Nikoderiko: The Magical World (Review)

Artwork zu Nikoderiko: The Magical World

Nikoderiko ist das erste Projekt des jungen moskauer Studios VEA Games, das trotz umfangreicher Onlinespiel-Erfahrung des Teams vor allem für Einzelspieler interessant ist. Nikoderiko orientiert sich eng an der Donkey Kong Country-Serie und kommt sogar mit Musik vom DKC-Musiker David Wise daher. Doch trotz der auf den ersten Blick erkennbaren, starken Inspiration durch den Rare-Klassiker geht Nikoderiko auch ein Stück weit eigene Wege und kombiniert das altbewährte Konzept mit dreidimensionalen Plattformpassagen.

In Nikoderiko: The Magical World – und im Deutschen muss man sich schon sehr am Riemen reißen, um es nicht als Niko der Iko zu lesen – schlüpft man wahlweise in die Rolle von Niko (kurz für Nikoderiko?) oder seine Abenteurer Freundin Luna. Beide spielen sich exakt gleich und man kann in der Weltkarte im Einzelspielermodus jederzeit per Knopfdruck zwischen den beiden wechseln. Im lokalen kooperativen Zweispielermodus hingegen schlüpft einer in die Rolle Nikos und der andere in die Rolle Lunas. Die beiden entdecken zu Beginn des Spiels einen Schatz, der ihnen aber von einem fiesen reptilischen Piratenkapitän gestohlen wird. Das lassen die beiden natürlich nicht auf sich sitzen, sondern jagen den Ganoven durch sieben Welten, um ihrer Beute wieder habhaft zu werden.

Die Level in Nikoderiko werden in strikt linearer Abfolge gespielt. In jeder der sieben Welten spielt man vier umfangreiche Level, in denen sich 2D- und 3D-Abschnitte abwechseln. Die 2D-Abschnitte machen dabei in etwa zwei Drittel der Spielzeit aus. Hat man die ersten vier Level absolviert, tritt man in einem fünften Level gegen einen Endgegner an. Die Endgegnerkämpfe beginnen zwar sehr simpel, werden nach hinten hinaus aber durchaus anspruchsvoll und stellen die Reaktionsgeschwindigkeit auf die Probe. Abgesehen von der ersten Phase des letzten Endgegners, die frappierend an die Hauptinspirationsquelle erinnert, sind die Endgegner ideenreich, in jedem Fall sind sie unterhaltsam und kompakt, so dass man keine endlosen Scharmützel befürchten muss. Mit drei Herzen Lebensenergie wird immer auch genug Raum für einzelne Fehler gegeben, zumal die meisten Endgegner auch zwischendurch noch Gelegenheit bieten, die Lebensenergie wieder aufzufüllen.

Spielerisch werden sich Donkey Kong-Fans direkt wie zu Hause fühlen. Niko kann laufen, springen, von gegnerischen Köpfen abprallen, rutschen – wodurch er schneller wird und die Möglichkeit gewinnt, solange das Rutschen andauert, in der Luft zu springen – und gelegentlich auch Kisten oder TNT aufheben, um es auf Gegner zu werfen. Die Spielmechanik fühlt sich hervorragend an und der einzige Wermutstropfen ist, dass die Aneinanderreihung von Slides und Sprüngen nicht ganz den Spielfluss der neueren Donkey Kong Country-Spiele von den Retro Studios erreicht. Sehr gut gelungen sind die Übergänge zwischen den 2D und den 3D-Passagen im Spiel, die komplett organisch gestaltet sind und selbst wenn man es darauf anlegt keine eigenartigen Situationen ergeben. Es ist immer wieder eine tolle Sache, die mit Liebe gestalteten Umgebungen zeitweise auch in der Tiefe zu erkunden. In diesen Abschnitten wurde neben Donkey Kong eine zweite Inspirationsquelle herangezogen, die Crash Bandicoot-Spiele. Die Spielphysik orientiert sich aber weiterhin an Donkey Kong Country und in meinen Augen ist das Spielgefühl dadurch merklich besser als in den Crash-Spielen.

Für Abwechslung sorgen tierische Freunde, die man im Spiel reiten kann. Einerseits kann man immer mal wieder Kisten finden, in denen sich ein Reittier befindet, andererseits ist es auch möglich, sich Reittiere von Münzen zu kaufen, die man immer wieder im Spiel findet. Diese Reittiere kann man dann frei per Y-Knopf ins Spiel rufen. Das ist zwar niemals notwendig, kann ungeübten Spielern aber sicherlich bei etwas kniffligeren Spielpassagen eine willkommene Hilfestellung sein. Das Design der Helfer, sei es ein bissiger T-Rex, eine wuchtige Fledermaus oder ein kräftiger Eber ist durchweg gelungen.

Das Leveldesign in Nikoderiko ist so abwechslungs- wie ideenreich. Sicherlich werden unzählige Ideen der Vorlagen adaptiert, sie werden aber immer auch hervorragend aufgearbeitet und mit dem einen oder anderen eigenen Spin versehen. Ein besonderes Augenmerk haben die Entwickler auf wertvolle Sammelgegenstände im Spiel gelegt. So kann man in jedem Level die Buchstaben N, I, K und O finden. Zusätzlich gibt es in jedem Level zwei Geheimfässer, die zu Bonusräumen führen, die mit einem großen Schlüssel prämiert werden und schließlich gibt es in jedem Level einen lila Diamanten zu finden. Diese Gegenstände zu suchen, macht eine Menge Spaß und nur selten kommt es vor, dass etwas wirklich fies versteckt ist. Einzig der Umstand, dass man sich die bereits gesammelten Items nicht per Knopfdruck im Level anzeigen lassen kann, sorgt gelegentlich für etwas Irritation. Das und der Umstand, dass ich am Ende des Spiels 28 Diamanten gefunden habe, es ein Achievement für das Sammeln von 29 Diamanten gibt und ich keine Möglichkeit sehe, einen 29. Diamanten zu finden. Mysteriös!

Nicht minder mysteriös sind einige weitere scheinbar nicht erreichbare Achievements. Das ist zwar an sich nichts, was für das Spiel besonders wichtig wäre, aber es gibt beispielsweise ein Achievement dafür, einen bestimmten Endgegner zu besiegen, ohne einen Kanonenschuss zu versemmeln  – das habe ich insgesamt drei Mal getan, ohne ein Achievement dafür zu erhalten. Noch eigenartiger ist ein Achievement dafür, ein Level ohne Glühwürmchen – das Pendant der Bananen aus DKC – abzuschließen. Endgegnerlevel zählen hier nicht und in allen anderen Level erwartet den Spieler am Levelziel ein Fass, das man mindestens einmal schlagen muss, um das Level abzuschließen. Dadurch erhält man zwingend mindestens fünf Glühwürmchen, die augenscheinlich vom Spiel auch als Grund gewertet werden, das Achievement nicht zu vergeben. Ärgerlich!

Ein letztes Ärgernis ist, dass einige Prozentpunkte im Spielfortschritt das Sammeln von Galeriegegenständen vergeben wird. Diese Gegenstände kann man (meines Wissens ausschließlich) über den kauf von Kisten mit zwei In-Game-Währungen erstehen. Möchte man die gesamte Galerie füllen, muss man aber ein digital vermögender sein, denn insbesondere die seltenere der Währungen wird in Mengen verlangt, die völlig utopisch sind. Wenn man das Spiel normal durchspielt, erhält man von dieser Währung zwischen 100 und 200, für das Öffnen der Kisten braucht man mindestens 2000 hiervon – unter der Voraussetzung, dass man jedes Mal einen Galeriegegenstand in der Kiste findet. Leider ist in etwa der Hälfte der Fälle nur eine dritte, nutzlose Währung in der Koste, so dass man realistisch eher ca. 4000 von dieser Währung benötigt. Sie zu grinden wäre eine äußerst nervige Angelegenheit, denn die günstigste Stelle, die ich zum Grinden gefunden habe, ergibt etwa drei von der seltenen Währung je Minute. Den Rest kann sich der geneigte Leser selbst ausrechnen.

Die Präsentation von Nikoderiko ist klasse gelungen, mit wunderschön gestalteten, farbenfrohen und effektreichen Welten, runden Animationen und niedlichen Zwischensequenzen. Das große Highlight in Sachen Präsentation ist aber natürlich die Musik, die komplett aus der Feder David Wise stammt. Der Soundtrack erreicht zwar nicht ganz die Qualität die Wise zuletzt in Donkey Kong Country Tropical Freeze abgeliefert hat, aber das ist auch eine unfaire Messlatte. Zahlreiche Stücke in Nikoderiko sind gleich im Ohr geblieben und Wises Stil ist unverkennbar. Ein Fest für die Ohren.

Nikoderiko: The Magical World ist für mich der Überraschungshit des Jahres und ich habe jede Spielminute genossen. Im Zusammenhang mit den Achievements gibt es einige etwas ärgerliche Fehler, doch abseits dieser Kleinigkeiten gibt es hier echt nichts zu meckern. Wer die Donkey Kong Country-Reihe oder schlichtweg spannende Jump & Runs mit 2D- und 3D-Anteilen mag, der kommt um Nikoderiko nicht herum.

Vielen Dank an Knights Peak für die Bereitstellung des Testmusters. Getestet auf Xbox Series X.