Hirogami (Review)

Artwork zu Hirogami

Meine Papierfalt-Künste sind nicht allzu ausgeprägt. An guten Tagen kriege ich einen soliden Papierflieger hin, der fünf statt zwei Meter fallen kann. Darum habe ich mich auch nie so richtig an Origami herangewagt, obwohl mich diese Kunst schon sehr interessiert. Stattdessen habe ich das ein oder andere Videospiel gespielt, welches mich in Papierwelten höchster Faltbarkeit entführt. Vor allem Tearaway mochte ich sehr, auch wenn hier spielerisch durchaus Luft nach oben war. Beim Anblick des Trailers zu Hirogami auf dem vergangenen Summer Game Fest fühlte ich mich sofort an meine damalige Papierreise erinnert. Ist doch klar, dass ich mir dann einen Blick auf das Spiel gönne!

Hirogami und eine Welt voller Papier

Und dieser Blick war nach ungefähr sieben Stunden Spielzeit ein recht wohlwollender. Als Hiro, heldenhafter Krieger aus dem Origami-Reich, müssen wir den üblen Fraß, der das Land heimsucht, zurückschlagen. Nicht so leicht, denn der Fraß hat uns auch unsere legendären Falttechniken beraubt. Uns bleibt nur ein magischer Fächer, mit dem wir den Fraß auslöschen und der Kranich-Gottheit ihre Kräfte zurückgeben können.

Hirogami erzählt eine handelsübliche Geschichte aus einem fernen, mystischen Land, welches dem Bösen zum Opfer fällt und nur unser Held kann mit seinem Geschick für Heilung sorgen. Eine Narrative ohne viel Schnick und Schnack, nur eben in einer Origami-Welt. 

Glanzstück der Welt von Hirogami ist selbstverständlich seine Optik. Alles, abgesehen von Effekten wie Feuer, ist aus Pappmache gefertigt. Spielfiguren; Levelumgebungen und Hindernisse bestehen komplett aus gefalteten Elementen. Sie sieht auf der Oberfläche gut aus, hatte allerdings in meinen Augen das Problem, Steam Deck und meinen Laptop zu stark zu fordern. Vor allem der Akku von Valves Handheld-PC saugte sich innerhalb kürzester Zeit leer. Zudem musste ich auf beiden Geräten die Qualität runter stellen, auf dem Laptop war es zudem zwingend notwendig, die Bildrate auf 30 zu reduzieren. Ansonsten gab es immer wieder Tearing-Effekte und Bildaussetzer. Dadurch wirkte aber auch das Stilmittel, dass Hiro selbst eine geringere Framerate besaß, als die Welt um ihn herum, eher wie ein Fehler, als eine optische Varianz.

Hüpfen hui, kämpfen pfui

Über Varianz kann man sich im Gameplay von Hirogami hingegen nicht beklagen. Während wir die einzelnen Level unseres Abenteuers absolvieren, treffen wir auch auf vom Fraß besessene Lebewesen. Befreien wir diese, erhalten wir eine unserer verlorenen Falttechniken zurück. So können wir uns beispielsweise sehr schnell in ein Gürteltier umwandeln, welches sich in eine wild drehende Kugel verwandeln kann. Später kommen noch drei weitere Tiere hinzu, wie beispielsweise der brachiale Gorilla, der ganz hartnäckiges Gestein (oder vielmehr Papier) zertrümmern kann oder der Frosch, der…naja, ihr wisst, was Frosche wohl am besten können. Selbstverständlich klebrige Spucke aussondern! Und hoch hüpfen. Vereinzelt wartet auf uns zudem ein Level, in dem wir die Gestalt eines Adlers annehmen können und durch lineare Tunnel fliegen.

Die Fähigkeiten der vier grundsätzlichen Tier-Faltungen werden in der Regel zumeist sehr sinnvoll in den Leveln genutzt. Dennoch hatte ich vor allem in der ersten Hälfte des Spiels das Gefühl, dass der Wechsel vom Gürteltier zurück zu Hiro, zum Frosch, dann wieder zum Gürteltier, dann zum Gorilla und so weiter viel zu schnell vonstatten geht. Ein wenig, als wollte das Spiel einfach zeigen, dass es diese Fähigkeiten besitzt und einzusetzen weiß. Dadurch wirkten allerdings in den ersten vier Kapiteln des Spiels in meinen Augen die Level trotz guter Einzelelemente willkürlich zusammengesetzt. Das ändert sich mit dem spielerisch fantastischen Kapitel 5, wo wir erstmals eine erweiterte Fähigkeit erhalten.

Bewegtbild zu Hirogami

Während diese Fähigkeiten gut in die Platforming und Rätselpassagen eingebunden werden, fehlt es an Feinschliff bei den Kämpfen. Neben besessenen Tieren stellen sich uns auch digitale Schattenbälle mit unterschiedlichen Eigenschaften in den Weg. Wir können im Grunde mit allen Formen angreifen, sei es brachial mit wilden Gorilla-Schlägen oder als Hiro mit dem Fächer. Doch dies geschieht in der Regel so langsam und im Laufe der Level werden es stellenweise so viele Gegner, so dass Kämpfe keinerlei Freude bereiten. Das Gürteltier war mit seinem Rollen wohl der angenehmste Nahkämpfer, braucht allerdings Momentum, um einigermaßen sinnvoll einsetzbar zu sein.

Du kommst hier nicht vorbei!

Die wenigen Bosskämpfe in Hirogami leiden ebenfalls unter dem zähen Kampfgameplay. Wenn zudem wie bei den Zwillingsfröschen meine Angriffe eine Ewigkeit brauchen, um deren Balken zu reduzieren, strapaziert das Spiel unnötig die Nerven. Eine wirklich nervige Stelle hatte ich vor Kapitel 6. Dieses schaltete sich nämlich nur mit einer gewissen Anzahl an Origami-Kranichen frei, die für einzelne Missionen der Level als Belohnung dienten. Ich hatte 19, brauchte 20. Also irgendein Level, wo mir nicht bloß “Nehme keinen Schaden” fehlte (dies fand ich vor allem bei dem schwachen Kampfsystem zu nervig zu erspielen), noch einmal spielen. Da kommt doch Freude auf!

Auch wenn der letzte Satz hohe Anteile von Sarkasmus beinhaltet hat, ist Hirogami in der Summe ein sehr kompetentes Spiel gewesen. Ich bin kein Freund des sehr zähen Kampfsystems und wir werden definitiv keine Freunde. Zu groß und unübersichtlich werden später die Gegnerhorden mit fliegenden oder klebrigen Projektilen. Dieses Kampfsystem ist aber auch eine Folge der einzelnen Falttechniken, die wir als Hiro erlernen können. Zwar werden die einzelnen Plattforming-Passagen nie wirklich herausfordernd, wissen aber die Fähigkeiten kreativ einzusetzen. Und vor allem auf einem potenten PC sowie der PlayStation 5 stell ich mir die Pracht der Origami-Welt sehr angenehm anzuschauen vor. Auf Steam Deck hingegen müssen wir mit Abstrichen rechnen.

Origami und Gegner auf Steam Deck und PC zusammengefaltet. Ein herzlicher Dank geht an Kakehashi Games und Bandai Namco Singapore+Malaysia für die Bereitstellung eines Mustercodes.