Silent Hope (Review)

Marvelous ist vor allem bekannt für runde Kühe. Die dürfen in Silent Hope daher nicht fehlen. Ansonsten finden sie sich auch in Story of Seasons. Für die kämpferisch Veranlagten unter uns gibt es auch Rune Factory. In eine ähnliche Richtung geht auch der neueste Titel der Spieleschmiede, verzichtet aber gänzlich auf Farmarbeit und Dating. Stattdessen setzt der hübsche Dungeon Crawler den Fokus auf den Abstieg in den Abyss und die Geschichte eines untergegangenen Königreichs. 

Die leitende Stimme der Prinzessin

Die sieben Protagonist:innen von Silent Hope sind stumm. Dafür spricht die Prinzessin mit ihnen, wahlweise an der Oberfläche oder an bestimmten Stellen im Abyss, wo das Licht hinreicht. Oben erzählt sie zu Beginn wichtige Dinge (wie etwa, dass sie nur eine Person auf dem Weg in den Abyss stärken kann), ansonsten kommentiert sie vorwiegend die Vorbereitungen. Für sensible Ohren ein wenig zu oft, aber sie ist dabei ziemlich putzig. Außerdem verbringt man meist nur wenig Zeit am Stück an der Oberfläche.

Die Prinzessin selbst ist komplett vertont, die Protagonist:innen jedoch alle stumm. Ähnlich stumm wie Link, Kampfschreie gibt es auch hier zu hören. Im Gegensatz zum Helden in der grünen Tunika gibt es hier jedoch einen Grund dafür in der Story. Die genauen Gründe werden im Verlauf der Geschichte klar, die an verschiedenen Punkten im Abyss erzählt wird. Auf einzelnen Ebenen kann die Prinzessin in leuchtenden Kreisen zum ausgewählten Charakter sprechen, um zu erzählen, was im Königreich vor und während des Untergangs geschehen ist. Nach jedem Bossgegner eines Gebiets lernen wir zudem die Sicht des Königs auf die Geschehnisse kennen. Während die Prinzessin viel mit kindlicher Freude über Erlebnisse spricht wie das Erntedankfest und Schneeschippen, schildert der König aus der Sicht eines besorgten Herrschers von den Problemen. Aber es dauert auch nicht lang, bis die Prinzessin über ihre Verzweiflung spricht, als alles immer aussichtsloser schien.

Berufe und Level

Die unterschiedlichen Held:innen gehören unterschiedlichen Berufen an und ermöglichen damit eine Vielzahl von Spielweisen. Ich habe mit der Bäuerin begonnen und an den Kristallen, die auf einigen der Ebenen des Abyss zu finden sind, gegen andere Charaktere ausgetauscht. Mein nobles Ziel war, alle gleichmäßig aufzuleveln.

Bis ungefähr Level 9 ging das auch ganz gut, dann bin ich den Weg des geringsten Widerstands gegangen. Mit dem Weisen und seinen magischen Angriffen kam ich ganz besonders gut zurecht, also blieb ich irgendwie an ihm hängen und spielte fortan vorwiegend mit ihm. Je länger das andauerte, desto schwerer fiel mir natürlich der Wechsel. Wenn ein Charakter nach einem Treffer fast keine Lebenspunkte mehr hat, ist das sehr unpraktisch. Selbst wenn ich immer zwei Heiltränke auf die Expedition in die Tiefen mitnehme und erst besiegt bin, wenn diese ebenfalls ausgegangen sind.  Es gab eine Phase, in der es recht gut ging, den Levelabstand zu minimieren, aber die war ziemlich kurz. 

Also blieb ich dabei, den Magier auf den Weg immer tiefer hinab zu schicken.

Immer stärker werden

Die Jobs sind abwechslungsreich und lassen sich zweimal unter bestimmten Bedingungen aufleveln. Es gibt eine Mischung aus Personen für Nahkampf und Fernkampf, bei der die Grenzen teilweise verschwimmen. So kann der Weise beispielsweise eine Explosion heraufbeschwören, für die er in der Nähe des Gegners stehen muss, auch wenn er mit seinem Stab sonst eine gute Reichweite hat. In Verbindung mit schnellem Ausweichen machen die Angriffe richtig Spaß. 

Natürlich haben die Angriffe und die Ausweichfähigkeit auch Cooldowns. Durch Aufleveln der Fähigkeiten und die Verwendung von Waffen oder darin eingesetzten Juwelen mit entsprechenden Parametern lässt sich die Wartezeit verkürzen. Zudem sind normale Angriffe immer einsetzbar (solange der Charakter handeln kann), auch wenn gerade in den tieferen Abschnitten des Abyss die Fähigkeiten den Ausschlag geben. Die schalte ich mit Ressourcen frei, die ich bei jedem Levelaufstieg erhalte. Damit verstärke ich sie auch.

Daneben gewinnen auch die Elemente an Einfluss. Während ich in den ersten drei Biomen des Abgrunds einfach irgendein Juwel benutzt habe, sofern meine Waffe das zuließ, habe ich sie ab dem vierten auf die Schwäche der Gegner angepasst. Denn Angriffe nehmen ein Element an, wenn ein entsprechender Juwel in der Waffe steckt.

Schwierigkeitsgrad

Silent Hope hat beim einfachen Durchspielen einen Schwierigkeitsgrad, danach lassen sich auch schwierigere Modi spielen. Die Kämpfe sind fordernd, bleiben dabei jedoch stets fair. Ausweichen ist zu empfehlen und der Zeitpunkt meist auch gut ersichtlich. Darüber hinaus haben die Charaktere einen automatischen Ausweichswert, den ich ebenfalls steigern kann. So gehen manche Treffer der Gegner auch ohne eigenes Ausweichen daneben. Zudem gibt es verschiedene Fähigkeiten, die kurzzeitig schützen, wie etwa eine Barriere des Weisen.

Die Einführung in die Bedeutsamkeit von Fähigkeiten und Elementen läuft vielleicht etwas langsam an. Insgesamt fühlt es sich aber wie ein natürlicher Prozess an, sie schließlich zu nutzen, ohne dass sich Kämpfe ohne Verwendung aussichtslos anfühlen oder hinterher zu einfach. Gleichzeitig sind mir die Unterschiede beim zugefügten Schaden deutlich aufgefallen, als ich einmal zwischen den Elementen Dunkelheit und Licht gewechselt habe.

Das Wechseln der Protagonist:innen an den Kristallen im Abyss hat zudem einen praktischen Nebeneffekt. Jeder Wechsel geht mit einem Bonus einher, der wesentlich stärker ist als die üblichen Juwelenboni. Beim Fokus auf einen einzelnen Charakter konnte ich die Boni natürlich weniger nutzen, aber wenn ich zwei Kristalle auf einer Ebene gefunden habe oder wusste, habe ich manchmal alle Gegner dazwischen ausgelöscht, um sicher mit dem deutlich schwächeren Charakter von einem zum nächsten Kristall gehen zu können. 

Runen

Auf bestimmten Ebenen bietet Silent Hope feste Teleportpunkte für erneute Erkundungen. Meist nach kleinen Kampfarenen, bei denen man für ein Bonusziel meist die Gegnerwellen möglichst schnell dezimieren sollte. Dafür winken dann zusätzliche EP und Runen, die Währung für Waffen, Verbesserungen der Einrichtungen, Anbau von Pflanzen und dergleichen.

Die meiste Zeit war das nächste Lagerfeuer als gespeicherter Ebenenfortschritt mein nächstes Ziel. Insgesamt habe ich wenig Zeit damit verbracht, dediziert zu trainieren oder Runen und Materialien zu farmen. Da die Herstellung von Materialien oben Zeit braucht, könnte auch nötig sein, dafür in den Abyss zu steigen und ein paar Gegner zu vermöbeln. Ich kam jedoch gut damit zurecht, die Materialien nebenbei herstellen zu lassen.

Das Geld war bei mir anfangs etwas knapp. Irgendwann habe ich allerdings meine Belohnungen für abgeschlossene Nebenaufgaben abgeholt und war plötzlich reich. Dabei handelt es sich meist um Dinge, die man automatisch im Verlauf erledigt. Etwa um das Verbessern von Waffen oder das Aufleveln von Werkstätten.

Vorbereitung ist alles?

Silent Hope bietet an der Oberfläche eine Menge Möglichkeiten, den nächsten Ausflug in den Abyss vorzubereiten. In der Regel benötige ich Ressourcen aus dem Untergrund. Dann wähle ich aus, was hergestellt werden soll. Habe ich ausreichend Ressourcen, kann ich von einem Material ein oder drei Exemplare in einem Slot herstellen lassen. Anfangs habe ich einen Slot, nach Benutzung kann ich weitere kaufen. Die Zeit, die die Herstellung benötigt, ist unterschiedlich. Dabei reicht nicht aus, in den Abyss zu steigen und herumstehen, ich muss auch Gegner besiegen. Eine genaue Zeitanzeige ist nicht vorhanden, aber auch die langwierigste Herstellung dauert nicht ewig.

So verarbeite ich Steine und Hölzer, beauftrage Milch(produkte) und Eier oder lasse Nutzpflanzen anbauen. Mit den Feldfrüchten und den Tierprodukten koche ich anschließend. Das benötigt keine Zeit, ich nehme die Gerichte sofort mit und kann sie vor dem Abstieg auswählen. Bis zu drei auf einmal nehme ich mit, um von verschiedenen Stärkungseffekten zu profitieren. Darunter auch mehr EP, kürzere Abklingzeiten oder schnellere Fortbewegung, wie sie auch bei Juwelen zu finden sind.

Auch hergestellte Waffen sind sofort verfügbar. Voraussetzungen hierfür sind nicht nur passende Materialien, sondern auch Baupläne, die hier Erinnerungen heißen. Sie sind unterschiedlich selten und verfügen über verschiedene Nebeneffekte. Einige haben auch Sockel für Juwelen. Die Sortierung ist etwas unübersichtlich, aber es gibt viele Filtermöglichkeiten, um die passende Waffe zu finden.

Oder eines der beiden Accessoires. Die verstärken die Verteidigung und statten die Charaktere im besten Fall auch mit nützlichen passiven Effekten aus. Waffen und Accessoires lassen sich zudem ebenfalls aufleveln, um Angriff respektive Verteidigung zu erhöhen. 

Fazit

Silent Hope sieht nicht nur schön aus und hat die tollsten Kühe (die auch noch streichelbar sind!), der Dungeon Crawler macht auch richtig Spaß. Die Protagonist:innen bieten abwechslungsreiche Kampfmöglichkeiten für unterschiedlichste Spielstile. Selbst innerhalb eines Charakters sind viele verschiedene Fähigkeiten nutzbar. Nach fast 20 Stunden habe ich zum ersten Mal den Grund des Abyss am Ende von fünf Gebieten erreicht. Die Kämpfe sind fordernd, bleiben dabei jedoch motivierend. Die Lagerfeuer sind gut verteilt und ich habe mich jedes Mal darauf gefreut, wenn die Prinzessin wieder eine kleine Anekdote erzählt.

Darum kann ich nur noch eines schreiben: Erhört den Ruf der Prinzessin. Steigt hinab in den Abyss, rettet das Königreich und streichelt die Kühe!

Herzlichen Dank an Marvelous Europe für die Bereitstellung des Testmusters. Erkundet auf Nintendo Switch.