
Etwas mehr als ein Jahr nach dem Release in Japan kam das neue Ys jetzt endlich zu uns nach Europa. Was lange klingt relativiert sich jedoch wenn man bedenkt, wie lange Spiele von Falcom normalerweise für die Übersetzung brauchen. Da ich seit diesem Jahr ein kleiner Falcom-Fanboy geworden bin habe ich natürlich auch beim neuen Ys zugeschlagen und würde gerne meine Begeisterung mit Euch teilen.
Der erste Release der Hauptreihe ist mittlerweile 37 Jahre her und tatsächlich kam ich bereits sehr früh mit der Reihe in Berührung, da mein Freund damals den ersten Teil für das Master System besaß. Mit knapp 10 Jahren hatte ich andere Spiele im Visier und jetzt, über 30 Jahre später, habe ich gemerkt wie faszinierend Ys eigentlich ist. Mittlerweile habe ich immerhin VIII, IX und Origin durch und war total versessen drauf, auch Ys X Nordics zu spielen. Und ich wurde tatsächlich nicht enttäuscht, auch die neueste Inkarnation (und wieder ohne Amnesie von Adol) hat mir sehr gut gefallen, tatsächlich sogar noch mehr als die Vorgänger.

Adol ist zusammen mit einem Arzt und seinem Freund Dogi auf einer Reise in neue Abenteuer, doch natürlich kommt ihm jemand dazwischen und das eigentliche Abenteuer beginnt. Ihr Schiff wird überfallen, der Kapitän getötet und so landen sie in Carnac, einem kleinen Dorf. Nach weiteren Ereignissen befinden sich Adol und seine Freunde auf „ihrem“ neuen Schiff, der Sandras, und versuchen hinter die Geheimnisse zu kommen, die die neue Bedrohung der Griegr mit sich bringen. Die Griegr sind vermeintliche Untote,die nur durch von Mana gesegnete Menschen getötet werden können und wie es der Zufall so will, bekommt Adol diese Fähigkeit, wird allerdings durch das Mana mit Karja, der zweiten Protagonistin, aneinander gefesselt. Die Geschichte ist sehr gut geschrieben und die Charaktere besitzen Profil, zudem überraschen zahlreiche Wendungen mit immer neuen Perspektiven. Adol und Karja, die sich natürlich anfangs spinnefeind sind, lernen sich immer besser kennen und akzeptieren ihr Schicksal, gemeinsam gegen den neuen Feind zu kämpfen.

Die Grafik und der Stil sind für ein Spiel von Falcom überragend gut, auch wenn ich durch näheres Hinschauen gesehen habe, wie schrecklich manche Texturen aussehen, insbesondere die Böden sind tatsächlich nicht gut gestaltet. Das ist mir vorher nicht aufgefallen weil ich mich auf den Stil und vor allem die Figuren konzentriert habe, die wirklich hübsch anzusehen sind. Die Musik gefällt mir sehr gut, auch wenn diese im achten Teil noch einen Tick besser war. Und auch die Technik abseits der Grafik begeistert, hier ruckelt nichts, ich hatte keinen einzigen Bug in meinen knapp 50 Stunden Spielzeit und auch die Ladezeiten sind verdammt schnell. So stelle ich mir ein gutes Videospiel vor, es muss nicht immer die tollste Grafik sein.
Spielerisch gibt es genügend Abwechslung, Adol und Karja lernen immer mehr neue Fähigkeiten und sind dementsprechend in der Lage, auch vorher unzugängliche Orte zu erreichen. Ähnlich wie in einem Metroidvania, nur dass man bei Ys immer das Ziel vor Augen respektive auf der Karte hat. Das Kampfsystem ist sehr schnell und trotzdem übersichtlich, es gibt viele verschiedene Skills die man lernen kann und die das Leben vereinfachen, zusätzlich kann man jederzeit zwischen beiden Figuren wechseln (hier hat Nintendo wohl etwas Werbegeld für Schleichwerbung bezahlt, da beide Figuren den Wechsel mit einem kurzen Swiiitch kommentieren), ausweichen, springen und sogar synchron kämpfen. Wie bei Ys üblich können die Charaktere leveln und werden dadurch stärker, aber auch die Ausrüstung macht viel aus und erleichtert einem das Leben. Ys zählt nicht zu den schweren Spielen, auch wenn mich einige Endgegner an den Rand des Wahnsinns getrieben haben. Das Schiff, das man ziemlich am Anfang bekommt, ist sehr langsam, kann aber nach und nach aufgerüstet werden, sei es durch Finden und Retten von Einwohnern die verzaubert wurden als auch durch Materialien, die sich überall finden lassen. Eigentlich bin ich kein Fan von Schiffen, hier hat es mir aber Spaß gemacht zu kämpfen und die Welt zu erkunden. Neben der obligatorischen Hauptquest gibt es natürlich noch zahlreiche Nebenaufgaben, die sich sogar spielerisch unterscheiden, mindestens aber der Tiefe der Charaktere dienen und die ich auch alle bis auf eine absolviert habe. Will man nämlich alle Quests abschließen sollte man mit offenen Augen durch die Gegend laufen, man sieht die Nebenquests zwar auf der Karte, aber manche sind nach Beenden eines Kapitels nicht mehr zu schaffen und verschwinden. Durch die neuen Fähigkeiten die man erlernt, macht übrigens auch das Rumlaufen mehr Spaß, sei es durch ein „Skateboard“ oder aber auch mit dem „Rettungshaken“.

Ys X hat mich absolut fasziniert, ich habe es ausgiebig gespielt und konnte in meiner Freizeit kaum an was anderes denken, als das Spiel weiter zu erforschen. Die Charaktere und die Geschichte sind interessant und vielschichtig, das Gameplay flutscht geradezu und die Endgegner sind eine schöne Herausforderung. Es gibt übrigens auch die Möglichkeit Endgegner zu schwächen wenn man partout immer wieder scheitert, eine gute Option bevor man das Spiel vor lauter Frust abbrechen sollte. Und es gibt immer wieder was zu tun, die Entwickler haben die Karotte vor der Nase perfektioniert, zumindest bei mir hat es einwandfrei funktioniert. Hier eine Nebenquest, da eine Schiffsschlacht, dort eine bisher unbekannte Insel. Zudem gibt es immer etwas, das man weiterentwickeln kann, man macht ergo immer irgendeinen Fortschritt. Wer schnelles Gameplay mag, einer guten Geschichte nicht abgeneigt ist, mit schwächerer Grafik keine Probleme hat und dazu gerne Fortschritt in irgendeinem Sinne macht, dem kann ich Ys X Nordics wirklich ans Herz legen. Wer unsicher ist spielt die kostenlose Demo an, hier dauert es allerdings etwas bis das Spiel in Fahrt kommt, aber hat Euch der Sog erwischt ist es schwer wieder davon loszukommen. Ich habe es zumindest nicht geschafft und bin froh darüber, denn Ys macht in jeder Minute Spielzeit eine Menge Spaß und ich hoffe, die Reihe bekommt irgendwann vielleicht die Anerkennung, die sie schon lange verdient hat.

Getestet auf der PlayStation 5.