Baldur’s Gate 3 (Review)

Im RPG-Bereich bin ich eher in der japanischen Ausrichtung unterwegs, westliche Rollenspiele kommen dabei wenig an die Reihe. Spiele, die auf Tabletop-RPG-Mechaniken basieren und daraus keinen Hehl machen, quasi gar nicht. Baldur’s Gate 3 der Larian Studios habe ich mir nun aber auf der Xbox Series S angeschaut. Besteht diese Version, übrigens ohne lokalen Mehrspielermodus, den Würfelcheck?

Parasitenbefall

Zu Beginn von Baldur’s Gate 3 findet sich mein selbsterstellter Charakter an Bord eines fliegenden, biologischen Schiffes wieder. Dort wird ihm ein Parasit durch das Auge eingesetzt, der Auswirkungen auf das Gehirn haben soll. Mehr noch, schließlich endet man eigentlich als einer der tentakelgesichtigen Mindflayer, denen das Schiff gehört. Eigentlich. Aber man behält die Kontrolle über sich und trifft andere, bei denen das ebenso ist. Natürlich habe ich erfolgreich Zusammenarbeit angeregt. Auf festem Grund angekommen, versucht man eine Heilung zu finden. Auch trifft man noch mehr Befallene, die sich der Gruppe anschließen können.

Da möchte man gleich näher ran.

Natürlich gestaltet sich die Suche nicht besonders einfach und man bekommt es mit allerlei Gruppen und Verwicklungen zu tun. Ausserdem haben die Gruppenmitglieder auch eigene Questreihen, die man verfolgen kann. Questverläufe und Geschichte lassen sich durch Entscheidungen und Würfelglück beeinflussen. Letzterem kann man per neu laden auf die Sprünge helfen, denn in Baldur’s Gate 3 steht dabei kein Spielleiter im Weg. Die Ladezeiten von über 30 Sekunden auf der Xbox Series S dagegen können dabei abschreckend wirken.

Nicht offen, aber dennoch weitläufig

Die Welt in Baldur’s Gate 3 ist in mehrere große Gebiete aufgeteilt, die durch Ladezeiten getrennt sind. Das trifft auch auf manche größeren Gebäude und natürlich Höhlen zu. Erkundungsfreudige können viel Zeit verbringen. Wer der Story folgen will, bekommt in der Regel durch Questmarker Orientierung geboten.

Spooky.

Bei manchen Quests oder Questschritten gibt es teils keinen Marker, was hinderlich sein kann. So habe ich zum Beispiel eine Nebenquest nicht abgeschlossen, weil ich nicht wusste, wofür ein Schlüssel sein solle. Auch von den Leuten nahe des Fundorts bekam ich keinen brauchbaren Hinweis. Noch nicht angenommene Quests werden übrigens nicht angezeigt, und ich wollte nicht einfach jeden in der Welt ansprechen.

Spielen mit Klasse

Bei der Charaktererstellung habe ich eine gute Stunde gebraucht. Weniger wegen des Aussehens, für das man einige Optionen hat, wenn auch zum Beispiel nicht für Feinheiten des Gesichts. Aber es gibt einige Klassen, und ohne Vorkenntnisse der Reihe habe ich mir erstmal alle angesehen. Schließlich wurde es ein Schurke, wodurch ich auch besser Schlösser knacken und Leute überreden oder täuschen konnte. Wer keinen eigenen Charakter erstellen möchte, kann auch unter den möglichen Gruppenmitgliedern, die man sonst früh trifft, einen Hauptcharakter wählen. Oder einen laut Beschreibung mordlustigen Charakter, den man anpassen kann. Der hätte vielleicht mehr Charakter und Hintergrund gehabt, als mein selbsterstellter Schurke. Der in Gesprächen und Hilfsbereitschaft wenig Schurke war, aber gern Schlösser knackte.

Ich könnte nicht so viel tragen.

Man kann als Vierergruppe unterwegs sein, die anderen warten im Camp. Dort kann man die Gruppe anpassen, wofür man erst umständlich aktive Leute ansprechen muss, sie sollen bitte im Camp warten. Dieses ist zwar optisch an die aktuelle Gegend angelehnt, aber ein getrennter Ort. Außerdem kann man sich im Camp auch heilen, vollständige Heilung braucht Ressourcen.

Taktische, rundenbasierte Kämpfe

Wenn ein Kampf beginnt, wechselt das Spiel in einen rundenbasierten Modus. Die Reihenfolge der Charaktere und Gegner wird festgelegt. Charaktere haben pro Runde standardmässig eine Aktion und eine Bonusaktion, ausserdem können sie sich bewegen. Man kann natürlich mit Waffen in Nah- und Fernkampf angreifen und sich eine gewisse Strecke bewegen, Hindernisse können dabei behindern. Items können eingesetzt werden.

Manche wollen die Welt einfach brennen sehen.

Es gibt auch Spezialfertigkeiten und Zauber. Manche Zauber haben anhaltende Effekte, diese können aber gestoppt werden, wenn der Anwender getroffen wird. Für manche Spezialfertigkeiten benötigt man klassenabhängige Ressourcen, für Zauber braucht man Spell Slots. Durch Ausruhen ausserhalb des Kampfes kann man diese wieder auffüllen, aber in manchen Gegenden kann man das Camp nicht betreten.

Das Kampfsystem kann etwas Eingewöhnung benötigen mit den Klassen, Fertigkeiten und Zaubern. Buffs und Debuffs. Zumal manches auch die Gegend beeinflussen kann. Zum Beispiel können Eiszauber Eisflächen verursachen. Diese können tauen. Das Wasser kann unter Strom gesetzt werden. Auch brennbares gibt es.

Leider habe ich etwas nach der Hälfte auf dem mittleren Schwierigkeitsgrad Probleme bekommen. Gegner wurden zahlreicher und gefährlicher. Und auch wenn die HP der Charaktere beim Aufleveln steigen, kommen Heilfertigkeiten und -items zum großen Teil nicht nach. Wenn man 10 HP hat, sind 4-7 HP Heilung in Ordnung. Wenn man 50 oder mehr hat, sind auch grob 7-15 wenig wert. Und Spell Slots begrenzen die Häufigkeit des Einsatzes.

Gandalf der Rote?

Ich habe den Schwierigkeitsgrad also gesenkt und dadurch etwa doppelte HP erhalten. Ob Gegner schlechter werden, habe ich nicht gemerkt. Damit ging es wieder besser, aber manche Kämpfe später haben mich fragend zurückgelassen, wie ich sie auf dem mittleren Schwierigkeitsgrad hätte schaffen sollen. Auch mit etwa doppelten HP wurden Leute besiegt. Einen optionalen Boss habe ich auch nur geschafft, weil er sich seltsamerweise sehr gut umwerfen ließ und dann nicht handeln konnte.

Somit war nach dutzenden Stunden, in der zweiten Spielhälfte, der Spaß aus den Kämpfen gesaugt worden wie Blut von einem durstigen Vampir. Zumal Kämpfe in der Regel auch auf niedrigstem Schwierigkeitsgrad einige Minuten dauern.

Fazit

Baldur’s Gate 3 hat mich eine Zeit lang unterhalten. Ich habe gerne erkundet, Quests und Geschichte passen auch. Von den Gruppenmitgliedern hätte ich tendenziell lieber noch mehr gesehen, und die Begrenzung auf vier aktive Mitglieder trägt dazu bei.

Du wurdest schon ein paar mal besiegt…

Aber ab der Mitte hatte ich den Eindruck, dass etwas in den Kämpfen nicht mehr für mich passt. Sie waren mir zu langsam und schwer. Nach Senken des Schwierigkeitsgrades blieb davon meist nur die Langsamkeit. Quälende Langsamkeit in den verbliebenen dutzenden Stunden. Interessanterweise erreichte ich auch das Maximallevel. Das hieß natürlich auch, dass Aufleveln keine Möglichkeit mehr war, Kämpfe zu vereinfachen. Und die meiste Ausrüstung war auch nicht besser.

Ich hatte schließlich nicht mal alle Quests der Gruppenmitglieder erledigt, zumal das Maximallevel Erfahrungspunkte wertlos werden ließ. Laut Spielstand nach über 70 Stunden lief schließlich der Abspann. Die Xbox Series S zeigte derweil fast 90 an.

Nachdem der anfängliche Eindruck noch positiv war, haben es mir die Kämpfe im Spielverlauf leider vermiest. Auch fehlendes Würfelglück in Gesprächen war in Verbindung mit den Ladezeiten nicht hilfreich, wenn ich dadurch Kämpfe vermeiden wollte. Auch wenn Erkundung und die zahlreichen Möglichkeiten positiv sind, wurden die Kämpfe für mich leider zu einem schwer zu ignorierenden Spielspasshemmer, der einen bedeutenden Teil des Spiels ausmachte. Kleinere Bugs und Abstürze fielen da im Vergleich kaum ins Gewicht.

Wer ist ein guter Junge?

Insgesamt kann ich nicht guten Gewissens dem positiven Tenor folgen, weshalb die Wertung weniger positiv ausfällt.

Vielen Dank an Larian Studios für die Bereitstellung des Testmusters. Getestet auf Xbox Series S.