The Last of Us Part 2 (Review)

Unter der Führung von Neil Druckman hat Naughty Dog in The Last of Us einen düstereren Ton angeschlagen und statt einer schießlustigen, aber doch einigermaßen optimistischen Schatzjägergeschichte menschliche Schicksale in einem Endzeitszenario in den Mittelpunkt gestellt. Nach dem großen Erfolg des Erstlings, bei dem Naughty Dog noch um die Platzierung Ellies auf dem Cover kämpfen musste, durfte Ellie in The Last of Us Part 2 in die Hauptrolle aufrücken. In diesem Review, das vier Jahre nach Erscheinendes Spiels verfasst ist, wird keine besondere Rücksicht auf Spoiler genommen, abgesehen von einem noch einmal deutlich markierten Abschnitt werden aber keine konkreten erzählerischen Details über die ersten Spielstunden hinaus beschrieben.

In The Last of Us Part 2 kehren wir vier Jahre nach den Ereignissen des Erstlings zu Ellie und Joel zurück. Beide haben sich mittlerweile in einer Gemeinschaft eingefunden und haben sich ein soziales Umfeld geschaffen, das nicht, oder jedenfalls nicht ausschließlich von Gewalt dominiert ist. Die Gefahr, die von der Pilzinfektion ausgeht, ist natürlich weiterhin allgegenwärtig, aber durch die Zusammenarbeit in der Gemeinschaft konnten die Infizierten von der Siedlung in Jackson ferngehalten werden. Das Verhältnis zwischen Joel und Ellie ist im Lichte der Ereignisse des ersten Teils (einseitig) etwas angespannt, aber im Grunde könnte das Leben einigermaßen erträglich sein. Wenn die Handlungen aus dem ersten Teil nicht auch einen Schatten auf andere Menschen geworfen hätten.

Schon in den ersten Spielstunden müssen Ellie und der Spieler nämlich mit ansehen, wie der Protagonist des Erstlings durch die Hände der zweiten Protagonisin Abby sein Ende findet. Ellie kann das keineswegs auf sich beruhen lassen, sondern bricht umgehend auf, um herauszufinden, wer diese Abby ist, wo sie sich aufhält und wie sie ihr und ihren Freunden ein Ende bereiten kann. Die Belange der Gemeinde in Jackson sowie sogar ihrer Freundin spielen für sie keine wesentliche Rolle und nach minimaler Vorbereitungszeit ist Ellie auf dem Weg nach Seattle um in einem regelrechten Blutrausch Abby und ihre Freunde zu jagen und zu töten.

Spielerisch ist The Last of Us Part 2 eine unmittelbare Weiterentwicklung der Mechaniken des Erstlings, das heißt, dass das Spiel vor allem drei Spielmechaniken verbindet: Third-Person-Shooter, Stealth und interaktive Narration. Zu Beginn des Spiels wird in einigen kurzen Szenen eine etwas athletischere Fortbewegungsweise Allys, mit einer schnelleren Rennfähigkeit und etwas ausgeprägterer Kletterfähigkeit angedeutet, später im Spiel sind diese Möglichkeiten, die ein wenig an Uncharted erinnern, aber eingehegt und können nur in sehr speziellen Situationen überhaupt verwendet werden.

In vielen Fällen haben die Entwickler die Daumenschrauben beim Missionsdesign ein wenig gelockert. Eine einfache Hasenfußtaktik, in der man einfach geschickt durch die Gegnermassen navigiert und Angreifern ausweicht, kann man zwar auch weiterhin (fast) immer vergessen, aber man hat wesentlich häufiger die Wahl zwischen offensivem Angriffsverhalten und heimlichem Vorgehen. Die Wahl, nicht alle Gegner im Umfeld zu besiegen, wird wesentlich häufiger zugestanden, allerdings kommt es nach wie vor vor, dass – auch auf sehr intransparente Weise – der Spielfortschritt an komplette Entvölkerung des Spielabschnittes gebunden ist. Menschliche Gegner spielen in The Last of Us Part 2 eine größere Rolle, sind dafür aber durch eine Vielzahl an Handwaffen auch deutlich abwechslungsreicher als im ersten Teil. Nichtsdestotrotz sind Endgegnerkämpfe weiterhin spielerisch nicht sehr interessant. Entweder läuft es darauf hinaus, sich von hinten an den Gegner heranzuschleichen (und dabei Fallen auszuweichen) oder aber in einem sehr starren Faustkampf zwischen Ausweichen und Angreifen zu variieren. Die Ressourcen, die man im Spiel sammelt, werden in den meisten Endgegnerkämpfen durch das Szenario blockiert.

In Sachen Leveldesign haben die Entwickler dem Spieler früh deutlich mehr Freiheit zugestanden, die aber später wieder deutlich zurückgefahren wird. Der erste große Spielabschnitt, Ellies erster Tag in Seattle, spielt im Grunde genommen in einer kompakten offenen Welt, die mit einigen Nebenaktivitäten gespickt ist und auch bei den Hauptaufgaben eine Wahlfreiheit lässt und dem Spieler vor allem erlaubt, seinen Ansatz frei zu wählen, soweit die relevanten Interaktionspunkte ohne gegnerische Angriffe absolviert werden können. Eine solche weiche Hürde ist in meinen Augen bedeutend eleganter als ein Interaktionsverbot, wenn noch Gegner leben. Ellies unzerstörbares Messer und Immunität gegen die Infektion gestalten die Kämpfe gegen Infizierte etwas entspannter, wenn man Abby steuert, fallen beide Vorteile aber natürlich weg.

Nach dem ersten offenen Abschnitt in Seattle ist mit Open World allerdings Schluss und der Spieler wird für den Rest des Spiels wieder weitgehend auf die Schiene gesetzt. Allerdings ist das auch ein Stück weit gut so, denn das Herumtragen von Kabeln um Generatoren anzuwerfen hat bis dahin schon eine Frequenz angenommen, dass zu befürchten stünde, das Leitern-und-Paletten-Suchspiel des Erstlings zu immitieren. Ein großer Teil der Spielabschnitte kommt dann auch mit dem alten Designproblem des Erstlings daher. Um die volle Kontrolle darüber zu behalten, was der Spieler wann tut und was man erzählen kann, sind sehr große Teile der Spielwelt eine imposante Kulisse, die aber keiner näheren spielerischen Untersuchung unterzogen werden sollte.

Der Korridor-Eindruck wird durch eine optische Weite, optionale Sammelgegenstände und auf den ersten Blick natürlich aussehende Hindernisse abgeschwächt, aber nachwievor ist es so, dass es eine überwältigende Zahl an Abschnitten gibt, die von hinten her den Bewegungsfortschritt hart begrenzen und die Interaktion auf eine feste Sequenz festschreiben, unabhängig davon, ob andere Interaktionssequenzen ebenfalls Sinn ergäben. Aus meiner Sicht fatal ist vor allem, dass The Last of Us Part 2 abseits der Kämpfe keine zuverlässigen mechanischen Regeln hat. Wo man hochklettern kann, ist im Besonderen reine Willkür; teilweise geht es so weit, dass direkt nebeneinander eine hohe und eine weniger hohe Kiste ist und man auf die hohe Kiste klettern kann, auf die niedrige aber nicht. Immerhin ist die Interkation mit Fenstern ziemlich konsistent: Man kann sie zerschlagen. An einigen Stellen bietet das Spiel kleine Rätsel, bei denen man mit dem Einschlagen oder Einwerfen von Scheiben arbeiten muss, um sich neue Wege freizulegen. Diese Rätsel sind nie schwierig und kommen nur in geringer Frequenz vor, geben der Welt aber ein bisschen zusätzliches Leben, wenn man davon absieht, wie vortrefflich die nötigen Objekte immer in genau der richtigen Form platziert sind. Derartige Gedanken sollte man in The Last of Us Part 2 im Sinne der Beibehaltung des realen Anscheins aber so und so tunlichst vermeiden.

In offeneren Kampfarenen, die ca. ein Viertel des Spiels ausmachen, ist das Gameplay von The Last of Us Part 2 am stärksten. Zwar ist es weiterhin so, dass die Arenen nur selten mit einem cleveren Gesamtkonzept daherkommen, die situativen Möglichkeiten der Umgebung sind aber durchaus abwechslungsreich, besonders wenn man sich für ein heimliches Vorgehen entscheidet, was selbst auf dem zweitniedrigsten Schwierigkeitsgrad in Ermangelung an Munition oft die sinnvollste Wahl sind. Ein besonderes Feature des Spiels ist die Kommunikation der (menschlichen) Gegner im Spiel. Wird man im Spiel erwischt – wie schnell das geht, hängt seinerseits vom Schwierigkeitsgrad ab – werden alle Gegner in einem Rufradius darüber informiert und verteilen sich um die verschiedenen alternativen Fluchtrouten ausgehend vom Punkt, an dem man erwischt wurde. Technisch gesehen ist das zwar über ein Nav-Mesh nicht schwierig, was aber den Gegnern in The Last of Us Part 2 einen gefährlichen und realistischen Eindruck gibt, ist der Umstand, dass sie ihre Navigationsentscheidungen aktiv besprechen und die Aufteilung in die verschiedenen Überblickspunkte auf eine realistische Art kommunizieren.