Billy Hatcher and the Giant Egg (Review)

Auch wenn Sonic Team natürlich vorrangig für die namensgebende Spielreihe Sonic the Hedgehog verantwortlich ist, hat das Sega-Studio besonders unter Yuji Naka gelegentlich auch mal ein experimentelleres Spiel veröffentlicht. Das bekannteste Beispiel hierfür ist sicherlich NiGHTS into Dreams, aber auch Billy Hatcher and the Giant Egg auf dem GameCube ist von Sonic Team entwickelt worden. Wenngleich das Spiel mit einigen Sonic-Referenzen aufwarten kann, könnte es eigenständiger – und kurioser – wohl kaum sein.

In Billy Hatcher and the Giant Egg schlüpft man in die Rolle von Billy Hatcher, der zu Beginn des Spiels einen fiesen Raben davon abhält, ein wehrloses Küken zu drangsalieren. Zum Dank für diese Tat wird Billy gleich eingespannt um dem ganzen Hühnervolk gegen die schwarz gefiederten Vögel zu helfen. Ausgestattet mit einem magischen Hühneranzug rollt Billy fortan riesige Hühnereier durch quietschbunte Level und stellt den Morgen im Land der Hühner wieder her, indem er die gefangenen weisen Hähne aus ihren Eiern befreit. Die abgedrehte Geschichte wird teilweise in textfreien Rendersequenzen und teilweise in Textboxen erzählt. Wenngleich sie einen gewissen trashigen Charme versprüht, ist die Geschichte aber natürlich nicht essentiell für das Spiel.

Billy Hatcher and the Giant Egg ist in sieben Level mit jeweils acht Missionen unterteilt. Billy ist zunächst ein eher langweiliger Jump & Run-Charakter und beherrscht nur wenige Aktionen. So kann Billy laufen und Springen – und das war‘s. Sobald man allerdings ein Ei findet, erhöht sich Billys athletisches Potential umgehend. Wenn Billy ein Ei berührt, fängt er an, es durch die Gegend zu rollen. Nur wenn man den Analogstick deutlich von dem Ei wegbewegt – oder mit B das Ei wirft – wird man das Ei wieder los. Durch das Ei wird die Steuerung natürlich gleich wesentlich komplizierter, da man sich stets Gedanken darüber machen muss, wie man Billy bewegt und damit das Ei beeinflusst.

Doch ein Ei hat nicht nur Nachteile. Mit dem Ei kann man aus einem Sprung stampfen, man kann durch die Luft rotieren und das Ei werfen. Wenn man auf einen Ring trifft, kann man sich, wenn man ein Ei besitzt, durch die Lüfte schießen lassen wie NiGHTS. Nicht zu missachten ist auch der Umstand, dass Billy Hatcher alleine Gegnern wehrlos ausgeliefert ist, aber wenn man ein Ei hat, kann man kleine Gegner überrollen und größere Gegner bewerfen. Damit nicht genug, kann man die Eier auch mit Früchten, die überall in den Levels verteilt sind, füttern und, sobald sie genug gegessen haben, per Knopfdruck ausbrüten um Bonuspunkte zu erhalten und – sofern man ein Ei mit einer speziellen Färbung hat – ein Küken ausbrüten, das einem im Kampf helfen kann.

Die Spielmechanik von Billy Hatcher and the Giant Egg bedarf zwar einer gewissen Einarbeitung, hat aber eine erfreuliche Tiefe und wird im Leveldesign auch sehr gut genutzt. Allerdings muss man dazu sagen, dass Billy Hatcher, anders als die Optik vermuten lässt, ein ziemlich schwieriges Spiel ist. Besonders gegen Ende des Spiels werden die Missionen ziemlich knifflig und besonders die Kämpfe gegen größere Gegner eine stressige Angelegenheit. Dadurch, dass das Spiel überdies relativ streng mit Charakter-Toden umgeht, hat Billy Hatcher in der zweiten Spielhälfte ein ordentliches Frustpotential.

Ein Kuriosum ist übrigens, dass die Entwickler Billy Hatcher and the Giant Egg, trotz der eher gemächlichen Spielgeschwindigkeit, als Performance-Spiel ausgelegt haben. So wird man am Ende eines jeden Levels mit einem Ranking versehen, ziemlich genau wie in Sonic Adventure 2. Eine Topwertung zu bekommen ist ziemlich anspruchsvoll. Wer sich wirklich in das Ei-Gameplay verliebt, der hat also einiges zu tun, um das Spiel vollständig abzuschließen.

Technisch ist Billy Hatcher and the Giant Egg ungefähr mit den Sonic Adventure-Spielen vergleichbar, setzt aber auf einen noch etwas farbenfroheren Stil. Der Artstyle insgesamt ist extrem niedlich und erinnert bisweilen an ein Kinderbuch für ganz junge Kinder. Hinzu kommt eine verspielt-kindliche Musik, die im Titellied sogar von Kindern gesungen zu sein scheint – ein interessanter Kontrast zu den Rock-Klängen, die Sonic Team zur Vertonung der Sonic-Spiele verwendet.

Billy Hatcher and the Giant Egg ist ein interessantes und unterhaltsames Jump & Run mit einem ungewöhnlichen Konzept. Der etwas hoch gegriffene Schwierigkeitsgrad und die teilweise fummelige Steuerung in Kämpfen verhindern, dass es zu einem echten Toptitel wird, Jump & Run-Freunde sollten aber in Anbetracht ausgefallenen Konzepts auf jeden Fall einmal einen Blick riskieren.

Getestet auf GameCube.