EA Sports WRC (Review)

Artwork zu EA Sports WRC

22 Jahre ist es mittlerweile her, dass mit World Rally Championship der erste Teil eines langen Rennspiel-Franchises auf den Markt kam. Sechzehn Ableger später wagt das Franchise jetzt in vielerlei Hinsicht mit EA Sports WRC einen Neustart. Somit legt bereits das fünfte Entwicklungsstudio unter der Obhut des vierten Publishers Hand an die Rally-Rennserie. Bewegter kann eine Franchise-Historie kaum sein. Dieser Tage ist nun alles neu und frisch und Electronic Arts hat das Ruder übernommen. Doch den Wechsel auf allen Ebenen zum vergangenen Jahr merkt man leider auf allen Ebenen.

Vollgas mit EA Sports WRC!

Federführung übernahm in diesem Jahr erstmals Codemasters, die für Electronic Arts bereits in den vergangenen Jahren mit der F1-Reihe beachtliche Erfolge gefeiert haben. Bis 2020 entwickelte das Studio noch die hauseigene Dirt-Reihe, die damals noch in Konkurrenz zu WRC stand. Wie sich die Zeiten doch ändern können. Für Codemasters bricht nun mit EA Sports WRC wahrlich eine neue Ära an, wechselt das Studio doch zudem von der eigenentwickelten Ego-Engine auf Unreal Engine 4.

Aller Historie zum Trotz bleibt zumindest eine Sache bei EA Sports WRC beständig: das Lizenzpaket. Drei unterschiedliche Rennserien der World Rally Championship haben ihren Weg in das Spiel geschafft und spiegeln die gegenwärtigen Saisonzeiten wider. Neben den Fahrern sind auch zehn Fahrzeuge aus diesen Serien sowie 68 weitere aus der Vergangenheit im Spiel lizenziert. Die knapp über 200 unterschiedlichen Streckenkurse verteilen sich auf achtzehn Regionen. Rally-Freunden dürfte in diesem Punkt sicherlich das Herz aufgehen.

Wer eine engere Bindung zu seinem Auto haben will, der kann sowohl für Karriere- als auch sonstige Modi sein eigenes Fahrzeug zusammenstellen. Im Car Builder puzzlen wir uns ein Auto aus bestehenden optischen und performance-bedingten Teilen zusammen. Ich mag diese Option sehr gerne, auch wenn die Autoteile eher den regulären Designs entsprechen. Extravaganza ist mehr ein Fall für die Lackierung. 

Entscheidend ist auf dem Matsch…oder Asphalt…oder Schnee

Bei solchen Simulationen ist es immer wieder schwierig, den Stand des jeweiligen Spieles in Kontrast zu setzen. Gerade wenn man nicht so heimisch im Franchise drin ist, wie ich beispielsweise bei EA Sports FC 24. Daher liegen meine Vergleichspunkte oftmals etwas verstreuter und es wirkt auf mich, als würde sich EA Sports WRC nur schwer von zahlreichen ähnlichen Spielen abheben. Ich mag beispielsweise die ersten Dirt-Ableger sehr gerne und WRC kommt nah an das Spielgefühl heran. Die Strecken sind eng und verwinkelt, die Bodenhaftung der Fahrzeuge auf den insgesamt drei Untergründen (siehe Überschrift) wirkt realistisch. 

Screenshot aus EA Sports WRC

Fahren macht auf alle Fälle Freude, auch wenn es sicherlich für Rennspiel-Fans ein wenig schade ist, dass beim Rally alleine fahren im Grunde Natur der Sache ist. Mir machen persönlich Offroad-Racer wie Motorstorm oder Forza Horizon ein wenig mehr Spaß, aber das ist eine eindeutige Typsache. EA Sports WRC fühlt sich – vor allem aus der Cockpit-Perspektive – richtig gut an und ist der Natur des Rennsports wegen auch mitunter recht anspruchsvoll. Ich persönlich mag es, wenn Haarnadelkurven oder Kuppen mir schnelle Reaktionen und cleveres Geschwindigkeitsmanagement abverlangen und in der Hinsicht kann EA Sports WRC auf alle Fälle punkten. 

Die zahlreichen Strecken können erstmals im Franchise, der Power der Unreal Engine sei Dank, eine Länge von knapp 30 Kilometern besitzen. Unter Ego war gerade einmal die Hälfte möglich, was sicherlich mit die Entscheidung zum Wechsel beeinflusst hat. Leider wirken die Strecken allerdings relativ leblos. Viele Ecken, Kurven und Segmente gleichen sich zu stark, wodurch die Rennen gerade auf Dauer etwas monoton werden. Auch abseits der Strecke macht das Spiel keine so lebhafte Figur, da wirken zahlreiche andere Genrevertreter weitaus “aktiver”. Dazu passt auch, dass EA Sports WRC grafisch hinter diesen zurücksteckt und – obwohl es ein Current-Gen-only Titel ist – noch aus der letzten Konsolengeneration wirkt.

Monotonie abseits der Fahrerei

Dies betrifft in erster Linie die Optik von Modellen und Texturen, wobei sich gerade zwischen Schnee und regulären Offroad lediglich die Farbpaletten zu unterscheiden scheinen. Aber auch Licht- und Wettereffekte. Schatten unserer Scheinwerfer wirken in der Nacht stellenweise sehr unnatürlich. Und Regen sah bereits zu Beginner PS4-Ära viel besser auf der Windschutzscheibe aus. Dass sich unser Fahrzeug oftmals auch komplett sauber aus der Affäre zieht, passt da ins Bild.

Screenshot aus EA Sports WRC
Schaffe, schaffe, Auto baue!

Ärgerlicher sind allerdings die zahlreichen Performance-Schwächen. Immer wieder gibt es auf den Strecken kleinere oder größere Ruckler. Sie stören das Spiel kaum, aber machen den optischen Eindruck enorm unrund. Ich hoffe, diese sind kein größeres Problem, kann aber nicht garantieren, dass diese nicht auch Einfluss auf das Gameplay nehmen können. Gerade Online in den Rennen gegen bis zu 31 Gegner könnte dies sehr ärgerlich werden.

Dieser nicht ganz fertige Eindruck bestätigt sich auch in der gesamten Menüführung und Präsentation von EA Sports WRC. Wir brauchen nicht einmal weit weg zu schielen, um in der EA Sports-Familie andere Beispiele zu finden. FC 24 mag zwar mit Cutscenes und Stadionatmosphäre mal Hit oder Miss sein, aber alles ist besser als eine simple Einblendung “Hurra!” – übertrieben gesprochen.

Diese Monotonie ist vor allem in der Karriere auffällig. Das Hauptmenü des Modus besteht aus wenigen Kacheln vor einem leeren Büro, manchmal spricht ein Manager aus dem Off mit uns. Auch ein Menü wie bei FC 24 ist nicht zwingend Gewinner eines Schönheitswettbewerbs, allerdings finden sich hier in wenigen Bewegungen schnell die gewünschten Optionen. Auch farblich sieht alles besser aus als ein leeres Büro!

Karriere für angehende Rally-Champions

Der Karrieremodus gefällt mir allerdings spielerisch sehr gut. Unsere Aufgabe ist es, einen Rennstall aus der Pike heraus aufzubauen und die Förderer zufriedenzustellen. Wir haben gewisse Budgets für Fahrzeuge, um diese zu kaufen, reparieren oder selber zu bauen, sowie für das Team, das uns unterstützt. Diese Form des Managements gefällt mir in Sportsimulationen sehr.

Der besondere Clou der Karriere: Jede weitreichende Entscheidung kostet uns eine Woche Vorbereitungszeit. Der Eventkalender ist das Epizentrum unseres Schaffens, denn hier bekommen wir eine Übersicht darüber, welche Rennen anstehen oder ob wir in Verhandlungen mit Mechanikern einsteigen wollen. Im Zweifel müssen wir hier Entscheidungen treffen, falls Budget oder das Wohlwollen unserer Sponsoren davon abhängen. Wäre nur schön, wenn dieses Kalendermenü nicht als überwältigende Karteikarten, sondern übersichtlicher gestaltet wäre.

EA Sports WRC ist prinzipiell ein solider Neustart des langjährigen Franchise unter neuem Studio und auf neuer Engine. Die Rennen fühlen sich gut an und die Komplexität einer Simulation ist auf alle Fälle gegeben, sodass Veteranen Spaß haben werden. Neueinsteiger werden zwar nicht komplett abgeholt, dürften sich aber zumindest aufgrund der Rally-Schule angesprochen fühlen. Leider wirkt es allerdings, als hätte Codemasters – obwohl selbst Teil davon – die letzten Jahre Rally-Videospiele verschlafen. Technisch ist EA Sports WRC zuweilen sehr unsauber und die Performance bricht mehr oder weniger zuverlässig ein. Oberflächlich sehen die Strecken okay aus, doch gerade im Detail fehlt die Lebendigkeit oder der Realismus. Konkurrenz-Spiele der letzten Konsolengeneration sehen in Wettereffekten sowie Cockpit-Ansichten stellenweise weit besser aus. Nichtsdestotrotz hat Codemasters eine solide Basis geschaffen für die Zukunft des Franchise. Und mit ein wenig mehr Feintuning wird vielleicht schon nächstes Jahr ein Nachfolger auf die Reifen gestellt, der mich wirklich umhauen kann.

Staub auf Xbox Series X aufgewirbelt. Ein herzlicher Dank geht an Electronic Arts für die Bereitstellung eines Mustercodes.