Mario & Luigi: Brothership (Review)

Nach dem Ende von Alphadream sah es so aus, als würde die Mario-Rollenspielreihe auf Paper Mario verengt werden, denn lange hat Nintendo kein neues Studio mit der Mario & Luigi-Unterreihe beauftragt. Dank Acquire Inc., die durchaus einige Rollenspielerfahrung mitbringen, wurde nun, zum Ende der Lebenszeit der Nintendo Switch, der Serie aber noch einmal neues Leben eingehaucht. Mit Brothership wird aber nicht nur der Staffelstab an ein neues Team übergeben, sondern auch erstmals der Schritt in die dritte Dimension gewagt.

Zu Beginn von Mario & Luigi Brothership verschlägt es die Brüder und ihre Prinzessin durch einen Strudel in eine ihnen bis dato unbekannte Welt. Nach einiger Zeit erfahren die beiden, dass sie in Konnektania gelandet sind, einem Verbund von Inseln, die lange übereinen großen Baum, den Konnektabor miteinander verbunden wurden. Der fiese Meister Stekdov hat die Verbindung zwischen den Inseln allerdings aufgelöst und so die Bürger Konnektanias auseinandergetrieben. Es ist nun an Mario und Luigi, Stekdov das Handwek zu legen und die Inseln wieder aneinander anzubinden. Zu diesem Zweck können sie die Hauptinsel wie ein Boot über das Meer steuern und sich mit einer Kanone auf die anderen Inseln schießen, um dort alles für die Anbindung vorzubereiten.

Die Geschichte von Mario & Luigi Brothership wird über niedlich animierte Echtzeitvideosequenzen und Textboxen erzählt, wobei Mario und Luigi wie gewohnt, abseits ihrer ausdrucksreichen Gestik und Mimik still bleiben. Unterstützt werden die beiden von einem fliegenden Schwein, das eigentlich gar kein Schwein ist, und die beiden auf ihrem gesamten Weg begleitet. Die Geschichte ist wie gewohnt leichtherzig und amüsant, mit vielen kleinen Witzen und charmanten Situationen, die jedenfalls meinen Kindern und mir das eine oder andere Grinsen oder Lachen abgewinnen konnten. Spieler, die hinsichtlich Texteinblendungen empfindlich sind, könnte die Textmenge möglicherweise etwas zu hoch sein, aber man muss nicht mit einer erschlagenden Tutorialflut wie in Dream Team Bros. für den Nintendo 3DS rechnen.

Spielerisch wurde Mario & Luigi Brothership im Vergleich zu den Vorgängern merklich überarbeitet, ohne aber die wesentlichen Stärken der Reihe aufzugeben. Wie viele klassische Rollenspiele ist auf Mario & Luigi Brothership in zwei Phasen unterteilt, die Erkundungsphase in der Oberwelt und rundenbasierte Kämpfe, die stets durch auf der Karte sichtbare Gegner ausgelöst werden und denen man, soweit es keine Endgegnerkämpfe sind, notfalls auch zuverlässig entfliehen kann. In der Oberwelt wurde das Gameplay grundlegend überarbeitet. Während man in den bisherigen fünf Mario & Luigi-Abenteuern immer beide Figuren gleichzeitig gesteuert hat und für jede Aktion Marios und Luigis verantwortlich war, steuert man jetzt vorrangig Mario, wohingegen Luigi größtenteils vom Spiel übernommen wird. Luigi folgt Mario zwar im Wesentlichen, aber deutlich lockerer als in den Vorgängern, im Gegenzug springt er aber auch selbstständig über Löcher und weicht begrenzt Hindernissen aus. Es kann allerdings in dem neuen Konzept passieren, dass Mario und Luigi etwas weiter voneinander getrennt werden. In diesem Fall hält Mario an und läuft ein Stück zurück, bis Mario und Luigi wieder vereint sind. Das kann vereinzelt schon einmal etwas nervig sein, kommt aber selten vor und die Vereinfachung hinsichtlich der Steuerung Luigis gleicht diesen Nachteil in meinen Augen aus.

Die Oberweltgebiete sind dicht designt und bieten eine Vielzahl von (recht einfachen) Rätseln, Geschicklichkeitspassagen und auch reichlich Raum für die Erkundung optionaler Areale, um wertvolle Items einzusacken. Zusätzlich gibt es eine recht große Zahl an Nebenmissionen, die nach und nach freigeschaltet und von verschiedenen Figuren im Spiel vergeben werden. Auf der Weltenkarte sind die Missionsgeber verzeichnet, so dass es komfortabel möglich ist, alle Nebenmissionen zu verfolgen. Allerdings kann die Qualität der Nebenmissionen in vielen Fällen nicht mit dem Hauptspiel mithalten. Circa die Hälfte der Missionen sind geistlose Botengänge, in denen man ein paar einfache Gegner besiegen, mit einer bestimmten Spielfigur sprechen, oder vorgegeben Materialen heranschaffen soll. Andere Missionen bieten aber auch besondere Kämpfe, beispielsweise mit verschärften Regeln oder gegen schwerer Versionen von Endgegnern, oder aber ein unterhaltsames Minispiel. Da ich das Spiel zusammen mit meinen Kindern durchgespielt habe, die das Spiel äußerst gern mochten, habe ich alle Nebenmissionen gemacht, kann aber empfehlen, die Belohnungen einer Quest vorher anzuschauen. Nebenmissionen, die nur Verbrauchsgegenstände wie Pilze ergeben, sind fast immer komplett anspruchslos, wohingegen solche Missionen, die Ausrüstungsgegenstände oder Statuswert-verbessernde Bohnen bieten, gehaltvolle Aufgaben bieten.

Die Kämpfe in Mario & Luigi Brothership glänzen mit einer hohen Spielgeschwindigkeit, variantenreichen Angriffen der Gegner und vor allem einer aktiven Einbindung des Spielers. Wer bei Mario & Luigi einfach seine Angriffe auswählt und dann die Hände in den Schoß legt, wird in den Kämpfen kein Land sehen. Stattdessen gilt es, seinen Angriffen mit entsprechenden Buttoneingaben im Einklang mit den Animationen mehr Wumms zu verpassen und – viel wichtiger noch – gegnerischen Angriffen auszuweichen oder sie sogar zu kontern. Selbst bekannte Gegner werden im Verlauf des Spiels immer wieder dadurch aufgewertet, dass sie neue Angriffe oder – fieser – neue Varianten bekannter Angriffe hinzugewinnen, auf die man etwas anders reagieren muss. Durch die großzügige Möglichkeit, gegnerischen Angriffen auszuweichen wird das Kampfsystem immer spannend gehalten und die Status-Verbesserungen für Level-Ups sind niemals eine Notwendigkeit um in einem Kampf eine Chance zu haben. Umgekehrt ist es möglich, Mario und Luigi mit viel Fleiß bis Level 100 und damit fast doppelt so hoch wie man beim normalen Spielen kommen würde zu grinden. Tut man das, werden die beiden so stark, dass das reaktive Element in den Kämpfen komplett verzichtbar wird. Auf die Wiese schafft Mario & Luigi Brothership auf elegante Weise den Spagat zwischen Spielern, die Grind nicht ausstehen können und solchen, die viel Freude an übermächtigen Rollenspielfiguren haben.

Ein neues Element in Mario & Luigi sind die Effektstecker, derer man nach und nach mehr auf einmal verwenden kann. Effektstecker bieten eine große Zahl unterschiedlicher Kampfeffekte, beispielsweise einen Extraangriff, die automatische Rückgabe verbrauchter Items oder Flächen-Angriffseffekte für Kämpfe mit mehreren Gegnern. Diese Effektstecker kann man jederzeit im Kampf austauschen, sind aber auch jeweils nur mit einer gewissen Ladungszahl verknüpft. Wurde ein Stecker, der auf zehn Ladungen limitiert ist, zehn Mal verwendet, wird er entladen und muss einige Runden pausieren. In der Zeit kann man den Stecker aber natürlich problemlos durch einen anderen Stecker ersetzen. Die Möglichkeiten der Effektstecker sind zahlreich und es ist besonders klasse, dass bestimmte Effektstecker einen gemeinsamen Effekt bieten, der sich aber erst bei der erstmaligen gemeinsamen Verwendung offenbart. Kreatives Spielen wird hierdurch belohnt, gleichzeitig bieten sich eine Menge strategischer Möglichkeiten, die besonders die Endgegnerkämpfe aufwerten.

Technisch ist Mario & Luigi Brothership vor allem hinsichtlich der Übertragung des spezifischen, ausdrucksreichen Looks der 2D-Vorgänger in die dritte Dimension sehr gut gelungen. Andererseits ist die Framerate bei weitem nicht so stabil, wie man es von Nintendo eigentlich gewohnt ist. Die Bildwiederholrate ist zwar immernoch bedeutend stabiler als in den beiden Open World-Zeldas, auf den ersten Blick würde man aber nicht meinen, dass Mario & Luigi Brothership so oft merkliche Performance-Einbrüche erleiden müsste. Spielerisch haben die Framerate-Probleme aber zum Glück keinen Einfluss. Die kämpfe selbst laufen komplett flüssig und auch in den entscheidenden Momenten der Oberwelt habe ich in 60 Stunden Spielzeit keine störenden Performance-Einbrüche erlebt.

Mario & Luigi Brothership ist ein liebevoll designtes Rollenspiel, das Erkundung, Geschicklichkeit, sowie einfache Rätsel und strategische Überlegungen zu einem überzeugenden Gesamtpaket schnürt. Die erzählerische Taktung ist etwas ungewöhnlich und Story-orientierte Spieler könnten sich möglicherweise daran stören, dass das letzte Drittel des Spiels mehrfach antäuscht, dass man sehr nah am Ende ist, obwohl noch einige weitere Aufgaben zu erledigen sind. Spielerisch werden aber keine größeren Durststrecken geboten. Mario- und Rollenspielfreunde sollten mit Mario & Luigi Brothership auf jeden Fall eine gute Zeit haben.

Getestet auf Nintendo Switch.