Mirror’s Edge (Review)

Electronic Arts sieht sich nicht selten mit dem Vorwurf konfrontiert, sich auf einer kleinen Zahl an Marken auszuruhen und trotz seines riesigen Marktanteils jegliches Risiko zu scheuen. Ein deutliches Gegenbeispiel hierzu ist allerdings das von Dice entwickelte Mirror’s Edge, das Jump & Run-Gameplay mit der Ego-Perspektive verknüpft – eine äußerst ungewöhnliche Wahl in diesem Genre. Verbunden wird das mit einem Hauch Shooter-Gameplay und einer markant minimalistischen Ästhetik.

In Mirror’s Edge schlüpft man in die Rolle der Runnerin Faith. Runner sind eine Gruppe von regierungskritischen Rebellen, die sich wie Parcour-Athleten über Dächer bewegen und so in eigentlich gut gesicherte Gebäude eindringen. Die Geschichte rund um einen korrupten Bürgermeisterkandidaten wird mit deutscher Sprachausgabe und vorgerenderten Sequenzen vorrangig zu Beginn und Ende einer jeden Mission in Mirror’s Edge erzählt, fällt aber weder positiv noch negativ nennenswert auf.

Das Spiel ist in eine Reihe von Missionen unterteilt, die in vorgegebener Reihenfolge absolviert werden müssen und ihrerseits ebenfalls linear aufgebaut sind. Das bedeutet aber nicht, dass es nur eine Herangehensweise gibt. In der Tat ist Mirror’s Edge relativ stark darauf ausgerichtet, den Spieler zu motivieren, die Missionen mehrfach zu spielen und seine Zeiten zu verbessern. Allerdings ist die Perspektive hierbei ein ernsthaftes Problem, jedenfalls bevor man das Level-Layout memorisiert hat. Durch die First Person Perspektive hat man im Vergleich zu anderen 3D Jump & Runs, besonders solchen, die auf eine hohe Spieler-Performance ausgelegt sind, einen sehr eingeschränkten Sichtwinkel. Über weite Teile der Level ist das kein großes Problem, aber an relativ vielen Stellen wird es doch notwendig, sich umfassend umzuschauen. Das ist ein Problem, das Third Person Jump & Runs mit Performance-Fokus nicht teilen. In der Konsequenz spielt Levelkenntnis für einen guten Spielfluss eine überdurchschnittliche Rolle. Leider hat das auch zur Folge, dass der erste Durchlauf durch ein Level oft eher nervig als unterhaltsam ist.

Ein Wechselbad der Gefühle ist aber auch die Designqualität des Spiels. Die Runner-Abschnitte machen über weite Teile eine Menge Spaß und können einen wirklich angenehmen Spielfluss ergeben. Weniger toll, aber auch nicht direkt schlecht, sind einige langsamere Kletterabschnitte, die teilweise ein wenig unter den angesprochenen Perspektivproblemen leiden. Richtiggehend schlecht sind hingegen die Action-Abschnitte. Immer wieder wird man im Spiel von Sicherheitskräften angegriffen. Teilweise ist es möglich, Gegnern einfach auszuweichen, aber allzu oft muss man sich im Kampf behaupten, bevor man weiterrennen kann. Der Kampf, egal ob im Nahkampf oder mit Waffen ist aber sehr ungelenk, bricht den Flow des Spiels ungemein und ist immer wieder ein Ärgernis.

Neben dem ungewöhnlichen Spielkonzept zeichnet sich Mirror’s Edge auch durch seinen ungewöhnlichen Stil aus, der geradewegs steril ist, dadurch einen subtilen dystopischen Ton transportiert. Die großen einfarbig weißen Flächen mit roten Wegweisern ist visuell sehr prägnant und sorgt dafür, dass man die Level oftmals einfacher lesen kann, als es in einem realitätsnäheren Stil der Fall wäre. Ein angenehmer Nebeneffekt ist, dass Mirror’s Edge nach nunmehr beinahe 13 Jahren immer noch ziemlich ansehnlich aussieht, was bei frühen Xbox 360 und PlayStation 3-Spielen keine Selbstverständlichkeit ist.

Mirror’s Edge ist ein interessantes Spiel mit einem guten Spielgefühl, wenn der Spielfluss wirklich rund läuft, aber auch massiven Schwachstellen, die dem Spielspaß auf teilweise frustrierend unnötige Weise im Weg stehen. Im Ergebnis ist Mirror’s Edge für Genrefans auf Grund seines ungewöhnlichen Spielkonzepts sicher einen Blick wert und kann als Brückenspiel für Spieler, die sonst vorrangig Shooter spielen ebenfalls eine gute Wahl sein.

Getestet auf Xbox 360.