
Downloadinhalte für Rollenspiele sind eine ernstliche Herausforderung für die Entwickler, denn Rollenspiele auf Grund der Charakter-Entwicklung im Hauptspiel ist es schwierig, einen DLC im Spiel zu platzieren, ohne Gefahr zu laufen, zu viele Spieler auszuschließen oder für Fans, die das Spiel bereits durchgespielt haben uninteressant zu werden. Chained Echoes: Ashes of Elrant erzählt eine Nebengeschichte kurz vor Ende des Hauptspiels, kann aber wahlweise auch mit einem vorgefertigten Team aus dem Hauptmenü heraus aufgerufen werden.
Persönlich bin ich wohl eine der am schwierigsten anzusprechenden Zielgruppen für den Ashes of Elrant DLC, da ich Chained Echoes vorher nicht gespielt habe und nur schrittweise neben dem DLC hineingeschnuppert habe. Entsprechend habe ich das Spiel mit dem vorgefertigten Team begonnen, was aber für die Balance des Spiels gar keine schlechte Wahl ist. Wer verständlicherweise an seinem Team hängt, kann dieses aber aus dem Hauptspiel importieren. Alle Charakterwerte bleiben auf diesem Wege erhalten, die Ausrüstung aus dem Hauptspiel kann jedoch für den Großteil des DLC nicht genutzt werden.

Die Geschichte setzt, wie bereits erwähnt, kurz vor dem Ende des Hauptspiels an und stellt augenscheinlich eine Zeitreise in der vergangene Reich Elrant dar. Der Konflikt aus dem Hauptspiel hat hier seinen Ursprung genommen und vor allem die Rolle von Prinzessin Lenne wird erheblich ausgebaut. Die übrigen Figuren des Hauptspiels sind dennoch mit von der Partie und bekommen natürlich auch ihre Charakter-Momente, im Hinblick auf zusätzliche Charakterisierung wird Lenne aber am umfangreichsten erforscht. Hinzu kommt außerdem ein neuer Charakter, der Wolfsmann Leonar, der vor allem mit seinen offensiven Fähigkeiten glänzen kann.
Das erste Drittel des Downloadinhalts ist von häufigen Perspektivsprüngen und dem Bestreben geprägt, sein Spielteam wieder zusammenzuführen. Dabei ergeben sich eine Reihe von Fragen über diese Welt der Vergangenheit, die bereits etwa in der Mitte des DLC größtenteils geklärt werden, bevor man die eigentliche Gefahr, die es zu bekämpfen gilt, kennenlernt. Die Geschichte ist grundlegend interessant und die Charakterisierungen der Spielfiguren gelungen, gelegentlich wird – auch begünstigt durch den enorm umfangreichen Cast für ein ca. 10-stündiges Abenteuer – die Erzählung aber etwas belanglos.

Spielerisch steht ganz klar das äußerst durchdachte Kampfsystem im Mittelpunkt. Ungewöhnlich für ein Rollenspiel, aber eine sehr sinnvolle Idee, ist der Umstand, dass alle Spielfiguren nach jedem Kampf komplett wiederhergestellt werden. Weder Lebensenergie noch Magie werden über die Kampfgrenzen hinaus verbraucht. Die einzige Ausnahme stellt hier der Spezialangriff dar, der einmal alle Hand voll Runden angewandt werden kann und dessen Leiste als einzige tatsächlich über die Kampfgrenzen hinaus bewahrt wird.
Die Folge dieser Designentscheidung ist, dass Ashes of Elrant auch in Kämpfen gegen gewöhnliche Gegner nicht in ein gedankenloses Button-Mashing verfällt, denn auch gewöhnliche Gegner können dem Spieler gefährlich werden, ohne das Spiel zu einer Belastungsprobe für die Nerven werden zu lassen, weil man seine Spielfigur nach dem Kampf wieder regenerieren müsste. Ein nicht minder erheblicher Vorteil dieser Wahl ist, dass das Spiel den Spieler motiviert, mit den außerordentlich zahlreichen magischen Fähigkeiten der Spielfiguren – die übrigens auch noch individuell konfiguriert werden können – zu experimentieren. Nichtsdestotrotz sind Endgegnerkämpfe natürlich bedeutend intensiver als die normalen Kämpfe und strategisch durchweg interessant.

Dazu trägt auch das Overdrive-System bei, das eine gewisse Flexibilität im Vorgehen verlangt. Abhängig davon, wie aggressiv am kämpft, füllt oder leert sich eine Leiste am oberen Bildschirmrand. Befindet sich die Leiste im grünen Bereich, ziehen die eigenen Figuren einen Stat-Vorteil aus der Overdrive-Leiste. Allerdings kann man auch über den grünen Bereich hinausschießen und damit den Vor- in einen Nachteil verkehren. Bei normalen Kämpfen spielt diese Leiste keine allzu große Rolle, aber bei Endgegnerkämpfen kann die Balance der Overdrive-Leiste ein wichtiger Beitrag zum Erfolg sein.
Die Erkundung der Spielwelt ist der zweite relevante Reiz des Spiels und das Spiel gibt sich große Mühe, die Suche nach verborgenen Schätzen zu motivieren – einerseits durch die enthaltenen Belohnungen, andererseits aber auch durch einen Schatzzähler für jedes Gebiet, so dass man auf einen Blick sehen kann, wie viele Geheimnisse man an einem Ort noch nicht aufgedeckt hat. Die Gebiete sind kompakt, aber verwinkelt design, so dass die Suche nach Geheimnissen durchaus unterhaltsam sein kann. Allerdings hat mir ein bestimmtes Element, das obendrein mit ziemlich gewichtigen Belohnungen versehen ist, dabei stark missfallen. In der zweiten Spielhälfte erhält man nämlich eine Art Sonar, mit dem man in abgesteckten Gebieten quasi Topfschlagen auf Zeit spielen kann. In den abgesteckten Gebieten ist aber auch eine Menge Abfall verborgen und die eigentliche Belohnung zu finden entpuppt sich als ausnehmend nervenaufreibendes Glücksspiel.

Ashes of Elrant ist ein gelungener Downloadinhalt, der den Charakteren, allen voran Lenne, zusätzliche erzählerische Tiefe verleiht und mit gut designten Endgegnerkämpfen glänzen kann. Die größte Stärke des DLC ist natürlich vom Hauptspiel geerbt – das Kampfsystem ist abwechslungsreich und strategisch und kann mit einem großen Variantenreichtum glänzen. Durch die Platzierung gegen Ende des Hauptspiels kann das System hier auch in seiner vollen Ausprägung strahlen.

Vielen Dank an Deck13 für die Bereitstellung des Testmusters. Getestet auf Xbox Series X.