The Siege and The Sandfox (Review)

Artwork und Logo zu The Siege and The Sandfox

Videospielentwicklung, vor allem heutzutage, ist extrem komplex, weswegen bei den ganz großen Produktionen oftmals kleinere Studios aushelfen. Dies ist vollkommen normal in der Gaming-Industrie und ist in der Regel auch nicht allzu ausufernd. Außer du heißt Ubisoft. Oder EA. Oder…okay, okay, es gibt zahlreiche Ausnahmen von dieser Regel. Cardboard Sword ist eines dieser kleineren Studios, die sich in der Vergangenheit vor allem um Zuarbeiten von Epic Games, Playground Games und anderen Teams gekümmert haben. The Siege and the Sandfox ist nun ihr erstes eigenständiges Projekt. Wollen wir das Beste hoffen! Denn bei mir hat es aufgrund seiner spannenden Mischung aus Stealth und Metroidvania mein Interesse geweckt. Leider ist dieses trotz eines tollen Ersteindrucks schnell erloschen.

Splinter Prince of the Persia Theory

Stellt euch vor, Sam Fisher aus der Splinter Cell-Reihe und der namenlose Prinz aus Persien haben sich auf gemeinsames Sorgerecht für den Sandfuchs geeinigt. Zumindest scheint unser Held, einer der legendären Kasha’i der Stadt, die besten Elemente beider Welten zu vereinbaren. Flink springt und klettert dieser durch die Paläste der Stadt, um seinen König vor der nahenden Belagerung von Feinden zu warnen. Doch dort angekommen, muss er zu seinem Entsetzen feststellen, dass die Königin ein falsches Spiel spielt. Ein Spiel mit Gift und einem toten König! Sofort ergreift sie die Initiative und lässt den Sandfuchs gefangen nehmen. Mit einem Stich in den Körper wird sein vermeintlich sterbender Körper in die Tiefen der Abgründe unter der Stadt geworfen. 

Doch unser Held überlebt nicht nur den Dolchstoß, sondern auch den erbarmungslosen Fall. Geschwächt gilt es nun, unsere anderen Fähigkeiten einzusetzen und heimlich an Wachen und Kreaturen der Tiefe vorbeizukommen, um wieder in die Stadt zu gelangen und der Königin ihre gerechte Strafe zukommen zu lassen.

The Siege and the Sandfox kommt nahezu komplett ohne Kampfsystem aus, wenn wir davon absehen, dass wir recht früh einen Knüppel finden, um unachtsame Wächter ohne Helme bewusstlos zu schlagen. Ansonsten schleichen wir uns durch die verschiedenen Areale der Abgründe und des Königspalastes und gewinnen nach und nach unsere Kräfte wieder. In typischer Metroidvania-Manier bestehen diese aus in der Welt versteckten Items. Diese neuen Fähigkeiten ermöglichen uns, wie der besagte Knüppel, sicher durch die verwinkelten Level zu navigieren. 

Screenshot aus The Siege and the Sandfox
Kuckuck!

Coole Ideen, aber genug dahinter?

Zudem fügt sich diese neue Ausrüstung in der Regel sehr organisch in das Worldbuilding ein. Handschuhe, um die Überreste einer eingestürzten Brücke empor zu klettern, ein Segel, um für Augenblicke durch die Lüfte zu segeln oder ein Enterhaken, um an der Decke montierte Stangen für schnelleres Traversal zu nutzen. Nur eine kleine Auswahl.

Allgemein empfand ich das Worldbuilding von The Siege and The Sandfox sehr stimmig. Dazu passt auch das Gegnerdesign, welches in den ersten Gebieten noch sehr standardisiert wirkt. Um dann in den verstreuten Arealen mit Teleportationen, derselben Agilität wie unser Kasha’i oder auf übernatürlichem Wege eine Herausforderung darzustellen. Da wir stets in den Räumen einen geeigneten Pfad finden müssen, um nicht gesehen oder gehört zu werden, können manche Situationen schön Puzzle-ähnlich werden.

Dies muss man Cardboard Sword lassen: Sie haben einige frische Ideen, um der Prämisse eines Stealth-Metroidvanias genügend Rechnung zu tragen. Verpackt wird der Titel dann noch in einem schönen Pixel-Artstyle und dann sollte eigentlich dem Spaß nichts mehr im Wege stehen. Oder etwa nicht?

Zähe Wiederholungen in The Siege and The Sandfox

The Siege and The Sandfox verliert in meinen Augen nach einer Weile, seine Magie zu verlieren. Die zuerst spannenden Stealth und Platforming-Passagen leiden nach einer Weile unter dem Pacing der Missionen und dem Leveldesign der Welt. Lenkt mich das Spiel zu Beginn noch gut genug, entwickelt sich die Spielwelt schnell zu einem anstrengenden Labyrinth voller Sackgassen.

Größtes Manko im Spieldesign stellen die immer wiederkehrenden Herausforderungen dar. Simples Verlaufen oder das hin und wieder notwendige Backtracking sorgen dafür, dass bereits erledigte Bereiche wiederholt werden müssen und somit der initiale Spaß schnell verfliegt, wenn die Bewältigung der Sequenz zur Pflicht verkommt. Üblicherweise haben Metroidvanias hier ein Kampfsystem oder verkommen wie Exographer zu einer strukturell linearen Angelegenheit. 

Sich durch Gänge zu zwängen, von Schacht zu Schacht zu springen und Gegnerbewegungen auszuweichen, bietet allerdings auf Dauer (und Wiederholung) weniger Freude. Bestechen will uns The Siege and The Sandfox leider auch nicht. Abseits von Schriftrollen hinter bestimmten Platforming-Herausforderungen gibt es nichts auf diesen Pfaden zu finden. Eine Art Lebenswährung braucht es ebenfalls nicht, weil wir mit einem einzigen Schlag das Zeitliche segnen. Auf diese Weise fühlen sich die Stunden im Spiel viel länger an, als sie eigentlich sein dürften.

Sand im Getriebe…

Wobei zugegeben: Bei mir war The Siege and The Sandfox alleine deshalb länger, als es sein durfte, weil ich das Spiel nach ungefähr der Hälfte noch einmal starten durfte. Leider manövrierte ich mich in ein Areal, was ich nur mit einem Item verlassen konnte, was ich zu dem Zeitpunkt noch nicht besaß. Ob sich dies allgemein an der Stelle so verhalten wird oder sich lediglich aufgrund eines Bugs eine Tür hinter mir verschlossen hat, kann ich nicht sagen. Ich habe auf einen Day-One-Patch gewartet, welcher allerdings das Problem nicht beheben konnte und den Neustart erzwungen hat.

Ich habe allerdings nach Release einige Stimmen im Netz dazu gelesen, dass ihnen wiederholt solche Sackgassen begegnet sind. Egal ob es wie bei mir ein kompletten Neustart zur Folge hatte oder „nur“ ein Neuladen des Checkpoints. Zudem habe ich mir durch solche Meldungen bestätigt, dass auch zahlreiche andere Ausfälle von The Siege and The Sandfox leider allzu häufig vorkommen können.

…und Stroh im Hirn

Gerade bei einem Stealth-Spiel möchte, oder vielmehr brauche ich Gewissheiten im (un)aufmerksamen Verhalten der Gegner. Leider hapert es daran aber immer wieder. Gegner bleiben gerne einmal im Level hängen und bewegen sich auf der Stelle. Manche bleiben hyper-aufmerksam, wenn du entdeckt wirst. Wieder andere lassen sich übertölpeln durch schnelles Vorbeirennen, während andere nur ausatmen müssen, um uns zu besiegen.

Bei der Fülle an Bugs, die mir untergekommen sind, fällt kaum ins Gewicht, dass mich die sich ewig wiederholenden Erzähldialoge der Sprecherin, ebenfalls enorm genervt haben. Mehrmals in Folge zu hören, dass sich ja jetzt die Kiste bewegt, weil ich den Sprung schon wieder vermasselt habe, ist einfach nicht schön.

Und so bin ich sehr hoffnungsfroh in The Siege and the Sandfox gestartet. Die Idee gefällt mir weiterhin sehr gut. Wenn es einen Flow im Platforming gibt, macht es Spaß, und das Stealth ist beim ersten Mal nahezu immer spannend. Doch je länger das knapp vier Stunden lange Spiel dauert, desto mehr rieselt der Sand ins Getriebe. Nicht nur das Level- und Missionsdesign passt in dieser Form nicht. Auch der technische Zustand – allen voran der KI – zerrt an den Nerven. Und wenn ich etwas weniger leiden kann, als schlechte Spiele, dann sind es solide oder gute Spiele, die mich dennoch in irgendeiner Weise nerven. Und das würden Papa Prinz und Fisher sicher nicht von ihrem Schützling wollen.

Schleichende Erfahrungen auf Steam Deck gemacht. Ein herzlicher Dank geht an Cardboard Sword und Plaion für die Bereitstellung eines Mustercodes.