A Week in the Kingdom: Von Schreinen und Glitchschwertern (minor spoilers)

Screenshot von The Legend of Zelda: Tears of the Kingdom. Der Held Link fällt mit ausgebreiteten Amen durch die Wolken, rechts von ihm befindet sich das Logo des Spiels. Darüber der Schriftzug "A Week in the Kingdom"

Dass ich Tears of the Kingdom vom Erscheinungstag an gespielt habe, ist, obwohl Zelda seit etwa 25 Jahren zu meinen absoluten Lieblingsreihen gehört, nicht selbstverständlich. In der Tat hatte ich zunächst vor, etwas zu warten und Tears of the Kingdom erst später gebraucht zu kaufen. Doch dank eines großzügigen Freundes bin ich kurzfristig doch bereits am vorletzten Freitag wieder in Hyrule eingetroffen.

In meinen bisherigen etwa 50 Stunden Spielzeit habe ich mich – nicht unähnlich meinem Durchgang von Breath of the Wild – zunächst auf Nebenaktivitäten konzentriert. Das heißt, dass ich mich zunächst daran begeben habe, das schläfrige Masterschwert einzuheimsen und bislang ca. 120 Schreine durchkämmt habe. Anders als meine Kollegen kann ich also noch nichts zum Inhalt des kritischen Pfades, insbesondere zu den Dungeons des Spiels, sagen. Bei den Schreinen und der Oberwelt hingegen habe ich glaube ich bereits einen guten Überblick.

Wer wie ich Anhänger der klassischen Zelda-Formel ist, dem sie gleich zu Beginn warnend mitgegeben, dass Tears of the Kingdom, jedenfalls abseits der mir noch nicht bekannten größeren Dungeons, nur wenig Anstrengungen unternimmt, die Tugenden der alten Zelda-Titel aufleben zu lassen. Stattdessen ist Tears of the Kingdom im Guten wie im Schlechten ein sehr enger Nachfolger zu Breath of the Wild. So eng, in meinen Augen, dass es seinem Vorgänger so nahesteht wie kein Paar von Zelda-Spielen – außer vielleicht den Oracle-Spielen – zuvor.

Wieder erhält man zu Beginn vier Fähigkeiten, die – zusammen mit dem Parasegel, das man kurz nach dem Tutorialgebiet erhält – nahezu die gesamte Welt für den Spieler öffneen und zudem erlauben, alle Schreine, die man betritt, erfolgreich abzuschließen. Die vier Fähigkeiten aus Breath of the Wild sind sämtlich aus Tears of the Kingdom verschwunden, wenngleich die wohl entscheidendste neue Fähigkeit, Ultrahand, einige Funktionalitäten der alten Fähigkeiten nachbildet. Mit Ultrahand kann man zahlreiche Objekte in der Spielwelt hochheben, rotieren, absetzen und – das ist wohl der wichtigste Teil – miteinander verhältnismäßig frei verbinden.

Diese Verbindungsmöglichkeit ist aber nicht nur reine Spielerei, sondern wird natürlich von den Spieldesignern umfassend genutzt. Egal ob man sich eine Treppe aus Blöcken, ein Floß aus einigen Holzstämmen oder gar einen Gleiter mit Raketenantrieb bauen möchte, die robuste Physik des Spiels erlaubt von zweckmäßig bis imposant allerlei Kreationen. In der Oberwelt sind die Baumöglichkeiten weitgehend optional und meistens stehen die Zeitersparnisse, die man durch das Bauen eines Vehikels erreichen kann, in keinem Verhältnis zum Aufwand des Bauens, doch in dem Gros der Rätselschreine spielt Ultrahand klar die Hauptrolle. In den wenigen Situationen, wo das Bauen in der Oberwelt unabdingbar ist, ist das Spiel so umsichtig, dass selbst die größten Kreativmuffel keine Sorgen haben müssen. In den Fällen befinden sich nämlich nicht nur alle Bauteile die man benötigt in unmittelbarer Nähe, sondern sie sind in aller Regel schon so weit vormontiert, dass man nur noch Kleinigkeiten wie das Verbinden der Vorder- und Hinterachse vornehmen muss. Als ich einmal über die Einfachheit der überwiegenden Mehrheit der Rätsel in Tears of the Kingdom klagte, hat ein Freund meines Erachtens sehr treffend gesagt, dass man die Rätsel in den meisten Fällen vielleicht besser als Aktivität, denn als Rätsel bezeichnen sollte.

Apropos Rätselschreine, wie gehabt machen diese den Großteil der Schreine aus, allerdings haben die Entwickler dieses Mal ein etwas einheitlicheres Format gewählt. Die Minidiungeon-Schreine, die es vereinzelt noch in Breath of the Wild gab, scheinen jedenfalls der Vergangenheit anzugehören – mit Sicherheit kann ich das nicht sagen, weil mir ja noch einige Schreine fehlen – stattdessen exploriert jeder Schrein eine einzelne Idee auf ein bis drei Räumen. Dabei wird die Komplexität von Raum zu Raum moderat gesteigert, aber meinem Eindruck nach ist der Schwierigkeitsgrad der Schreine noch einmal merklich geringer als in Breath of the Wild, so dass ich mich stellenweise doch etwas arg unterfordert gefühlt habe. Das ist schade, denn nicht selten wird eine wirklich tolle Idee so untererforscht, dass man nur enttäuscht ob des jähen Endes auf seine Schreinbelohnung schauen kann.

Ein Grund hierfür ist vermutlich auch, dass die Entwickler die dauerhaften Belohnungen stärker auf das Spiel aufteilen wollten, denn neben den Schreinen gibt es jetzt noch eine Reihe weiterer Aktivitäten, die eine dauerhafte Belohnung bedürfen. Insbesondere die Höhlen, die in der gesamten Spielwelt versteckt wurden, sowie die Unterwelt ermöglichen jetzt den Zugang zu Kleidungsstücken, die neben kosmetischen Effekten auch allerlei spielerische Auswirkungen haben – von Temperaturbeständigkeit über erhöhte Angriffsstärke bis zu Bewegungsboni beim Gleiten oder Klettern gibt es hier allerlei zu modifizieren.

In den letzten Spielstunden habe ich mich vermehrt in der Unterwelt aufgehalten, die zwar meines Erachtens spielerisch weitgehend uninteressant ist – Rätsel gibt es hier keine und die Dunkelheit sorgt zudem dafür, dass das Erkunden noch nicht besuchter Areale beschwerlich ist. Das optimistische Abenteuerfeeling der Oberwelt wird hier nicht eingefangen. Allerdings ist die Unterwelt eine Spiegelung der Oberwelt – Berggipfel werden zu Talsohlen, Gewässer zu unüberwindlichen Bergketten und insbesondere Schreine werden zu Lichtknoten. Die Lichtknoten, einmal aktiviert, beleuchten einen Teil der Unterwelt und legen einen Teil ihrer Karte frei.

Das wiederum hilft aber ungemein beim Entdecken der letzten fehlenden Schreine, denn es gibt in Tears of the Kingdom noch einmal bedeutend mehr Schreine, die nicht direkt von außen erkennbar sind, sondern sich beispielsweise in Höhlen oder hinter kryptischen Umgebungsrätseln verbergen. Die Knoten hingegen sind immer sichtbar und strahlen durch das Dunkel; zudem sorgt der Umstand, dass sie einen Teil der Karte in ihrer direkten Umgebung freilegen dafür, dass man, wenn man einmal einige Knoten aktiviert hat, gut abschätzen kann, wo noch Wurzeln fehlen. Auf diese Weise habe ich die letzten ca. 20 Schreine, die ich besucht habe, entdeckt und wahrscheinlich werde ich noch einige weitere Stunden unter Tage zubringen, um auch die verbleibenden Schreine zu entdecken.

Ein besonderes Abenteuer für mich hat sich noch aus einem Bug des Spiels ergeben. Wie gehabt zerbricht jede Waffe im Spiel – in der Tat sogar ohne Fuse noch deutlich schneller als zuletzt in Breath of the Wild. Das Masterschwert zerbricht zwar nicht, muss nach einigen Schlägen aber ein zehnminütiges Schläfchen einlegen. Es gibt aber eine Ausnahme: Zu Beginn des Spiels ist man für wenige Minuten mit einem Masterschwert unterwegs, das keine Ruhezeiten benötigt, im Gegenzug aber auch nicht für Fuse verwendet werden kann. Dieses Schwert verliert man eigentlich noch vor dem Tutorial-Areal, aber über einen recht erstaunlichen Bug kann man erst ein Schwert aus dem späteren Spielverlauf in den Introabschnitt schmuggeln und dann nach Erhalt dieses Schwertes sein immer fittes Masterschwert in das Hauptspiel schmuggeln.

Falls noch jemand Interesse an dem tollen Schwert MsgNotFound hat…
Ich würde allerdings dazu raten, diesen Glitch nicht direkt zu Beginn des Spiels durchzuführen, sondern erst wenn man häufig Waffen von einer Stärke von 30 oder mehr findet, um die Balance des frühen Spiels nicht zu zerstören.

Dieser Bug verbessert meine Spielerfahrung mit Tears of the Kingdom immens und, das sei an der Stelle einmal erwähnt, sorgt sogar dafür, dass ich bereitwilliger die verschiedenen Waffen des Spiels nutze. Ich habe schließlich stets das Masterschwert mit dem schönen Namen MsgNotFound als Rückfalloption und kann darum mit den anderen Waffen sehr frei herumexperimentieren. Dass dieses Schwert nicht mit Fuse genutzt werden kann, ist genau der Differenziator, der meines Erachtens dafür gesorgt hätte, dass Nintendo auch ohne Bug alle Designziele der zerbrechenden Waffen hätte erreichen können, ohne die Spielerfahrung von Spielern wie mir zu torpedieren.

Bis hierher – also weitgehend ohne die Hauptstory gespielt zu haben – ist Tears of the Kingdom ein sehr konservatives Sequel zu Breath of the Wild, das die meisten grundsätzlichen Stärken und Schwächen des Vorgängers wiederholt. Die Höhlen geben der Oberwelt aber mehr Leben und die Himmelsabschnitte bieten etwas kuratierten, linearen Oberwelt-Inhalt, der Fans der alten Zelda-Formel zumindest ein wenig klassisches Zelda-Feeling bieten sollte. Die Oberwelt hat zwar immernoch viel Leerraum und vor allem unzählige Unsinnsaufgaben der Art „bring mir fünf Äpfel“, aber durch die Höhlen wirkt die Welt deutlich runder und die Erkundung macht mehr Spaß.

Im Mittel macht mir Tears of the Kingdom mehr Spaß als Breath of the Wild es getan hat, dafür ist es aber in der Spitze bislang deutlich schwächer, weil die Schreine mit bisher nur zwei Ausnahmen viel zu leicht und kurz sind. Das Rätseldesign in den Schreinen des Vorgängers war zwar nicht auf dem Niveau der vorherigen Zelda-Teile, aber einige Schreine boten doch eine deutlich anspruchsvollere und besser ausgearbeitete Rätselerfahrung als meine ersten 120 Schreine in Tears of the Kingdom. Nichtsdestotrotz bin ich weiterhin gut motiviert, die verbleibenden Schreine anzugehen und dann die Hauptdungeons zu spielen.