Viewfinder (Review)

Viewfinder hat mich vom ersten Trailer an begeistert und interessiert, dabei habe ich eigentlich eine Abneigung gegen reine Rätselspiele. Für Nonogramme bin ich gerne zu haben, auch Rätsel die den Flow eines Spiels nicht zerstören sind herzlich willkommen. Aber sobald es darum geht, mehrere Minuten an einem Rätsel zu sitzen, ist meine Begeisterung schnell dahin. Insbesondere, wenn ich die Lösung schon sehe, der Weg dahin aber eine Ewigkeit dauert. Viewfinder ist deswegen für mich etwas besonderes, da ich ansonsten Rätselspiele aus der Egoperspektive schnell abgebrochen habe, die zwei Portalspiele mal ausgenommen.

Wie in den meisten modernen Spiele gibt es auch hier eine Geschichte, die nett präsentiert, aber im weiteren Verlauf des Spiels immer uninteressanter wird. Als Rahmenhandlung ist sie jedoch absolut ausreichend. Viewfinder ist in 5 Hubs aufgeteilt, die fortschrittsbasiert sind. Erst wenn man eine Welt geschafft hat darf man in die nächste reisen. Die Hubs selbst sind noch mal aufgeteilt in Teleporter, die dann wiederum in verschiedene Level führen. Die Hubs und auch die Levels sind voller liebevoller Details, auch Sammelgegenstände gibt es, die meistens sehr gut versteckt sind. in Viewfinder sind jedoch das Gameplay und die Rätsel die Aushängeschilder. Die Grafik hat mir sehr gut gefallen, der Soundtrack plätschert seelenruhig vor sich hin und stört nicht beim Grübeln.

Perspektivenspielereien waren der Hauptgrund, weswegen ich mich für Viewfinder überhaupt erst interessiert habe. Diese fand ich ich schon immer faszinierend, hatte jedoch Angst, an der möglichen Komplexität zu scheitern. Merkwürdigerweise hatte ich das Problem dann nicht, ganz im Gegenteil. Ich habe natürlich nicht jedes Rätsel auf Anhieb verstanden, habe aber die meisten ohne Hilfe gelöst, auch wenn meine Frau manchmal verzweifelt war wie blöd ich mich doch anstellen kann. Gamer, die auf hochkomplexe Rätsel abfahren und am liebsten zehn Schritte zur Lösung wollen sind bei Viewfinder vielleicht an der falschen Stelle, dafür haben die Aufgaben aber eine sehr hohe Qualität. Wenn man die Lösung weiß, schafft man die meisten Level in unter einer Minute. Vielmehr überrascht das Spiel immer wieder mit neuen, sehr intelligenten Ideen, insbesondere wenn man erst mal die Kamera findet. 

Anfangs dachte ich, das Spielprinzip könnte kein ganzes Spiel tragen. Ich lag selten so falsch. Was als simples Spiel anfängt, in dem man Fotos an eine bestimmte Stelle einfügen muss um zum Beispiel eine Brücke zu bauen, vereint später vielfältige Mechaniken. Die Teleporter führen den Gamer in eine Abfolge von Leveln mit ähnlicher Idee, die dann immer ausgefallener wird. Hat man sich an die neuen Tricks der Entwickler gewöhnt, haben diese im nächsten Teleporter wieder neue Ideen eingebaut, die das Spiel im wahrsten Sinne des Wortes auf den Kopf stellen. Schalter die kopfüber hängen, Teleporter, die nur anspringen wenn man genug Batterien anschliesst und Materalien, die sich nicht fotografieren lassen sind nur einige davon, ich will jedoch nicht zu viel verraten, weil diese Aspekte einen großen Teil der Faszination ausmachen. Ich finde es auch beeindruckend wie sich die Entwickler an der Nintendo-Philosophie orientiert haben. Erst wird eine Neuigkeit eingeführt, dann wird diese im nächsten Level abgefragt und in den darauf folgenden wird variantenreich mit dieser gespielt. Die Herausforderung bleibt stets auf einem guten, aber nicht zu kompliziertem Level, was mir persönlich sehr entgegen gekommen ist. Ich habe mich immer sehr klug gefühlt, wenn ich ein Rätsel gelöst habe, Profis hingegen könnten sich leicht unterfordert fühlen. Das ändert aber nichts daran, dass ich Viewfinder trotzdem jedem empfehlen kann, da es auch kompliziertere, optionale Herausforderungen gibt. Die Steuerung ist sehr gut umgesetzt und hat mir kein Mal Probleme bereitet. 

Würde es mehr Level geben hätte Viewfinder einen sicheren Stempel, so gut hat es mir gefallen. Dadurch dass es aber relativ kurz ist, reicht es „nur“ zu einer grünen Ampel. Ich hatte sehr oft ein Grinsen im Gesicht wenn ich ein neues Level betreten habe, einfach nur weil ich gespannt war, welchen Einfallsreichtum die Entwickler dieses Mal an den Tag gelegt haben. Ich war fasziniert, wie klug die Rätsel sind, auch wenn die Lösung gar nicht so schwer war. Ich war begeistert, wie man mit Perspektiven spielen kann. Und ich konnte auf einmal gar nicht mehr aufhören, bis ich auch das letzte Level abgeschlossen habe. Ich kann Viewfinder jedem ans Herz legen, es ist ein besonderes Spiel. Und wenn ihr mit Rätseln nicht viel anfangen könnt versucht es trotzdem, wenn sich jemand unsicher ist kann man noch die Demo im PSN ausprobieren. So oder so, gebt dem Spiel eine Chance, ich bin mir sehr sicher dass niemand es bereuen wird. 

Vielen Dank an Thunderful Publishing für die Bereitstellung des Testmusters. Gerätselt und fotografiert auf der PlayStation 5.