Sports Story (Review)

Artwork von Sports Story

Die Nintendo Switch ist das Zuhause einiger ziemlich spannender Exklusivtitel. Gerne übersehen wird dabei die Fülle an Indie-Titeln, die Nintendos Hybridkonsole über den Verlauf ihres Lebens ihre Heimat nennen durften. 2017 beispielsweise kam mit Golf Story ein auf den ersten Blick unscheinbares, aber auf lange Sicht beliebtes Sport-RPG auf den Markt. Kein Wunder, dass ein Nachfolger sehnlichst erwartet wurde. Fünf Jahre später und überaus heimlich einen Tag vor Heiligabend erschien dann endlich Sports Story. Stealth-Release und ungünstiger Releasezeitpunkt – wurde da etwa ein Spiel zum Sterben rausgeschickt? 

Schlager gezückt in Sports Story

Auf der spielerischen Ebene fährt Sidebar Games auf eher bekanntem Terrain. Sports Story ist erneut ein mechanisch eher simples Sport-Rollenspiel, in dem wir kleinere und größere Aufgaben rund um sportliche Aktivitäten erledigen, um Erfahrung und Punkte zu sammeln. Zusätzlich zu Golf und seinen zahlreichen artverwandten Sportarten gesellen sich hier allerdings weitere dazu: Tennis, Fußball, Kricket – um nur drei zu nennen. Doch Kern bleibt weiterhin der geschmeidige Schwung mit dem Golfschläger, auf der Jagd nach dem Birdie. Und so ist über den Verlauf des Spiels Golf derart dominant in Handlung und Gameplay integriert, dass sich mir zuweilen die Frage gestellt hat, warum das Spiel nicht “Golf Story II” heißt.

Golf ist weiterhin fantastisch in Sports Story und wenn wir uns auf einen Golfkurs begeben, fängt das Spiel den alten Flair wieder rein. Doch alles dazwischen, egal ob es die zahlreichen Fetchquests, Nebenmissionen mit anderen Sportarten oder die Handlung des Spiels ist, wirkt enorm uninspiriert. Der beste und zugleich kohärenteste Teil des Spiels ist ein Dungeon mit einigen simplen, aber spielerisch netten Rätseln in der Mitte. Doch abseits dessen ist das Spiel eine Berg- und Talfahrt aus Langeweile, nicht zündendem Humor und dem ein oder anderen netten Moment.

Screenshot aus Sports Story
Woher kenn ich nur dieses Radfahren?

Zugleich ist es leider enttäuschend für mich persönlich gewesen, dass die anderen Sportarten nicht nur spärlich ins Spiel integriert waren. Kaum eine Sportart erreicht das Level der Präzision und des Spielgefühls, welches Golf uns gewährt. Unabhängig davon, ob es um große Strecken oder Minigolf geht. Warum sich nicht nur auf eine Sportart als zusätzlichen Faktor fokussieren, dafür fokussierter? Angeboten hätte sich da sicherlich Tennis, welches für einen der wichtigsten Charaktere im Spiel unangenehme Erinnerungen bereithält.

Fehlender Fokus, wohin wir schauen

Apropos Charaktere: Die Story von Golf Story war damals sicherlich kein ausgefallenes Meisterstück. Aber sie überzeugte mit einer klaren, zielgerichteten Struktur, humorvollen Situationen und interessanten Charakteren. Sports Story bietet davon nur sehr wenig. Die ersten Stunden wirken stellenweise so zusammenhang- und belanglos, wie ich kaum eines zuvor gespielt habe. Unsere Spielfigur kommt mit ihrem Coach sowie der Golfrivalin Lara auf eine Insel, auf der die Firma PureStrike sein erstes Golfturnier veranstalten will. Darum erkunden wir die einzelnen Areale der Insel, sammeln Erfahrung und steigern unsere Golflizenz. Die Handlung mäandert gerade zu Beginn vor sich hin und vermittelt wenig davon, worauf das Spiel am Ende hinaus will.

Denn erst spät setzt ein klarer, erkennbarer Faden ein, eine Dringlichkeit, dessen, was wir auf dieser Insel für eine Rolle spielen. Und nicht bloß ein wenig Golf mit Nebengeräuschen. Dazu passt es auch, dass die einzelnen Spielmechaniken sowie die Missionen des Spiels großteils eine klare Kommunikation vermissen lassen, wie wir dies angehen sollen. Dass dies besser funktioniert, bewies der Vorgänger und weist auch Sports Story im letzten Drittel nach. 

Grenzenlose Ufer, barbarischer Wind und Widerstands-Fernseher

Doch dieses letzte Drittel werde ich wohl eine ganze Weile nicht vergessen. Positiv sind diese Erinnerungen allerdings nicht. Bereits von Beginn an ist Sports Story ein seltsamer Fall gewesen, was Technik und Präsentation anging. Der Pixel-Artstyle ist immer noch gut, aber viele Szenenübergänge wirken falsch getaktet. Wenn beispielsweise eine Überblende einsetzt, aber danach noch einmal für einen Augenblick die alte Szene gezeigt wird, bevor es in den Schwarzbildschirm weitergeht. Oder manche Objekte in der Welt sind auf falschen Ebenen platziert, wodurch ich beispielsweise mit einem Sofa rede, anstatt der Person darunter. Immer wieder gibt es kleine Bildfehler oder unser Charakter erscheint hinter den Tiles einer Wand beim Verlassen eines Raumes. Sehr unsauber.

Screenshot aus Sports Story
Das trifft hoffentlich nicht auf die Bugs und Locks zu!

Auch die Kollisionsabfrage sorgt hin und wieder für Probleme. An einem Ufer können wir problemlos die Wasseroberfläche betreten. Und beim Wechseln eines Raumes müssen wir bewusst noch einmal ein, zwei Schritte aus dem Türrahmen gehen, bevor wir direkt wieder zurückgehen. Doch diese sind alles nervige, wenn auch überschaubare Kleinigkeiten. Wenn allerdings Missionsparameter mit den Anzeigen des Interface nicht übereinstimmen, wird es ärgerlich. In einer Mission sollte ich Schüsse auf ein Tor abgeben. Die Anzeige und auch die Windlinien der Welt deuten nach rechts, aber letztendlich wird der Ball nach links bewegt. Und springt anschließend wie ein Flummi durch das gesamte Level – eine Physik mit Frustpotential.

Doch der wirklich entscheidende Knackpunkt von Sports Story sind die zahlreichen Softlocks. In einer Storymission ging es darum, dass ich Fernseher in einen Müllcontainer werfen soll. Hier gab es allerdings zwei Probleme: Der erfolgreiche Wurf wurde nicht wahrgenommen vom Spiel (eine Spielfigur hat bei zahlreichen Versuchen ein einziges Mal die Situation kommentiert). Und es konnte vorkommen, dass der “Ersatzfernseher” nicht neu gespawnt ist. Da ich leider zu Beginn der Mission unwissend gespeichert hatte, war ich nun gefangen in einem endlosen Höllenfeuer aus ausrangierten Fernsehern und Wüstensand. Oder in Kurzfassung: Sports Story fand ein jähes Ende. Viele Spieler:innen und Reviews berichten von ähnlichen Softlocks, weswegen gegenwärtig wohl nur ein banges Warten auf einen Patch helfen kann.

Sports Story enttäuscht als Nachfolger und für sich stehend

Meine Vorfreude auf Sports Story wurde nach heimlichem Release und den ersten Reviews bereits getrübt. Doch selber Hand anzulegen war noch einmal ernüchternder. Das Rollenspiel wirkt weite Teile unfokussiert und nicht fertig. Technische und kommunikative Mängel machten das Spiel weitestgehend zu einer sehr langweiligen und zähen Angelegenheit. Und mein Softlock beendete das Spiel zum wirklich ungünstigsten Zeitpunkt.

Denn unter all den schlechten Dingen schlägt immer noch das wackere Herz aus Golf Story. Das Kerngameplay ist immer noch spaßig, auch wenn die Ergänzungen durch die anderen Sportarten nicht daran heranreichen können. Und wenn das Spiel seine zu Beginn angedeuteten Storyfäden aufnimmt und zusammenflechtet, wird auch die Handlung plötzlich interessanter. Es wäre zwar dann immer noch kein Highlight auf Nintendo Switch, aber zumindest ein verstohlener Blick von Freunden des Vorgängers wert. Ohne Patch und in dem Zustand wie aktuell allerdings nicht.

Einen Double Bogey auf Nintendo Switch OLED geschlagen. Ein herzlicher Dank geht an Sidebar Games für die Bereitstellung des Mustercodes.