Baphomets Fluch: Die Verschwörung der Tempelritter Reforged (Review)

Artwprk zu Baphomets Fluch Reforged

Als ich in meiner Kindheit meine PC-Phase hatte, waren Point’n’Click-Adventure eher selten ein Teil meiner Freizeit. Damals musste es krachen und pengen, da war schnödes Klicken mit Maus auf komischen Hintergründen einfach viel zu langweilig. Das bedeutet, ich habe die Hochphase bekannter Klassiker wie den Lucas Arts-Spielen oder auch das originale Baphomets Fluch: Die Verschwörung der Tempelritter erst viel später kennen und schätzen gelernt. Lieben? Das war eher seltener der Fall. Ein solcher Fall ist das bereits erwähnte Baphomets Fluch, welches ich kruder Weise erst nach dem Ausrutscher Baphomets Fluch 3: Der schlafende Drache – und dann auch beim ersten Mal nur auf Gameboy Advance! – gespielt habe. Baphomets Fluch Reforged ist daher mein wiederholter Besuch in wilde, Europa-umspannende Abenteuer voller Tempelritter, Ziegen und Clowns. Und krachen tut es hier eigentlich bereits zu Beginn…

Reise um die Welt in Baphomets Fluch

Denn Paris steht unter Schock. Ein Bombenattentat auf ein Café hat die Idylle der französischen Hauptstadt bis auf ihre Grundfesten erschüttert. Der amerikanische Anwalt George Stobbart wollte eigentlich nur beschauliche Tage auf dem alten Kontinent verbringen, als er Zeuge der Explosion wurde. Der Täter? Ein maskierter Clown! Natürlich will ihm keiner glauben, weswegen sich George selbst auf die Suche nach der mörderischen Clownsnase macht. 

Auf seiner Suche nach dem Attentäter begegnen wir der französischen Journalistin Nicole Collard, die aus beruflichen Gründen der Wahrheit auf der Spur ist. Wir schließen uns also zusammen und erleben ein atemberaubendes Abenteuer, welches uns durch ganz Europa und den Nahen Osten führt. Ich mag solche Form der Abenteuergeschichten, egal ob es sich um Videospiele (z.B. Uncharted 4: A Thief’s End), Filme (selbstverständlich Indiana Jones) oder Bücher handelt (z.B. The Da Vinci Code). Der erste Baphomets Fluch trifft daher bei mir voll ins Schwarze.

Oh, Paris!

Auch in Sachen Humor und Charakterdesign gefällt mir Baphomets Fluch weiterhin gut, vielleicht sogar besser als einst bei meinen ersten Abenteuern. Gerade die tonale Dissonanz aus dem Thriller-Plot sowie den Interaktionen innerhalb der Spielwelt hat es mir angetan. So hat es der Humor bei mir leichter. Wenn die ganze Welt und ihre Charaktere tonal gleicher Natur sind (wie beispielsweise in den Monkey Island– oder Edna-Titeln), baut sich der Impact nach und nach ab. Dies zeigt sich vor allem an George Stobbart. Weitestgehend sind seine Dialoge nüchterner Natur. Wenn er dann mal lockerer sein will – dies wird mit einem Gegenstand seines Inventars sehr deutlich, sofern man diesen alle Figuren unter die Nase hält – wirkt es forciert und steif. Stattdessen sind es die Nebencharaktere, mit denen George interagiert, die im Zusammenspiel zu cleveren und spaßigen Dialogen neigen. Außer die Ziege…

Zickige Ziege

Das Ziegenrätsel ist berühmt-berüchtigt. So sehr, dass in der Director’s Cut-Version von Baphomets Fluch das Design des Rätsels entschärft wurde. In Reforged kehrt es nun in altem Gewand und bockiger Zieg-igkeit zurück, weil die Inhalte und Veränderungen des DC keine Rolle mehr spielen. Sprich: wieder mehr Blut, mehr Ziege und weitaus weniger Nico. 

Diese war in der erweiterten Version von Baphomets Fluch ebenfalls spielbar, während wir in Reforged in die Haut von George schlüpfen. Mit ihm erkunden wir Genre-typisch einzelne Bildschirme, in denen wir mit Personen oder Objekten interagieren können. Klassisch besteht dies aus Anschauen oder Ansprechen. Alternativ können wir Items aus unserem Inventar nutzen, um eventuell spezielle Dialoge oder Aktionen zu triggern.

Abseits der Ziege – welche so große Wellen geschlagen hat, dass es sogar seine eigene Wikipedia-Seite erhalten hat! – fand ich die Rätsel von Baphomets Fluch weitestgehend gut eingebunden und auf ihre ganze eigene, aber zugleich realistische Art verrückt. Ich mein: In einer Bar ein Handtuch schnappen, es nass machen und dann über gefühlt die ganze Map rennen, um dann dort zu sehen, dass man zu langsam war…warum nicht einfach ein Glas? Ach, zu einfach? Okay! Ihr merkt, ich möchte gar nicht groß auf die Rätsel eingehen. Vom Design her werden sich Fans von Point’n’Clicks auf alle Fälle wohl fühlen. Und Neulinge dürften durch das neue Hinweis-System bei den Ermittlungen tatkräftige Unterstützung erhalten. Dennoch würde ich behaupten, dass das Hauptaugenmerk von Baphomets Fluch auf Dialogen und Abenteuer liegt. In meinen Augen eine sehr schöne Mischung.

Wie ein Abbild der Erinnerung

Apropos schöne Mischung: Baphomets Fluch Reforged ist nur der Aufgalopp für die Rückkehr des Franchises. Gegenwärtig arbeitet Revolution Software bereits am neuen Ableger Parzival’s Stone, so soll Reforged vor allem Fans wieder reaktivieren. Zehn Jahre ist nämlich der letzte Ableger Der Sündenfall her, welcher sehr spaßig, aber leider auch zu schnell vergessen war. Doch ein Remake des ersten Teils lässt sich nicht so einfach aus dem Boden stampfen, weswegen das Studio für die “neue Schönheit” auf moderne Methoden zurückgriff.

Links Original, rechts neue Grafik

Wie ihr auf dem hier abgebildeten Bildvergleich sehen könnt, wurden die pixeligen Sprites und Hintergründe komplett gegen gezeichnete Varianten ausgetauscht. Da allerdings die Arbeit extrem aufwändig gewesen wäre und immense Kosten verursacht hätte, wenn die alten Grafiken komplett händisch erstellt worden wären, nutzte Revolution laut Studiogründer Charles Cecil gegenüber Polygon künstliche Intelligenz, um die Optik aufzubessern. So wurde eigens ein Deep Learning-Modell aus den vorhandenen Bildmaterialien des Originals sowie zusätzlicher Artworks von Originalzeichner:innen trainiert, um die Bilder und Animationen so nah wie möglich zu optimieren. Dies half dem Team bei Revolution dabei, Grundlagenarbeit und Masse auszulagern und die Verfeinerungen durch das qualifizierte Personal anfertigen zu lassen.

Meiner Ansicht nach kann sich das Ergebnis sehen lassen. Farben kommen besser zur Geltung und Objekte im Hintergrund besitzen mehr Details. Während des Spielens von Baphomets Fluch Reforged können wir immer wieder zwischen den beiden Stilen hin und her schalten. Dabei fällt deutlich auf, dass sich der neue Stil so auffällig nah am Original bewegt, dass ich beinahe den Eindruck hatte, die neue Reforged-Version sähe im Grunde so aus, wie das Original in meiner Erinnerung. Kennen wir schließlich alle, dass uralte Spiele fast schon fotorealistisch wirken und heute aussehen wie frisch im Mixer geschreddert.

Baphomets Fluch auch nach Jahren eine klare Empfehlung

Passend dazu wurde ein neues, schlankeres Interface entworfen, um Inventar und Dialoge klarer darzustellen und an den neuen Zeichenstil anzupassen. Auch die Tonqualität wurde verbessert, ohne dass neue Sprecher:innen genutzt werden mussten. Auf diese Weise wirkt Baphomets Fluch deutlich danach, als würde man nach Jahren der Abwesenheit plötzlich “nach Hause” kommen…selbst wenn man wie ich erst Jahre später in den Genuss dieses Klassikers gekommen ist.

Baphomets Fluch: Die Verschwörung der Tempelritter ist meiner Ansicht nach ein zeitloser Klassiker, der inhaltlich wenig von seinem Zauber verloren hat. Die beiden Hauptcharaktere sind sympathisch, der Humor zündet und das Abenteuer hat genug Mysterium, um bis zum schaurigen Ende bei der Stange zu halten. Gleichzeitig hat die Reforged-Version etwas geschafft, was ich heutzutage bei Remakes eher weniger erwartet hätte. Obwohl sich die gesamte Optik radikal von Pixel auf Zeichnungen verändert hat, verlor das Spiel nichts von seinem visuellen Charme. Vielmehr wirkt der neue Stil so treu zu seiner Vorlage, wie kaum eine Neuauflage zuvor. Schade, dass Revolution beim nächsten Teil diesen Stil in den Wind schlägt und wieder einmal ein Experiment in 3D wagt. Denn als 2D-Adventure waren die Baphomets Fluch-Titel immer eine große Freude. 

Einem Clown auf PC und Steam Deck fast auf den Leim gegangen. Ein herzlicher Dank geht an Revolution Software für die Bereitstellung eines Mustercodes.