
Mario ist ein äußerst vielseitiger Charakter, von Jump & Run über Sport- und Rennspiel bis hin zum Lightgun-Shooter hat er bereits nahezu jedes erdenkliche Genre erkundet. Besonders aktiv gibt sich Mario allerdings im Rollenspielgenre, wo er mittlerweile mit vier verschiedenen Ansätzen sein Unwesen getrieben hat. Mit Mario + Rabbids ist Marios neueste Rollenspielauslegung Ende vergangenen Jahres in die zweite Runde gegangen.
Wenngleich Mario + Rabbids: Kingdom Battle ein großer Erfolg sowohl bei den Kritikern als auch an der Ladenkasse war, hat sich Ubisoft entschieden, mit dem Sequel, Mario + Rabbids: Sparks of Hope das Spielkonzept noch einmal neu zu denken und alle Designentscheidungen des Erstlings noch einmal auf den Prüfungstand zu stellen. Die grundlegende Mischung aus Erkundung, Rätsel und strategischen Kämpfen blieb erhalten, doch die konkrete Ausgestaltung wurde grundlegend überarbeitet.

Die dunkle Misera hat unzählige Sparks – das sind Mischwesen aus Rabbids und den aus Super Mario Galaxy bekannten Luma – entführt und korrumpiert und obendrein Rosalina entführt. Nun droht Misera, die ganze Galaxie unter ihr Joch zu bringen und so ist es an Mario und seinen Freunden – ob aus dem Pilzkönigreich oder mit Löffeln – Misera in ihre Schranken zu weisen. Dafür reisen die Freunde über insgesamt fünf Planeten und müssen dort jeweils zwei Dunkelkristalle reinigen, um schließlich Misera gegenübertreten zu können.
Diese Dunkelkrisstalle markieren die zwei Hauptziele, die ein jeder Planet zu bieten hat. In vielen Fällen ist die Reihenfolge, in der man die beiden Kristalle erhält, vorgeschrieben, in manchen Fällen kann man beim ersten Betreten des Planeten aber frei aus den beiden Hauptmissionen wählen – und auch nach dem Erreichen von Teilzielen sich erst einmal der anderen Aufgabe widmen. Neben den Hauptmissionen gibt es zudem eine bemerkenswerte Zahl an Nebenmissionen je Planet, die allerdings einem festen Schema folgen und in dieser Kombination in meinen Augen zum Ende hin etwas ermüdend wurden. Nichtsdestotrotz haben die Nebenmissionen mich hinreichend motiviert, dass ich nahezu jede erledigt habe. Leider hat das Spiel aber in dem Auslieferungszustand einige Bugs, die den Zugang zu einzelnen Nebenmissionen blockieren können.

Die Erkundung der Planeten erfolgt in Sparks of Hope wesentlich freier als in Kingdom Battle, so kann man recht weitläufige offene Gebiete recht frei erkunden, oder sich anhand einer Karte, die auf Grund der eingeschränkten Bewegungsfreiheit aber auch nur einen ungefähren Anhaltspunkt liefert, zu den Missionen vorarbeiten. Neben zahlreichen Nebenmissionen, die im Grunde einfache Kämpfe sind, gibt es auf jedem Planeten mehrere farbige Münzchallenges, eine Fetch-Quest-Reihe und einen Rätselraum, der optisch ein wenig an Captain Toad erinnert.
Doch auch abseits der Nebenmissionen ist die Oberwelt mehr als bloße Kulisse. Auf dem Weg zu den Hauptzielen des Spiels muss man zahlreiche Rätsel – insbesondere Schieberätsel – lösen und versteckte Geheimgänge offenlegen. Der spielerische Schwerpunkt liegt allerdings natürlich auf den Kämpfen, die es in drei Varianten gibt: Storykämpfe, Sidequestkämpfe und Kämpfe gegen einfache, in der Spielwelt herumstromernde Gegner. Technisch gesehen ist es durch letztere durchaus möglich, zu grinden, um seine Charaktere vorzeitig aufzuleveln, das ist allerdings tatsächlich eher eine hypothetische Möglichkeit. Einerseits werden für die Kämpfe gegen einfache Gegner nur sehr geringe Mengen an Erfahrungpunkten vergeben, andererseits erreicht man meiner Erfahrung nach ohnehin zum Ende des Spiels den Levelcap. Da das Spiel zudem immer alle Charaktere, auch die nicht eingesetzten, gleichmäßig mit Erfahrungspunkten versorgt, behalten die Designer halbwegs zuverlässig die Kontrolle darüber, wie stark die Charaktere zu jedem Zeitpunkt in der Story sind. Bei den Nebenaufgaben kann man sich allerdings einfach einen Vorteil verschaffen, indem man sie verschiebt, bis man den nachfolgenden Planeten erreicht hat.

Mit insgesamt neun Charakteren, die an im Verlauf des Spiels freischaltet und die sich in ihren Grundfähigkeiten massiv unterscheiden, aus denen man für jeden Kampf drei auswählen muss, erlaubt Mario + Rabbids: Sparks of Hope eine große Freiheit in der Wahl der Gestaltung seines Teams. Die verschiedenen Waffen aus dem Vorgängerspiel gehören jetzt allerdings der Vergangenheit an; die Waffen lassen sich ausschließlich optisch über Skins variieren. Dafür gibt es allerdings das neu eingeführte flexible Spark-System und den Fähigkeitenbaum der einzelnen Charaktere – der zwar nicht komplett ausgeschöpft, dafür aber nach Belieben jederzeit umgeskillt werden kann.
Die Sparks kommen jeweils mit zwei Effekten daher, einer passiven Fähigkeit, die beispielsweise zu Folge hat, dass die Verteidigung gestärkt wird oder man gegenüber einem Elementangriff resistent wird, sowie einer aktiven Fähigkeit. Diese kann beispielsweise ein elementarer Angriff, das Beschwören eines computergesteuerten Helfers oder ein Schutzeffekt sein. Jeder Charakter kann zwei Sparks mit sich führen, die jederzeit frei ausgetauscht werden können. Sparks können zudem mithilfe von Sternteilen, die man für jeden besiegten Gegner oder gewonnen Kampf erhält, bis auf Level 5 aufgewertet werden. Im Gegensatz zu den Fähigkeitenbäumen der Charaktere kann man seine Spark-Verteilung aber nicht im Nachgang ändern. Auch hier ist das Spiel aber recht spendabel und zum Ende des Spiels habe ich alle 30 Sparks, die man im Spiel finden kann, auf das Maximallevel aufgelevelt.

Obwohl die Sparks ein Stück der Individualität der Charktere ausgleichen kann, sind die Charaktere tatsächlich äußerst stark differenziert. Nur Rabbid Peach kann heilen, Peach kann einen Schutzschirm um die Mitstreiter aufbauen, Luigi kann als Scharfschütze aus weiter Distanz angreifen – und nur so viel Schaden verursachen – wohingegen Rabbid Mario im Nahkampf brilliert und Bowser großflächigen Schaden hervorruft. Mein Favorit war Rebella, die besonders viele Nahkampf-Aktionen erlaubt und im Zusammenspiel mit Elementar-Sparks eine Menge sehr frei verteilbaren Schadens hervorrufen kann – dafür aber mit Höhenunterschieden gar nicht zurechtkommt.
Das Design der Kämpfe ist in großen Teilen sehr durchdacht, was man gerade in Anbetracht der Kompatibilität mit einer Vielzahl von Charakter-Kombinationen erkennen kann. Zwar ist der Schwierigkeitsgrad insgesamt nicht sonderlich hoch, doch gibt es eine ganze Menge durchaus anspruchsvoller Kämpfe, bei denen es sich lohnt, mit verschiedenen Charakter-Konstellationen zu experimentieren. Gerade hinsichtlich der Freiheitsgrade der Sparks und Fähigkeitenbäume wäre es aber erfreulich gewesen, wenn man hier Konfigurationen hätte abspeichern können.

Das eigentliche Kampfsystem wurde vor allem hinsichtlich der Bewegung verändert. Anders als im Vorgänger bewegt man sich nicht mehr auf einem Gitter, sondern kann sich frei in dem Bewegungsradius bewegen. Hierbei ist besonders interessant, dass man verschiedene Nahkampfangriffe – einen Slide oder im Falle Marios auch einen Kopfsprung – vor seinen eigentlichen Kernagriff setzen kann. Aus den Optionen Primärangriff, Sekundärangriff, Spark-Fähigkeit 1 und 2, sowie Items kann man in jeder Spielrunde je Charakter zwei auswählen, wobei der Primärangriff als einziger die Charakterposition im Anschluss festschreibt.
Die Auflösung des Bewegungsgitters ist allerdings nur teilweise erfolgt, denn nach Abschluss einer Runde nimmt jeder Charakter eine Position im Raster ein, die genau einem Feld im klassischen Bewegungsgitter entspricht. In der Hinsicht ist gelegentlich etwas ärgerlich, dass man keine genaue Kontrolle über die Raster-Positionierung hat. Probleme in dieser Hinsicht ergeben sich aber nahezu ausschließlich aus kleineren Bugs, die vor allem im Zusammenhang mit dem Spawnen neuer gegnerischer Kämpfer auftreten.

Apropos Bugs: Leider hat Mario + Rabbids: Sparks of Hope eine für ein Mario-Spiel ungewöhnlich hohe Bugdichte. Neben dem bereits angesprochenen Bug, der es mir unmöglich gemacht hat, alle Sidequests zu erledigen, gibt es zahlreiche kleinere Fehler, die aber in der Summe doch die Spielerfahrung etwas einschränken können. Am ungünstigsten ist dabei ein Fehler in der Pfadberechnung für Hilfsfiguren, so dass es vorkommen kann, dass eine Hilfsfigur bei der Auswahl ihrer Bewegung verharrt und man den Kampf manuell abbrechen und neu starten muss. Gerade in schwierigeren oder umfangreicheren Kämpfen kann das ein massives Ärgernis sein.
Die Kämpfe in Mario + Rabbids: Sparks of Hope machen trotz der angesprochenen Probleme meistens eine Menge Spaß, einzig einige allzu lange Karten, die ihre Ideen deutlich überstrapazieren und die – selbst wenn man den schnellen Ablauf wählt – ermüdend langen gegnerischen Züge können hier aufs Gemüt schlagen. Nichtsdestotrotz kann das Kampfsystem das Spiel fraglos über die Spielzeit tragen und mit einigen optionalen, anspruchsvollen Kämpfen auch voll ausreizen. Wer hingegen wenig Übung in SRPGs hat, dem steht ein niedrigerer Schwierigkeitsgrad zur Verfügung. Interessant ist in der Hinsicht auch, dass das Spiel es erlaubt, nicht nur zwischen niedrigem und hohem Schwierigkeitsgrad zu wählen, sondern stärker im Detail einzelne Punkte des Schwierigkeitsgrades einzustellen.

Mario + Rabbids: Sparks of Hope hat einige Schritte nach vorn, aber auch zurück gemacht und bietet ein weiteres Mal ein sehr spaßiges SRPG, das aber nach hinten raus einige Schwächen offenbart. Die exzessiv vielen Nebenmissionen können leicht ermüden, aber die Storymissionen haben ein gutes Pacing und sind wohl durchdacht. Wer SRPGs im Allgemeinen oder den Vorgänger im Speziellen mag, sollte Sparks of Hope auf jeden Fall eine Chance geben. Aber auch Neueinstiger können hier auf Grund einfach verständlicher Spielsysteme und frei einstellbaren Schwierigkeitsgrades einen guten Einstieg ins Genre finden.

Getestet auf Nintendo Switch.