
Forza Italia! Nach einigen aufregenden (und pandemisch bedenklichen) Wochen hat sich die italienische Nationalmannschaft zum Europameister im Fußball der Herren gekürt. Erstmals seit ich denken kann, habe ich jede Minute verpasst, weil mich jegliches Interesse der UEFA und FIFA sei Dank verlassen hat. Stattdessen habe ich mich selbst parallel in Ganbare! Super Strikers erst zum japanischen Meister, dann zum Weltmeister gekürt. Allerdings war das Strategiespiel für die PlayStation Vita nicht das ideale Alternativprogramm wie erwartet und zugleich erhofft.
Anstoß für Ganbare! Super Strikers
Ganbare! Super Strikers ist eher durch Zufall auf meinem Radar gelandet. Bei der Suche nach eventuellen Neuzugängen für meine Sammlung stieß ich auf die Retail via eastasiasoft für die mittlerweile ausrangierte PlayStation Vita. Setting und Spielgenre sprachen mich sofort an. Das Taktik-Rollenspiel verbindet Regeln und Mechanismen des Fußballsports mit strategischem, rundenbasierten Gameplay. Auf diese Weise erinnert das Spiel eher an Fire Emblem oder Wargroove, als an Inazuma Eleven oder das letztes Jahr veröffentlichte Captain Tsubasa.
Der Story-Modus gibt uns die Kontrolle über ein frei erstelltes Team, welches angeführt von ihrem neuesten Spieler (in meinem Fall Astro Pommes) nach dem japanischen Titel strebt. Die restlichen Spieler der Mannschaft sind vorher festgelegt, können allerdings jederzeit vollständig editiert werden. So hat Astro im Sturm Banjo Müsli an die Seite gestellt bekommen, im Mittelfeld zog Nathan Oblate die Fäden und in der Abwehr zog Bayo Mayo den Gegnern die Zähne. Jawohl, mich solltet ihr nicht nach Namensvorschlägen für eure Kinder fragen.

Im Kern ist Ganbare! ein Rollenspiel mit unterschiedlichen Charakterwerten, jeweils angepasst an die Position und individuell für jeden Spieler. So hat Astro auf dem oberen Screenshot trotz einem höheren Level denselben Wert für “Grätschen” wie Abwehrspieler Bayo, ist hingegen allerdings als Stürmer weit besser im Bereich “Schießen”. Diese Werte steigen mit Level-Up oder durch Ausrüstung (Stiefel, Schienbeinschoner) weiter an und sind ausschlaggebend für Zweikämpfe und Torerfolge. Außerdem können Spieler durch aktives Tragen einer Ausrüstung Fähigkeiten erlernen, die ihnen auf dem Rasen einen Vorteil verschaffen.
Die Wahrheit liegt auf dem Platz
Innerhalb des Story-Modus absolvieren wir mehrere Duelle um die japanische Meisterschaft mit sieben Spielern auf dem Feld. Später geht es um die Weltmeisterschaft mit elf Spielern auf größerem Spielfeld. Ansonsten bleiben die Rahmenbedingungen gleich und pro Halbzeit haben wir zwanzig Spielminuten, um den Gegner zu bezwingen. Dabei stellt jede Spielminute einen Teamzug dar. So kommen wir in abwechselnder Reihenfolge zehnmal pro Halbzeit zum Zug. In einer möglichen Verlängerung kämen noch zweimal fünf Spielminuten dazu und sogar ein Elfmeterschießen ist möglich.

Diese Rahmenbedingungen können wir im Arcade-Modus von Ganbare! frei wählen. Wir entscheiden dann, ob wir ein schnelles Match, ein Turnier oder eine Liga spielen wollen. Wir suchen uns eine Mannschaft aus dem Teilnehmerfeld des Story-Modus aus und auch die Größe des Feldes. Und in der Gestalt eines “Heißen Stuhl”-Modus können wir auch mit mehreren Spieler:innen an einer Konsole gegeneinander antreten. Auf der PlayStation Vita empfiehlt sich das allerdings aufgrund seines kleinen Bildschirms eher weniger, prinzipiell wären nämlich bis zu acht Teammanager:innen gleichzeitig möglich.
Innerhalb eines Spielzuges haben wir die Möglichkeit jeden Feldspieler unseres Teams zu steuern. Der Torhüter bleibt außen vor und tritt erst in Aktion, wenn der Gegner einen Schuss auf das Tor versucht. Jeder Spieler kann, sofern eine Fähigkeit ihn nicht beflügelt oder einschränkt, zwei Aktionen ausführen. Spieler verlieren allerdings durch jede Aktion Energie und können später gegebenenfalls keine Fähigkeit mehr einsetzen. Zudem rufen sie im direkten Spielerduell eine schlechtere Leistung ab, sollten sie zu geschwächt sein. Es gehört somit zum strategischen Prinzip von Ganbare! genau abzuschätzen, wann sich eine Bewegung wirklich lohnt, und bietet so außerordentlich viel Tiefgang.
Alea iacta est – Vom Zufall und anderen Zahlenspielereien
Fans des Sportes schauen diesen oftmals wegen dem Zusammenspiel der einzelnen Teamkameraden oder den Duellen, die eine ganze Partie auf den Kopf stellen können. Da macht Ganbare! keine Ausnahme, allerdings stellt sich uns der Zufall oftmals als zwölfter Gegenspieler in den Weg. Jedes Laufduell, jeder Block eines Passes und jeder Torschuss wird in einem Duell beider Spieler entschieden, die beteiligt sind. Die Grundlage bilden die Punkte der Spieler in ihren einzelnen Kategorien, je höher desto besser. Fähigkeiten wie beispielsweise der “Toxische Pass” können den Wert erhöhen, allerdings wird für den direkten Vergleich aus einem Bereich von Möglichkeiten zufällig ausgewählt.

Bei einem Pass auf eine Spielfeldkachel oder einen Mitspieler bestimmen so mehrere Faktoren gleichzeitig den Erfolg. Der eigene Wert für Pässe setzt einen Startpunkt. Für jede Kachel Weg, die der Pass zurücklegt, verliert der Pass an Energie (-10 Punkte pro Kachel). Befindet sich ein Spieler, der blocken kann, auf dem Weg, erhält er ebenfalls einen zufälligen Wert für dieses Blocken. Ist zum Zeitpunkt des Blocks die Passzahl niedriger als die Blockzahl, fängt der Spieler den Ball ab. Ansonsten fliegt der Ball weiter und anstelle der zehn regulären Punkte Abzug fällt der Wert um die Blockzahl ab. Kommt der Ball an seinem Ziel an und hat der Pass noch nicht die Null erreicht, ist er erfolgreich. Ansonsten rutscht er auf eine andere Kachel und ein Passempfänger ist außer Gefecht gesetzt für diesen Zug.
Da die Anfangswerte jeder Aktion dem Zufall überlassen sind, kommt so gerade zu Beginn viel Frust auf. Erst mit zusätzlichen Fähigkeiten beginnt Ganbare! damit, seine Partien ausgeglichener zu gestalten. Doch auch hier ist der Zufall oftmals nicht unserer Freund, denn die Wahrscheinlichkeit, das “Toxischer Pass” einen Gegner vergiftet (er verliert jeden Zug zusätzliche Leistungspunkte), ist nicht einsehbar und folgt selten nachvollziehbaren Gesetzmäßigkeiten. Ist der Gegner nur zwei Punkte schlechter als der eigene Wert, tritt ein Statuseffekt genauso selten ein, wie gefühlt bei einer Differenz von dreißig Punkten.
Ein steiniger Weg für Ganbare!
Nach einem kurzen, optionalen Tutorial können wir uns letzten Endes in das zufallsbasierte, aber dennoch taktische Treiben auf dem Grün trauen. Jede Partie im Story-Modus hat drei Ziele, wovon lediglich der Sieg Grundbedingung für das Voranschreiten ist. Zusätzlich kann eine Partie auch von uns verlangen, eine bestimmte Fähigkeit einzusetzen, mindestens drei Tore zu erzielen oder ohne Gegentore abzuschließen. Gelingt uns dies, winken bei Abschluss der Partie nicht nur Erfahrungspunkte für die Spieler, sondern zudem wertvolle Ausrüstung, um späteren Gegnern besser gewappnet zu sein.
Zu Beginn bietet es sich an, dass wir die bereits gespielten Partien für die individuellen Ziele sowie weitere Erfahrungspunkte erneut spielen. Aufgrund des großen Zufallsfaktors sind Spielerduelle sehr riskant und Statuseffekte wie Eis, Gift oder sogar Tod können einen Spieler schnell komplett außer Kraft setzen. Eine Partie kann so schnell zu unseren Ungunsten kippen. Da Erfahrungspunkte zudem nur durch Spielaktionen errungen werden, fällt es gerade der Defensive und dem Torhüter schwer aufzuleveln und mit dem offensiven Spielern mitzuhalten. Banjo Müsli und Astro Pommes besaßen am Ende des Story-Modus das höchste Level aller Spieler, Torhüter Sonic Pizza hingegen wanderte für die Weltmeisterschaft leider auf die Reservebank.

Mit der Weltmeisterschaft auf halber Strecke gingen eine Reihe von Veränderungen in der Statik von Ganbare! einher. Die besten Spieler der nationalen Gegner ergänzen das eigene Team und schaffen auf diese Weise ein extremes Übergewicht an Stürmern. Spieler, die in den kurzen Sequenzen einer Partie eine Sprechrolle bekamen, haben zudem weitaus bessere Werte als vergleichbare in meinem Team. Sonic war halt nicht schnell genug beim Leveln.
Insgesamt erscheint das Spiel nach der nationalen Liga einfacher. Meine Taktik änderte sich, weil meine offensiven Möglichkeiten rasant angestiegen waren. Ich dominierte die Gegner und meine defensiven Spieler konnten ihre Kräfte für die Schlussphase aufheben. Dennoch gestaltete sich eine Partie weitaus zäher, weil die Spielzüge dementsprechend länger wurden.
Übles Foul an der PlayStation Vita
Mehr Spieler auf dem Platz bedeutete aber leider auch mehr Zeit für Ganbare! seine technischen Mängel auszuleben. Bereits auf kleinem Feld waren Ruckler auf der PlayStation Vita leider Normalität und ein Spielabsturz erfolgte bei der exzessiven Abrechnung von Erfahrungspunkten nach einem Elfmeterschießen. Die KI war zudem langsam und ließ sich viel Zeit bei der Ausführung gegnerischer Spielzüge. Auf dem größeren Feld hingegen waren Ruckler bei der Fortbewegung über das Spielfeld die Norm. Die Spielzüge dauerten noch länger und Abstürze waren ungefähr so häufig wie Flitzer bei einem großen Turnierfinale.

Ein Blick in das Gameplay der PlayStation 4-Version via Youtube ernüchterte mich zusätzlich. Hier läuft das Spielgeschehen nicht nur flotter von der Hand (Auswahl eigener Aktionen gelingt weitaus flüssiger), auch der Gegner agiert schneller. Zudem gab es in dieser Version eine Taste, um das Spielgeschehen abseits der eigenen Kontrolle zu beschleunigen.
Ganbare! schafft es im Grunde sehr gut den Geist des Fußballs einzufangen. Die strategischen Elemente passen sehr gut zusammen, selbst an Abseits muss man bei seinen Aktionen denken. Ein Pass in den freien Raum ist daher oftmals die richtige Wahl, um erfolgreich vor das Tor zu kommen (auch wenn diese Taktik der KI fremd zu sein schien). Leider ist ein Zug sofort zu Ende, wenn der Gegner in Ballbesitz kommt, riskante Manöver sollten also erst am Ende des Zuges ausgeführt werden. Zudem startet nach einem Tor die Anordnung der Spieler selbstverständlich von der Ausgangsformation, was den zähen Eindruck verstärkt. In vielen Zügen dieselben Aktionen mit denselben Spielern anzuwenden ist eine zuweilen monotone Wiederholung, gerade im später einfacheren Spielverlauf.
Entscheidung im Elfmeterschießen
Seit ich vor zwei Monaten wieder als Reviewer eingestiegen bin hat mich kein Spiel solche Nerven gekostet wie Ganbare! Super Strikers. Den permanenten Seitenwechsel zwischen den Farben unserer Village-Ampel während der gesamten Spielzeit habe ich nicht kommen sehen.

Das zugrunde liegende Rollenspiel ist sehr durchdacht, stellt sich aber durch den Zufall aber selber ein Bein. Den Geist des Fußballs fing das Entwicklerteam gut ein, hat dadurch aber einen zähen und repetitiven Gameplayloop erschaffen. Und die Einstellungsmöglichkeiten sind vielfältig, aber leider scheint meine PlayStation Vita kein Fan virtuellen Sports zu sein und geht dementsprechend gerne in die Knie.
Am Ende pendelt sich Ganbare! Super Strikers bei einer soliden gelben Ampel ein. Ich würde allerdings Fans von strategischen Rollenspielen oder abstrakten Fußballspielen zu einer Version auf PC oder Heimkonsole raten. Die Vita ist dafür leider nur bedingt die richtige Plattform geworden.

Gespielt auf PlayStation Vita.