Shadow the Hedgehog (Review)

Auf GameCube, Xbox und PlayStation 2 wurde es im Laufe der Generation immer beliebter, klassische Jump & Run-Konzepte mit Action-Anteilen zu vermengen. Besonders deutlich ist das bei Jak & Daxter und Ty the Tasmanian Tiger aufgefallen, die vom ersten zum zweiten Teil einen gewaltigen Wandel erfahren haben. Auch Sonic Team wollte offenbar ein Stück vom Kuchen abhaben, haben für dieses Experiment allerdings nicht gleich Sonic selbst bewaffnen wollen. Stattdessen wurde Sonics schwarzer Rivale Shadow in die Schlacht geschickt.

Auf den ersten Blick haben die Entwickler von Shadow the Hedgehog scheinbar ein Auge für die Kritik der Spieler der drei vorherigen 3D Sonics gehabt. Statt das Spiel mit zahlreichen Spielstilen zu überfrachten, von denen in unglücklicher Regelmäßigkeit nur Sonics (respektive Shadows) Spielstil zu überzeugen weiß, spielt man in Shadow the Hedgehog tatsächlich nur Shadow und wechselt auch nicht etwa zwischen den Missionen zwischen verschiedenen Spielstilen. In der Konsequenz ist das Spiel aber für einen einfachen Durchlauf bis zum ersten Abspann ganz außerordentlich kurz: Nur sechs Level muss man hierzu spielen. Durchschnittliche Dauer je Level: Unter einer Stunde. Das erste Mal flimmert der Abspann also nach gerade einmal einer Spielstunde über die Mattscheibe.

Allerdings ist diese Betrachtung gleich in mehrerlei Hinsicht unfair: Zunächst einmal bietet Shadow the Hedgehog zahlreiche Pfade durch das Spiel, die durch verschiedene Level führen. Insgesamt gibt es 22 verschiedene Level, zuzüglich einer letzten Story von einem Level Umfang und zehn verschiedene normale Enden. Nur wenn man alle zehn normalen Enden gesehen hat, kann man das richtige Ende des Spiels erreichen. Das Taubenschlagprinzip verrät uns unweigerlich, dass zum Erreichen aller Enden zahlreiche Level mehrfach gespielt werden müssen. Allerdings bedeutet das nicht, dass man einfach nur wieder das selbe macht. Stattdessen ist es so, dass jedes Level drei verschiedene Missionen bietet, die sich durchaus signifikant unterscheiden.

Inhaltlich ist nämlich Shadows innerer Konflikt zwischen Gut, Böse und dem eigenen Willen im Mittelpunkt von Shadow the Hedgehog und so bietet (fast) jedes Level neben einem einfachen Levelausgang noch eine Heldenmission und eine Bösewichtmission, die Shadow auf einen anderen Pfad lenken können. Grundsätzlich ist das ein interessantes Konzept, es scheitert aber grundlegend an der Umsetzung. Der Großteil der Helden- und Bösewichtmissionen sind absolut einfallslose und langweilige Sammel- oder Kampfaufgaben, in denen man beispielsweise „Top Secret Discs“ sammeln muss (Charmy, der die Mission erläutert, kommentiert hierzu markant: „What IS a top secret disc?“) oder alle Gegner eines bestimmten Typs töten muss. Nicht nur, dass die Missionen ziemlich einfallslos sind, sie machen auch schlicht keinen Spaß, da sie einen enorm unsauberen Spielfluss bieten. Die neutralen Missionen, in denen es (fast) immer darum geht, einfach nur den Zielring zu erreichen sind da bedeutend besser und spaßiger, machen aber auch wieder einmal nur ein Drittel des Spielumfangs aus.

Leider wurde aber nicht nur in Sachen Missionsdesign geschlampt. Auch viele Level sind für sich bereits unübersichtlich, halten den Spieler viel zu oft mit belanglosen Kämpfen auf und bieten selten irgendwelche spielerischen Höhepunkte. Es gibt zwar einige Highlights wie beispielsweise Glyphic Canyon, die das Spiel für Sonic-Fans noch ein wenig attraktiv machen können, aber insgesamt hat Shadow the Hedgehog ein bedeutend schwächeres Leveldesign als seine Vorgänger – ein Umstand, der natürlich vor allem auch einen deutlichen Effekt auf den Performance-Aspekt von Shadow the Hedgehog hat. Zwar gibt es wieder Rankings am Ende einer jeden Mission, doch auch ein A-Rank-Durchgang muss nicht unbedingt mit einem guten Spielfluss zusammenfallen.

Ein wichtiger Grund hierfür ist der eingangs erwähnte Action-Fokus. Shadow hat eine große Zahl an Waffen zur Verfügung, die er in den Levels auflesen kann und nach Verbrauch sämtlicher Munition automatisch wieder wegwirft. Man muss hier lobend erwähnen, dass der Wechsel zwischen Waffen und der Prozess, sie einzusammeln und zu verwenden ideal an die Arcade-Natur des Spiels angepasst wurde und die Waffen zunächst einmal so wesentlich weniger stören, als man beim ersten Trailer vielleicht hätte vermuten können. Allerdings haben die Entwickler die Waffen zum Anlass genommen, die Level mit unzähligen Gegnern zu füllen, die jeweils lange Energiebalken haben und den Spieler immer und immer wieder aufhalten. Ohne die langen Energiebalken könnte man schlicht mit der Homing Attack und ohne Waffengebrauch durch die Level flitzen, so dass diese Maßnahme aus Sicht des Entwicklungsteams vielleicht notwendig erschien, aber das Ergebnis ist einfach nur unstet.

Kurioserweise haben die Entwickler außerdem nach Sonic Heroes die Steuerung noch sensibler gemacht, so dass Shadow sich steuert als bewegte er sich über Eis. Immer. Es ist zwar möglich, sich an die fummelige Steuerung zu gewöhnen, aber es gibt keinen guten Grund, wieso die Steuerung in Shadow the Hedgehog dermaßen übersensibel gestaltet wurde. In Sachen Story wollte man bei Shadow wohl noch wesentlich düsterer, ernster und markanter werden, doch in der Konsequenz ist Shadow the Hedgehog beinahe eine Parodie seiner selbst. Shadow flucht dauernd ohne jeden ersichtlichen Grund, gibt sinnlose „coole“ Sprüche von sich und so wirkt das Spiel, als sei es von einem 12 Jährigen rebellischen Jungen geschrieben worden.

Auch in Sachen Musik wurde etwas härterer Rock als noch in den Adventure-Teilen gewählt. Der Musik gelingt es aber grundsätzlich sehr gut, die düstere Atmosphäre des Spiels mit zu tragen und gehört sicherlich zu den Highlights des Spiels. Gleichsam muss aber festgehalten werden, dass der Soundtrack eher einer der schwächeren Sonic-Soundtracks ist.

Insgesamt ist Shadow the Hedgehog ein sehr durchwachsenes Spiel, das zwar den Waffenaspekt für ein Jump & Run besser umgesetzt hat als die meisten anderen Spiele seiner Gattung, aber in Kombination mit dem Performance-Gameplay eine echte Identitätskrise demonstriert. Die provokant-überzogene Story, das meist schwache Leveldesign und die übersensible Steuerung sorgen dafür, dass Shadow höchstens echten Fans nahezulegen ist.

Getestet auf GameCube.