrannen tauchen nur zu bestimmten Zeiten auf, erhöhen aber das Erkundungslevel von Regionen.
Außerordentlich praktisch ist zudem, dass Spielcharaktere, die ich nicht aktiv im Team habe, ebenfalls Erfahrung erhalten. So kann ich fröhlich zwischen allen Charakteren wechseln (was außerhalb von Kämpfen jederzeit geht!), ohne darauf achten zu müssen, dass sie mit dem restlichen Team mithalten. Außerdem ist es nun einfacher als im Original, die Harmonie zum Team zu verstärken, die für die Harmoniemissionen und einzelne Hauptmissionen benötigt wird.
Verschiedene Mechaniken in Verbindung mit der Funktion als Mitglied von BLADE und einer bestimmten Division darin existieren nicht mehr. Dadurch kann ich Schätze deutlich freier aufsammeln, aber gleichzeitig ist bedeutungslos, für was für eine Gruppe ich mich entscheide. Ich kann alle Missionen frei annehmen, ob ich nun per Gruppe mehr auf Erkundung oder Meditation zwischen Bewohner:innen von NLA fokussiert sein sollte.
Außerdem erhalte ich Belohnungen, wenn ich Mira eifrig erkunde. Dabei handelt es sich meist um Geld und um Chips für die schnelle Aufladung der Techniken.
Das Questtracking funktioniert ziemlich bequem. Gewünschte Sammelgegenstände und Questorte kann ich per Marker auf der Karte, aber auch durch Richtungsanzeige mit roter Linie ansteuern. Die Linie zeigt zwar nicht immer ganz zuverlässig einen funktionierenden Weg, hilft aber doch besonders dabei, Höhleneingänge aufzufinden.

Fazit
Xenoblade Chronicles X: Definitive Edition ist eine gelungene Umsetzung des Mech-RPGs. Die Welt fühlt sich wahrhaft gigantisch an und lädt zur Erkundung ein. Ein besonderes Highlight ist für mich der neue Storycontent, der sich sehr gut einfügt. Die QoL-Features sind oftmals eine Bereicherung, selbst wenn das überarbeitete UI immer noch ein wenig überfordernd wirken mag. Technisch läuft der Titel leider nicht immer ganz rund, aber die Probleme halten sich doch erfreulich in Grenzen.
Die Nebenquests sind spannend und haben oft unterschiedliche Ausgänge in Abhängigkeit von meinen Taten und Entscheidungen. Häufig geht es dabei auch um Menschen und ihren Umgang untereinander und mit Fremden.
Besonders die Skells helfen dabei, Mira glänzen zu lassen. Die Größe der Welt wirkt so auf unterschiedlichste Weise sehr eindrücklich. Aber auch Gegner erscheinen so mit einem Mal völlig anders, wenn sie entweder winzig sind oder ihre Größe auf einmal bezwingbar wirkt. Außerdem sind Felswände mit ihnen keine Grenzen mehr, sondern besser erklimmbar als zu Fuß und sogar überwindbar. Diese Art des Weltendesigns sagt mir einfach besonders zu.
Auch wenn es einige Spielstunden dauert, bis die Skells zugänglich sind, und noch länger, bis sie fliegen können, lohnt sich auch der Weg dorthin.

Herzlichen Dank an Nintendo für die Bereitstellung des Testmusters. Gespielt auf Nintendo Switch OLED.