CrossCode (Review)

Was Spiele in Spielen anbelangt sind MMORPGs ein erstaunlich beliebtes Thema, gerade für Einzelspieler-Rollenspiele. CrossCode ist ein solches Rollenspiel, das thematisch in einem MMORPG namens Crossworlds spielt. Hierdurch ergeben sich erzählerisch zwei Ebenen, die durchaus interessant miteinander verknüpft werden. Spielerisch orientiert sich CrossCode hingegen glücklicherweise nicht allzu stark an einen MMORPG.

In CrossCode schlüpft man in die Rolle der Crossworlds-Spielerin Lea. Doch Lea hat ein großes Handicap im Vergleich zu anderen Crossworlds-Spielern: Sie kann nicht reden. Nicht nur das, auch Erinnerungen hat sie keine, weder an ihre Vergangenheit im Spiel, noch an ihr Leben außerhalb des Spiels. Diesem Mysterium geht Lea im Verlauf des Spiels auf den Grund und findet sich in einem interessanten Spannungsfeld zwischen spielerischer Interaktion und bitterem Ernst wieder. Die Geschichte in CrossCode wird mit einer Kombination aus Sequenzen, die die In-Game-Pixeloptik nutzen, und Textboxen mit ziemlich niedlichen Animationen der Figuren, allen voran Lea, vorangetrieben. Allerdings muss man sich recht lange gedulden, bevor die Geschichte Fahrt aufnimmt. Erst nach dem dritten von sechs Dungeons im Spiel wird der eigentliche Handlungsstrang entwickelt und das eigentliche Thema von CrossCode deutlich. Die Geschichte von CrossCode ist weitgehend gut geschrieben und basiert auf einer interessanten Idee, kann für sich das Spiel aber keineswegs tragen.

Das ist aber zum Glück auch gar kein Problem, denn das Gameplay von CrossCode, insbesondere das Dungeondesign, kann sich sehen lassen. CrossCode ist in insgesamt zehn Kapitel unterteilt, in denen man nach und nach weitere Teile der umfangreichen Oberwelt erkundet und die sechs Dungeons des Spiels in Angriff nimmt. Mit jedem Kapitel werden zudem eine Reihe von Nebenaktivitäten verfügbar, die mit wertvollen Materialien und starken Ausrüstungsgegenständen belohnt werden. Die Nebenaktivitäten schwanken leider erheblich in ihrer Qualität und ein nicht unerheblicher Anteil der Nebenaktivitäten sind einfache Botengänge, die keinerlei spielerische Substanz bieten. Andere Nebenmissionen bieten aber auch Minidungeons, Plattform-Aufgaben oder kleine Rätsel, die das Spiel sinnvoll ergänzen.

Spielerisch ist CrossCode in drei Komponenten geteilt. In Echtzeitkämpfen, die auf eine Kombination aus Nah- und Fernkampf setzen und im Laufe des Spiels kontinuierlich durch neue Elemente erweitert werden, kann Lea ihr kämpferisches Geschick unter Beweis stellen. In meinen Augen sind die Kämpfe etwas zu sehr in die Länge gezogen und sind stellenweise auch ziemlich schwierig. Allerdings bietet CrossCode die Möglichkeit, den Schwierigkeitsgrad des Spiels auf dreierlei Weise zu modifizieren und so deutlich robuster in den Kampf zu ziehen. Wenn man keine Lust auf die zahlreichen Nebenaktivitäten hat, ist es sicherlich empfehlenswert, von den Schwierigkeitsmodifikatoren Gebrauch zu machen.

Eine zweite wesentliche Komponente des Spiels ist das (automatische) Platforming, mit dem der Spieler sich durch verworrene Plattform-Passage mit zahlreichen unterschiedlichen Höhenebenen kämpfen muss. Hierbei haben die Entwickler einige kreative Designs erdacht, allerdings kommt die 2D-Grafik immer wieder auch an ihre Grenzen, die verschiedenen Höhen von Plattformen angemessen darzustellen. Bis zum Ende des Spiels habe ich mich bei längeren Plattform-Sequenzen schwer getan, zuverlässig zu erkennen, welche Plattform die richtige Höhe hat, um sie mit einem Sprung erreichen zu können. Misserfolge können bei komplexeren Sprungpassagen leider ziemlich frustrierend sein.

Das absolute Highlight von CrossCode ist aber das Rätseldesign, das vor allem in den Dungeons zum Tragen kommt und voll auf Leas Schussfähigkeit setzt. Lea kann mit dem rechten Stick zielen und dann Schüsse abgeben, die an geeigneten Wänden abprallen können und so einen gewissen Billiard-Charme versprühen. Ein wesentliches Element, das für die zahlreichen Rätsel in den Dungeons des Spiels genutzt wird, ist also das Spiel mit reflektierten Schüssen. Der Aufbau der Dungeons ähnelt stark dem von Zelda-Dungeons, insofern als dass alle Dungeons außer der erste und letzte in zwei Phasen gegliedert sind, eine erste Phase, in der man den Dungeon erkundet, aber stellenweise auf noch nicht lösbare Rätsel trifft und eine zweite Phase, in der man den Dungeon vollständig erschließen kann, weil man – oft nach dem Besiegen eines Zwischenendgegners – eine neue Fähigkeit erhalten hat.

Die Fähigkeiten in CrossCode sind Elementarfähigkeiten, die insbesondere Leas Schussfähigkeit modifizieren. So kann man Leas Schuss mit Feuer, Eis, Elektrizität und Wind aufladen und so verschiedene Effekte hervorrufen, aber auch das Verhalten der Schüsse bei Kollision mit einer reflektierenden Fläche variieren. Gleichzeitig haben die Elementareffekte Einfluss auf die Kämpfe, denn viele Gegner haben Schwächen gegen bestimmte Elemente und so kann man sich durch geeignete Wahl der Elemente zu bestimmten Zeitpunkten entscheidende Vorteile verschaffen. Allerdings sind die Elementarkräfte – im Gegensatz zu Standardangriffen – an eine Stamina-Leiste gebunden. Diese lädt sich zwar zügig wieder auf, limitiert aber natürlich den Einsatz der Elementarkräfte im Kampf. Beim Lösen von Rätseln spielt sie hingegen keine Rolle.

Auch wenn reflektierende Schüsse, selbst mit mehreren Elementen, zunächst nicht so variantenreich klingen, haben die Entwickler sich beim Design der Rätsel und der Dungeons im Allgemeinen sehr viele clevere Konstruktionen einfallen lassen und durch geeignete Bausteine in den Dungeons für zusätzliche Abwechslung gesorgt. Sowohl die reinen Knobelaufgaben unter den Rätseln, als auch die immer wieder vorkommenden knifflig getimten Rätsel wissen bis zuletzt immer wieder zu überraschen und mit neuer Komplexität daher zu kommen. Gleichzeitig ist aber auch sichergestellt, dass selbst zunächst überwältigend groß wirkende Rätsel einfach erarbeitet und zuverlässig gelöst werden können. Der Schwierigkeitsgrad der Rätsel ist moderat fordernd und nicht vergleichbar mit den teilweise biestigen Rätseln in Ittle Dew 2+.

Etwas eigenartig erscheint das Pacing von CrossCode. Zwar macht CrossCode durchweg viel Spaß, aber die Elemente des Spiels sind streckenweise eigenwillig verteilt. Obwohl das Spiel zehn Kapitel hat, hat es nur sechs Dungeons – zuzüglich eines Endgame-Dungeons, von denen drei in einem einzelnen Kapitel zu lösen sind. Im Gegenzug wird die Geschichte des Spiels erst ab der Mitte des Spiels wirklich entwickelt und pausiert inhaltlich über mehrere Kapitel hinweg weitgehend. Das ist zwar kein großes Problem, wirkt aber hinsichtlich der Balance der Spielelemente manchmal etwas eigenartig.

Optisch kann CrossCode mit liebevoll gestalteter Pixeloptik glänzen. Besonders gefallen haben mir, neben den stimmungsvollen Umgebungsgrafiken, die niedlichen Animationen Leas. Obwohl Lea nur sehr eingeschränkt in der Lage ist zu sprechen, hat sie erstaunlich viel verschmitzten Charakter zu bieten, der sich über gut umgesetzte Animationen des Charakterportraits hervorragend herüberbringen lässt.

CrossCode ist ein sehr durchdacht designtes Rollenspiel mit unterhaltsamen, schnellen Kämpfen und cleveren Rätseln, sowie zahlreichen optionalen Nebenaufgaben. Die Rätselideen wirken frisch und die Dungeons mit ihrem großen Umfang imposant. Unterstützt wird das ganze von einer interessanten Geschichte und einem sympathischen Pixellook.

Getestet auf PlayStation 5 via Abwärtskompatibilität.