Die Entwicklung der Mario Land und späteren Wario Land-Reihe hat zu einer umfassenden Verschiebung von präzisen Sprüngen hin zu Erkundung und kleinen Rätseln von in Wario Land 2 zu einem kreativen Spitzentitel unter den Game Boy-Spielen geführt. Auf dem Game Boy Color hat das Metroid-erfahrene Team die Schraube aber noch etwas weitergedreht und mit Wario Land 3 einen Hybriden aus 2D Jump & Run und Metroidvania geschaffen.
Wenngleich Wario Land 3 optisch und hinsichtlich der Grundmechanik enorm nah am zweiten Teil ist, ist Wario Land 3 erstmals nicht mehr mit dem klassischen Game Boy kompatibel, sondern kann nur mit dem Game Boy Color – oder natürlich dem später erschienen Game Boy Advance gespielt werden. Das hat den Vorteil, dass die Farbfähigkeiten des Game Boy Color voll ausgereizt werden konnten und die Entwickler sich darauf verlassen konnten, dass optische Informationen auch über die Farbe zuverlässig codiert werden konnten.
Wer Wario Land 2 gespielt hat, wird sich in Wario Land 3 wie zu Hause fühlen, allerdings wirkt das Haus zu Beginn noch viel mehr leergeräumt als Warios Schloss in Wario Land 2. Denn die bemerkenswerte Agilität Warios wurde auf ein Minimum eingedampft und zu Beginn des Spiels stößt man immer wieder darauf, dass die eine oder andere liebgewonnene Fähigkeit Wario noch nicht begleitet. Schon früh bemerkt man, dass die Level diese Fähigkeiten aber an verschiedenen Stellen voraussetzen und man beim ersten Besuch längst nicht alle Geheimnisse aufdecken kann. Warios Fähigkeiten sind nämlich über den Spielverlauf verteilt und können nach und nach freigeschaltet werden. Bis tief in das Spiel hinein schaltet man neue wie alte Fähigkeiten frei und eröffnete neue Wege und Sammelgegenstände in alten Levels.
Entsprechend komplex sind die Level in Wario Land 3 gestaltet. Ein einfacher erster Durchgang durch ein Level ist in aller Regel trivial und beinahe ernüchternd kurz, es ist allerdings bemerkenswert, wie viele Geheimnisse in den Levels untergebracht werden konnten. Auf der anderen Seite ist Wario Land 3 in seinem Leveldesign aber auch schnell verwirrend und unübersichtlich, die Suche nach neuen Levelabschnitten erweist sich immer mal wieder als lästig und die zahlreichen Wiederholungen früher Levelabschnitte stören den Spielfluss häufig. Die Idee, das Metroidvania-Konzept mit separaten Jump & Run-Levels zu verbinden, ist ungewöhnlich, aber kann leider nicht vollends überzeugen. Aus Jump & Run-Perspektive entsteht ein viel zu feines Stückwerk, das oft erst beim letzten Durchgang wirklich Spaß macht, aus Metroidvania-Perspektive ist das Backtracking wesentlich weniger befriedigend, da man sich keine organisch strukturierte Welt erschließt, sondern von Leveleingang zu Leveleingang springt, um auf engen Pfaden die Geheimnisse aufzudecken.
In der Konsequenz ist Wario Land 3 leider eine kleine Enttäuschung. Sicher, wenn man die wichtigsten Fähigkeiten freigeschaltet hat, macht es wieder eine Menge Spaß, den übergewichtigen Rüpel durch die Level zu bewegen, wuchtige Rammattacken und gewichtige Stampfattacken durchzuführen und sich auf unzählige verrückte Weisen deformieren zu lassen. Doch der Weg dahin ist ungewöhnlich beschwerlich und Wario Land 3 wirkt immer wieder zu technisch und zu sperrig, um in die großen Fußstapfen seines Vorgängers zu treten. Immerhin, in Sachen Präsentation muss sich Wario Land 3 definitiv nicht verstecken, sondern gehört zu den ansehnlichsten Spielen auf dem Game Boy Color.
Wario Land 3 ist ein ausgefallenes Spiel, das sich aber in der Mischung seiner Spielelemente ein wenig verrennt. Das soll keineswegs heißen, dass Wario Land 3 ein schlechtes Spiel wäre, Genre-Freunde und Wario-Fans können nachwievor bedenkenlos zugreifen, aber ein uneingeschränkter Pflichttitel wie noch der direkte Vorgänger ist Wario Land 3 nicht. Nichtsdestotrotz ist es löblich, dass die Entwickler weiter mit der Formel experimentiert haben und Wario Land 3, auch wenn das Experiment kein voller Erfolg war, eine eigene, starke Identität verliehen haben.
Getestet auf Game Boy Color.