
Das Sonic Team hat nach einer schwierigen Phase mit der Sonic-Reihe mittlerweile einen guten Rhythmus gefunden und schafft trotz jährlichem Release Variation und Qualität hochzuhalten. Mit Sonic Racing: CrossWorlds erscheint zwar bereits der vierte Teil der Sonic Racing-Serie, aber der erste, der federführend von Sonic Team und dem Sega-Internen Arcade-Racing-Studio hinter Initial-D entwickelt wurde.
Trotz des Entwickler-Wechsels gibt es eine gewisse Kontinuität zu Team Sonic Racing, denn die Rennen in CrossWorlds werden wieder von dem reichen Autohersteller Dodon Pa ausgerichtet. Anders als in den drei Vorgängerspielen sollte man in Sonic Racing: CrossWorlds aber keine nennenswerte Geschichte erwarten. Es gibt zwar einige Flavour-Texte im Spiel, ein zusammenhängendes Abenteuer erleben Sonic und Co. hier allerdings nicht.

Das hat allerdings nicht nur Auswirkungen auf die die Präsentation, sondern auch auf den Spielinhalt. Wo die letzten beiden Sonic-Rennspiele vor allem mit einem umfangreichen Missions-Modus glänzen konnten, setzt Sonic Racing: CrossWorlds auf eine ganz klassische Spielstruktur. Das heißt es gibt insgesamt sieben Grand Prix-Wettbewerbe zu bestreiten und einen Time Attack-Modus, in dem man konzentriert sein fahrerisches Geschick unter Beweis stellen kann. Hinzu kommt ein freischaltbarer Extra-Grand Prix und zwei DLC-Grand Prix-Wettbewerbe, die ich zum jetzigen Zeitpunkt allerdings noch nicht testen konnte, da bislang nur eine DLC-Strecke – zu Minecraft – verfügbar ist.
In der Entwicklung von Sonic Racing: CrossWorlds hat Sega sich offenkundig deutlich stärker an Mario Kart orientiert als an reinen Arcade-Racern wie in den Vorgängern. Das macht sich unmittelbar zum Spielstart an der veränderten Steuerung bemerkbar, denn standardmäßig gibt man in CrossWorlds mit dem A-Knopf Gas und driftet mit RT. Die frühere Standardbelegung ist allerdings weiterhin optional verfügbar. Das Handling selbst erinnert hingegen stark an die Vorgänger und insbesondere spielt das Drifting und die damit assoziierten Boost eine erhebliche Rolle im Spiel. Tatsächlich ist es in den höchsten beiden Geschwindigkeitsklassen oftmals kaum möglich, einige der schwierigeren Kurven ohne Drift zu nehmen. Dieser geht allerdings auch enorm leicht von der Hand und fügt sich selbst für ungeübte Spieler in aller Regel sehr schnell in das Spielgefühl ein.

Was Sonic Racing: CrossWorlds aber im Besonderen stärker in die Nähe von Mario Kart rückt, ist der gesteigerte Fokus auf Items, denn in CrossWorlds kann nicht nur jeder Charakter gleich zwei statt nur eines Items halten, sondern obendrein in höherer Frequenz ausgegeben werden. Zudem wurden die Items neugestaltet. War es in den bisherigen Teilen so, dass man nahezu allen Items einigermaßen zuverlässig ausweichen konnte, bummst und kracht es in Sonic Racing: CrossWorld allerorten. Besonders was Items anbelangt, die Spieler sehr zügig nach vorn im Feld katapultieren – der Elektro-Wisp oder ein riesiger Monstertruck beispielsweise – und Items die den ersten Spieler oder alle Spieler in Mitleidenschaft ziehen, ist Sonic Racing: CrossWorlds äußerst großzügig. In der Konsequenz ist in den Grand Prix- und Mehrspielerrennen die Skala zwischen Fähigkeiten und Glück doch ein gutes Stück nach rechts verrückt. Immerhin haben die Entwickler aber ein wenig Mitgefühl und geben den Spielern die Möglichkeit, gegen Einsatz von Tickets einzelne Rennen im GP zu wiederholen. Gleichwohl wird auch gespeichert, ob man den Goldpokal ohne monetären Einsatz ergattert hat.
Das große Highlight in Sonic Racing: CrossWorlds ist allerdings das Streckendesign, das äußerst rasant ist und mit der Rückkehr der drei Vehikeltypen – Auto, Flugzeug und Boot – auf Flexibilität des Spielers baut. Zwischen den Vehikeln kann an entsprechenden Toren gewechselt werden – manchmal ist der Wechsel sogar optional, in aller Regel aber zwingend erforderlich. Während Kart und Flugzeug sich wie in Sonic & All-Stars Racing Transformed spielen, kommt das Boot aber mit einem neuen interessanten Feature daher: Statt zu driften, kann man das Boot mit der Schultertaste einen Sprung aufladen und wenn man die Schultertaste loslässt, springt das Boot und boostet dabei auf einer von drei Booststufen. Das ergibt einen deutlich anderen Spielrhythmus, sorgt aber auch für ein noch rasanteres Spielgefühl.

Das namensgebende CrossWorlds-Feature stellt Sonic Racing: CrossWorlds sogar noch in etwas engere Konkurrenz zu Mario Kart World, denn wie der Platzhirsch bietet auch CrossWorlds die Möglichkeit, zwischen verschiedenen Strecken zu wechseln. Statt aber mit eher ereignisarmen Verbindungsstrecken erfolgt der Übergang am Ende der jeweils ersten Runde eines Rennens durch ein Portal. Der Führende kann sich jeweils die Strecke aussuchen, die eingeschoben wird. Nach der Rückkehr auf die Ursprungsstrecke zu Beginn der dritten Runde wird diese noch einmal durch neue Abkürzungen, Boostsfelder und andere kleine Modifikationen aufregender gestaltet. In der Konsequenz ist Sonic Racing: CrossWorlds ein enorm intensives Kart-Rennspiel, das zu jedem Zeitpunkt volle Konzentration erfordert, insbesondere auf den beiden höchsten Geschwindigkeitsstufen „Sonic“ und „Supersonic“.
Das CrossWorlds-Feature spielt beim Time Attack hingegen keine Rolle, hier spielt man einfach über drei Runden auf der gleichen Strecke; die Modifikationen für die dritte Runde kommen aber auch im Time Attack zum Einsatz. Der Time Attack nutzt statt Geistern eine sichtbare Ideallinie und ein Ranking-System wie die Spiele der Hauptreihe, wobei die Achievements und das Spiele-Interface den zweitbesten Rang, den A-Rank, als Zielmarke voraussetzen. Schon der A-Rank ist allerdings ziemlich anspruchsvoll, der S-Rank erfordert hervorragende Streckenkenntnis und volle Beherrschung des Gefährts. Hinzu kommt etwas, das leider ein wenig Geduld vom Spieler erfordert, die sogenannten Gadgets.

Im Verlauf des Spiels schaltet man nämlich sogenannte Gadgets frei, einfach, indem man mehrere Rennen erfolgreich abschließt. Bis zu sechs dieser Gadgets kann man auf einer Karte auswählen und mit ins Rennen nehmen. Die Gadgets haben verschiedene Effekte, so können sie beispielsweise die Aufladung des Driftturbos beschleunigen oder aber verschiedene Werte des Gefährts verbessern. Je nach Strecke sollte man die Gadgets wohlüberlegt auswählen. Wer die S-Ranks erzielen möchte, sollte auch bei der Wahl der Gadgets Fingerspitzengefühl beweisen, was dann aber auch eine gewisse Spielzeit voraussetzt, denn einige der besseren Gadgets werden erst nach einer größeren Zahl an Rennen freigeschaltet. Das artet zwar nicht in einen völlig übertriebenen Grind aus, damit, einmal jeden Grand Prix zu gewinnen, ist es aber auch nicht getan, wenn man die besten Gadgets sein Eigen nennen möchte. Normalerweise bin ich mit solchen Freischaltmechaniken ziemlich kritisch, bei CrossWorlds ist die Ökonomie aber zum Glück moderat genug, dass es auf die Gesamterfahrung keinen nennenswerten Einfluss hat.
Technisch ist Sonic Racing: CrossWorlds auf der Xbox Series X makellos umgesetzt. Die hohe Spielgeschwindigkeit der Super Sonic-Geschwindigkeitsklasse wird mit einer stabilen Bildrate von 60 Bildern in der Sekunde auf den Bildschirm gebracht und die farbenfrohen und abwechslungsreichen Strecken sind sehr ansehnlich. Spieler, die sensorisch leicht überreizt werden, könnten allerdings durchaus ihre Schwierigkeiten mit den enorm knalligen Farben und den allgegenwärtigen Effekten haben. Musikalisch wird zwar eine sehr gute Auswahl an Sonic-Stücke geboten, die aber bisweilen etwas fad neu arrangiert wurden und in den meisten Fällen zwar immernoch gut sind, aber hinter dem Original merklich zurückfallen. Schade, denn grundsätzlich trägt die Klangkulisse im Spiel schon zum Geschwindigkeitsgefühl bei.

Sonic Racing: CrossWorlds ist ein rasantes und spannendes Rennvergnügen für alle Spielergruppen. Profis können sich an S-Ranks im Time Attack ihre Zähne ausbeißen und Familie wie Gelegenheitsspieler freuen sich über das ereignisreiche Chaos auf der Strecke. Das exzellente Streckendesign und die makellose Spielbarkeit lassen in meinen Augen sogar Mario Kart World bisweilen etwas blass aussehen. Für Kenner der Reihe ist allerdings der Verlust des Missions-Modus äußerst bedauerlich.

Vielen Dank an Sega für die Bereitstellung des Testmusters. Getestet auf Xbox Series X.