
Lizenzspiele haben seit jeher einen ziemlich schlechten Ruf, obwohl im Grunde jedem Der Herr der Ringe: Gollum ein Marvel’s Spider-Man 2 entgegensteht. Der Ruf resultiert vor allem von jenen Spielen, die pünktlich zum Release des Konterparts erscheinen mussten. Wenig Zeit, keine Vision, noch weniger Budget – schlechte Zutaten für ein gutes Videospiel. Darum durften wir bei Hellboy: Web of Wyrd ein wenig Hoffnung haben, denn der letzte Film ist bereits vier Jahre her. Und die Comics sind zwar beliebt, aber gehen sicherlich nicht wie geschnittenes Brot über die Ladentheke. Und Videospiele? Es gab bisher erst zwei. Doch wirklich Aufmerksamkeit wird auch dieser dritte Titel nicht bekommen können, obwohl viele Zutaten für ein ansehnliches Spiel vorhanden wären.
Hellboy: Web of Wyrd ist wie ein Comic von Mike Mignola
Meine Aufmerksamkeit hat Web of Wyrd vor allem durch seinen visuellen Stil geweckt. Ich bin kein großer Freund der Comics, aber der Artstyle dieser ist markant und roh, so wie es auch die Figur des Hellboy selbst ist. Das Spiel macht – anders als die bisherigen Lizenztitel – in der Hinsicht alles richtig, indem es den Stil für sich übernimmt und in 3D überträgt. Dogs of the Night und Science of Evil sahen okay aus, fielen stilistisch aber auch kaum gegenüber anderen Spielen dieser Zeit auf.
Allerdings hatte ich zu Beginn leider meine Probleme, da die Framerate von Hellboys Figur selbst bei Bewegung niedriger ist, als vom Rest der Umgebung und des Interface. Eine stilistische Entscheidung, die ich in der Form leider gar nicht mochte.

Dennoch hilft dies alles ganz sicherlich, um den Flair der Comics einzufangen. Und auch narrativ ist Web of Wyrd nah am Stil der Vorlage – kein Wunder, hat doch Comic-Schöpfer Mike Mignola selbst Hand an die Story des Spiels gelegt. An einigen Orten der Welt treten verstärkt übernatürliche Ereignisse auf. Alles deutet darauf hin, dass der Ursprung mit einer verwunschenen und verlassenen Villa zusammenhängt. Hellboy und sein Team (leider nicht Abe Sapien!) machen sich daher auf den Weg und entdecken Zugänge in eine andere Dimensionsebene. Dieses Wyrd, das normalerweise unter der Kontrolle der drei Schicksalsschwestern steht, ist dem Chaos anheimgefallen.
Wuchtige Kloppereien
Unsere Aufgabe als roter Teufelsdämon ist es daher, den Wyrd zu erkunden und hinter den chaotischen Vorhang dieser mystischen Welt zu blicken. Denn nur dann können wir die Welt der Menschen vor Übernatürlichen bewahren. Klassischer Comicstuff eben. Spielerisch hingegen ist Web of Wyrd nicht allzu klassisch, sondern setzt sich aus diversen Elementen von 3rd-Person-Character-Actionspielen sowie der Roguelite-Formel zusammen. Diese passen allerdings meiner Ansicht nach mal mehr, mal weniger zusammen.
Das Leveldesign von Web of Wyrd ist wie so häufig in diesen beiden Genres eine Ansammlung von Arenen für offene Gefechte sowie Kammern mit einzelnen Belohnungen. Als Hellboy laufen wir durch das Geflecht dieser Räume, um dem Boss des Levels ein Stückchen näher zu kommen. Vereinzelte Fallen zwischen den Räumen, die sich sehr leicht erkennen und umgehen lassen, stellen keine echte Herausforderung für uns dar. Prinzipiell sind diese sehr spaßig, weil unsere Schläge von toller Akustik und visuellen Highlights geframed werden und sich so sehr wuchtig anfühlen.
Gewisse Schlagkombinationen sowie ein Blocken variieren je nach Gegner das Geschehen, ausrüstbare Reliquien sowie Schusswaffen ergänzen das Repertoire. Web of Wyrd bietet hier nicht viel Innovation, kann aber oberflächlich gut unterhalten. Problematischer ist hingegen, dass nicht jede Eingabe von mir direkt erkannt und der Situation entsprechend umgesetzt wurde. Und ich habe ungern das Gefühl, dass ein Spiel nicht das macht, was ich von ihm verlange – gerade wenn es um Kampfsysteme geht. Da dies aber durchaus auch ein Problem auf meiner Seite sein kann, fällt dies nicht allzu schwer ins Gewicht.
Ein Roguelite in sehr light
Gewichtiger (ha ha) stellen sich hingegen andere Dilemmas dar. Gegnerdesign beispielsweise ist sehr monoton, deren Angriffsmuster variieren kaum und eine echte Gefahr stellen sie nur da, wenn sie wirklich viel aushalten. Gerade in der ersten Hälfte des Spiels reicht es, wenn wir sehr aggressiv zu Werke gehen.

Gleichzeitig laufen die normalen Kämpfe stets gleich ab: Die Arena ist geflutet mit einigen kleinen Feinden sowie größeren “Bossen” der Arena. Lediglich auf diese kommt es an: Fallen diese, verpuffen auch die kleinen Feinde. Fokussieren wir uns von Beginn an auf diese großen Gegner, fallen die kleineren lediglich als Kollateralschaden zum Opfer, da diese kaum selber angreifen. Sollte hingegen mal einer der kleinen Gegner ausgeschaltet werden, erhalten wir jeweils wieder ein Stück unserer Widerstandskraft zurück. Diese füllt sich normalerweise von selbst und ist im Grunde eine Art Lebensbalken oberhalb des eigentlichen Lebens.
Auf diese Weise bekommen die Schlägereien innerhalb der Level eher zu Ausdauerübungen, wirklich anspruchsvoll wird es nicht. Erst die Levelbosse verlangen uns ein wenig mehr ab und der Einsatz aller zur Verfügung stehenden Mittel ist ratsam. Ein Roguelite, in dem es schwer wird zu sterben, ist auch eher selten.
Die verwunschene Villa
Dieser Umstand wird auch nicht verbessert durch die zahlreichen Boni, die wir während eines Durchgangs aufsammeln können. Die Schicksalsschwestern geben uns Verbesserungen für Hellboys Befinden, später erworbene Artefakte verändern unsere drei Angriffsarten mit unterschiedlichen Zusatzfähigkeiten. Zudem können wir zwei Währungen in den Leveln aufsammeln. Eine gilt nur während eines Durchganges, die andere können wir zurück in der Villa nutzen, um langfristige Verbesserungen und Ausrüstung zu kaufen.
Nach Tod oder (in der Regel) nach erfolgreichem Abschluss eines Levels kehren wir unbeschadet in die Villa zurück. Dieses dient uns als Hub-Areal und unser Team hat sich dort eingerichtet, um unsere Expeditionen in den Wyrd zu unterstützen. Ein Teammitglied sammelt beispielsweise Lore, die wir in den Leveln finden können, ein anderes kümmert sich um das Waffenarsenal. Hier werden in der Regel auch zahlreiche Dialoge getriggert, welche die Narrative bereichern sollen. Wirklich interessant wird es allerdings eher selten, Oberflächlichkeit steht an erster Stelle.
Viel hängt in Web of Wyrd vom Schwierigkeitsgrad ab
Anders als beispielsweise Roguelites wie Hades müssen allerdings die Level nicht am Stück geschafft werden, sondern stehen komplett für sich. Das hat allerdings ebenfalls eine leichtere Schwierigkeitshürde zur Folge, da Hellboy stets in seinen Verbesserungen auf Null gesetzt wird. Je mehr Ausrüstung wir allerdings in der Villa freischalten können, desto einfacher wird Web of Wyrd. Das Spiel kommt in seiner eigenen Herausforderungskurve den Möglichkeiten nicht hinterher und ist somit ein eher untypisches Roguelite.

Und so schiebt sich Hellboy: Web of Wyrd meiner Ansicht nach in ein solides, aber auch nicht wirklich besonderes Mittelfeld der zahlreichen Lizenzspiele. Visuell überzeugt es weitestgehend und das Kampfsystem ist auch solide. Es stellt sich allerdings schnell Monotonie ein, da das Gegnerdesign sehr eindimensional wirkt und die eigenen Angriffe sehr deutlich telegrafiert. Wir schalten zudem zu schnell neue Verbesserungen frei und sind somit oftmals viel zu deutlich den normalen Gegnern überlegen, wenn wir ein neues Level betreten. Web of Wyrd ist auf diese Weise oberflächlich sicherlich ein Roguelite, kann aber nicht ganz mit anderen Genrevertretern mithalten. Die Lizenz und das Visuelle stellen die einzigen Alleinstellungsmerkmale dar.
Die mystischen Sphären auf Xbox Series X ausgekundschaftet. Ein herzlicher Dank geht Upstream Arcade und Good Sheperd Entertainment für die Bereitstellung des Mustercodes.