Death Stranding: Director’s Cut (Review)

Sam Porter Bridges. Unser Held. Die Legende. Die einzige Hoffnung, Amerika wiederzuvereinen. Der Mann, der Städte nie wirklich betreten darf, sondern lediglich in Verteilerzentren am Stadtrand in seinem eigenen privaten Zimmer übernachten darf.

Doch die meiste Zeit verbringt Sam ohnehin draußen. Allein mit seiner Ladung – und BB. Immer auf dem Weg, Pakete abzuliefern, zwischen Geröll, über Berge oder durch Flüsse. Mühsal ist sein ständiger Begleiter.

Irgendwann in der Zukunft geschieht der Gestrandete Tod. Ein kaum erklärtes Ereignis, das die Welt drastisch verändert, das viele Menschenleben kostet und die Landschaft karg werden wird. Die Menschen ziehen sich in wenige Städte zurück, und nun ist es an Sam, sie einander näher zu bringen. Dazu soll er das sogenannte chirale Netzwerk ausbauen und die United Cities of America (UCA) verbinden, während (fast) alle anderen daheim herumsitzen. Die sich darauf verlassen, dass Boten wie Sam wichtige Ressourcen, Lebensmittel und Medikamente zu ihnen bringen.

Das ist ein weiter Weg nach unten.
Macht Death Stranding überhaupt Spaß?

Death Stranding zählt als einer dieser Titel, die man selbst spielen muss, um zu wissen, ob sie einem gefallen. Geht es doch nur darum, Pakete von einem Ort an einen anderen zu befördern. Nicht nur das, obendrein ist das Gepäck bei jedem Schritt spürbar und ein einziges Stolpern von Sam kann die wertvolle Fracht in der Landschaft verteilen und beschädigen. Jeder Auftrag ist also nicht bloß Arbeit für Sam, sondern auch für die Spielenden. Ob nun Fetch Quest oder Walking Simulator, vielleicht sogar ein ausgedehnter Film mit wenigen Gameplay-Sequenzen, das klingt alles erst einmal nicht besonders reizvoll.

Der Death Stranding: Director’s Cut ändert nichts am Gameplay. Wer mit dem ursprünglichen Spiel nicht warm wurde, für den wird sich auch jetzt nichts ändern. Auch die Story bleibt die gleiche trotz der Bezeichnungen als Director’s Cut. Lediglich eine Reihe von Missionen führt die Hintergrundgeschichte eines Charakters weiter aus.

Daneben bietet Kojimas Director’s Cut nicht nur flüssige 60fps, DualSense-Unterstützung und sehr viele neue Personalisierungsmöglichkeiten, sondern auch eine neue Straße, den Kumpel-Bot, neue Konstruktionen, eine Rennstrecke, einen Schießstand und die Collaborations-Quests der PC-Version. Außerdem eine PT-Referenz, die das Gruseligste am ganzen Spiel ist.

SIeht das nicht wunderhübsch aus?
Was ist denn nun das Gameplay?

Sam bewegt sich in Death Stranding entweder mitsamt seiner Fracht von A nach B oder besorgt an einem Ort gewünschte Objekte, um sie zurück zu seinem Ausgangspunkt zu bringen. Erst das neue haptische Feedback sorgt dafür, dass wirklich »jeder Schritt spürbar ist«. Besonders beim Rennen wird das deutlich, wenn der Controller abwechselnd auf jeder Seite vibriert. Die Trigger haben je nach Gewicht auf Sams Rücken unterschiedlichen Widerstand, aber das ist mir nur aufgefallen, wenn ich darauf geachtet habe.

Um das Ziel zu erreichen, gibt es unterschiedliche Möglichkeiten. Routen kann man auf der Karte einzeichnen oder sich grob überlegen, welchen Weg man gehen möchte. Diesen Weg kann man wahlweise mit Markierungen abstecken, die mit dem Odradek-Scanner sichtbar werden, oder einfach nur im Kopf behalten. Ich habe mich meistens damit begnügt, das Ziel zu markieren, damit ich ungefähr in der richtigen Richtung unterwegs bin.

Für mich ist das Planen meines Vorgehens der besondere Reiz an Death Stranding. Das Überlegen, an welcher Stelle ich einen Berg am besten erklimme und welche Hilfsmittel ich wo platziere. Wo ich ein Gebiet von MULEs durchquere oder besser umgehe, weil ich die Konfrontation scheue.

Wo ist mein Monster Energy hin`? )=

Aber die meiste Planung geschieht bei mir nicht, bevor Sam aufgebrochen ist. Zwar achte ich darauf, welche Aufträge mich in die Richtung bringen, in die ich gerade gehen will oder muss, aber mit den wichtigsten Hilfsmitteln im Gepäck gehe ich dann einfach los.

Besonders gern habe ich mir Wege auf Berge hinauf gesucht. Sam kann ziemlich gut klettern und sein Scanner zeigt auch die Stellen an, die er erklimmen kann. Auch wenn er nicht steil nach oben kraxeln kann wie Link in Breath of the Wild. Und auch eine raue Steilwand wäre nichts für ihn, er zieht sich mehr an Kanten und groben Unebenheiten hinauf. Doch es ist gut zu erkennen, wo er klettern kann und wo nicht, und im Verlauf erhält er auch Aktivskelette und Handschuhe, die ihn beim Klettern unterstützen. Und wenn ich erst oben bin und wieder nach unten gelangen muss, gilt es, auszuknobeln, wo er am besten mit möglichst wenig Hilfsmitteln sicher unten ankommt.

Ich achte darauf, mindestens eine Leiter und ein paar Kletterseile dabei zu haben, aber auch TCK-Module, um verschiedene Konstruktionen bauen zu können. Darunter sind Brücken, im Director’s Cut auch ein kleineres Exemplar, und Seilrutschen, die unmittelbar das Vorankommen unterstützen, aber auch Zeitregen-Unterstände und Schutzhütten.

Der Zeitregen ist ein Phänomen in Death Stranding, das Frachtbehälter zerfallen lässt, wodurch schließlich auch die Fracht selbst Schaden nimmt. Allerdings lassen sich beschädigte Behälter noch reparieren, beispielsweise in einem Unterstand, um die Fracht zu schützen. Schutzhütten sind private Zimmer, die Sam draußen frei platzieren kann, um dort seine Ausdauer wieder aufzufüllen und BB zu beruhigen, falls die nächste Stadt zu weit entfernt ist.

Armes BB.

Unterwegs liegen Materialien und verlorene Frachtstücke herum. Natürlich ist es reizvoll, jeden Frachtbehälter aufzuheben, zumal man sofort ein paar Likes bekommt. Aber das wird schnell zu viel. Und ist Sam überladen, kommt er nur noch sehr langsam voran. Deshalb habe ich mich irgendwann immer mehr zurückgehalten und nur noch diejenigen Frachtbehälter aufgehoben, deren Bestimmungsorte auf meinem Weg oder am gleichen Ziel liegen. Jedenfalls, solange ich dafür noch Kapazitäten hatte. Oder wenn der Weg entsprechend kurz und frei von Gefahren ist, um ihn im Schneckentempo zurückzulegen. Denn auch wenn ich nicht unbedingt gern langsam unterwegs bin, ist es in Ordnung, wenn ich mich selbst dazu entscheiden kann, ob ich das will. Zumal ich es für kurze Strecken amüsant finde, mich kaum von der Stelle zu bewegen.

Während anfangs Sams Möglichkeiten, sich den Weg (oder besonders einen erneuten Weg zwischen denselben Orten) zu vereinfachen, beschränkt sind, erweitert sich sein Repertoire deutlich mit immer stärkeren Vereinfachungen. Insbesondere die Straßen, die Sam im zweiten Gebiet errichten kann, erleichtern das Vorankommen massiv, benötigen allerdings auch viele Materialien. Im Director’s Cut habe ich alle Straßen ausgebaut und damit ein weitreichendes Netz geschaffen, das alle Städte und Verteilerzentren miteinander verbindet und auch den Weg zu verschiedene Bunkern vereinfacht.

Ressourcenschonender sind die Seilrutschen, die Sam im Death Stranding: Director’s Cut auch mit einem Lastenschweber nutzen kann, wodurch sie noch mächtiger sind. Mit ihnen kann Sam auch Berge auf eigenen Wegen überwinden und ist nicht auf die festen Straßenverläufe angewiesen. Dafür benötigen sie chirale Bandbreite, die Sam nur in verbundenen Gegenden nutzen kann und die sich nur erweitert, wenn er viel Fracht liefert und dadurch die Bindungsstufe zu einem Ort steigert.

Auch Seilrutschen habe ich einige in der Welt platziert. Das Benutzen dieser macht mir allerdings nicht besonders viel Spaß. Minutenlang durch die Luft rasen und zwischendurch einen Knopf drücken, um die nächste Seilrutsche anzusteuern, ist für mich noch langweiliger, als mit einem Auto über die ausgebaute Straße zu fahren. Letzteres ist allerdings für große Frachtmengen unerlässlich.

Im dichten Gestöber sieht man nicht, wie tief es hinab geht.

Doch nicht nur die Menge der Fracht ist bedeutsam. Es gibt verschiedene Typen von Aufträgen, bei denen verschiedene Aspekte der Lieferung im Vordergrund stehen. Mal muss Sam möglichst viel liefern, mal soll der Zustand der Fracht einwandfrei sein. In anderen Aufträgen gilt es, die Fracht erst einmal einzusammeln oder sie möglichst schnell an ihr Ziel zu bringen. Letztlich ist aber der Raum für Fehler auf dem Weg so groß, dass es selten eine wirkliche Herausforderung ist, einen guten Rang für einen ausgeführten Auftrag zu erzielen. Je besser der Rang, desto mehr Likes werden generiert, die mehr oder weniger Erfahrungspunkten entsprechen. Je höher die Bindungsstufe zu einem Ort ist, desto mehr neue Items werden für Sam freigeschaltet oder in höheren Stufen erhältlich.

Die Collaborations-Quests von Death Stranding mit Half Life und Cyberpunk 2077 sorgen für eine weitere Abwechslung in den Aufgaben. Ich habe mehr als einen verletzten Boten in der Wildnis eingesammelt und nach verschiedenen Gegenständen in der Welt gesucht, für die ich Hinweise per Mail bekommen habe.

Aber auch die Zielorte bieten unterschiedliche Herausforderungen. Neben den offiziellen Wegpunkten der UCA gibt es eine große Anzahl an Prepper-Bunkern. Die meisten Menschen, die darin wohnen, sind erst einmal sehr skeptisch, also muss Sam sie durch gut ausgeführte Aufträge von der gemeinsamen Sache überzeugen.

Viele der Bunker sind zudem optional und müssen erst einmal gesucht werden. Das verleitet dazu, dass ich mich in verschiedenen Gegenden umgeschaut habe, obwohl der größte Teil der Welt nicht zum freien Erkunden gedacht ist, sondern das Hindernis ist, das auf dem Weg zum Ziel liegt. Nur an manchen Orten sind Speicherchips versteckt, die ein paar Infos aus unserer Zeit enthalten. Mal sind die Bunker in abgeschiedenen Gegenden auf der anderen Seite eines Flusses, mal in Schluchten, mal auf den höchsten Bergen. Man könnte meinen, die Leute wollten allein gelassen werden. Aber sind sie erst mit dem Netz verbunden, profitieren sie schließlich auch davon und können besser versorgt werden. Und auch vorher schon ist Sam nicht abgeneigt, hin und wieder einen Auftrag für sie zu erfüllen. Wenn er gerade in der Gegend ist.

Verteilt sind die Zentren und Bunker auf zwei große Gebiete. Das erste fühlt sich eher linear an mit nur einem Seitenarm für einen Windpark, der nie wirklich auf dem Weg irgendwohin liegt, sondern nur ein Ziel oder Ausgangspunkt ist. Das zweite fühlt sich beim normalen Durchspielen an wie mehrere kleine Gebiete, die zufällig nebeneinander liegen.

Der Foto-Modus funktioniert auch in Cutscenes.

Der Moment, in dem mir wirklich bewusst wurde, dass das ein großes Gebiet ist und alles miteinander verbunden ist, war, nachdem Sam in einem Fluss den Halt und seine Fracht verloren hat. Statt den Auftrag abzubrechen, habe ich Sam eine Weile treiben lassen, bis ich an einem kaputten Bauwerk angekommen bin. Dort habe ich die Fracht eingesammelt und mich umgedreht. Der neue Blickwinkel hat meine Perspektive völlig verändert. Mit einem Mal wurde mir bewusst, dass zwei Orte auf der Karte nicht einfach nur nebeneinander liegen. Zwischen ihnen steigt das Gelände steil an, aber von meinem Platz aus habe ich zum ersten Mal wirklich wahrgenommen, dass das keine Barriere ist. Ich musste zwischen beiden Orten noch keine Fracht austauschen und war in der Gegend bisher nicht unterwegs. Aber mit einem Mal waren die Orte keine getrennten Entitäten mehr für mich.

„Das sollte in einer Folge dieser Fernsehshow mit Norman Reedus gezeigt werden.“

Sam benutzt verschiedene Fahrzeuge. Mehrere Threewheeler und Motorräder bieten begrenzten Stauraum für mehr Fracht, während in Trucks wesentlich mehr Ladung passt. Allerdings ist auch hier die Höchstmenge abhängig davon, um welche Art von Truck es sich handelt und welche Stufe er aufweist. Besonders mit erhöhter Geschwindigkeit hält ein Fahrzeugakku offroad nur begrenzt. Auf Straßen wird jedoch keine Akkuleistung verbraucht – vorausgesetzt, das Fahrzeug (oder Sam samt Aktivskelett, das einige seiner Fähigkeiten boostet) befindet sich in der Mitte der Straße.

Auch ohne Straße ist Sam mit Fahrzeugen sehr mobil. Zwar warnen die Infotexte zu den Fahrzeugen davor, dass sie auf unebenem Gelände nicht gut zurechtkommen, doch man kommt ziemlich weit mit ihnen. Allerdings spürt man beim Fahren tatsächlich die Unebenheiten und Sam kann auch nicht gegen jeden Felsen gefahrlos fahren. Immerhin geben die Fahrzeuge irgendwann auf, wenn das Gelände zu steil wird. Irgendwo ist es aber doch ganz lustig, durch die Landschaft zu brettern und gegen Felsen zu rasen.

Sam ist ein begeisterter Fahrer.

Neu im Director’s Cut von Death Stranding ist die Rennstrecke. Hier kann Sam beweisen, dass er nicht besonders gut fährt. Jedenfalls in meinem Fall. Auf der Strecke habe ich immerhin zum ersten Mal den Drift eines Trucks benutzt. Außerdem hatte ich beim Fahren für Bestzeiten mehr Spaß als auf normalen Straßen, so dass sich die Rennstrecke für mich für zwischendurch durchaus lohnt. Zumal man sich auch online mit anderen Spielenden messen kann. Auch wenn der Wettbewerbsgedanke bei den Rennen, am Schießstand und bei Aufträgen mit Rang nicht unbedingt dem ursprünglichen Kooperationsspiel entspricht.

Jeder für sich und doch gemeinsam

Bevor Sam ein Gebiet mit dem Netz verbindet, kann er dort nur Leitern und Seile platzieren, da diese keine chirale Bandbreite beanspruchen. Sobald ein Gebiet verbunden ist, tauchen auch Konstruktionen anderer Spielender auf. Das sind nicht nur Seile und Leitern, sondern auch viele Brücken, Unterstände und Generatoren. Leider sind das oft so viele Konstruktionen, dass man selbst kaum noch etwas errichten muss. Besonders Brücken stehen an taktisch klugen Punkten, so dass man selbst kaum noch überlegen muss, wo man sich häufige Wege über Flüsse oder Schluchten ermöglicht.

Zusätzlich ist es möglich, um Unterstützung für den Bau eigener Konstruktionen zu bitten. Ich habe das bei einer Brücke versucht, aber nach ein paar Tagen hat mich das unfertige Fundament doch zu sehr gestört und ich habe selbst ausreichend Materialien dorthin gebracht. Doch zumindest beim Straßenausbau werden beim Online-Spiel etwas weniger Ressourcen benötigt, auch wenn ich diesmal dennoch die meiste Arbeit allein geschultert habe.

Das Gefühl, das andere auch spielen, ist eher dann da, wenn ich hin und wieder Likes für eine ausgebaute Straße oder Konstruktionen bekomme. Oder wenn ich eine fremde Konstruktion repariere oder verbessere. Oder eben im Falle der Brücken, die zeigen, dass sich vorher schon jemand an dieser Stelle überlegt hat, etwas aufzubauen.

Sam läuft doch nicht wirklich nur durch die Gegend, oder?

Die MULEs habe ich ja bereits erwähnt. Das sind ehemalige Boten, die nun in ihren Gebieten patrouillieren und auf jeden Menschen losgehen, der Fracht bei sich trägt. Die Gebiete, in denen sie sich aufhalten, sind begrenzt und werden auf der Karte eingezeichnet. Dennoch lässt sich nicht jedes MULE-Gebiet einfach umgehen.

Im Verlauf des Spiels lernt Sam, das Suchsignal der MULEs zu negieren, wenn er seinen eigenen Scanner im richtigen Moment benutzt. Das ist nicht ganz einfach, doch mit der Cyberpunk-Questreihe bekommt der Scanner weitere Fähigkeiten. Damit hackt Sam die Signalantennen und blockiert sie für kurze Zeit, oder legt Fahrzeuge lahm.

Wird Sam doch einmal entdeckt, bleiben ihm zwei Möglichkeiten: Angriff und Flucht. Muss er allerdings etwas aus einem MULE-Gebiet besorgen, sollte er nicht zu früh fliehen. Wählt er den Angriff, kann er etwa seine Fäuste nutzen oder Frachtstücke in die Hand nehmen und noch heftiger zuschlagen. Später sind die MULEs jedoch besser ausgerüstet, so dass sie sich mit bloßen Händen kaum noch zurückschlagen lassen.

Ich sollte mal nach draußen gehen und mich in echtem hohen Gras verstecken.

Dafür gibt es ein großes Arsenal an Waffen. Die ersten Waffen sind nicht tödlich. Denn Leichen sind ein Risiko in der Welt von Death Stranding, und sollten nicht in der Wildnis liegen bleiben. Das ist nur ein kleines Detail, hat aber letztlich dazu geführt, dass ich später keine tödliche Waffe in die Hand nehmen wollte.

Mir ist auch etwas klar geworden: Ich will nicht töten.

Im Grunde sind die MULE-Gebiete klassische Gegnercamps. Man kann alle Gegner auslöschen (wobei sie nach einer Weile wieder auftauchen), wahlweise, indem man sie bewusstlos macht oder tötet. Dann ist das Gebiet eine Weile sicher und auch andere Boten wagen sich hindurch. Auf dem Schießstand habe ich den Spaß für mich entdeckt, mich an MULEs anzuschleichen und sie mit dem Paketband zu fesseln.

Aber ich habe darauf geachtet, keinen MULE zu töten. Das sind doch auch nur Menschen. Außerdem töten sie Sam noch nicht einmal, sondern schleppen ihn nur aus dem Gebiet, sobald er bewusstlos wird, rauben seine Fracht und legen seine Ausrüstung an einer anderen Stelle ab. Dass ein Tod Konsequenzen hat und Sam Leichen nicht einfach liegen lassen sollte, ist nur ein Nebeneffekt für mich. Ich finde es großartig, dass ich die Wahl habe, sie am Leben zu lassen. Ohne dass mir auf irgendeine Art nahegelegt werden würde, dass ich sie doch töten sollte.

Der andere Gegnertyp sind GD. Gestrandete Dinge. Sie tauchen im Zeitregen auf und sind für Menschen normalerweise unsichtbar. Menschen mit besonderen Fähigkeiten können sie je nach Ausprägung spüren oder sehen, doch für Sam werden sie erst durch BB in Verbindung mit dem Odradek-Scanner sichtbar. Den GD ist Fracht egal, sie reagieren auf Personen. Dabei reicht es nicht aus, sich geduckt an ihnen vorbei zu schleichen. Zusätzlich kann Sam die Luft anhalten, um leiser zu sein.

Will Sam ihnen etwas entgegensetzen, kann er dazu verschiedene Waffen nutzen. Die Munition ist jedoch eine andere als gegen menschliche Gegner. Stattdessen greift Sam mit Blutgranaten und Blutkugeln an – oder mit Granaten, die aus dem hergestellt werden, was im Rohr landet, wenn Sam duscht oder die Toilette benutzt.

Ja, das ist schräg. Aber Sam trägt immerhin auch ein Baby in einer Kapsel an seiner Brust.

Chirale Kristalle, eine Ressource.

In meinem ersten Durchgang Death Stranding war ich noch sehr ängstlich und bin beim geringsten Anflug von Gefahr vonseiten der GD losgerannt. Wodurch sie mich natürlich sofort angegriffen haben. Irgendwann ist mir bewusst geworden, wie ich Kämpfe mit ihnen vermeiden kann, ohne dauerhaft zu schleichen und ständig die Luft anzuhalten. Einerseits ist es schade, wie einfach es dadurch wurde, den GD relativ schnell zu entkommen, ohne dass sie mich wirklich finden. Andererseits heißt das aber auch, dass ich gelernt habe, Ruhe zu bewahren. Kontrollierte Risiken einzugehen.

Dagegen ist das Fliehen vor MULEs in einem Auto langweilig. Ein wenig vermisse ich es mit meiner neu erlangten Selbstsicherheit allerdings auch, panisch mit einem Threewheeler von einer Straße zu fallen und dabei zusehen zu müssen, wie die MULEs meine Fracht stehlen. Oder im Auto von einem GD angefallen zu werden, auszusteigen, um zu fliehen, und dann doch wieder einzusteigen.

Auch Bosskämpfe bietet Death Stranding. Aber mit gutem Design glänzen diese nicht gerade. Die GD-Bosse haben keine starken Angriffe, aber so viel Energie, dass Sam sehr viele Waffen verbraucht. Wobei im laufenden Kampf ständig neue Waffen auftauchen, was die ganze Angelegenheit nur unnötig in die Länge zieht. Auch Blutbeutel, um das durch Angriffe verbrauchte Blut wieder aufzufüllen, gibt es mehr als ausreichend.

Bindungen

Am Anfang des Spiels hat Sam kaum Bindungen zu anderen. Er hat seinen Job als Bote und ist die meiste Zeit allein. Er ist von seiner Aufgabe, Amerika zu vereinen, nicht überzeugt. Und doch hat er eine wichtige Verbindung: Die zu seiner Schwester Amelie, die ihn letztlich überzeugt. Um sie zu retten, bricht er auf. Amerika interessiert ihn nicht.

Die sprechenden Namen von Charakteren haben ihren eigenen, schrägen Charme. Aber besonders sind mir die Charaktere dahinter ans Herz gewachsen, so überdreht die Geschichte und die Hintergründe der Charaktere auch wirken mögen. Deadman mit seiner Faszination für BB habe ich dabei genauso liebgewonnen wie Heartman, der großzügig Likes verteilt.

… genau.

Auch wenn es bisweilen komisch wird, wenn Personen bedeutungsschwanger gestehen, dass sie gelogen haben, oder ein Detail von sich erzählen, das eigentlich längst klar ist. Aber für mich ist es auf eine amüsante Art komisch. In dieser Hinsicht sind sehr viele Dinge sehr offensichtlich, aber die Geschichte hat mich doch so manches Mal überrascht.

BB war für mich schnell mehr als ein Werkzeug. Ich musste es immer sofort beruhigen, wenn es geschrien hat. Ich habe versucht, möglichst wenig zu stolpern (was nicht immer funktioniert hat). Darüber, die Kapsel anders einfärben zu können, habe ich mich gefreut. Und je stärker unsere Bindung wurde, desto mehr konnte ich auch spüren, wie BB sich über die gemeinsame Reise freut. Denn BB kann nicht nur bei Stress weinen, sondern auch lachen und Likes verteilen.

Like!

Death Stranding ist ein Spiel, auf das man sich einlassen muss. Die vielen grotesken Elemente können ebenso abschrecken wie das Gehen als explizites Gameplay-Element. Doch letztlich bin ich froh, dass ich dem Spiel eine Chance gegeben habe. Denn es ist so viel mehr als das. Denn es geht um zwischenmenschliche Bindungen. Darum, in schwierigen Zeiten nicht zu vergessen, dass es auch noch andere Menschen gibt. Um Hoffnung.

Um das Leben.

Ja, der Weg ist beschwerlich. Auch wenn er für meinen Geschmack durchaus noch beschwerlicher hätte werden können. Aber am Ende eines Auftrags hatte ich doch das Gefühl, dass ich mit einem Paket nicht nur jemandem eine Freude bereiten kann, sondern dass ich tatsächlich helfen konnte.

Doch letzten Endes geht es um den Weg. Nicht darum, ein Frachtstück irgendwo abzuliefern, sondern wie ich das tue. Dabei habe ich im späteren Spielverlauf so viele Möglichkeiten mit den Fahrzeugen, den Straßen, Brücken und Seilrutschen, und doch zieht es mich immer wieder dazu, zu Fuß zu gehen.

Zu Fuß, nur Sam, BB und die steinige Wildnis. Na gut, meistens auch noch ein Lastenschweber, um mehr Fracht transportieren zu können. Aber dann wird das Spiel fast schon meditativ. Und doch, wenn ich einen Berg erklimme, dann weiß ich oben genau, was ich geschafft habe.

Belohnen kann ich mich dann mit etwas Glück sogar mit einer Rutschpartie, um auf der anderen Seite wieder nach unten zu gelangen. Auch wenn Sam an einem besonders schlechten Tag nicht nur ausgerutscht ist und von seinem Lastenschweber erschlagen wurde. Hinterher hat er auch noch zwei Paar Schuhe zerschlissen, als er den restlichen Weg auf dem Hintern nach unten geschlittert ist. Aber das zeigt auch nur, dass der wirkliche Gegner des Spiels nicht die MULEs oder die GD sind, sondern die Landschaft. Auch wenn sie noch so friedlich aussehen mag.

Ein besonderes Highlight ist für mich auch die Musik. An verschiedenen Punkten in der Story setzen unterwegs Musikstücke ein. Hinterher kann Sam sie in seinem privaten Zimmer abspielen. Schnell wurde es für mich zur Routine, dort Musik einzuschalten, Sam unter die Dusche zu schicken und anschließend die neuen Mails, Interviews und Daten aus den Speicherchips anzuschauen. Die sind zwar auch unterwegs immer verfügbar, dann aber nur ohne Musik. Außerdem möchte ich Sam nicht draußen herumstehen lassen, er hat es doch so schon schwer genug. Bald habe ich angefangen, auch außerhalb des Spiels Lieder von Low Roar anzuhören. Und ich kann kaum damit aufhören.

Der Death Stranding: Director’s Cut bringt auch neue Musikstücke in das Spiel, für die ich mich leider nicht mehr so sehr erwärmen konnte. Doch die kleine Nebenstory war eine schöne Ergänzung. Die Stärken sehe ich eher in den Collaborations-Quests, die aus der PC-Version stammen und sich frisch anfühlen. Die zwar auch das Spiel vereinfachen, aber nie in den gleichen Ausmaßen, wie das eine Straße oder eine Seilrutschenverbindung vermag.

Tatsächlich würde ich sagen, dass die einzige Vereinfachung, die sich wirklich stark anfühlt, die neue Straße durch das Gebirge ist. Auch wenn sie dafür umso mehr Materialien benötigt, bevor sie endlich steht. Damit ist die Stadt in den Bergen nicht mehr nur über den beschwerlichen Auf- und Abstieg durch tiefen Schnee oder einen langen Umweg um das Gebirge herum zugänglich. Stattdessen kann Sam ziemlich entspannt auf einer Straße fahren. Was die Strecke für mich allerdings sehr langweilig macht.

Das neue Frachtkatapult dagegen? Ich habe es einmal ausprobiert, um meine Fracht über einen Fluss zu schleudern. Hinterher hat sich herausgestellt, dass das gar nicht notwendig gewesen wäre. Es fühlt sich mehr wie eine Spielerei an als wie eine Unterstützung. Natürlich könnte ich auch ein paar Frachtbehälter über eine Schlucht werfen oder auf einen Berg hinauf. Aber ich hatte nie das Bedürfnis, das Frachtkatapult dafür zu benutzen. Es ist einfach nur eine weitere Alternative, um ausnahmsweise einmal Sam und die Fracht getrennt voneinander an einen bestimmten Ort zu befördern.

In Death Stranding habe ich meine eigenen besonderen Momente erschaffen. Oberflächlich betrachtet, bin ich allein in der steinigen Einöde unterwegs. Aber für mich bietet das Spiel so viel mehr. Vorher hätte ich nie gedacht, dass ich einmal penibel darauf achten würde, immer zwei Paar Ersatzschuhe dabei zu haben und zerschlissene Schuhe (fast) zuverlässig vor dem Zerfallen zu wechseln. Dass ich freiwillig zu Fuß gehen würde, obwohl ich wesentlich schnellere und sicherere Fahrzeuge zur Verfügung habe.

Was den Director’s Cut angeht, enttäuscht mich keine Neuerung wirklich. Ein paar davon benutze ich sogar eifrig, wenn auch zähneknirschend. Aber die Straße durch das Gebirge ist einfach zu praktisch. Und die Möglichkeit, einen Lastenschweber auf eine Seilrutsche mitzunehmen, ist praktisch, wenn ich mich schon dazu durchgerungen habe, die Seilrutsche zu benutzen, weil ich Aufträge dadurch besser erfüllen kann. Die neuen Aufträge bin ich über das Spiel verteilt angegangen, wodurch es weniger repetitiv wurde, immer wieder an den gleichen Ort gehen zu müssen. Gleichzeitig hatte ich an diesem Ort auch das Gefühl, jedes Mal ein kleines Stück weiter voranzukommen und nicht nur kleine Hintergrundinfos zu bekannten Charakteren zu bekommen. Tatsächlich habe ich sogar ein Foto angeschaut und ein wenig gerätselt.

Kumpel-Bot
Ein neuer Freund!

Der neue Kumpel-Bot ist für mich vor allem eine tragische Gestalt. Er kann viel tragen, aber keine Berge besteigen. Er gibt sich alle Mühe, Sam in einem Fahrzeug hinterherzurennen, hat aber keine Chance, ihn einzuholen. Betritt Sam ein Gebiet, das noch nicht mit dem Netz verbunden ist, steht der Kumpel-Bot traurig an der Grenze, ehe er umdreht. Er tat mir richtig leid. Aber ich fand die Lieferroboter von Anfang an auf eine groteske Art niedlich, und es ist irgendwie amüsant, zwischendurch ein kurzes Stück gemeinsam mit ihm zu gehen. Auch wenn ich ihn natürlich ebenso allein an sein Ziel schicken könnte.

Wie sehr ich mich an das haptische Feedback im Director’s Cut gewöhnt hatte, ist mir allerdings erst später aufgefallen, als ich etwas anderes gespielt habe. Dass ich quasi jeden von Sams Schritten spürte, ist zur Gewohnheit für mich geworden, so dass es gefehlt hat, als es nicht da war. Ich mag zwar das Vibrieren nicht allzu differenziert wahrnehmen (auch wenn ich den Regen und getrunkene Energy Drinks schon gespürt habe), aber es hat doch dazu beigetragen, dass ich mich mit Sam und der Fortbewegung stärker verbunden gefühlt habe. Allein für das Schrittgefühl möchte ich den Director’s Cut empfehlen.

Da ich keinen getrennten Test für das Hauptspiel schreibe, möchte ich auch dafür eine Empfehlung aussprechen. Die Fortbewegung in Death Stranding ist nicht wirklich eine Qual. Auch wenn wohl davon auszugehen ist, dass sie das für manche doch sein wird. Doch wer offen dafür ist und Freude daran hat, sich eigene Wege zu erarbeiten, sollte dem Spiel eine Chance geben. Denn das Spiel kann so viel zurückgeben und ist so viel mehr als nur Laufen.

Getestet auf PS5.